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- Kulturenvergleich -
Antike und Abendland
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Frühling / Morgen
6 Uhr
12 Uhr
Frühkultur
Oktodon der Pfalzkapelle in Aachen mit dem Thron Karls des Großen, um 800Kirche der Benediktinerabtei in Corvey, 822 durch Ludwig d. Frommen gegründet Mönche am Schreibpult (Geistesleben im Kloster) Wikinger entdecken Amerika, um 1000
6-8 Uhr
Neugeborenes oder Stehvermögen

Wenn mit Frühlingsbeginn das Leben erwacht, die ersten zartgrünen Knospen vor dem Entfalten stehen und farbige Blumen sich in Richtung Sonnenlicht recken, dann wird auch jedem Zweifler klar, daß sich das Leben plötzlich meldet, als käme es aus dem Nichts des Winters. Der so scheinbar lang andauernde Winter hatte aber das Leben nur zum Teil ausgelöscht und ansonsten in Geborgenheit verbannt, zumeist unter die Erde. Die unterirdisch-uterine Winterzeit ist aber jetzt an ihr Ende und das Leben ans Licht der Welt gekommen. Daß die meisten Lebewesen im Frühling zur Welt kommen, um genügend Zeit zur Entwicklung einer Überlebensfähigkeit zu haben, bevor der nächste Winter kommt, liegt in der Logik der Natur. Daß Menschen sich den Luxus erlauben, gegen diese Naturregeln zu rebellieren, liegt in der Logik der Kultur. (Vgl. Jahreszeiten). Seit der Zeit, als die Menschen mit waghalsigen Projekten versucht haben, die Natur auszuschalten, kann man von einer spezifisch menschlichen Kultur sprechen. Trotz der enormen kulturellen Leistungen sind Menschen bis auf den heutigen Tag naturimmanente Wesen geblieben. Die Vorverlegung des Geburtstermins eines Säuglings mit einem größer gewordenen Gehirn umging den zeitlich längeren Weg der Anpassung weiblicher Beckenknochen. Der Aufschub der Geschlechtsreife zu dem Zweck, das evolutionär zu einem eigenen Universum herangewachsene Gehirn durch intensives Lernen vor der ersten Möglichkeit einer Fortpflanzung zur kompletten Vernetzung zu bringen, bedeutete ein Risiko, den Kampf gegen die rein evolutionäre Anpassung zu verlieren, weil auch ein revolutionärer Luxus seinen Preis hat. Ein Kosmos im Hirn will bezahlt sein. Der Aufwand hatte sich aber gelohnt, und die Menschen konnten ihre Luxusinsel verlassen, weil sie sich ab jetzt mit gehirnspezifischen überlebensfähigen Waffen durchzusetzten begannen. Noch vor den echten Wurfgeschossen entstanden die Geschosse im Kopf als Entwürfe oder Projekte. Das Feuer sorgte für Macht, Wärme, Schutz und sprachfördernde Kommunikation zugleich, als Sprache der kultivierten Kommunikation verstanden. Dieses Projekt des Menschen, der sich auf eine Insel zurückzieht, um sie später als Revolutionsmeister wieder zu verlassen, hatte sich offenbar gelohnt, und zwar trotz oder wegen der vielen Risiken. Wie das Beispiel der Jahreszeiten zeigt, gehorchen Natur und Kultur den Regeln des Kosmos. (Beispiel "Nutation"). Evolutionäre Prozesse scheinen sich sogar in einer Kultur zeitrafferartig zu wiederholen. (Aristoteles). Sämtliches Leben fristet sein Dasein in einer All-Heimat. Wir sind Einwohner einer Insel in einem ausdehnenden Universum der Unendlichkeit, und wir müßten den eben beschriebenen Weg noch einmal beschreiten, um es wirklich zu verstehen. (Insel). Einen Weg zum theoretischen Verständnis bietet die Kosmologie, von der besonders die Antike fasziniert war und die wohl durch Platon zur höchsten Reife gelangte. (Vgl. 18-20). Auch Kulturen unterliegen der Schwankung.

Zum Anfang des Widders Eine natürliche Geburt kündigt sich ja bekannlich durch mehr oder weniger starke Wehen an. Im Falle der zur Welt kommenden Antike lag dieser Zeitraum im 15. und 14. Jahrhundert v. Chr., als die Mykener ihre Macht nach Kleinasien, z.B. auch nach Milet, nach Milos und Kreta ausdehnten. Sie übernahmen die minoische Keramik und die Kuppelgräber für den Ahnenkult der Herrenschicht, und sie zerstörten die jüngeren Paläste auf Kreta, z.B. auch Knossos (1425). In der nachgeburtlichen, d.h. spätmykenischen Zeit wurden die Kuppelgräber weiter ausgebaut und Befestigungsanlagen mit gigantischen Ausmaßen in Mykenai, Tiryns, Pylos, Gia und Athen errichtet. Berühmt sind z.B. das Löwentor und das Schatzhaus des Atreus in Mykenai. Für das Abendland bzw. Europa liegt der Zeitraum der kulturellen Geburtsphase im 8. Jahrhundert, nämlich zwischen dem Ende des Westgotenreichs durch die muslimischen Mauren (711), dem Sieg über die Araber durch Karl Martell (732) und der sogenannten Pippinschen Schenkung (754), spätestens jedoch, im Falle einer Spätgeburt, zwischen dem Ende des Langobardenreichs durch den Franken Karl d. Gr. (774) und seiner Kaiserkrönung durch Papst Leo III. (800). (Anmerkung zu Geburt und Fehlgeburt). Die ältesten überlieferten Zeugnisse für das Althochdeutsche gehen auf die Zeit um 750 zurück. Auch die deutsche Ostkolonisation setzte bereits um die Mitte des 8. Jahrhunderts ein, vor allem im Ostalpengebiet und an der Donau. (Vgl. 8-10 und 10-12). Und zur Kulturgeburt gehört auch die abendländische „Agrarrevolution“, denn zweifellos hat es außer der Verbreitung des Räderflugs mit Pflugschar (eisenbeschlagen bzw. eisern) auch weitere bedeutende Fortschritte in der Anbautechnik gegeben: die zunehmende Verwendung von Eisengeräten (z.B. Egge), das Aufkommen der Wassermühle, verbesserte Anspannungsmethoden (Kummet), den Übergang zur Dreifelderwirtschaft. Diese ist nach der Mitte des 8. Jahrhunderts erstmals schriftlich belegt, bringt rechnerisch eine Ertragssteigerung um 50% (!), beansprucht aber auch den Boden stärker. Abendländische Agrarrevolution

Festzuhalten bleibt, daß die Geburt Europas ein Bündnis zwischen Papst und Frankenreich darstellt: das erste zwischen Stephan II. und Pippin III. von 754, das zweite zwischen Hadrian I. (reg. 772-795; ) und Karl d. Gr. von 781 bzw. 787 und das dritte zwischen Leo III. (reg. 795-816; ) und Karl d. Gr. von 800. Sie sind wiederholte Bekräftigungen eines Bündnisses. Es kam für dieses Werden auf die soliden, zukunftsträchtigen Formen und Inhalte an. Dafür gilt es, zwei Begriffe zu nennen: das Papsttum und das germanische Frankenreich unter den Karolingern. In ihnen enthalten sind auch die Gegenbegriffe, weil sie permanent Angst und Eifersucht hervorriefen: Islam und Byzanz.
Karl Martell
Karl Martell
Deshalb setzten die Geburtswehen der kommenden abendländischen Kultur ein, als Karl Martell (reg. 714-741) die Araber zwischen Tours und Poitiers besiegte (732). Für das Abendland war dieser Sieg deshalb eine wichtige Voraussetzung für die Geburt, weil mit ihm und durch ihn die Expansionen der Araber gestoppt werden konnten. Die auf den Bilderstreit folgende Königskrönung Pippins III. und dessen Salbung mit heiligem Öl, die der päpstliche Legat, der Erzbischof Bonifatius, vornahm, fiel nicht zufällig in diese Zeit (751). Im Kulturkreißsaal gelang die Geburt des Abendlandes mit Hilfe einer Hebammentechnik, dem Franken-Papst-Bündnis, das eine Konstantinsche Schenkung vortäuschte, eine Pippinsche Schenkung meinte und in Wirklichkeit eine Abmachung war (754). Papst Stephan II. (reg. 752-757; ), der dem byzantinischen Ostrom den Kontakt verweigert hatte und eine Verbindung zum Frankenreich einging, bat Pippin III. um Hilfe gegen den Langobardenkönig Aistulf, stellte Rom unter den Schutz des fränkischen Königs und salbte Pippin noch einmal in St. Denis. Er und seine beiden Söhne, der spätere Karl der Große und Karlmann, erhielten den Titel Patricius Romanorum: Schutzherr der Römer. Nach zwei erfolgreichen Feldzügen (754, 756) erreichte Pippin die Rückgabe der von Aistulf eroberten Gebiete, die er dem Papst als Gegenleistung schenkte (Pippinsche Schenkung). Die vom Papst erhobenen Ansprüche auf eine unabhängige Landesherrschaft wurden mit einer gefälschten Urkunde begründet, der Konstantinschen Schenkung (Donatio Constantini), wonach die Verselbständigung Roms gegenüber dem Osten schon auf Konstantin d. Gr. zurückgehen soll, der dem Papst Rom mit der westlichen Reichshälfte übertragen haben soll. Mit dem Dukat von Rom wurden diese Gebiete zum Kirchenstaat, weil Pippin III. sie 756 dem hl. Petrus schenkte. Der Prozeß der abendländischen Geburt begann also mit einer Fälschung. Es war die Vortäuschung einer Schenkung mit dem Ziel, durch eine nachträgliche Schenkung eine Tatsache zu schaffen. Diese Abmachungen waren gegen die Langobarden und die Byzantiner gerichtet und waren auch ein Verstoß gegen die Zehn Gebote, die doch gerade von der Kirche als heilig angesehen wurden. Ein klarer Fall politischen Tagesgeschäfts. Die Pippinsche Schenkung war eine als Wiedereinsetzung in alte Rechte gedachte Schenkung bestimmter von den Langobarden unter Aistulf besetzter, vorher römisch-byzantinischer Gebiete an den Papst. In erster Linie waren das folgende Gebiete: Dukat von Rom, Excarchat Ravenna, die Pentapolis und das südliche Tuszien (Toskana). In der Karte sind diese Gebiete angedeutet. (Vgl. Patrimonium Petri).

Das Kind war geboren und die Abnabelung vom Mutterkuchen vollzogen: dieses Kulturkind hätte aber sicher mehr romanische Züge gehabt, wenn die Schlacht im Teutoburger Wald (9 n. Chr.), die Arminius mit seinem Sieg über die Römer herbeigeführt hatte, anders verlaufen wäre. Das Kind hätte aber auch mehr germanische Züge gehabt, wenn die Germanenreiche sich noch stärker durchgesetzt hätten, als sie es taten. Die vorgeburtliche Phase Europas war die Geschichte der christlich werdenden Germanen, deren Wanderungen und Reiche. Scheinbare Gegensätze schließen sich vor allem dann nicht aus, wenn sie kulturgenetisch verwandt sind: das Christenreich, zunächst als rein geistig-religiöses Reich gedacht, dann weltlicher werdend, und die Reiche der Germanen, zunächst in der natürlich-materiellen Welt entstanden, dann geistig-religiöser werdend. Christentum und Germanentum sind Komplementaritäten, ohne die das Abendland, das sich erst später Europa nannte, nicht zu dem geworden wäre, was es geworden ist.

 

Zum Anfang des Widders Karte
ZURÜCK Die 4 Karten zeigen die Entwicklung vom 6. / 7. bis zum 10. / 11. Jahrhundert. WEITER

Zum Anfang des Widders Die Rolle der Hebamme für die Geburt der abendländische Kultur übernahmen die Vertreter der morgenländischen Kultur (Morgenländische Kultur), und zwar ungewollt, wie fast immer in der Kulturgeschichte, denn die Eroberungsversuche der Araber, der Bilderstreit zwischen der morgenländischen und der abendländischen Christenkirche, der 730 begann und zum Bruch, zum Schisma führte, waren eine Hebammentechnik und vertieften das Franken-Papst-Bündnis, für das der Bruch, die Abnabelung, ein Geschenk (vgl. Schenkung) darstellte. Die Rolle, die die Byzantiner und Araber für die Geburt des Abendlandes spielten, spielten für die Geburt der Antike die Minoier (Kreter) und die Phöniker (Phönizier), die bis zu dieser Zeit noch unter dem Einfluß der ägyptischen Kultur (Ägyptische Kultur) gestanden hatten. Der Unterschied ist klar: Die Hebammenakteure wurden in dem einen Fall immer mehr in die geborene Kultur integriert, in dem anderen Fall immer mehr von der geborenen Kultur ferngehalten durch immer genauere Differenzierung. Die Geburt der antik-apollinischen Kultur bewirkte, daß Kreter und Phönizier der ägyptischen Kultur endgültig entrissen und in die antik-apollinische Kultur integriert wurden; die Geburt der abendländisch-faustischen Kultur bewirkte jedoch, daß Araber und Byzantiner nicht in die abendländisch-faustische Kultur intergirert wurden, weil sie ihrerseits versucht hatten, zu integrieren. Deshalb verfuhr man im Abendland gegenüber dem Morgenland immer mehr nach den Methoden einer Differentialrechnung - zwar noch nicht mit den strengen Methoden der Mathematik (Leibniz), aber um so mehr mit den strengen Methoden der Kulturkritik. Das Abendland übernahm zwar in der Folge auch weiterhin Elemente aus der morgenländischen Kultur, doch immer nutzte sie diese, um zu seinem Selbst, zu seinem Selbstbewußtsein und demzufolge im Kampf ums Selbst auch zum Trotz (vgl. 8-10) zu kommen. Bis dahin aber mußten noch einige fremdkulturelle Mutter-Elemente mehr übernommen werden als danach. Was die abendländische Kultur von den Byzantinern und Arabern übernahm, zeigen uns die Kunstgeschichte, die Geschichte des Glaubens und Denkens und zum Teil auch die Geschichte der Wissenschaft, obwohl bzw. weil gerade die Wissenschaft typisch für die abendländisch-faustische Kultur ist. Was aber übernahm die antik-apollinische Kultur von den Kretern und Phöniziern?  Dies zeigen uns ebenfalls die Kunstgeschichte, die Geschichte des Glaubens und Denkens und deswegen auch die Geschichte der Philosophie, obwohl bzw. weil gerade die Philosophie typisch für die antik-apollinische Kultur ist. Denn sie hat sehr viel zu tun mit der ersten Alphabetschrift (Alphabetgeschichte):

Die erste Alphabetschrift - sie bestand nur aus Konsonanten - ist die der Phöniker (Phönizier), die zu deren Entwicklung wohl mehre Jahrhunderte gebraucht haben dürften, jedenfalls war sie bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr. vollendet und wurde im 13. Jahrhundert v. Chr., als auch die Dorische Wanderung begann, von den Griechen übernommen und dann erweitert, denn die Griechen führten erstmals Vokale in das Alphabet ein, weil für sie einige der phönikischen Konsonanten überflüssig waren; diese Redundanz war es also, die es den Griechen ermöglichte, das konsonantische Alphabet um Vokale zu erweitern, indem sie die überflüssigen Konsonanten nicht einfach eliminierten, sondern zu Vokalen erklärten und dadurch ein revolutionäres Alphabet einführten. Das griechische Alphabet ermöglichte durch die eingeführten Vokale erstmals eine lautgetreue Wiedergabe der Silben, Wörter, Sätze, also des ganzen Textes:

Die griechische Schrift hatte enorme Auswirkungen, denn „allein durch das Ereignis der griechischen Schrift konnte sich die ... Leser-Subjektivität entwickeln, deren starkes Merkmal in der Fähigkeit zum »Umgang mit Texten«, das heißt zum situationsunabhängigen Sinnverstehen, bestand. .... Dank aufgeschriebener Texte emanzipiert sich die Intelligenz vom Zwang des In-situ-Aufhalts (In-situ-Aufhalt) in mehr oder weniger verstehbaren Umständen. Das hat zur Konsequenz: Um eine Situation kognitiv zu bewältigen, muß ich nicht länger als ihr Teilnehmer in sie eintauchen und mit ihr in gewisser Weise verschmelzen, es reicht aus, ihre Beschreibung zu lesen - dabei steht es mir frei, zu bleiben, wo ich bin, und zu assoziieren, was ich will.“ (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 395). Die Schriftgeschichte ist in etwa identisch mit der Geschichte der Historiographie (Historiographie) und kann auch als eine Geschichte der Historienkultur beschrieben werden, doch muß berücksicht werden, daß diese eine Historienkultur aus mehreren Historienkulturen (Historienkulturen) besteht, und genau mitten in dieser Geschichte finden wir die antik-apollinische Kultur sowie das erste Alphabet und das revolutionäre Alphabet, das wir die griechische Schrift nennen. Dieser Einschnitt in die Schriftgeschichte war so gewaltig, daß man sogar sagen kann, er war für die von ihm betroffenen Menschen sogar ein Einschnitt in deren „In-der-Welt-Sein“ (In-der-Welt-Sein), denn mit und nach diesem Einschnitt spaltete sich „das In-der-Welt-Sein explizit in erlebte und in vorgestellte Situationen - besser gesagt, es gelingt den vorgestellten Situationen dank ihrer Verschriftlichung, das Monopol des Verstehens-durch-in-der-Situation-Sein zu brechen. Mit der griechischen Schrift beginnt das Abenteuer der Dekontextuierung von Sinn.“ (Peter Sloterdijk, ebd., S. 395-396). Es geht hier also um den Aufstand des Texts gegen den Kontext, das bedeutet: die Losreißung des Sinns von den gelebten Situationen. Die griechische Schrift emanzipierte mit der ständigen Einübung des dekontextuierenden Denkens - üblicherweise als Lesen bezeichnet - den Intellekt vom Zwang zur Teilhabe an realen Konstellationen. Die griechische Schrift erzeugte erstmals den „rein theoretischen Menschen“, der später Philosoph heißen sollte.

 

Karl der Große und Ludwig der Fromme
Karl der Große, 747-814,                  Ludwig der Fromme, 778-840,
(Vater Ludwigs des Frommen)                    (Vater Ludwigs des Deutschen)

814 in Aachen beigesetzt.                  840 in Ingelheim beigesetzt.
Franken
Franken
Franken

Zum Anfang des Widders Am 02.04.747 wurde Karl der Große als ältester Sohn Pippins III. d.J. geboren. 754 erhielten er und sein Bruder Karlmann (751-771) die Königssalbung von Papst Stephan II. und zusammen mit ihrem Vater Pippin III. den Titel Patricius Romanorum, denn ihr Vater regierte noch als König, hatte aber das Reich für die Zukunft unter ihnen aufgeteilt. Mit dem Tode des Vaters wurde diese Teilung 768 Realität. Karl war von jetzt an König der Franken zwischen Pyrenäen und Thüringen, Karlmann im Gebiet zwischen Mittelmeer und Alemannien. Sie gerieten jedoch bald in Gegensatz zueinander. Karl isolierte seinen Bruder politisch durch Verbindung mit dem Langobardenkönig Desiderius, dessen Tochter er heiratete, obwohl ihr Vater das Papsttum bedrohte. Wäre Karlmann nicht schon 771 verstorben, hätte sich vieles wahrscheinlich anders zugetragen, aber Karl der Große stellte die Reichseinheit wieder her und mißachtete dabei das Nachfolgerecht der Söhne seines Bruders.

773/774 wandte sich Karl auf Ersuchen des Papstes Hadrian I. gegen den Langobardenkönig Desiderius, der den Papst zwingen wollte, die mit ihrer Mutter an den langobardischen Hof geflohenen Söhne Karlmanns zu fränkischen Königen zu salben. Nach der Eroberung Pavias nahm Karl selbst den Titel Rex Langobardum an. Obwohl die 774 erneuerte Pippinsche Schenkung dem Papst 781 als eigenes Herrschaftsgebiet bestätigt wurde, stand auch das Patrimonium Petri (Kirchenstaat) unter fränkischem Einfluß, so daß Karl Italien bis auf die byzantinischen Gebiete im Süden beherrschte. Das noch weitgehend unabhängige Bayern (vgl. 2-4) wurde 778 dem Reich voll eingegliedert, Sachsen, gegen das Karl von 772 bis 804 viele Feldzüge führte, schon ein Jahr zuvor: 777 (endgültig: 804). 785 kam es zwar zum Friedensschluß zwischen Karl und Widukind, der sich auch taufen ließ (785), doch von 792 bis 799 gab es noch einmal Aufstände der bäuerlichen Schichten gegen den kirchlichen Zehnten. Dieser Aufstand mußte niedergeschlagen werden, bevor sich Karl der Große Weihnachten 800 in Rom zum Kaiser krönen ließ und die Versöhnung zwischen Sachsen und Franken 802 durch Gesetze festgelegt werden konnte (Lex Saxonum und Lex Ripuaria). Die endgültige Unterwerfung der Sachsen wurde 804 durch einen letzten Feldzug abgeschlossen. Die (fötalen) Organe funktionierten also; nur die Angelsachsen waren noch nicht ins Frankenreich integriert, und das sollte auch nicht geschehen, denn für die Geburt des Abendlandes war eine fränkische Einverleibung der Angelsachsen nicht vorgesehen. Die Kaiserkrönung durch Papst Leo III., Weihnachten 800 in Rom, die offenbar seit der durch eine Adelserhebung erzwungenen Flucht Leos zu Karl erörtert wurde, bedeutete die Erneuerung des Kaisertums im Westen (Renovatio Imperii). Der Kaisertitel verband die in amtlichem Sprachgebrauch Italiens seit dem 6. Jahrhundert übliche Form des Kaisertitels mit dem gentilen Königstitel und ließ in dieser kunstvollen Verknüpfung den Personenverband der Franken und Langobarden als das eigentliche Reichsvolk erscheinen. Als durch den frühen Tod seiner Söhne Karl und Pippin die Regelung der Herrschaftsteilung hinfällig wurde, erhob er seinen dritten Sohn Ludwig (den Frommen) 813 in Aachen zum Mitkaiser, unter Ausschaltung des päpstlichen Anspruchs auf die Krönung. Die Vergabe von Ämtern und Lehen im ganzen Fränkischen Reich an die führenden Adelsfamilien bewirkte ein Interesse dieser Reichsaristokratie an der Erhaltung der Reichseinheit, wenngleich auf lange Sicht die zentrifugalen Kräfte überwogen. Auf die Dauer zuverlässiger bewährte sich die Kirche als Trägerin des Reichsgedankens. Karl zog sie stärker als zuvor in den Dienst des Reiches und förderte sie dafür u.a. durch Schenkungen, Festigung des Zehntgebots und Sorge für kirchliche Reformen. Seine Bemühungen um eine bessere Ausbildung der Geistlichen und eine Erneuerung des monastischen Lebens trugen entscheidend zum Aufschwung der Wissenschaft, der Kunstpflege und der Bildung ganz allgemein bei. Auch wenn nach Karl dem Großen und seinem Sohn Ludwig dem Frommen das Frankenreich geteilt wurde, und zwar durch die Verträge von Verdun (843), Mersen (870) und Ribemont (880), so blieb doch eine für die weitere Geschichte des Abendlandes wichtige kulturelle Einheit bestehen. Die geistlichen Beiträge der Kirche spielten dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. WEITER

Zum Anfang des Widders Die grandioseste aller päpstlichen Fälschungen entstand unter Papst Leo IV. (reg. 847-855): der „Pseudo-Isidor“. Die „Pseudo-Isidorischen Dekretalen“, so der Sammelname für diese wohl einflußreichste kirchenrechtliche Fälschung - benannt nach ihrem angeblichen Verfasser Isidor von Sevilla (ca. 560-636), dem Korrespondenten des Papstes Gregor I. d. Gr. (reg. 540-604) -, enthalten echte, gefälschte und verfälschte Bestandteile: u.a. Synodalbeschlüsse, Papstbriefe, fränkische Reichsgesetze. Mit diesen Fälschungen sollte die Stellung der Bischöfe gegenüber den Metropoliten und Synoden gestärkt und die Macht des Papstes als Schützer der Bischöfe und Wahrer der kirchlichen Freiheit gefestigt werden. Die Fälschungen entstanden um 850 als Arbeit einer Gruppe von Klerikern mit staunenswerter Intelligenz, reicher Kenntnis früherer Sprachstile und völliger Skrupellosigkeit. Der Pseudo-Isidor erlangte vor allem in der Auseinandersetzung zwischen Kaisertum und Papsttum große Bedeutung. (Im 15. Jh. sollten die Kardinäle Nikolaus von Kues (1410-1464) und Juan de Torquemada die wichtigsten Vorarbeiten für den Nachweis der Fälschung leisten und die zwischen 1559 und 1574 geschriebenen Magdeburger Centurien, die erste protestantische Kirchengeschichte, den endgültigen Beweis des Pseudo-Isidor-Betruges unwiderleglich erbringen).

Der Legende nach soll sich zwischen Papst Leo IV. und seinem Nachfolger Benedikt III. (reg. 855-858) eine sogenannte Päpstin Johanna geschoben haben, die der Sage nach ihre Ursprünge im Streit der Päpste mit England und Deutschland hat. Benedikt III. widmete sich der kirchlichen Erneuerung in dieser mehr und mehr verwildernden Zeit und brachte insofern eine Steigerung in den Gedanken des Papst-Monarchen, als er bereits vom „Haupt und Fürsten“, von einer Übertragung des Fürstentums an Petrus durch Christus sprach. Damit war sicherlich das Verlangen verbunden, auch der Christenheit des 9. Jahrhunderts einzuhämmern, daß der Papst der Nachfolger der römischen Cäsaren sei. Doch der bedeutendste Papst des 9. Jahrhunderts war Nikolaus I. d. Gr. (reg. 858-867). Wesentlich entfaltete er seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Christianisierung des Bulgarenreiches unter Khan Michael-Boris - und damit eng verbunden einer neuen Auseinandersetzung mit Byzanz. Wenige Monate nach der Wahl des Papstes wurde der Byzantiner Photios Patriarch von Konstantinopel, die größte Gestalt als Gelehrter, Politiker und Diplomat, die das Amt je innegehabt hat. Dieser zum Patriarchen erhobene Laie wurde innerhalb von fünf Tagen mit allen Weihen versehen; Papst Nikolaus I. sah darin einen Anlaß zur Erneuerung des päpstlichen Führungsanspruches auch in der Ostkirche und erklärte Photios für abgesetzt; Photios faßte 867 in einer Enzyklika die dogmatischen Streitpunkte mit der Westkirche zusammen und exkommunizierte Nikolaus I.. (Vgl. „Photios-Schisma“). Es lag wohl eine historische Notwendigkeit darin, daß sich der Osten dem römischen Kirchenuniversalismus entzog, nachdem sich der Westen dem byzantinischen Staatsuniversalismus entzogen hatte.

Der eigentliche Zusammenstoß zwischen Papstum und Patriarchat erfolgte also in Bulgarien, denn mit untrüglichem Blick sah Photios die neuen Möglichkeiten byzantinisch-orthodoxer Mission gerade in der slawischen Welt. Weil einige der Slawen allmählich die Bühne der Geschichte betraten und erstmals Konstantinopel bedrohten und zurückgeschlagen wurden, kam Photios zu der Gewißheit, daß Byzanz die Aufgabe habe, die Slawen zu missionieren, wobei ihm die beiden Brüder und Slawenapostel Kyrillos und Methodios aus Saloniki zur Seite standen, die ihre Arbeit aufnahmen. Damit begannen die Rivalitäten zwischen byzantinischer, römischer und fränkischer (germanischer) Missionsmacht.

Die mit der Taufe des Khan Michael-Boris beginnende Mission Bulgariens wurde für die orthodoxe Expansion des byzantinischen Kaiserreiches von entscheidender Bedeutung. Doch nach der Weigerung des Photios, Bulgarien einen eigenen Patriarchen zu geben, wandte der Khan sich an Papst Nikolaus I., der zwei Legaten entsandte - einer von ihnen war der spätere Papst Formosus (reg. 891-896). Doch auch der Papst wich der Bitte um einen Patriarchen aus. König Ludwig II. der Deutsche (805-876) schickte seinerseits dem Khan auf sein Bitten Missionare, so daß der byzantinisch-päpstlich-fränkische Konkurrenzkampf sich voll entfaltete.

Papst Nikolaus I. verkörperte bereits alle Eigenschaften, die den in unaufhörlicher Arbeit geformten Papst-Monarchen auszeichnen müssen; denn Nikolaus I. hatte noch etwas umgeprägt, z.B. die Petrus-Kirche der Anfänge nach einer Vorbereitung von über acht Jahrhunderten endgültig zur Kirche des Primats der Jurisdiktion, zur Rom-Kirche als Machtfaktor. Erstmalig wurde jetzt der Papst, quasi im Sinne einer dritten Erhebung, „Stellvertreter Gottes“ tituliert, die Päpste wurden die „Fürsten über die ganze Erde“; Rom besäße, so Nikolaus I., den „Fürstenrang göttlicher Macht“ und „die Erde ist die Kirche“. Grenzen waren hier nicht mehr denkbar, und die Gestalt des Papstes schloß den Gedanken bloßer theologisch-papaler Poesie aus.

 

Theologie Analoge Theologien Philosophie
(6-8): 1450-1000 und 700-1050
(0-2, 2-4, 4-6, 6-8, 8-10, 10-12)
16) . . (Vorläufer der homerischen Epen) . .  seit ca. - 15. Jh. / - 14. Jh.
17) Zeus-Götterwelt als Feudal-Religion seit ca. - 14. Jh. / - 13. Jh.
16) 2. Scholastik Früh-Scholastik (Universalienstreit) seit 8.Jh.
17) 1. Mystik Früh-Mystik seit 9. Jh.

 

Zum Anfang des Widders Die nun folgende Tabelle soll eine Gesamtübersicht ermöglichen. In ihr sind die antiken Analogien, soweit sie durch historische Quellen als gesichert gelten können, rot gefärbt, die phönizischen Leistungen inklusive:


700/735) Abendländische Scholastik (Beginn):
              Letzter Kirchenvater (Patrist) Beda Venerabilis (aus England)
711) Westgoten-Reich in Spanien erloschen (gegründet 418 Kult-Uhr )            um - 1440) Niedergang Kretas
                                                                                                                bedeutet Mykenes Großmacht

719) Beginn der Mission des Bonifatius in Thüringen, Friesland und Hessen
719) Gründung des Klosters St. Gallen (747: Annahme der Benediktinerregel)
724) Auf der Insel Reichenau im Bodensee wird eine Benediktinerabtei gegründet
728) Bayern (-Reich) erloschen (gegründet 480 Kult-Uhr )
730) Bilderstreit-Beginn durch Edikt des byzantinischen Kaisers Leon III. gegen die Bilder

732) Der Franke Karl Martell stoppt den Expansionsdrang der Araber (Schlacht zwischen Tours und Poitiers)

743) Benediktinerregel wird im gesamten Frankenreich verbindlich
746) Alemannen-Reich erloschen (gegründet 213 Kult-Uhr ) 
um 750) Althochdeutsch hat sich aus dem Germanischen und seinen Dialekten herausgebildet;
               Niederdeutsch bleibt von dieser 2. Lautverschiebung größtenteils unberührt
              (Vgl. Früh-MHD, Klassisches MHD, Spät-MHD, Früh-NHD, Klassisches NHD, Spät-NHD)
um 750) Paulus Diaconus verfaßt die „Langobardengeschichte“
750) Bilderstreit-Höhepunkt durch den byzantinischen Kaisers Konstantin V. (Zerstörung aller Bilder)
751) Der letzte Merowinger Childerich III. wird abgesetzt und der Karolinger Pippin III. König        
752-757) Papst Stephan II. und König Pippin III. (Frankenreich):.
                                  Konstantinsche Schenkung = Pippinsche Schenkung (Kirche-Franken-Pakt)
                                                            Gründung des Kirchenstaates
                                             Deutsche Ostkolonisation im Ostalpengebiet
754) Friesen erschlagen Bonifatius. Er wird in Fulda beigesetzt
760) Gründung des Klosters St. Goar (über dem Grab des Einsiedlers Goar)
768) Nach Pippins III. Tod wird Karl d. Gr. König des Frankenreiches neben seinem Bruder Karlmann
        Karl der Große fördert durch starke Zentralgewalt Kunst, Wissenschaft und Recht:
                            Karolingische Renaissance (Pfalzkapelle in Aachen u.a.)
        Aus dem asketisch-eremitischen Mönchtum wird eine Bildungsanstalt der Wissenschaften
        
und (durch diese Anordnung Karls d. Gr.) ein Träger klassisch-antiker und christlich-antiker Literaturtradition
       (Palastschule wird Vorbild für die im ganzen Frankenreich entstehenden Dom- und Klosterschulen)
770-840) Einhard aus Mainfranken (Biograph Karls d. Gr.) schreibt die
               1. Herrscherbiographie des Mittelalters
771) Nach dem Tod des Bruders Karlmann wird Karl d. Gr. alleinherrschender König im Frankenreich
772) Karl d. Gr. beginnt seinen Feldzug gegen die Sachsen (Ende der Sachsenkriege: 804)
        Die Franken erobern die Eresburg (bei Marsberg), zerstören die „Irminsul“ (Irmensäule) der Sachsen
774) Langobarden-Reich erloschen (gegründet 568 Kult-Uhr )
774) König Karl d. Gr. erneuert in Rom die Pippinsche Schenkung (Kirche-Franken-Pakt)
777) Sachsen-Reich erloschen (gegründet 286 Kult-Uhr )
777) Ein erster Reichstag wird durch Karl d. Gr. in Paderborn einberufen: Viele Sachsen werden getauft
        In Aachen wird die Pfalz neu erbaut
778) König Karl d. Gr. kämpft erfolglos in Spanien gegen die Araber
780) Klosterkirche (späterer Dom) und Domschule Carolinum, ältestes Gymnasium der Welt,
        von Karl d. Gr. in Osnabrück gegründet
um 780) Beginn der karolingischen Buchmalerei, die auf antike Formen zurückgeht
781) Alkuin wird Leiter einer Hochschule der Wissenschaften und 796 Abt von St. Denis
781/787) Papst Hadrian I. und Karl der Große,
Bestätigung des Paktes von 752/757 (Kirche-Franken-Pakt)
               und Salbung der Söhne Karls (Pippin und Ludwig d. Fromme)

784-856) Primus Praeceptor Germaniae: Hrabanus Maurus (Mainz) gilt als
               1. Lehrer Deutschlands und 1. Naturwissenschaftler Deutschlands (Universalgelehrter)
787) (24.09. -23.10.)  Konzil (7) von Nizäa (II) : Bilderstreit (Sinn und Erlaubtheit der Bilderverehrung)
789-800) Pfalzkapelle Karls des Großen, ein karolingischer Rundbau, wird in Aachen fertiggestellt
791-819) Dom in Fulda
800) Karl d. Gr. wird in der Peterskirche in Rom von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt.
        Der fränkische König wird damit für den Schutz des christlichen Glaubens verantwortlich
        Papst Leo III. und Karl der Große bestätigen den Paktes von 752/757 (Kirche-Franken-Pakt)
802) Klosterkirche (späterer Dom) Münster wird durch Ludger den Heiligen gegründet
        Karl d. Gr. läßt das Germanische Volksrecht aufzeichnen
        Magdeburg wird gegründet (bedeutender Handelsplatz)
804) Ende der Sachsenkriege (endgültige Einverleibung Sachsens ins Fränkische Reich)
813) Karl d. Gr. krönt in Aachen seinen einzigen überlebenden Sohn Ludwig den Frommen zum Mitkaiser
814) Ludwig der Fromme wird Nachfolger seines verstorbenen Vaters Karl d. Gr.
816) Bibliothek im Kloster St. Gallen unter Abt Gosbert
823) Hrabanus Maurus wird Abt im Kloster Fulda und unter ihm die Klosterschule Fulda berühmt
seit 790/840) Plünderungen und Überfälle durch die Wikinger nehmen zu
826) Ansgar, Abt im Kloster Corvey, geht nach Skandinavien. um zu missionieren (Apostel des Nordens)
830) Der Heliand, eine altsächsische Dichtung in Stabreimen, entsteht
        Auf Anweisung Ludwigs des Frommen wird eine von Karl dem Großen angelegte
        Sammlung germanischer Heldenlieder vernichtet
840) Karolingischer Bruderkrieg zwischen Karl dem Kahlen und Ludwig dem Deutschen gegen Lothar
842) Straßburger Eide (ältestes Sprachdenkmal althochdeutscher und altfranzösischer Sprache)
        (Bekräftigung des Bündnisses zwischen Karl dem Kahlen und Ludwig dem Deutschen)
843) Teilung des Fränkischen Reiches (gegründet 255 Kult-Uhr ), Vertrag von Verdun:
          Ludwig der Deutsche (Ostreich), Lothar I. (Mittelreich), Karl III. der Kahle (Westreich)
850/877) Christlich-neuplatonischer Verschmelzungsversuch: Johannes Scotus Eriugena (aus Irland)
867) Photios-Schisma (Grund: Slawen-Mission als byzantinisch-päpstlich-fränkischer Konkurrenzkampf)
        Westkirche erklärt die Absetzung des Patriarchen Photios und Byzanz die des Papstes Nikolaus I.
        Spannungen bzw. Bruch zwischen West (päpstlich-germanisch) und Ost (patriarchisch-byzantinisch)
869/870) (05.10. -28.02.)  Konzil (8) von Konstantinopel (IV) : Scheinbare Beseitigung des Photianischen Schismas
                                               seit - 1300) Phönizier haben das (konsonatische) Alphabet entwickelt
                                               seit - 1300) Wallburgen im Mittelmeerraum zum Schutz gegen Germanen
870) Ludwig der Deutsche erhält das Mittelreich (Lothringen) durch den Vertrag von Mersen
880) Vertrag von Ribemont: Lothringens Westgrenze bildet bis nach dem Westfälischen Frieden (1648)
         die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich

887-899) Arnulf von Kärnten, deutscher König und seit 877 deutscher Kaiser, unternimmt 2 Italienzüge
896) Dänische Wikinger lassen sich an der Seinemündung nieder
um 900) Musik: Choralrhythmus, 40 Sequenzen: Notker der Stammler (Balbulus), Kloster St. Gallen
910) Gründung des Klosters Cluny (cluniazensischer Orden: Reform gegen die Verweltlichung)
911) Wikinger erhalten ein Lehnsreich (Herzogtum) in der Normandie von den Franken
         Beginn der normannischen Staatsgründungen                  um - 1200) Beginn der Dorischen Wanderung
         Ende der Karolingerzeit im Deutschen Reich. (Vgl. Tafel)                 (Griechische/Ägäische Wanderung)
911-919) Konrad I. von Franken, Kaiser im Deutschen Reich. (Vgl. Tafel)               Beginn der Seevölkerzeit
919) Beginn der Blütezeit des Klosters St. Gallen
919-1024) Sächsische Kaiser im Deutschen Reich. Ottonische (Sächsische) Zeit: Ottonik. (Vgl. Tafel)
                 Otto I. der Große und seine Frau Mathilde errichten das mit reichen Gütern ausgestattete
                 Frauenstift Quedlinburg - damit entsteht eine bedeutende Stätte ottonischen Geisteslebens.
                 Weitere Zentren sind das Erzbistum Magdeburg mit dem Bistum Havelberg
920) Urkundlicher Name „Regnum Teutonicum“ (für die 6 deutschen Stammesherzogtümer)
922) Der deutsche Kaiser (sächsische Liudolfinger) Heinrich I. gründet Goslar
940-950) Widukind von Corvey, sächsischer Mönch / Geschichtsschreiber, verfaßt die „Sachsengeschichte“
951) Brun I. (hl.) wird Erzkanzler unter Otto I.
          Schöpfer ottonischer Bidungspflege;
          bed. Vertreter des ottonischen Reichskirchensystems und der Klosterreform
951-952) 1. Italienzug Ottos I.                                                                          - 1184) Trojanischer Krieg
961-965) 2. Italienzug Ottos I. - der deutsche König wird am 02.02.962 in Rom zum Kaiser gekrönt und ist
             auch König des langobardisch-italienischen Reiches. Italien bleibt bis 1268 unter deutschen Kaisern
966-973) 3. Italienzug Ottos I.                               - 1200/1150) Griechen übernehmen phönizische Schrift
             (Byzanz anerkennt                             und erweitern das Alphabet durch Einführung von Vokalen
               Ottos Kaisertum gegen Räumung des byzantinischen Besitzes in Unteritalien)
980-983) Italienzug Ottos II.
996) Brun (von Kärnten) wird von Kaiser Otto III. als Papst Gregor V. eingesetzt. (Vgl. Päpste)
        Dieser erste Papst deutscher Herkunft krönt im Gegenzug Otto III. in Rom zum Kaiser
996-997) 1. Italienzug Ottos III.
997-998) 2. Italienzug Ottos III.
um 1000) Deutsche erfinden mechanische Uhren
um 1000) Wikinger entdecken Amerika (Leif Eriksson)

um 1000) Notker der Deutsche, Abt aus St. Gallen, übersetzt Vergil und Aristoteles ins Althochdeutsche
               Hanse (Vorstufe) und weitere genossenschaftliche Zusammenschlüsse deutscher Kaufleute
1004) Brun von Querfurt, genannt Bonifatius, wird Erzbischof für die östlichen Heiden (Polen u.a.)
1004) 1. Italienzug Heinrichs II.
1010/1015) Baubeginn der Kaiserpfalz in Goslar
1012) Ordensgründung: Camaldulenser
1014) 2. Italienzug Heinrichs II.
1016) Frühromanischer Dom in Worms entsteht (Paulskirche)
1020) Frühromanischer Dom in Bamberg wird von Papst Benedikt VIII. eingeweiht
1020) In Süditalien entsteht ein christlicher Normannenstaat und die Normannik:
          eine Baukunst als Mischstil normannischer, byzantinischer und arabischer Formen
1021-1022) 3. Italienzug Heinrichs II.
1024) Ende der Sachsenkaiserzeit im Deutschen Reich. (Vgl. Tafel)

- 1130) Tyros gründet Kolonie an der Stelle,
an der später Karthago entstehen wird
1024-1125/1137) Salische Kaiser (Deutsches Reich): Salische (Fränkische) Zeit (Salik):
                            Konrad II., Heinrich III., Heinrich IV., Heinrich V.. (Vgl. Tafel)

1026) 1. Italienzug Konrads II.
1030) Frühromanischer Dom in Speyer entsteht (wird Begräbnisstätte der salischen Kaiser)
1033) Frühromanischer Dom (St. Michaelskirche) in Hildesheim
          (Bernwardskunst; nach Bischof Bernward von Hildesheim)
1036-1038) 2. Italienzug Konrads II.
1046) 1. Italienzug Heinrichs III.
1050) Mittelhochdeutsch (Früh-MHD) ist im Gebrauch.
          (Vgl. AHD, Klassisches MHD, Spät-MHD, Früh-NHD, Klassisches NHD, Spät-NHD)
          Musik: Fahrende Sänger ziehen durch das Land
                                                      um - 1100) Zeus-Götterwelt ist keine Verschmelzungsvariante mehr,
                                                                    sondern feudaler gemeingriechischer Kult (Vgl. 4-6 und 8-10)
          Musik: Mehrstimmigkeit, z.B.: Carmina Burana (Lieder aus Beuren; Kloster bei Bad Tölz
1054) Großes (Morgenländisches) Schisma: Bruch zwischen Ost- und Westkirche
           Universalanspruch beider Kirchen führt zum endgültigen
           Bruch zwischen orthodoxer Ostkirche und römisch-katholischer Kirche.
           Das Papsttum wird von den orthodoxen Christen energisch abgelehnt.
1055) 2. Italienzug Heinrichs III.
1056) Kaiserpfalz in Goslar ist fertiggestellt                  
1059, 1066) Normannische Staaten jetzt auch in Rußland und England (zuvor: Normandie und Süditalien)
1064) Magdeburger Dom (Unser Lieben Frauen); nach Brand erfolgter Neubau: 1188
1066) Wilhelm der Eroberer besiegt den angelsächsischen König Harald II. Godwinson
1066) Angel-Sachsen-Reich erloschen (gegründet 430 Kult-Uhr )
1066) Wilhelm der Eroberer wird König von England, das er vollständig erobert (bis 1071)
1067) Wartburg (Baubeginn)                                          um - 1100) Germanen ziehen nach Mitteleuropa

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Zum Anfang des Widders Das eigentlich Faszinierende am Regnum Francorum ist, daß es als einziges germanisches Staatsgebilde neben dem Thüringer- und Sachsenreich in stetem Bezug zum Ursprungsgebiet blieb, aber im Gegensatz zu jenen beiden anderen in die römische Tradition hineinwuchs, und zur bedeutendsten, Germanen und Romanen umfassenden Reichsbildung wurde. Die Abwehr der Mauren, die Entwicklung von Verwaltungsformen in Annäherung an antike Strukturen, die Verflechtung von Kirche und Staat in der Person des Königs, die Vermittlung antiken Geistesgutes, Handwerks und Denkens, die Herausbildung der Grafschaftsverfassung sowie eines starken Adels in Parität zu König und Volk. Deutschland und Frankreich sind bis heute gleichermaßen von diesen Komponenten geprägt, wobei offensichtlich in Deutschland germanische, in Frankreich antike Kulturanteile dominant blieben. Mit dem Tode Karls des Großen zerbrach die Klammer, die die germanische und romanische Welt in den Hausmeierherrschaften zu verbinden vermochte; das Fränkische Reich zerfiel in germanisch bedingte Herzogtümer, galloromanische Verwaltungssysteme bzw. deutsche und französische Königreiche. Die Westgrenze des Mittelreiches Lothringen, das 870 an Deutschland fiel, blieb bis nach dem 30jährigen Krieg (1618-1648), also 800 Jahre lang (!!!), die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland (KartenKarten). Eine solche politisch ausbalancierte Stabilität entspricht der auf die Funktionalität des Gleichgewichtsinnes folgenden Stabilität, über die ein Kind körperlich verfügen muß, um das Stehen und Laufen erlernen zu können. Im Abendland sollten von der Geburt an alle noch zu bildenden Staaten und Reiche, die das Gehen und Laufen lernen möchten, an diesem Umstand, der die anderen Umstände ablöste, orientiert sein. Wer jetzt noch kein Reich oder Staat gegründet hatte, dem konnte es nur noch gelingen unter Einfluß dieser ersten postnatalen Prägung.


Ludwig der Deutsche (805-876), Enkel Karls des Großen und Sohn Ludwigs des Frommen, regierte in einer Zeit (843-876), in der die Normannen so ziemlich alle Küsten des Abendlandes unsicher machten und auch Hamburg zerstörten, während die Ungarn an den östlichen Grenzen des Deutschen Reiches für Unruhe sorgten. Ludwig der Deutsche sorgte, auch mit seinen Gebietserwerbungen in den Verträgen von Verdun (843) und Mersen (870), für die eigenständige Entwicklung des Ostfränkischen Reiches, das sich bereits unter seinem Vater Ludwig dem Frommen wegen der Teilungen und Verträge herausgebildet hatte (KartenKarten): das Deutsche Reich. (Verträge von Verdun (843), Mersen (870) und Ribemont (880)). Auf Ludwig dem Deutschen folgten Karlmann (regierte 876-880), Ludwig III. (regierte 876-882), Karl III. (regierte 876 bzw. 881-887), Arnulf von Kärnten (regierte 887 bzw. 896-899), der die Normannen entscheidend besiegte (891), und Ludwig IV. („das Kind“; regierte 900-911). Zu seiner Zeit führte das Versagen der königlichen Zentralgewalt gegenüber den Angriffen der eindringender Feinde (Ungarn, Normannen) zur endgültigen Bildung der 6 deutschen Stammesherzogtümer: Sachsen, Thüringen, Bayern, Schwaben, Franken, Lothringen. (Stammesherzogtümer) Die Franken (das „Reichsvolk“) bildeten allerdings, wie die Thüringer, kein geschlossenes Stammesherzogtum. Gefahr brachten die Feldzüge der Ungarn gegen das Abendland - Beispiele: Italien, das Westfrankenreich (Frankreich), das Ostfrankenreich (Deutsches Reich), Burgund, Spanien - und gegen Byzanz. (Otto d. Gr. besiegte die Ungarn 955 auf dem Lechfeld). Nach dem Aussterben der ostfränkischen Karolinger wählten die Großen des Deutschen Reiches in Forchheim Konrad I. von Franken zum König. Er regierte von 911 bis 918. (Vgl. Tabelle). Die Zeit der Sachsenkaiser begann im Jahre 919 (Vgl. Text unten): Heinrich I., Otto I. der Große, Otto II., Otto III. und Heinrich II. sorgten nicht nur für eine geographische Verlagerung der Macht vom niederrheinischen Aachen der Karolinger in den Raum Harz-Braunschweig-Magdeburg, sondern auch für die Missionierung der Slawen und Ungarn, die Errichtung von Grenzmarken, erfolgreiche Niederwerfung der Slawenaufstände, Italienfeldzüge, einheitliche Reichskirchenpolitik und eine Kaiser- und Italienpolitik, die aus der karolingischen Tradition erwuchs. Während der Frankenkönig Konrad I. sich im Kampf gegen die Stämme auf die Bischöfe stützte, lehnte der Sachsenkönig Heinrich I. nach der Wahl Salbung und Krönung ab und wollte als Volksherrscher mit den Herzögen zusammenarbeiten. Zuerst nur von Franken und Sachsen anerkannt, beseitigte er allmählich auch die Opposition der oberdeutschen Stämme. Durch seinen Tod wurden ein Romfeldzug und die Gewinnung der Kaiserkrone verhindert. Dies änderte erst sein Sohn Otto I., denn die sächsischen Kaiser galten erst seit Otto I. als die Rechtsnachfolger des fränkischen Imperiums und erhielten die Oberhoheit über das Patrimonium Petri sowie die Schutzherrschaft über die Kirche, die ihrerseits Verfechterin der Reichseinheit war. (). Die Krönung in Aachen als auch die Politik gegenüber Frankreich und Burgund sowie die Italienpolitik waren, verstanden als karolingische Tradition, nur verständlich. Aus der Aufgabe des christlichen Reiches erwuchs die Ostpolitik; sie war gekennzeichnet durch Ausbreitung des Glaubens und Unterwerfung der Heiden (Barbaren).

Der von den Franken und Sachsen in Fritzlar gewählte und von 919 bis 936 regierende Heinrich I. mußte die süddeutschen Stämme durch militärische Drohung und durch Kompromiß zu Anerkennung seiner Macht zwingen. Die noch andauernde Ungarngefahr bannte Heinrich I. im Jahre 926 durch einen 9jährigen Waffenstillstand, den er für expansive Züge gegen Slawen und Böhmen nutzte; beide gerieten unter Oberhoheit des Deutschen Reiches - 934 auch Teile der Dänen. Nach Aufkündigung des Tributs besiegte Heinrich I. die Ungarn 933 bei Riade mit einem Heer aus allen deutschen Stämmen, wodurch er innenpolitisch das Reich konsolidierte. Außenpolitischer Höhepunkt war 935 der endgültige Verzicht Rudolfs von Frankreich und Rudolfs II. von Hochburgund auf Lothringen. Otto I. (der Große), am 23.11.912 in Memleben (Kreis Nebra; Nebra) geboren, wurde, schon durch seinen Vater Heinrich I. designiert, am 7. August 936 in Aachen zum König erhoben und am 2. Februar 962 Kaiser (bis zum 7. Mai 973, seinem Todestag). Die ersten Regierungsjahre waren bestimmt durch Auseinandersetzungen mit den Herzögen, z.B. mit Eberhard von Franken, Giselbert von Lothringen, und mit den Familienangehörigen, z.B. mit seinem Halbbruder Thankmar und seinem Bruder Heinrich. Nach Überwindung der Krise von 938-939 gelang die enge Bindung der Herzogtümer an die regierende Dynastie. Ottos Schwiegersohn, der Salier Konrad der Rote erhielt 944 Lothringen, der Bruder Heinrich 948 Bayern, der Sohn Liudolf 949 Schwaben. In unmittelaberer Verfügungsgewalt des Königs blieben Sachsen und Franken. Die Rivalität zwischen Karolingern und Robertinern / Karpetingern im Westfrankenreich verschaffte Otto hier eine Stellung des Schiedsrichters, der burgundische König erkannte seine Lehnshoheit an, die Ost-Grenze des Reiches wurde abgesichert durch Marken-Organisation und Gründung neuer Bistümer für die Mission der Slawen und Skandinavier. 968 wurde das Erzbistum Magdeburg gegründet. Auf seinen durch einen Hilfeersuchen Adelheids, der Witwe König Lothars von Italien, veranlaßten 1. Italienzug (951-952) erwarb Otto die Herrschaft über das Regnum Italiae (unter der Verwaltung Berengars II.) und heiratete in 2. Ehe Adelheid. Der von Konrad dem Roten und den Luitpoldingern unterstützte Aufstand seines Sohnes Liudolf, von 953 bis 954, und Ungarneinfälle stürzten das Reich noch einmal in eine schwere Krise, doch mußten sich die Empörer unterwerfen und verloren ihre Herzogtümer (954), die Ungarn wurden am 10. August 955 auf dem Lechfeld entscheidend geschlagen. Als Folge des Scheiterns der Familienpolitik machte Otto nun die Reichskirche zur Stütze der königlichen Herrschaft (vgl. Reichskirchensystem). Ein Hilfeersuchen Papst Johannes' XII (Papst von 955 bis 964) gegen Berengar II. war der Anlaß zum 2. Italienzug (961-965), auf dem Otto am 2. Februar 962 die Kaiserkrone empfing. Dadurch wurde die Kaiserwürde an das deutsche Regnum gebunden, und die Reichspolitik bekam eine Orientierung nach Italien. Auf seinem 3. Italienzug (966-972) bezog Otto die langobardischen Herzogtümer Süditaliens in seinen Herrschaftsbereich ein. Otto erreichte mit der Ehe (972) seines Sohnes und Mitkaisers Otto II. (seit 967) mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu die Anerkennung seines Kaisertums durch Byzanz. Otto II., 961 zum König erhoben und am 25. Dezember 967 zum Mitkaiser gekrönt, hatte nach dem Tod seines Vaters Otto I. (7. Mai 973) Auseinandersetzungen mit seinem Vetter Heinrich II. von Bayern (und Kärnten), der 976 abgesetzt wurde, den Luitpoldingern und den Reginaren in Niederlothringen zu überstehen. Der Versuch des französischen Königs Lothar, Lothringen Frankreich einzuverleiben, wurde vereitelt, nach dem Feldzug vor Paris (978) und dem anschließenden Friedensschluß (980) besiegelt. Auf seinem im Oktober 980 begonnenen Italienzug (bis 983) sicherte Otto II. die Stellung des Papstums gegen den stadtrömischen Adel (Crescentier). Sein Vorstoß nach Süditalien endete in einer vernichtenden Niederlage beim Kap Colonne gegen die Araber (13. Juli 982). 983 zerstörte der Aufstand der Dänen und Slawen fast das ganze Aufbauwerk seines Vaters im Osten. Otto II. starb am 7. Dezember 983. Weihnachten 983 wurde Otto III., 980 geboren und bereits im Mai 983 zum König gewählt worden, in Aachen zum Kaiser gekrönt. Er stand unter der Vormundschaft seiner Mutter Theophanu und seiner Großmutter Adelheid. Wichtigster Ratgeber war Erzbischof Willigis von Mainz (Willigis), der den Anspruch des abgesetzten Herzogs Heinrich II. von Bayern (und Kärnten) auf die Vormundschaft abwehrte. Der 1. Italienzug von Otto III. dauerte von 996 bis 997 und stand im Zeichen der innerrömischen Auseinandersetzungen, in denen die Familie der Crescentier ihre Macht gefestigt hatte. Nach dem Tode Papst Johannes' XV. (Papst von 985 bis 996) ernannte Otto III. einen Verwandten zum Papst: den Hofkapellan Brun (= Gregor V., Papst von 996 bis 999). Brun krönte Otto III. am 21. Mai 996 zum Kaiser, in Rom (denn die Krönung in Aachen war bereits 983). Der Widerstand des römischen Adels führte zur Erhebung eines Gegenpapstes (Johannes XVI.; Gegenpapst von 997 bis 998). Otto III. setzte sich auf seinem 2. Italienzug (seit Dezember 997) schnell durch und erhob nach dem Tode Greogors V. (= Brun) seinen Lehrer Gerbert von Aurillac zum Papst (= Silvester II.; Papst von 999 bis 1003). Otto II. versuchte in engem Einvernehmen mit dem Papst, seine Konzeption der Erneuerung des Reiches (Renovatio imperii) zu verwirklichen. Von Rom aus, also nicht mehr von Deutschland aus, sollte das Reich regiert werden, doch ein Aufstand der Römer zwang den Kaiser zum Verlassen der Stadt, und mit der Erhebung des Markgrafen Arduin (von Ivrea, Piemont) zum König brach die deutsche Herrschaft in Italien zusammen. Otto III. starb am 24. Januar 1002. Sein Nachfolger Heinrich II., am 6. Mai 973 in Bad Abbach bei Kehlheim geboren und seit 1002 König, wurde 1014 von Benedikt VIII. (Papst von 1012 bis 1024) in Rom zum Kaiser gekrönt. Heinrich II. führte 3 Italienzüge (1004, 1014, 1021-1022) und vereitelte durch seinen Kampf gegen Byzanz dessen weitere Ausdehnung in Unteritalien. Seine Schenkungen an Bistümer und Klöster und z.B. auch die Förderung der lothringischen Reform dienten zugleich der Stärkung königlicher Gewalt (Höhepunkt des Reichskirchensystems). Heinrich II. setzte 1021-1022 reichspolitisch die deutsche Oberhoheit in Unteritalien durch. Er starb am 13. Juli 1024 in der Pfalz Grone (Göttingen-Grone). Heiligsprechung

 

Zum Anfang des Widders Die Karolingische Kunst entstand, als die Karolinger ihre Macht im Frankenreich bereits fest installiert hatten, und das war spätestens mit Karl dem Großen der Fall. Sie entstand also hauptsächlich vom 9. bis zur ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Sie war ein in solchem Umfang und solcher Entschlossenheit in der Kunstgeschichte beispiellosen Versuch der germanischen Stämme, sich der orientalisierenden Spätantike zu bemächtigen. (Vgl. 22-24). Deshalb heißt die Karolingik auch Karolingische Renaissance. Das bedeutete Übernahme des Steinbaus und Inangriffnahme jener alten künstlerischen Aufgabe der Mittelmeerkulturen, die den Germanen bisher wenig bedeutet hatte: Darstellung des Menschen durch Bildnerei und Malerei. Dabei mag es sich oft um unverstandene Nachahmung fremder Vorbilder gehandelt haben, aber oft wurden diese auch mit neuem Bedeutungsgehalt erfüllt. Vor allem wichtig war, daß in den Trägern der Karolingischen Kunst neue künstlerische Kräfte entbunden wurden. Jedenfalls wurden durch die Karolingische Kunst die Grundlagen für die Entwicklung der abendländisch-mittelalterlichen Kunst geschaffen. Ihre Zweige waren Kirchen- und Palastbau in Stein, Kleinbildnerei als Elfenbeinrelief, Wandmalerei religiöser, aber auch weltlicher Art sowie Buchmalerei, zumeist in Form von Miniaturmalerei. Die Kaiserpfalz Karls des Großen in Aachen soll hier, weil vielen bekannt, nicht unerwähnt bleiben. Als baukünstlerische Erscheinung war sie die erste von vielen folgenden Pfalzen, die fast ausnahmslos in Deutschland entstanden und von den Herrschern abwechselnd aufgesucht wurden, weil sie bis zur Zeit des Interregnums keine feste Residenz bevorzugten. Die vielen noch heute gebräuchlichen pfalzartigen Namen und Namensendungen deutscher Orte und Gebiete, wie z.B. Rheinpfalz, sind ein Indiz für den hohen Stellenwert, den die Pfalzen im Mittelalter hatten. (Vgl. Burgen).

Romanisches Würfelkapitell Die Ottonische Kunst entwickelte sich nach ersten Andeutungen (siehe: Altdeutsch) in der Karolingischen Kunst unter den Ottonen, den eben erwähnten sächsischen Kaisern, die von 919 bis 1024 regierten. Die Ottonische Kunst entstand insbesondere in der Zeit der letzten vier sächsischen Kaiser, mit Otto I. beginnend und Heinrich II. endend. (Vgl. Tabelle). In ihr wurde unter dem Druck einer religiösen Spannung, wie sie so in karolingischer Zeit nicht bestand, alles aus der Antike Übernommene so gründlich umgestaltet, daß es als ein völlig Eigenes der deutschen Kunst in die Geschichte einging, obwohl die naturalistischen Formenzusammenhänge der antiken Kunst keineswegs gänzlich aufgegeben wurden. Östliches, Byzantinisches und bunte Bewegtheit und Mannigfaltigkeit spielten dabei eine bedeutende Rolle, aber die Formenaskese, wie sie der frühromanischen Kunst eigentümlich ist, herrschte noch nicht vor. Höhepunkt der Ottonischen Kunst, soweit sie darstellend war, stellen die um 1000 entstandenen Miniaturen der Reichenauer Schule dar, die als Höhepunkte mittelalterlicher Miniaturmalerei überhaupt bezeichnet werden dürfen. Die ottonische Plastik, die noch immer Reliefplastik war, glückte am meisten in den Reliefs der Hildesheimer Bronzetür, und in Hildesheim entstand auch das bedeutendste Bauwerk der Ottonischen Kunst: St. Michael. Die Bernwardskunst ist diejenige Kunst, die unter Bischof Bernward von Hildesheim (960-1022) entstand. Bernward war seit 987 in der Kanzlei Ottos II. und als Erzieher Ottos II. tätig, bis er 993 zum Bischof von Hildesheim berufen und als Reichsbischof ein treuer Helfer Ottos III. und Heinrichs II. wurde. Er förderte nicht nur die Kunst, sondern auch kirchliche Reformen. Die Kunstwerke, die in seiner Zeit entstanden, machten Hildesheim zu einem der wichtigsten Kulturzentren im damaligen Deutschland. Sie galten der Ausstattung der von Bernward gegründeten Kirche St. Michael. Zwei bronzene Türflügel, etwa 5 Meter hoch, bestehend aus 8 Reliefs aus der Geschichte der ersten Menschen und Christi, ein Werk, das mit Recht von jeher an den Anfang der romanischen Bildnerei in Deutschland gestellt wird. Es wurde 1015 vollendet. Bernwardssäule, Bernwardsleuchter und Bernwardskruzifix folgten, bevor 1033 der Hildesheimer Dom vollendet wurde - 11 Jahre nach Bernwards Tod. Zu dieser Zeit hatten die Wikinger bereits Amerika entdeckt, die Deutschen die ersten mechanische Uhren und die Klosteranlagen schon seit 820 nach Idealplan gebaut:

 

Klosteranlage nach Idealplan von Sankt Gallen Klosteranlage nach dem Idealplan von Sankt Gallen (820)

Im Christentum unterscheidet man zwischen den besonders in den Ostkirchen verbreiteten idiorhythmischen Klöstern und den westlichen zönobitischen Klöstern - insbesondere seit 529, als Bonifatius das Kloster Monte Cassino gegründet und die Benediktinerregel Verbreitung gefunden hatte. (Vgl. 2-4). Spätestens aber nach der Gründung des Klosters Sankt Gallen (719) und der Einführung der Benediktinerregel im gesamten Frankenreich (743), lebten in den abendländischen Klöstern eine große Anzahl von Mönchen in dauernder räumlicher Gemeinschaft unter einheitlicher Führung zusammen. Der Abt war und ist der Vorsteher einer Gemeinschaft von Mönchen und Leiter einer Abtei, ausgestattet mit Gewalt einer Jurisdiktion und damit unabhängig von den Bischöfen. Der nie ausgeführte Idealplan von Sankt Gallen (um 820) bestand aus den wesentlichen Elementen der abendländischen Klosteranlage.
Zentrum war und ist die Kirche, an die sich, meist südlich, um einen Hof der Kreuzgang anschließt, um den sich die weiteren Klostergebäude und -räume gruppieren, seit der Karolingischen Renaissanceauch eine Bibliothek, zumeist in einem eigenen Baukörper untergebracht. Das funktionale Schema der Klosteranlagen ließ sich gut mit den jeweiligen abendländischen Baustilen verbinden und fand in der Barockzeit seine reichste Ausgestaltung, z.B. El Escorial (1563-1584) oder Melk (1702-1736). (Vgl. 14-16).
Zum Anfang des Widders
Burgen hatten immer die Doppelfunktion Wohnen und Wehren. Diese Bauanlagen einer befestigten Höhe diente der adeligen Führungsschicht als Residenz-, Wohn., Verwaltungs- und Amtssitz sowie natürlich als Schutzanlage. Die Wallburgen der Antike waren zumeist Stadtbefestigungen, die aus Stein errichteten abendländischen Feudalburgen jedoch zumeist nicht. Die Frühformen der mittelalterlichen Burgen waren die im gesamten Mitteleuropa bekannten Turmhügelburgen des 9. bis 11. Jahrhunderts, während die immer weiter ausgebauten, immer strategischer, prunkartiger und monumantaler werdenden Feudalburgen des 11. bis 16. Jahrhunderts in eine stilartige Baukunst übergingen. Schema einer Burg
Besitzrechtlich wurden die Allodialburgen mit vollem Grundeigentum, die Lehnsburgen und verschiedene Reichsburgen (Pfalzen), z.B. Ministerialen-, Dynastien-, Bischofs-, Kloster- und Amtsburgen, unterschieden. Eine Sonderstellung nahmen die Ordensburgen in Spanien, die Kreuzfahrerburgen in Kleinasien und am östlichen Mittelmeer sowie die Klosterburgen des Deutschen Ordens ein. Der gegenseitigen Sicherung und Vorwarnung dienten die Abschnitts- oder Doppelburgen, der Belagerung gegnerischer Burgen die Trutzburgen. Die Ritter spielten in der Geschichte der Burgen ebenfalls eine große Rolle, denn ihnen gelang es, die Lehnsfähigkeit durchzusetzen und auf der Grundlage der erhaltenen Lehen Herrschaftsrechte auszuüben, in festen Häusern, nämlich den Burgen, zu residieren und adelsähnliche Lebensformen zu entwickeln. Den Höhepunkt ihrer gesellschaftlichen Stellung erlangten die Ritter in staufischer Zeit, in der sie Träger einer neuen Laienkultur wurden und das Rittertum zum Inbegriff adeligen Lebens wurde. (Vgl. 8-10). Später verengte sich der Ritterbegriff auf den niederen Adel.

 

Das Kind Abendland war am Ende dieser Phase zur Entwöhnung durch die magische Mutter bzw. den antiken Vater bereit, wobei die Symbolik des Saugens hier meint, daß die Karolingik sich noch zum Teil an spätantiken und magisch-christlichen Stilen orientierte, aber mehr und mehr zu eigenen Formen fand. Insbesondere lassen die Bauten aus dieser Zeit orientalisch-byzantinische, römisch-antike und germanische Elemente erkennen. Die Charaktereigenschaften der Kultur waren also bereits im Säuglingsalter des Abendlandes, als auch in dem der Antike, z.B. durch das Megaron, die Kuppelgräber, die Keramik und die gigantischen Befestigungsanlagen, zu erkennen. (Vgl. oben). Die Nacht - der Winter - war jedenfalls vorbei, das Kind geboren und das Abendland entfaltete durch die Bauten von Pfalzen, Domen, Klöstern und Burgen seine ersten Frühlingsblüten. Dazu gehörte auch das staatliche Lehnswesen, denn die Voraussetzung für einen funktionierenden Lehnsstaat ist die Schaffung einer Reiterei als eine Art Panzerkrieger. Seit Mitte des 8. Jahrhunderts traten diese immer stärker in den Vordergrund. Durch Landlehe, eine Ausstattung mit Land, wurde der Krieger wirtschaftlich selbständig und ihm seine Ausrüstung als Reiter mit Pferd und Waffen ermöglicht. Die spätrömische Commedatio, die Ergebung in den Schutz, in der ein Mann als Vasall (Knecht) in den Dienst eines Herrn trat, verband sich mit dem germanischen auf Treue beruhenden Gefolgschaftswesen. Durch diese Treue wandelte sich der Knechtsdienst zu einem Ehrendienst. Das gegenseitige Treueverhältnis zwischen Lehnsmann und Lehnsherrn und die Gehorsamspflicht des Vasallen bestimmten die persönliche Seite des Lehnswesens, zu der die dingliche trat: das Lehen, das vom Herrn verliehene Land (Beneficium, Feudum), das die Voraussetzung für den Dienst wurde. Dienst und Treue bildeten den Rechtsgrund für das Lehen, für das der Belehnte persönliche Pflichten übernahm. Anfangs fiel das Lehen, da Vasallität und Beneficium persönlich gedacht waren, beim Tod des Herrn (Herrnfall) wie des Lehnsmanns (Mannfall) heim, doch bald wurden die Lehen erblich. Im Kapitulare von Quierzy wurde 877 festgelegt, daß dem tauglichen Erben das Lehen des Vaters neu verliehen werden müsse. Das Lehnswesen beschränkte sich aber nicht nur auf die Reiterkriegerschicht. Auch die Großen (Potentes) erhielten ihre Ämter (Herzogtümer, Grafschaften) und zu ihren allodialen Herrschaften, dem freien Eigentum, weitere Herrschaften zu Lehen, um das persönliche Band zwischen König und Amtsinhaber durch die Treue zu verstärken - als politische Unterordnung sozusagen. Lehen und Amtslehen wurden erst de facto, dann aber auch de jure erblich: Schwinden der Bindung des Adels an den Herrscher war die Folge. Aus den Lehen, über die der Adel verfügte, z.B. durch Kauf, Verkauf, Teilung, bildeten sich die ersten Ansätze zu Territorien. So wie die körperliche Bindung des Kindes zur Mutter, die während der Schwangerschaft aufgebaut wurde, zu einer sozialen Bindung, und zwar auch zu Vater, Geschwistern, Großeltern u.s.w., umfunktioniert werden muß, so mußte auch das Feudalwesen, das bereits während der Spätantike, spätestens seit den Soldatenkaisern, aufgebaut worden war, zu einer sozialen Neubindung führen. Aus einem reinen Lehnswesen wurden verschiedene territoriale Lehnsstaaten.

Da nun das abendländische Rittertum auf dem Vormarsch war und das Abendland durch die lehnswesentlichen Staaten, die ihre Grenzen bis ins Erwachsenenalter beibehielten, sein Stehvermögen unter Beweis stellen konnte, war aus dem Kultur-Säugling ein Kultur-Kleinkind geworden. Es hatte das Laufen gelernt, weil es seine Sinne und Organe entsprechend koordinieren konnte. Unter den drei möglichen Arten einer kulturellen Perinatalität und Kulturgeburt.

I) Einzeller-Kulturation, die nur Wirte (er)kennt, ...
II) Beute-Kulturation, die schnell Steh- und Gehvermögen erlangt, um flüchten zu können, ...
III) Jagd-Kulturation, die das Steh- und Gehvermögen zunächst aufschiebt, um später jagen zu können, ...

durfte auch das Abendland nicht einfach auswählen, sondern unter den Bedingungen des selektiven Kulturzufalls sich selbst organisieren und unter Hilfe der elterlichen Bezugskulturen mehr oder weniger behütet aufwachsen. Ein Kulturschicksal geht zurück auf den kulturgenetischen Zufall der Geschichte, dem eine Kultur sich einerseits nur anpassen, andererseits aber auch durch eigene Kreativität ausweichen kann, wenn es die elterliche Prägung und Bindung zuläßt. Die ersten seßhaften Kulturen taten dies im Rahmen, der sich einer Einzeller-Kulturation bietet. Die Kulturmutter des Abendlandes, die magische Kultur, hatte in ihrer perinatalen Zeit, und zwar wegen der damaligen geopolitischen Lage, möglichst bald nach der Geburt das Stehen und das Laufen zu lernen, um nicht zur Beute zu werden. Auch deshalb wurde sie so früh schwanger. Der drohende Verlust sollte ausgeglichen werden. (Vgl. 22-24). Deshalb geriet sie später auch in die Pseudomorphose. (Spengler). So wie die Antike, die als Kulturkind noch lange Zeit unter dem Einfluß der mediterranen Elternkulturen Sumer und Ägypten blieb, sollte auch das Abendland zunächst im Schoß der elterlichen Kulturen aufwachsen, um später selbst auf Kulturjagd gehen zu können. Die ersten Schritte dazu hatte es jetzt unternommen, weil es Steh- und Gehvermögen erlangt hatte. Es konnte laufen und übte sich bereits spielerisch im kulturellen Jagen. Analog zu einem menschlichen Kind, das in den Spiegel schaut und darin nicht mehr ein anderes Wesen, sondern zum ersten Mal sich selbst erkennt, war jetzt auch das Abendland zum ersten Mal fähig, sein eigenes Wesen zu erkennen. Es hatte ein erstes Selbstbewußtsein erlangt. Die abendländische Kultur war nun eine einheitsstiftende geistige Instanz, ein Selbst oder ein Ich. (Vgl. 8-10).

 

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Zum Anfang des Widders Anmerkungen:

Oswald Spengler, 1917, S.784ff.. „Historische Pseudomorphosen nenne ich Fälle, in welchen eine fremde Kultur so mächtig über dem Lande liegt, daß eine junge, die hier zu Hause ist, nicht zu Atem kommt und nicht nur zu keiner Bildung reiner, eigener Ausdrucksformen, sondern nicht einmal zur vollen Entfaltung ihres Selbstbewußtseins gelangt.“ (Ebd. S. 784). Auch eine junge Kultur kann so mächtig sein, daß sie eine alte dort, wo sie zu Hause ist, überlagert. Das Beispiel zwischen der (alten) apollinischen Kultur, auch kurz „Antike“ genannt, und der (jungen) magischen Kultur, auch „Persien/Arabien“ genannt, macht es deutlich: „Solange die Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose darin, daß alle östlichen Kirchen zu Kulten westlichen Stils wurden. Dies ist eine wesentliche Seite des Synkretismus. ... Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen der magischen Seele seit dem zweiten Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues Griechentum als magische Nation.“ (Ebd., S. 800-801).

Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel „Parallelenaxiom“ deutlich werden kann: Euklid hat in seinen „Elementen“ (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.

Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. (Vgl. Spengler, 1922, S. 847f.).

Übrigens: In der Zeit von 4000 v. Chr. bis heute entwickelten sich deshalb nicht mehr als 8 Kulturen (ich definiere sie als Historienkulturen, Spengler definierte sie als „Einzelwelten des Werdens“), weil besonders für Menschen und ihre Kulturen gilt, daß das Verhältnis zwischen Geburten und Fehlgeburten „schief“ ist, und zwar zugunsten der Fehlgeburten! Fehlgeburt

Carl Friedrich Gauß (1777-1855) hat dreißig Jahre lang seine Entdeckungen der nichteuklidischen Geometrien verschwiegen, weil er das Geschrei der Böoter fürchtete. Der Zufall hat es gewollt, daß wenige Jahre nach Vollendung seines Hauptwerkes (1801) Gauß die erste der nichteuklidischen Geometrien entdeckte, durch deren in sich widerspruchslose Existenz bewiesen wurde, daß es mehrerestreng mathematische Arten einer dreidimensionalen Ausgedehntheit gibt, die sämtlich a priori gewiß sind, ohne daß es möglich wäre, eine von ihnen als die eigentliche Form der Anschauung herauszuheben. Gauß hatte also seine nichteuklidische Geometrie ganz abendländisch-esoterisch für sich selbst entwickelt. Das denkfaule, schwerfällige Volk hätte damit offenbar nichts anfangen können, weshalb er es Böoter nannte, ein Volk in Boiotien (Hauptstadt: Theben), das den anderen antiken Griechen eben als sehr schwerfällig galt. (Vgl. 18-20).

Römisch-katholische Interpretationen attestieren dem Abendland zumeist, daß in ihm die Dominanz des Christlichen überwiege. Diese Meinung teilen vor allem kirchliche und vornehmlich christlich orientierte Vertreter. Theodor Heuss (31.01.1884 - 12.12.1963) soll einmal gesagt haben, daß Europa von 3 Hügeln ausgegangen sei: von der Akropolis, von Golgatha und vom Kapitol. Diese Sichtweise würde eher, wenn vielleicht auch nicht beabsichtigt, auf eine Dominanz der Antike verweisen. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß aus einem antik-apollinischen Einzelkörper und einer magisch-seelengeistigen Welthöhle ein abendländisch-faustischer Unendlichkeitsraum entstehen kann, dann muß unbedingt ein dritter Faktor hinzukommen, den ich die Kulturpersönlichkeit nenne: das Germanentum. Ohne das Germanentum versteht man die Willensdynamik eines Faust nicht, und ohne das germanische Element ist die Raumtiefe, aber auch die in jeder Hinsicht sowohl ins Mikrokosmische als auch ins Makrokosmische gehende Unendlichkeit nicht als distinktives Merkmal der abendländischen Kultur zu identifizieren. Diese Merkmale treffen auf keinen antiken Menschen zu, aber insbesondere auf die Abendländer, die germanischen Ursprungs sind. Scharfe Gegensätze, wie die zwischen Antike und Abendland, sind zwar unbedingt ein Indiz für Verwandtschaft, weil beide Kulturen so auffallend gegensätzlich sind: aktiv und reaktiv. Offenbar hat die Antike auf das Abendland aber nicht persönlichkeitsstiftend gewirkt und konnte auch erzieherisch nicht tätig werden, weil sie so früh verstarb. Die Biogenetik und Sozialisation geraten nicht selten so weit auseinander, wenn ein Elternteil früh verstirbt, d.h. nicht wirklich erlebt wird. Dem Abendland scheint es auch so ergangen zu sein. Die Auseinandersetzungen mit der magischen Mutter hat beim Kind jedoch zu einer enormen, fast schon verdächtigen Erinnerung bis hin zur Vergötterung des antiken Vaters Beitrag geleistet. Aber liegt deshalb immer auch schon ein Vaterkomplex vor?  Es bleibt zunächst festzuhalten, daß auch kulturell zwischen Genetik und Sozialisation, zwischen Anlage und Umwelt, zwischen angeboren und anerzogen ganz klar unterschieden werden muß. Dazwischen bewegt sich die Persönlichkeit. Man kann sie nicht isolieren, folglich auch nicht isoliert betrachten, aber man kann sie beschreiben, und ich beschreibe die Kulturpersönlichkeit des Abendlandes als germanisch, weil dieser Raum zwischen Anlage und Umwelt für die Kulturpersönlichkeit zwanghaft unendlich werden muß, wenn sie die verlorene Vaterkultur zurückholen will. Der unendliche Raum und Wille sind auch deshalb Ursymbol und Urwort des Abendlandes. Wenn der Mensch eine Grundlage von etwa 60 Billionen Zellen hat und einer Umwelt von praktisch unendlicher Vielfalt ausgesetzt ist, so gilt für eine Kultur, daß sie Völker, Staaten oder Nationen zur Grundlage hat und einer Umwelt von unendlichen Möglichkeiten, aber auch gähnender Leere gegenübersteht. Mit dem Germanentum fiel eine faustische Entscheidung zugunsten der unendlichen Möglichkeiten. Die Eltern des Abendlandes waren also antik-magisch, ihre gentragenden Chromosomen römisch-christlich, aber die Kontrollgene germanisch. (Vgl. 22-24).

Jesus (7 / 4 v. Chr. - 26 / 30 n. Chr.) ist Urheber und zentrale Gestalt des Christentums. Das Christentum umfaßt die Auswirkungen des Glaubens an Person und Wirken Jesu Christi, wie er von den christlichen Kirchen und Gemeinschaften in der Auseinandersetzung mit fremden Religionen, den geistigen und weltanschaulichen Strömungen der verschiedenen Zeiten sowie mit den politischen Mächten entwickelt worden ist. In Rom galt die christliche Gemeinde zunächst als jüdische Sekte. Der römische Staat entzog dieser schnell wachsenden Gemeinschaft bald die religiösen und rechtlichen Privilegien, die er dem Judentum gerade eingeräumt hatte. Die Auseinandersetzung mit dem Römischen Reich wurde intensiv seit der Mitte des 3. Jahrhunderts geführt. Auf das Toleranzedikt des Galerius und Licinius, 311, folgte die Bekehrung Konstantins und mit dem Toleranzedikt von Mailand (313) die Einstellung der Christenverfolgungen. Konstantin der Große machte das Christentum zu der mit allen zeitgenössischen Kulten gleichberechtigten und schließlich zur allein berechtigten Religion im Reich (Konzil von Nicaea, 325). Damit hatte er eine Entwicklung eingeleitet, die zur Entstehung der Reichskirche als einer vom Reich letztlich abhängigen Einrichtung führte. Durch den oströmischen Kaiser Theodosius I. wurde 380 mit dem Edikt von Thessalonike der Athanasianismus (Katholizismus) begründet, im 1. Konzil (= 2. Ökumenisches Konzil, 381) von Konstantinopel das (konstantinopolitanische) Glaubensbekenntnis formuliert und das Nizänum bestätigt, 391 das Christentum überhaupt Staatsreligion, damit alle heidnischen Kulte verboten. 395 teilte sich das Reich in West- und Ostrom, 455 eroberten die Wandalen Rom und 476 erlosch das Weströmische Reich endgültig mit der Absetzung des Romulus Augustulus durch den Germanen Odowaker (Odoaker), aber die römische Kultur wurde von den Eroberern nicht zerstört, die arianische Christen waren und mit der unterworfenen Bevölkerung, die römisch-katholisch war, die erste und für die Christen-Geschichte wichtigste Verschmelzung eingingen. Für die geschichtliche Erkenntnis Jesu ist man nahezu ausschließlich auf die Evangelien des Neuen Testaments angewiesen. Derjenige, der das Christentum erst zur Weltreligion machte, war Paulus. (Vgl. 22-24).

Das Papsttum ist Amt und Institution des Oberhauptes der katholischen Kirche, des Papstes, dem Nachfolger des Apostels Petrus (Bischof von Rom), der von Jesus eingesetzt wurde (Matth. 16, 16ff.). Die Vorrangstellung des Bischofs von Rom in Fragen der Lehre und Disziplin trat in den ersten Jahrhunderten allmählich deutlicher hervor, obgleich in der alten Christenheit die höchste Autorität beim ökumenischen Konzil lag. Ein Aufstieg des Papsttums als Institution begann mit Cölestin I. (422-432) und erreichte einen ersten Höhepunkt mit Leo I. (440-461). Nach dem Untergang des Römischen Reiches war die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig I. (etwa 498) für die Entwicklung des Reichskirchensystems von entscheidender Bedeutung. Aufgrund dieser Vorbedingungen konnte Gregor I. am Ende des 6. Jahrhunderts die (faktisch) weltliche Macht des Papsttums und die Entwicklung des Patrimonium Petri zum späteren Kirchenstaat einleiten, die durch reiche Schenkungen seitens der Karolinger im 8. Jahrhundert gefördert wurde, nachdem die angelsächsischen Missionare des 7. und 8. Jahrhunderts die Bindung zwischen Papst und Franken noch vertieft hatten. Das war genau die Bindung, die auch ein Kind nach der Geburt, also nach der Entbindung von der Mutter, eingehen muß, um in der Außenwelt überleben zu können. Es kommt auf die Welt und erfährt mit der ersten außenweltlichen Bindung eine Prägung. Analog dazu kam das Abendland nach den ersten Wehen und dem Sieg über die Araber durch den karolingischen Hausmeier Karl Martell (732) über eine Entbindung zur Neubindung. Das Abendland kam zur Welt mit der Lossagung des Papstes von Byzanz und der prägenden Bindung zwischen Papst und Franken: 754 durch Stephan II. und Pippin III. (d.J.), 781/787 durch Hadrian I. und Karl d. Gr. sowie 800 durch Leo III. und Karl d. Gr.; es war die Verweltlichung der Kirche und die Beseelung der abendländischen Welt. Das Neugeborene war endlich da. Die nächsten Jahrhunderte sollten unter Beweis stellen, daß dieses Kulturkind auch Stehvermögen erlangt hatte.

Vgl. auch: Kirchenstaat in Ur-/Vorform sowie die ersten Fälschungen und die Bezeichnung „Patrimonium Petri“. Doch die Fälschungen und Schenkungen des 8. und 9. Jahrhunderts drückten einen ganz besonders extremen Größenwahn aus. Die „Konstantinsche (Pippinsche) Schenkung“ (754 / 756) wurde bereits 1001 vom deutschen Kaiser Otto III. angefochten und später als Fälschung durch den deutschen Kardinal und Philosophen Nikolaus von Kues (1410-1464) nachgewiesen. Nikolaus von Kues leistete auch die wichtigsten Vorarbeiten für den Nachweis der um 850 entstandenen Fälschung: „Pseudo-Isidor“; den endgültigen Beweis des Pseudo-Isidor-Betruges unwiderleglich erbrachten die zwischen 1559 und 1574 geschriebenen Magdeburger Centurien, die erste protestantische Kirchengeschichte. Diese Fälschungsbeweise sind lediglich einige Beispiele unter vielen. Als „eine der makabersten Figuren der Papstgeschichte“ beschreibt z.B. Hans Kühner (1977) den durch eine fast unbeschreibliche Schandtat bekannt gebliebenen Papst Stephan VI. (reg. 896-897): „Als Anhänger des wieder mächtig gewordenen Hauses Spoleto ließ er den schon neun Monate im Grabe ruhenden Formosus (reg. 891-896) wieder ausgraben und in päpstliche Gewänder gehüllt auf den Thron setzen, um ein Totegericht über ihn zu halten. Obwohl er selber vor seiner Wahl ein, obendrein von Formosus eingesetzter Bischof von Anagni gewesen war, wurde dem Leichnam neben anderen erfundenen Dingen die Translation vom Bistum Porto auf den Papstthron vorgeworfen. Der grauenhafte Pathologe erklärte alle Weihen des Formosus für ungültig, um nicht selber der ungültigen Translation bezichtigt zu werden. Dann ließ er dem Leichnam die Segensfinger der rechten Hand abhauen und ihn unter den Klagen der Bevölkerung auf den Begräbnisplatz der Fremden, später in den Tiber werfen. Das Volk von Rom schleppte das päpstliche Monstrum bald darauf in den Kerker, wo man es erwürgte. ... Theodor II. (reg. 897) ... ließ ... den wieder aufgefundenen Leichnam des Formosus mit allen Ehren bestatten, die Verfügung der Leichensynode annullieren und die von Stephan VI. Abgesetzten wieder bestätigen.“ (Hans Kühner, Das Imperium der Päpste, 1977, S. 108-109).

Bonifatius (eigtl. Winfrid, 672/673 - 05.06.754) war der bedeutende Vertreter der angelsächsischen Mission, auch genannt: Apostel der Deutschen. Er wirkte zunächst in Thüringen und Friesland, seit 721 auch in Hessen, wo die Klöster Amöneburg und Fritzlar gegründetet wurden. 722 wurde er in Rom zum Bischof geweiht, und 723 setzte er seine Missionstätigkeit in Hessen fort. In Geismar bei Fritzlar fällte er die sogenannte Donareiche, um eine Verbindung zwischen Germanenkult und Christentum herzustellen. Auch in Thüringen kam es ab 725 mit Hilfe angelsächsischer Missionare zu Klostergründungen. Bonifatius war bestrebt, die fränkische Kirche neu zu organisieren. 732 wurde er in Rom zum Erzbischof ernannt. In Bayern gründete er 737/738 die Bistümer Passau, Regensburg und Freising, 745 auch Eichstätt. Salzburg wurde von ihm neu organisiert. Unter Karlmann (741-747) war auch die Gründung der Bistümer Würzburg, Büraburg und Erfurt möglich. Wahrscheinlich im Jahre 746 übernahm Bonifatius das Bistum Mainz. Er starb als Märtyrer in der Friesenmission.

Zur Perinatalität: Wenn der Aufstieg der Karolinger (687, Sieg bei Tertry) die ersten „Wehen“ oder aber das Ende des Westgotenreichs durch die muslimischen Mauren (711) die ersten starken (besonders „schmerzhaften“) „Wehen“ waren und vielleicht schon zur perinatalen Zeit des Abendlandes zu rechnen sind, so kann man diese Zeit auch etwas enger fassen. In diesem engeren Sinne hatte das Abendland seine perinatale Zeit zwischen 732, als Karl Martell die Araber besiegte, und 774, als Karl d. Gr. das Langobardenreich eroberte. Die Geburt des Abendlandes ist also auf die Zeit zwischen 732 und 774 anzusiedeln, wahrscheinlich auf die Zeit um 750 (aus dieser Zeit stammen auch die ältesten überlieferten Zeugnisse für das Althochdeutsche) oder genauer: auf die Jahre 754-756 (Pippinsche Schenkung). Die Geburt des Abendlandes vollzog sich in einem exklusiven Kreißsaal, einem esoterischen Raum - typisch abendländisch (esoterisches Abendland) -, denn die Pippinsche Schenkung, als „Konstantinsche Schenkung“ vorgetäuscht, war ein geheimes Franken-Papst-Bündnis. So gesehen, war die Eroberung des Langobardenreiches (774) durch Karl d. Gr. schon eine „Nachwehe“ und seine Kaiserkrönung (800) die „Abendland-Taufe“.

Während des Zerfalls der Karolingermacht im 9. Jh. erstarkten in den Abwehrkämpfen die deutschen Stammesherzogtümer: Sachsen, Bayern, Schwaben, Lothringen, Franken, Thüringen. Allerdings bildeten die Franken und die Thüringer kein geschlossenes Stammesherzogtum. (Vgl. auch: „Regnum Teutonicum“).

Willigis, Reichskanzler und Erzbischof von Mainz (von 975 bis 1011) sowie Erzkanzler des Reiches (von 983 bis 994), war ein bedeutender Territorialpolitiker, Klostergründer und Bauherr (u.a. Mainzer Dom).

Brun (Bruno von Kärnten), 972 geboren und 999 gestorben, war der erste Papst deutscher Herkunft und Urenkel von Kaiser Otto I.. Brun wurde von Otto III. zum Papst (Brun = Papst Gregor V.) nominiert. Mit dem erst vierundzwanzigjährigen Brun, dem hochgebildeten, aber aüßerst strengen Urenkel Ottos I. d. Gr., bestieg der erste deutsche Papst den Thron und krönte den sechzehnjährigen Otto III.. In dem Bunde beider schien die Vorstellung Ottos I. d. Gr. von einer umfassenden Erneuerung des Papsttums verwirklicht zu werden. Doch die Symbiose der beiden jugendlichen Herrscher währte nur drei von tragischen Ereignissen erschütterte Jahre - Ereignissen, die wie ein Brennspiegel noch einmal die Schrecken der vergangenen Jahre zusammenzogen.“ (Hans Kühner, Das Imperium der Päpste, 1977, S. 125). Der Bund zwischen dem deutschen Kaiser Otto III. und dem deutschen Papst Gregor V. (Brun) endete genau im letzten Jahr des 1. Jahrtausends, denn Brun starb 999. Auf Brun, dem ersten deutschen Papst, folgte Gerbert von Aurillac, der erste französische Papst (Silvester II.). Während Otto III., das »Wunder der Welt«, in seinem Palast immer tiefer in den unendlichen Träumen eines neuen Imperiums, der Renovatio Imperii Romani, versank und aufging - eines Imperiums, das deutsches, römisches und griechisches Kaisertum in der ewigen Harmonie mit dem Papsttum zusammenfassen sollte, führte Gerbert von Aurillac, sein zweiter Lehrer, dessen Vorgänger in diesem Amt der heilige Bernward von Hildesheim gewesen war, das Papsttum in sein zweites Jahrtausend. Otto III. hatte mit dem bisherigen Erzbischof von Ravenna nach Beratungen mit dem großen Abt Odilo von Cluny den ersten Franzosen zur höchsten Kirchenwürde erheben lassen. Sein ungeheures Wissen enthob den Papst allen Zeitgenossen, so daß sich die Legende seiner bemächtigte, ihn zum Urbild des Faust und in der dem Mystischen offenen Stimmung des Milleniums zum großen Magier erklärte. Er war Humanist und Rhetor, Astronom und Philosoph, Naturwissenschaftler und Dichter, Gräzist und vor allem Mathematiker, der in Spanien bei arabischen Meistern studiert und von dort die indischen Ziffern mitgebracht hatte.“ (Hans Kühner, ebd., S. 126-127). Die entscheidenden politischen Fragen betrafen jetzt die Missionierung der Heiden: Slawen und Ungarn. Die entscheidenden Fragen des Pontifikats betrafen Polen und Ungarn, die beide von Byzanz umworben, doch durch Kaiser und Papst in die westliche Missionssphäre einbezogen wurden.“ (Hans Kühner, ebd.,S. 127).

Kaiser Heinrich II. (*6. Mai 973 in Bad Abbach bei Kehlheim, † 13. Juli 1024 in der Pfalz Grone bei Göttingen) wurde in Bamberg als Bistumsgründer bald verehrt, und seine Heiligsprechung (Kanonisation) sollte 1146 erfolgen.

Es gab mehr als 100 Pfalzen! Die frühmittelalterliche Pfalzen in Frankfurt, Mainz und Regensburg sind genauso bekannt wie die karolingischen Pfalzen in Aachen, Ingelheim (Rheinpfalz), Paderborn, die ottonischen Pfalzen in Werla (bei Goslar, an der Oker), Goslar, Pöhlde (bei Osterode), Grone (Göttingen-Grone) und die salisch-staufischen Pfalzen in Goslar, Hagenau (Elsaß), Gelnhausen (Hessen). Der Aachener Dom, auch Aachener Münster genannt, war und ist Bischofskirche, deren Kern die Pfalzkapelle Karls des Großen bildet (789 bis 800 fertiggestellt). Sie ist ein achtseitiger Zentralbau (Oktodon) mit 16seitigem, zweigeschossigem Umgang und einem zweigeschossigen Westbau mit dem Thron Karls des Großen. Vorbild für diesen Bautypus waren byzantinische Zentralbauten, als Baumeister wird Odo von Metz genannt. 814 wurde Karl der Große, 1002 Otto III. in der Pfalzkapelle beigesetzt. 936 bis 1531 war sie deutsche Krönungskirche, ab 1662 der Frankfurter Dom. Teile der Kapelle wurden den jeweiligen Baustilen der folgenden Jahrhunderte angepaßt. Zum rein karolingischen Stil gesellten sich vor allem gotische und barocke Stilelemente. So wurden im 15. Jh. vier Kapellen an den Zentralbau angebaut, 1756 folgte eine fünfte. Die heutige Kuppel stammt aus dem Jahre 1664. Ludwig der Fromme, der dritte Sohn und Kaiser-Nachfolger Karls d. Gr., starb 840 in der Pfalz Ingelheim (bei Bingen). Der ehemalige fränkische Königshof Ingelheim war von Karl d. Gr. als einer seiner Lieblingsaufenthalte zur Pfalz ausgebaut worden und war bis ins 12. Jh. Schauplatz von Hoftagen, Reichstagen und Synoden. Im 14./15. Jh. wurde sie dann Sitz des Ingelheimer Oberhofs (Obergerichts). Die Pfalz Werla, bei Goslar über dem linken Ufer der Oker gelegen, war Versammlungsort des sächsischen Stammes im 10. und 11. Jh. und bedeutende Königspfalz unter den Ottonen, verlor aber mit der Verlegung der Pfalz nach Goslar durch Heinrich II. (Sachsenkaiser, 1002-1024) ihre Bedeutung für das Königstum. Die wirtschaftliche Bedeutung durch den Abbau der Silbererzlager im Rammelsberg bei Goslar, an dessen Fuß das goslarische Bergdorf entstand, veranlaßte Heinrich II., in Goslar diese Pfalz zu errichten. Unter Heinrich III. und dem in Goslar geborenen Heinrich IV. (Salierkaiser, 1024-1125) entwickelte sich Goslar zur Stadt und war häufig Ort von Reichsversammlungen. Als Mitglied des Sächsischen Städtebundes (1267/1268) und der Hanse nahm Goslar im 13. Jh. einen starken Aufschwung und errang 1290/1340 die Stellung einer Reichsstadt. Weitere Pfalzen, z.B. die in Hagenau und Gelnhausen, errichteten Friedrich I. Barbarossa und andere Staufer (Stauferkaiser, 1137-1254).

Die Pfalzgrafschaft Lothringen am Niederrhein war der Ausgangspunkt der Macht, die sich im 11. und 12, Jahrhundert in den Eifel-, Mosel- und Neckarraum verlagerte und zunächst Alzey, dann Heidelberg zum Zentrum machte. 1214 wurde die Pfalzgrafschaft bei Rhein von Kaiser Friedrich II. den Wittelsbachern verliehen. Es entstand die Kurpfalz. Die Goldene Bulle von 1356 sprach der Pfalz die Kurstimme zu. (Vgl. unter: Fürst).

Das Reichskirchensystem, gemeint ist vor allem das ottonisch-salische Reichskirchensystem, ist die Gesamtheit der reichsunmittelbaren kirchlichen Anstalten (Reichskirche) und ihre Stellung in der Verfassungsstruktur des Deutschen Reiches (des Heiligen Römischen Reiches [Deutscher Nation]). Ottonen und Salier bauten durch Schenkung von Grundbesitz (Reichskirchengut), Ausweitung der Immunität und Übertragung staatlicher Hoheitsrechte die Reichskirche zu einem Gegengewicht gegen die Herzöge aus. Voraussetzung für das Funktionieren des Systems war die auf dem Sakralcharakter des Königtums beruhende, durch eigenkirchenrechtliche Vorstellungen verstärkte Kirchenhoheit des Königs, die sich in seiner entscheidenden Mitsprache bei der Bischofswahl und bei der Investitur (Einkleidung. d.h. Einweisung in ein Kirchenamt) äußerte. Die Reichskirche, die nicht einen besonders kirchenrechtlich organisierten Verband darstellte, wurde ihrerseits zu Leistungen herangezogen, die Hofkapelle war die eigentliche zentrale „Behörde“ der Reichsverwaltung, aus der sich zugleich der Episkopat (Gesamtheit der Bischöfe bzw. Amt des Bischofs) rekrutierte. Die Bedeutung des Reichskirchensystems fand neben dem innenpolitischen Nutzen seine Rechtfertigung in der durch das Miteinander von weltlicher und geistlicher Gewalt garantierten Verwirklichung von Frieden und Ordnung und wurde daher grundsätzlich bejaht. Erst der Investiturstreit (seit 1074) stellte die Grundlagen des Reichskirchensystems in Frage. Aber die verbliebenen königlichen Rechte wurden erst Anfang des 13. Jahrhunderts aufgegeben. Geistliche Fürstentümer blieben jedoch bis 1803 bestehen.

Die Ottonische Reischskirchenpolitik, von Otto I. (den Großen) ins Leben gerufen, hatte also primär den Grund, daß Otto I. beim Versuch, eine patriarchale Monarchie zu errichten, scheiterte und sich der einzigen Instanz zuwandte, die über den Stämmen stand: der Kirche. Das Kirchengut, Teil des Reichsguts, wurde vermehrt, die Fürstenmacht der Reichsbischöfe und Reichsäbte, die als Träger der höchsten Reichsämter Stützen der Königsmacht wurden, begründet. Für die reichen Zuwendungen und die volle Immunität (Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit durch einen edelfreien Kirchenvogt) wurde der Episkopat zu miltitärischen und finanziellen Leistungen verpflichtet (Servitium regis: Zwei Drittel des Reichsheers und der Reichslasten). Die Kirche wurde Verfechterin der Reichseinheit! (Vgl. Reichskirchensystem).

Fürst (zu althochdeutsch furisto, der Vorderste) ist seit dem Mittelalter die Bezeichnung für die höchste Schicht des hohen Adels, die durch ihre besondere Königsnähe an der Herrschaft über das Reich, besonders in seiner territiorialen Gliederung, teilhatte (Reichsadel), v.a. Herzöge und Herzogsgleiche sowie Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte der Reichsabteien. Ihnen stand das Recht der Königswahl zu und die Pflicht, bei Entscheidungen in Reichssachen mitzuwirken. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation konnten zunächst alle freien, dann alle Reichsfürsten den König wählen. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kristallisierten sich bei der Wahl des Königs immer mehr entscheidende Fürsten heraus. Spätestens aber im 13. Jahrhundert ergab sich aus den Fürsten heraus der engere Kreis der Königswähler, die Kurfürsten, deren Sonderstellung in der Goldenen Bulle von 1356 festgelegt wurde. Weltliche und geistliche Reichsfürsten hatten Sitz und Stimme im Reichstag. Seit dem staufisch-welfischen Thronstreit (1198) mußten die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie der Pfalzgraf bei Rhein (die Rheinpfalz) an einer gültigen Wahl beteiligt sein. Der Sachsenspiegel (1224-1231) zählt 2 weitere Kurfürsten als Vorwähler oder Erstwähler auf: den Herzog von Sachsen und den Markgrafen von Brandenburg. Mit der Doppelwahl von 1527 traten zum ersten mal die 7 Kurfürsten (einschließlich des vom Sachsenspiegel abgelehnten Königs von Böhmen) als alleinige Wähler auf. Bei der Wahl Rudolfs von Habsburg (1273) war das Kurfürstenkollegium (Kurkollegium) ein geschlossener Wahlkörper. Seine Entstehung - vom Sachsenspiegel aus dem Besitz der Erzämter erklärt - war also letztlich ein Ergebnis des Interregnums: eine Verhinderung der erblichen Thronfolge, ein Erwerb von Reichsgut und wichtigen Reichsrechten durch die Kurfürsten. Das Wahlrecht schränkte sich auf 3 geistliche und 4 weltliche Kurfürsten ein, die vom Kandidaten Sonderrechte (Kapitulationen) und politisches Mitspracherecht (Willebriefe) forderten, ein schwaches Königtum wünschten und deshalb die Krondynastie wechselten. Die Kurfürsten wurden häufig zu Gegenspielern des Königtums. Zur Gültigkeit der Wahl mußten mindestens 4 Kurfürsten anwesend sein. Die Mehrheitswahl wurde zuerst im Kurverein von Rhense (1338) für rechtsmäßig erklärt und 1356 in der Goldenen Bulle als Reichsgrundgesetz festgelegt, die auch die Beratung von Reichsangelegenheiten durch die Kurfürsten auf Kurfürstentagen verbriefte. Im 15. Jahrhundert wurde das Kurfürstenkollegium zur 1., vom Reichsfürstenrat getrennten Kurie des Reichstages. Die böhmische Kurwürde ruhte 1519 bis 1708 mit Ausnahme der Beteiligung an der Königswahl; die Kur des geächteten Pfalzgrafen bei Rhein wurde 1623 Bayern übertragen, der Pfalz aber 1648 eine 8. Kurwürde zugestanden. Braunschweig-Lüneburg (Hannover) hatte seit 1692 eine 9. (1708 vom Reichstag bestätigt), nach der Vereinigung Bayerns mit der Kurpfalz 1777 die 8. Kurwürde inne (seit 1778). 1803 wurden die Kurstimmen von Trier und Köln aufgehoben, die Mainzer Kur auf Regensburg-Aschaffenburg übertragen. Neugeschaffen wurden die Kurfürstentümer Salzburg (1805 auf Würzburg übertragen), Württemberg, Baden und Hessen-Kassel. Am Ende des 1. Deutschen Reiches gab es 10 Kurfürsten. (Vgl dazu die entsprechenden Phasen 6-8, 8-10, 10-12, 12-14, 14-16, 16-18, 18-20).

Kurverein von Rhense war der Zusammenschluß der Kurfürsten (ohne Böhmen) am 16.07.1338 in Rhense (Rhens, Rhein-Lahn-Kreis) zur Verteidigung des Reichsrechts und ihrer Kurrechte besonders gegen päpstliche Ansprüche. Die Kurfürsten setzten in einem Rechtsspruch fest, daß der von ihnen oder ihrer Mehrheit zum Römisch-Deutschen König gewählte nicht der päpstlichen Anerkennung bedürfe.

Übersicht über die Vor- und Frühgeschichte der abendländischen Musik (Grundlagen / Träger):
Hymnischer Chorgesang / Ambrosius (339-397), der aus Trier stammte und Bischof von Mailand war.
Gregorianischer Gesang (Gregorianischer Choral; 1stimmige Gregorianik) / Papst Gregor I. (540-604).
(Psalmodie vom Wortakzent bestimmt; Antiphonen, Respondorien, Hymnen).
Organum: früheste Form (7. Jh.) der Mehrstimmigkeit, Paraphonie zur gregorianischen Melodie.
Choralrhythmus, 40 Sequenzen / Notker der Stammler (Balbulus; 840-912), der Mönch im Kloster St. Gallen war.
Durch Klang gestützte Melodik / Gymel, Fauxbourdon (3stimmige Setzweise).
Mehrstimmigkeit / Studentenlyrik: Carmina Burana (Lieder aus Beuren; Kloster bei Bad Tölz, 11., 12., 13. Jh.).
Erwachendes rhythmisches Bewußtsein / Minnesänger, W. von der Vogelweide u. a., Kreuzritter, fahrende Sänger.
Ars antiqua (Organum wird Discantus: abgetrennte Gegenstimme) / Leoninus (12.Jh.), Perotinus Magnus (13. Jh.).
Conductus (mehrstimmiges Vokalwerk der Ars antiqua) und Motetus (3 Stimmen, scharf gegenseitig abgesetzt).
Früheste Polyphonie, Mensuralmusik (gemessene Musik: festgelegte Notenwerte) / Franko von Köln (13. Jh.).
Früheste ausgereifte polyphone Satztechnik, z.B. (Sommerkanon), Rondeaus / z.B. Adam de la Halle (13. Jh.).
Meistergesang / Meistersinger (14. Jh. bis 16. Jh., z.B. Hans Sachs, 1494-1576)
Ars nova, niederländischer Kontrapunkt und niederländische Polyphonie, mehrstimmiges deutsches Lied, Choräle bis zum Aufkommen der Instrumentalmusik (Paumann, 1452).

 

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