Ich
nenne hier - aus reiner Konvention - die Haltung rechts, die darin besteht, die
Vielgestaltigkeit der Welt und folglich die relativen Ungleichheiten, die ihr
notwendiges Ergebnis sind, als ein Gut und die fortschreitende Vereinheitlichung
der Welt, die durch den Diskurs der egalitären Ideologie der seit zweitausend
Jahren gepredigt und verwirklicht wird, als ein Übel anzusehen.Alain
de Benoist, Kulturrevolution von rechts, 1985, S. 14 |
Es
gibt zahlreiche Ungleichheiten, die ganz und gar ungerecht sind. .... Ich billige
keinerlei Kastenprivileg. Ich mache die Chancengleichheit zu einer Forderung jeder
Sozialpolitik. Ohnehin heißt eine antiegalitäre Lebensauffassung zu
vertreten nicht, die oft verabscheuungswürdigen Ungleichheiten verstärken
zu wollen ....Alain
de Benoist, Kulturrevolution von rechts, 1985, S. 15 |
Ich
sehe rechts wie links Ideen, die dem entsprechen, was ich denke .... Die Wörter
sind schließlich nicht die Dinge selbst.Alain
de Benoist, Kulturrevolution von rechts, 1985, S. 27 |
Im
einen Fall ist die Menschheit die Summe aller Individuen, in jedem besonderen
menschlichen Wesen gleichermaßen repräsentiert: man ist zunächst
'Mensch' und erst in zweiter Linie, wie zufällig, Angehöriger einer
bestimmten Kultur oder eines bestimmten Volkes. Im anderen Fall ist die Menschheit
nur die Gesamtheit der Kulturen und Volksgemeinschaften: das Individuum ist lediglich
bestimmt durch seine organische Zugehörigkeit zu ihr. .... Der Einzelmensch
besteht nach unserer Auffassung nur in Verbindung mit den Gemeinschaften, in die
er eingeschlossen ist (und bezüglich deren er sich als Einzelwesen abhebt).
Jede individuelle Tätigkeit stellt einen Akt der Teilnahme am Leben eines
Volkes dar. Dem Interesse des Einzelnen kommt, »an sich« keine Wertschätzung
zu.Alain
de Benoist, Kulturrevolution von rechts, 1985, S. 133 |
Um
die abstrakten Rechte eines Menschen an sich wissen wir aber nichts - und können
auch nichts wissen. Der »universale« Mensch existiert nicht.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 44 |
Was allerdings
existiert, ist eine zoologische Einheit des Menschengeschlechts; im strengen Sinne
macht die Art Mensch die »Menschheit« aus. Ein solcher Begriff hat
aber eine rein biologische Bedeutung. Nun glauben wir nicht, daß der Mensch
sein Wesen aufgrund seiner biologischen Merkmale bestimmen kann. Wir sind vielmehr
der Ansicht, daß das Spezifische am Menschen, d. h. was den Menschen-als-Menschen
gründet und ausmacht, aus der Kultur und der Geschichte hervorgeht.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 44-45 |
Auf
kultureller Ebene gibt es aber kein Muster für die gesamte Menschheit. Historisch
gesehen entfalten sich die Kulturen immer in der Mehrzahl. In einem kulturellen
rein menschlichen Sinne von »Menschheit« zu sprechen heißt nichts
anderes, als die Kultur zur Natur zurückzuführen, als die Geschichte
auf die Biologie zu reduzieren. Es ist durchaus bemerkenswert, daß die Anhänger
der Ideologie der Menschenrechte gerade in diesen biologischen Reduktionismus
verfallen, indem sie ein moralisches Gebot aus einem Umstand folgern, der nur
mit Zoologie zu tun hat.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 45 |
Es gibt
ebensowenig »ewige Ideen« wie das »Gute« oder das »Wahre«
an sich.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 46 |
Wir ...
möchten ... daran erinnern, daß der Mensch ... keine andere Natur hat
als die Kultur, kraft deren er sich selbst aufbaut. Wird der Mensch allein, in
abstracto, außerhalb jeglicher Gelegenheit, sich in Form zu setzen,
aufgefaßt, so ist er weder gut noch böse. Nur der durch die historischen
Institutionen und Verwirklichungen in Form gesetzte Mensch existiert als Mensch.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 47 |
Wie Max
Weber es nachwies, ist das »Naturrecht« grundsätzlich revolutionär,
denn die gesellschaftliche Ordnung wird immer in seinem Namen in Frage gestellt,
und zwar dadurch, daß eine vermeintliche Legitimität einer feststehenden
Legalität entgegengehalten wird.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 48 |
Die Ideologie
der Menschenrechte ist nicht nur unfähig, die individuellen Freiheiten bei
den anderen zum Erstarken zu bringen; sie trägt auch dazu bei, daß
die zivilen Freiheiten bei uns verkümmern. Indem sie die Rechte des abstrakten
Einzelnen über die konkreten Zugehörigkeiten stellt, neigt die Ideologie
der Menschenrechte ebenso wie der Liberalismus dazu, im Namen einer fortwährenden
Gegenwart die Vergangenheit wegzuradieren und die Zukunft zurückzusetzen.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 48-49 |
Als
profane Übertragung der mosaischen Gesetze und der noachidischen Gebote kann
die Ideologie der Menschenrechte eigentlich nur eine Reduzierung oder eine Homogenisierung
bewirken (und wahrscheinlich auch bezwecken). »Jene vereinheitlichende Funktion
des Dekalogs gegenüber dem Volk Moses«, schreibt Ghislaine R. Cassin
ferner, »soll die Allgemeine Erklärung diesmal gegenüber der gesamten
Menschheit ausüben.« Zu diesem Zweck gilt es, auf die Rechte des Menschen
an sich hinzuweisen, und zwar gegen die konkreten Rechte der konkreten Menschen
innerhalb ihrer konkreten Gemeinschaften. Der Mensch, den die Ideologie der Menschenrechte
beschützt, ist ein nicht-bodenständiger. Er hat kein Erbe und keine
Zugehörigkeit - oder er will beide zerstören. Dieser Mensch möchte
gern, daß die anderen ebenfalls ungebunden werden. Er würde gern zusehen,
wie sie ihr eigenes Erbe abtreten und zu Nachtwandlern werden. Dieses Schreckgespenst
berührt uns aber nicht.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 49 |
Indem
die Ideologie der Menschenrechte Recht und Freiheit auf Universalien, auf eine
»abstrakte Vollkommenheit« gründet, untergräbt sie die Freiheiten
und die konkreten Rechte der Individuen und Gemeinschaften. Indem sie verschiedene
Quellen des Rechts homogenisiert, d.h. vermischt, schafft sie die (für moderne
Gewaltherrschaften günstigen) Voraussetzungen zu einer ständigen Aufhebung
der besonderen, differenzierten Rechte im Namen eines »Universal- und Naturrechts«.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 50 |
Gibt es
etwa auf der ganzen Erde nur eine Einheitskultur, deren Modell überall durch
ein nach westlichen Kriterien zivilisiertes« Schulsystem gelehrt werden
müßte? Besteht nicht in manchen Kulturen auch eine traditionelle Schulung,
die außerhalb der Schule geschieht? Der Westen versucht, der ganzen Menschheit
eine einheitliche Form des Unterrichts und der Wissensübertragung, folglich
auch eine einheitliche Kultur und Weltanschauung aufzuzwingen. Was ist andererseits
unter »Sklaverei« zu verstehen? Nach Auffassung der Ideologie der
Menschenrechte hört die Sklaverei auf, sobald die Arbeit mit Geld entlohnt
wird. Würde aber nicht die Einfuhr einer billigen fremdländischen Arbeitskraft
nach Europa - aus der Sicht eines Irokesen zum Beispiel - als neue Form der Sklaverei
erscheinen? Und überhaupt: Hat die westliche Welt nicht etwa neue Formen
der »Sklaverei« und der kollektiven Unterdrückung geschaffen,
und zwar durch den wirtschaftlichen Imperialismus, die kulturelle Beherrschung
und die »Diktatur der Medien«?Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 55 |
Auf diese
Weise erkennen wir die Gefahr, welche die »universalen« Prinzipien
in sich bergen. Sie schließen nämlich in juristischen Bezeichnungen
sowie in typisch okzidentalischen Vorstellungen Begriffe ein, die von jeder Kultur
unterschiedlich wahrgenommen werden. Mit der gesamten christlichen, dann rationalistischen
Philosophie ... münden sie in dieselbe Illusion ein: sie geben vor, eine
juristische und philosophische Sprache für den ganzen Planeten freizulegen.
Sie wollen einen einzigen Signifikanten (Ausdrucksseite des sprachlichen Zeichens)
für alle Signifikate (Inhaltsseite des sprachlichen Zeichens) finden.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 55 |
Indem
sie das Schwinden der ethisch-kulturellen Eigentümlichkeiten legitimiert,
bekräftigt die Ideologie der Menschenrechte die Erhöhung des Lebensniveaus
- die jedem »gebührt« - als allgemeingültiges Ideal und
wesentliches »Erfolgs«-Kriterium für die einzelnen Staatsformen.
In diesem Sinne ist beispielsweise der 1966 geschlossene »Pakt über
wirtschaftliche und soziale Rechte« zu verstehen. Ein solches durchaus antihistorisches
Ideal ist nichts anderes, wie Jürgen Habermas es treuherzig formulierte,
als eine Perspektive auf Ruhe und Befriedigung im Leben. Es steht aber keineswegs
fest, ob diese Aussicht dem Wunsch aller Menschengruppen entspricht oder entsprechen
muß. Das Glück hat nämlich nicht nur mit Materiellem zu tun. Es
besteht auch in dem zwangsläufig besonderen Schicksal, das sich die Völker
verleihen wollen.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 56-57 |
So
unterschiedlichen Autoren wie Max Weber, Arnold Gehlen, Helmut Schelsky oder Martin
Heidegger zufolge beruht das allgemeine System der liberalkapitalistischen Gesellschaft
letzten Endes auf einer Deutung der Wissenschaft und der Technik als Tätigkeiten,
die dem Einzelnen zweckrational zu seinem ökonomischen Glück verhelfen
sollen. Es kommt also darauf an, über eine Theorie zu verfügen, die
eine Synthese der beiden Schlüsselbegriffe Glück und Rationalität
in höchstem Maße bestätigt. Die Theorie ist die Ideologie der
Menschenrechte.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 59-60 |
Aus
der Sicht ihrer Urheber weist die Ideologie der Menschenrechte mehrere Vorteile
auf. In erster Linie besitzt sie ein moralisches Wesen, kraft dessen sie zumeist
auch dort annehmbar ist, wo ein rein technokratischer« Diskurs unter Umständen
schlecht angenommen werden würde. .... In dem Augenblick, da die moderne
Zivilisation, die ja auf allen Ebenen ihrer Sub-Systeme - mit Ausnahme der Erfahrungsebene
- umstritten ist, keine politische Ideologie zu deren Legitimation findet, vermag
nur noch die Lehre der Menschenrechte einen Konsens zu schaffen, und zwar in der
(etwas lockeren) Form des kleinsten gemeinsamen ideologischen Nenners.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 60 |
Die 1776
in Philadelphia unterzeichnete Unabhängigkeitserklärung von Amerika
postuliert: »Folgende Wahrheiten erachten wir als selbstverständlich:
daß alle Menschen gleich geschaffen sind; daß sie von ihrem Schöpfer
mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; daß
dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören« daß
zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingesetzt werden.«
Es ist wahrlich schwierig, in so wenig Sätzen soviel Unsinn auszusprechen.
Daß »alle Menschen gleich geschaffen sind«, stimmt nicht - und
die Überlegung, ob es gut ist, daß sie es werden, kann nur subjektiv
sein: Nur der Mensch ist wirklich Schöpfer, und er kann nicht von »Natur
aus« mit irgendeinem Recht oder irgendeiner Pflicht ausgestattet worden
sein. Die Regierungen wurden nicht nur eingesetzt, um die persönlichen Rechte
zu sichern; sie setzten sich vielmehr selbst ein, um verschiedenen Verpflichtungen
nachzukommen, allen voran der Pflicht, den Völkern ein Schicksal zu verleihen.
Was die »selbstverständlichen Wahrheiten« betrifft, sind sie
ebenso wenig wirklich und »selbstverständlich« wie die goldenen
Berge oder die sechsfüßigen Einhörner. Aber die ganze Ideologie
der Menschenrechte » keimt« bereits in diesen Behauptungen.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 61 |
Die Verwirklichung
der weltbürgerlichen Ideologie der Menschenrechte führt ... zu einer
Einschränkung der politischen Souveränität der nationalen Staaten.
Mit Bezug auf Montesquieu befürwortete Jean-Marie Benoist noch vor kurzem
eine Art »Richterregierung« für Europa. Nationale oberste Gerichtshöfe,
die einem europäischen obersten Gerichtshof unterstünden, müßten
auf alle Hemmnisse aufmerksam machen, mit denen die Regierungen den vollen Genuß
der Menschenrechte erschweren könnten. Solche auf dem zweideutigen Prinzip
der »Gewaltenteilung« gründenden Auffassungen könnten nur
zur Einsetzung eines Obersten Weltgerichtshofes führen - eines ungeheuren,
gegen die nationalen Mächte und Regierungen ... gerichteteten Gleichschaltungsapparat
....Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, S. 1988, S. 62 |
Der
Vorrang der individuellen Rechte vor den nationalen Souveränitätsrechten
ruft gegenwärtig eine gefährliche Erscheinung hervor: die Ablösung
der politisch exekutiven Kategorie durch die juristische. Indem sie im Namen einer
moralischen »Weltinstanz« die Macht der nationalen Staaten einschränkt,
zielt die Ideologie der Menschenrechte darauf ab, das Politische um seine Vorrechte
zu bringen und es einer höheren juristischen Entscheidungsinstanz zu unterwerfen.
Daß das Politische und sein Wesen den zersetzenden Praktiken eines metaphysischen,
abstrakten Rechtswesens untergeordnet wird, führt zur Diktatur der Juristen
über die Regierenden. Diese Unterordnung schließt die Absetzung der
Staatsräson in sich; sie bekräftigt den Untergang des Politischen. Der
eigentliche Begriff der »menschlichen Person«, auf den die Ideologie
der Menschenrechte so großen Wert legt, ist ein juristischer: das Recht
ist die »natürliche« Quelle einer Theorie der Person, die das
Individuum in erster Linie als Besitzer von Rechten kennzeichnet. . Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 63 |
Die vom
Recht gegründete Ordnung ist ursprünglich immer eine gewollte und konventionelle;
sie wird durch stillschweigende oder ausdrückliche Übereinkunft eingesetzt.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 64 |
Das Recht
ist im eigentlichen Sinne etwas Künstliches; und hierin ist es rein menschlich.
Demnach kann von Rechtsgültigkeit nur innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft
die Rede sein.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 64 |
Außerdem
bezweckt das Recht nicht etwa die »Gerechtigkeit an sich«, sondern
die konkrete Rechtlichkeit in einer Reihe von bestimmten Fällen.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 64 |
Die politische
Macht darf nicht an die Stelle des Rechts treten: es wäre die Willkür.
Oder auch das Recht darf nicht die politische Macht ersetzen: es wäre die
Ohnmacht.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 65 |
Das Recht,
das einem Menschen nur deshalb zugesprochen wird, »weil er ein Mensch ist«,
ist nichtig; wird dieses Recht nicht anerkannt, und schon kann keiner den Vorteil
davon genießen. Nur diejenigen Rechte, die von einer politischen Macht geschützt
werden oder die zu schützen sich eine politische Macht entschließt,
können effektiv anerkannt und verwirklicht werden.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 65-66 |
Einige
schwarzafrikanische Staaten der nachkolonialen Zeit, die die »Allgemeine
Erklärung« von 1948 unterzeichnet hatten, verzichteten gleichzeitig
auf ihr herkömmliches Gewohnheitsrecht - da sie es viel lieber hatten, nur
noch an drei Seiten eines philosophischen und moralisierenden Diskurses gebunden
zu sein. Und wir sprechen hier lediglich von den politischen Freiheiten des klassischen
Typs: den sprachlichen, kulturellen u.a. Freiheiten ist die Ideologie der Menschenrechte
bekanntlich völlig gleichgültig, wenn nicht feindlich gesinnt.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 67 |
Daß
die juristischen Begriffe des angelsächsischen biblischen Demokratismus weltweit
übernommen werden, erweist sich nicht nur als völlig fruchtlos für
die Besserung der Verhältnisse; diese Entwicklung kennzeichnet ... auch einen
eindeutigen Verfall des Rechts, der übrigens auch mit dem Rückgang des
Politischen zusammenhängt.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 67-68 |
Da
das Recht allmählich aufhört, praxisbezogen zu sein, an Bräuche
oder an überlieferte und vererbte Rechtsprechungen gebunden zu sein, wird
es moralisch und ideologisch. Zum Thema wissenschaftlicher Abhandlungen umgewandelt,
der Unaufgeklärtheit von Journalisten und Meinungsmachern zur Speisung gegeben,
erweist es sich als völlig unfähig, seiner Aufgabe in aller Form gerecht
zu werden.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 68 |
Damit
die Völker und die Sozialgruppen sich von der wirtschaftlichen Herrschaft
und der auf die liberalkapitalistische Gesellschaftsform zurückgehende
- soziokulturellen Entfremdung freimachen, müssen sie eine antiindividualistische
Ideologie und Strategie übernehmen, wo die Widerstandsräume möglichst
von einem Befreiungswillen beherrscht sowie strukturiert werden, der nur souverän
und politisch sein kann. Zu einer entgegengesetzten Haltung drängt leider
die Ideologie der Menschenrechte, deren pseudo-befreiender Diskurs sich letzten
Endes für das gesamte System verbürgt, indem er dieses anscheinend nur
punktuell, auf der oberflächlichen unwesentlichen Ebene der formalen Semiologie
anficht.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 68 |
Die Ideologie
der Menschenrechte bildet nunmehr den Treffpunkt all derjenigen, die der Egalitarismus
enttäuschte; den Ort, wo sie zugleich ihre Irrfahrten gestehen, ihre Pleiten
zugeben, ihre Grundbestrebungen beibehalten und nach wie vor ein gutes Gewissen
haben können. Sie ist der ideologische Raum, in den alle gegenwärtigen
Universalismen, alle der monotheistischen Mentalität entsprungenen Systeme
hineinfließen werden. Sie ist die Religion des ausgehenden 20. Jahrhunderts.Alain
de Benoist, Die Religion der Menschenrechte, in: Mut zur Identität,
Hrsg.: Pierre Krebs, 1988, S. 71 |
Die Vergangenheit
muß vergehen, nicht, um in Vergessenheit zu geraten, sondern, um ihren Platz
in dem einzigen Kontext zu finden, der ihr zukommt: in der Geschichte. Nur eine
historisierte Vergangenheit kann nämlich die Gegenwart angemessen »informieren«,
während eine ständig aktuell gehaltene Vergangenheit nur eine Quelle
von voreingenommenen Polemiken und von Mißverständnissen sein kann.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 21 |
Es
leuchtet ... nicht ein, weshalb es weniger schlimm oder zumindest weniger verwerflich
wäre, diejenigen umzubringen, denen man das Glück versprochen hat, als
diejenigen zu töten, denen man solches nicht verheißen hat. Es leuchtet
nicht ein, warum eine Ideologie weniger verwerflich wäre, nur weil sie die
verlogenste ist. Böses zu tun im Namen des Guten ist nicht besser, als Böses
zu tun im Namen des Bösen. Die Zerstörung der Freiheit im Namen der
Freiheit ist nicht besser als ihre Zerstörung im Namen der Notwendigkeit,
sie zu beseitigen. In mancher Hinsicht ist es sogar schlimmer.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 39 |
Ein
Laster ist noch weniger entschuldbar, wenn es von Tugendlehrern ausgeübt
wird, denn diese sind noch mehr als andere gehalten, ihre Grundsätze zu befolgen.
Man kann auch die Meinung vertreten, daß Verbrecher um so gefährlicher
sind, desto mehr sie sich als Wohltäter der Menschheit darstellen. »Der
Kommunismus ist perverser als der Nationalsozialismus«, schreibt zum Beispiel
Alain Besançon, »da er sich des Geistes der Gerechtigkeit und der
Güte bedient, um das Böse zu verbreiten«.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 39-40 |
Gerade,
weil der Kommunismus von vornherein im Namen der Menschheit kämpfen wollte,
erstreckte sich sein zerstörerisches Wesen auf die gesamte Menschheit. Seine
universalistischen Bestrebungen können ihm keineswegs als mildernde Umstände
dienen, sie sind es vielmehr, die sein universell mörderisches Wesen erklären.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 52 |
Wer
wie Jean-Jacques Becker behauptet, daß »der Nationalsozialismus oder
der Faschismus nie den gleichen Elan hervorgerufen hätten« wie der
Kommunismus, vergißt, daß 368000 ausländische Freiwillige in
der Waffen-SS waren gegenüber nur 35000 in den Internationalen Brigaden.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 56 |
Die
modernen Ideologien sind profane Religionen. Sie stützen sich auf verweltlichte
theologische Begriffe. Diese Feststellung gilt ganz besonders für die totalitären
Systeme, ... die modernen Totalitarismen als »politische Religionen«
oder »weltliche Religionen«, das heißt, als »Lehren, die
in den Seelen unserer Zeitgenossen die Stelle des Glaubens einnehmen und das Heil
der Menschheit hier auf Erden sehen, in einer fernen Zukunft, in Form einer noch
zu schaffenden Sozialordnung«.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 111 |
Die
totalitären Regime sind Regime, die durch eine radikale Beschleunigung der
Geschichte der historischen Existenz ein Ende setzen wollen.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 118 |
Die
totalitären Systeme können in diesem Sinne nie »rechts«
sein, da jede Politik von »rechts« vor allem durch Vorsicht gekennzeichnet
ist: Sie setzt die Verfolgung von Zielen voraus, die nur begrenzt sein können.
Sie kann sich wohl auf eine Ideologie oder eine Lehre stützen, die Ergebnisse
werden aber nie als von vornherein erzielt angesehen. Sie berücksichtigt
die menschliche Natur, und dies verbietet zu denken, alles sei möglich. Bei
ihr wird die Zukunft niemals so angesehen, als bedingte sie einen absoluten Bruch
mit der Vergangenheit. Die Achtung vor der menschlichen Verschiedenartigkeit bildet
dort - zusammen mit dem, was sie unter »Relativität«, unter Bezogenheit
auf den jeweiligen Kontext versteht - eine allgemeine Regel. Dagegen definieren
sich die totalitären Systeme von vornherein im Absoluten. Sie lehnen die
Politik als Vorsicht ab und fassen sie sowohl als Wissenschaft wie auch als Glaubensersatz
auf, der bei sämtlichen menschlichen Angelegenheiten im Besitz der allerletzten
Wahrheit sei.Alain
de Benoist, Totalitarismus, 2001, S. 118-119 |
In
Verbindung mit der Expansion der Märkte dient die Rhetorik der Menschenrechte
als ideologische Verkleidung der Globalisierung. Vor allem anderen ist sie ein
Instrument der Herrschaft und muß als solches begriffen werden.Alain
de Benoist, Kritik der Menschenrechte, 2004, S. 10 |
Wenn
der Begriff der Menschenrechte ein rein westlicher ist, kann kein Zweifel bestehen,
daß seine globale Verallgemeinerung eine Einmischung von außen darstellt,
eine andere Art der Bekehrung und Beherrschung, eine Fortsetzung also des kolonialen
Syndroms.Alain
de Benoist, Kritik der Menschenrechte, 2004, S. 73 |
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