Die
bis vor gar nicht langer Zeit vorherrschende Bedeutung des Begriffes Rechenmaschine
ist die eines mechanischen oder elektronischen Gerätes, das automatisch irgendwelche
Zahlenrechnungen ausführt. Diese enge Deutung entspricht aber nicht unseren
heutigen Möglichkeiten. Jede Rechnung ist ja eine Verarbeitung von Zahlen,
Daten oder allgemeiner: Informationen. Man hat deshalb den umfassenderen Begriff
der Datenverarbeitung geprägt und spricht lieber von Datenverarbeitungsmaschinen
(EDV = Elektronische Datenverarbeitung). Teils um den zu engen Begriff der Rechenmaschine
zu vermeiden, teils wohl aus modischen Gründen benutzt man auch bei uns das
englische Wort Computer für einen Rechner (engl. to compute, be-,
errechnen). Die stürmische Entwicklung auf diesem Gebiet hat sogar ein
neues Fachgebiet entstehen lassen, die Informatik,
die die theoretischen und praktischen Grundlagen der Informationsgewinnung und
-verarbeitung bereitstellt. Man unterscheidet zwei grundsätzlich
verschiedene Arten, nach denen ein Rechner arbeiten kann, und spricht deshalb
von Analogrechnern oder Digitalgrechnern.
Eine Kombination aus beiden heißt Hybridrechner.AnalogrechnerEin
Analogrechner arbeitet nicht direkt mit Ziffern, sondern mit physikalischen Größen,
z.B. elektrischen Spannungen oder Strömen, deren Größe dem Zahlenwert
entspricht. Während sich die Ziffernreihe sprunghaft, in diskreten Schritten
verändert, verhalten sich analoge Größen wie Spannungen fließend,
kontinuierlich. Jedes Meßgerät ist ein analoges Datenerfassungsgerät.
Es gibt, überspitzt gesagt, nur einen Zeigerausschlag an, dessen Größe
dem Meßwert entspricht. Denken Sie an Spannungsmesser, Ohmmeter, Tachometer
beim Auto, Thermometer oder Barometer. Alle diese Geräte haben eines gemeinsam:
sie sind nicht beliebig genau. Selbst bei bester Konstruktion und raffiniertester
Ablesung kann man den angezeigten Meßwert nur bis zu einem bestimmten Genauigkeitsgrad
bekommen. Diese Eigenschaft haben auch alle Analogrechner. Sie nützen die
Möglichkeit aus, mit elektrischen Schaltungen Spannungen addieren, subtrahieren,
multiplizieren oder dividieren zu können. Ein Verstärker beispielsweise
ist eigentlich nur ein Multiplikator rür Spannungen. Andere Schaltungen können
sogar differenzieren oder integrieren (-+ Infinitesimalrechnung), aber eben immer
nur bis zu einer begrenzten Genauigkeit. Dafür liegt allerdings,das Ergebnis
fast sofort vor. Dem steht wiederum ein Nachteil gegenüber: jede Analogschaltung
entspricht nur einer bestimmten Rechnung. Will man etwas anderes rechnen, so muß
man die Schaltung ändern. Moderne Analogrechner verrügen über eine
Vielzahl von einzelnen Bausteinen, die man je nach der erforderlichen Rechnung
kombinieren kann. Wenn keine große Genauigkeit verlangt wird, setzt man
sie daher in manchen Fällen ein, vor allem zur Berechnung von Integralen
oder Differentialen, aber auch zur Steuerung von Produktionsprozessen, bei denen
immer wieder dieselbe Rechnung mit jeweils anderen Zahlenwetten vorkommt. In neuerer
Zeit treten allerdings die Analogrechner unter den Rechenmaschinen gegenüber
den digitalen Anlagen immer mehr zurück.DigitalrechnerWenn
man vom Computer spricht, ist fast immer eine digitale Rechenmaschine gemeint,
eine Maschine also, die in ähnlicher Weise mit Ziffern (Digits)
rechnet wie wir selbst. Solche Rechengeräte gibt es schon seit sehr langer
Zeit. Bei den Römern verwendete man den Abakus, ein Rechenbrett, auf dem
man Steine hin und her schob. Noch heute sind Rechenbretter in China weit verbreitet.
In Hongkong hört man ihr leises Klappern in jedem Kaufhaus. Sie funktionieren
ähnlich wie die Spielzeugrechenbretter rür Kinder, aber sie arbeiten
bereits mechanisch, wenn auch die Steuerung von der Hand übernommen wird.
Jeder Rechenschritt entspricht nämlich einer bestimmten Handbewegung, die
man ohne nachzudenken ausführt. Ein geübter chinesischer Buchhalter
rechnet auf seinem Abakus wesentlich schneller, als wir es schriftlich können,
und er addiert oder subtrahiert nicht nur, sondern multipliziert oder dividiert
auf dem Brett mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Im 17. Jahrhundert ging
man daran, richtige mechanische Rechenmaschinen zu bauen, denen man nur noch die
Eingangsdaten und die Rechenart vorzugeben brauchte. Ihre Steuerung wurde von
einem komplizierten Rädchensystem mit Sperrklinken übernommen. Die bekannteste
Maschine dieser Art wurde 1672 von Gottfried Wilhelm Leibniz
(1646-1716) konstruiert. Man muß über eine Handkurbel die
Schaltenergie zuführen und kann alle Grundrechenarten ausführen. Alle
diese Rechenmaschinen arbeiten im Dezimalsystem: ihre Ziffernrädchen oder
-walzen tragen unsere gewöhnlichen zehn Ziffern. Als man gelernt hatte, die
elektrische Energie einzusetzen, stattete man die mechanischen Rechner mit Motoren
aus, die den Antrieb übernahmen und damit das Rechentempo steigerten. Die
weitere, zunächst noch langsame Entwicklung wurde von zwei Hauptanliegen
geleitet: man wollte erstens die Rechengeschwindigkeit steigern und zweitens möglichst
komplizierte Rechnungen in einem Zug durchführen können. Die ersten
Fortschritte auf diesem Weg bestanden darin, einmal elektrische Schaltelemente
anstatt mechanischer zu benutzen, zum anderen auch den gesamten Gang der Rechnung
automatisch zu steuern, d.h. die Maschine zu programmieren. Diese ersten Programme
bestanden aus Lochmustern, die in dicke Pappkartons und -streifen eingeschnitten
wurden und mit denen man elektrische oder sogar noch mechanische Kontakte der
Maschine betätigen konnte. Der aufmerksame Besucher von Volksfesten entdeckt
solche Programme heute noch an Drehorgeln oder Orchestrions. Trotz aller
Kunstgriffe stieß man jedoch bald an eine Grenze für solche Rechner,
die durch das Dezimalsystem und die mit ihm verbundenen mechanischen oder elektrischen
Schaltelemente mit jeweils 10 Schaltstellungen gesetzt war. Der Ausweg aus diesen
Schwierigkeiten und zugleich die Grundlage der erstaunlichen Eigenschaften moderner
Computer war der Gedanke von Konrad Zuse
(1910-1995), die Rechenmaschinen nicht wie bisher im Dezimalsystem,
sondern im Dualsystem
arbeiten zu lassen. Dieses System kennt nur zwei Ziffern. Um es mechanisch darzustellen,
braucht man daher nur noch zwei Schaltstellungen, im einfachsten Fall EIN bzw.
AUS (dual L und 0). Selbst primitivste Schalter mechanischer oder elektrischer
Art können diese beiden Zustände einnehmen und damit zur DarsteIlung
von Dualziffern benutzt werden. Die einzige Bedingung ist das Vorhandensein von
zwei definierten Schaltstellungen, z. B. waagrecht / senkrecht, Kontakt geschlossen
/ geöffnet, Strom ein / aus, hell / dunkel, magnetisch positiv / negativ
u.s.w.. Anfangs bediente man sich einfacher Relais als Schalter, Spulen,
die bei Stromdurchgang eine Magnetplatte anziehen und damit einen Stromkreis schließen
oder öffnen. Die erste Rechenmaschine mit Relaisschaltelementen war die von
Zuse
1941 in Gang gesetzte Z3. Nun war der Weg frei für die Entwicklung immer
schnellerer und kleinerer Schalter (ein Relais ist verhältnismäßig
langsam und ziemlich groß). Statt elektromechanischer Schalter
entdeckte man sehr bald elektronische, die sehr viel schneller arbeiten als solche
mit einer Mechanik aus beweglichen Teilen. In den elektronischen Schaltern werden
die Elementarteilchen der Elektrizität - die Elektronen - direkt zur Steuerung
der Schaltzustände benutzt. Solche Schalter enthalten also weder Hebelchen
noch Achsen und haben extrem kurze Schaltzeiten (Größenordnung Milliardstel
Sekunden). Elektronenröhren sind zwar wesentlich schneller, aber
immer noch genauso groß wie Relais. Außerdem sind sie empfindlich
gegen Temperaturschwankungen und Stöße und haben nur eine begrenzte
Lebensdauer. So war es ein bedeutender technischer Fortschritt, als man die Halbleiterschalter,
Dioden und Transistoren, erfand. Sie beruhen allesamt auf der speziellen Eigenschaft
bestimmter chemischer Elemente und Legierungen (z. B. Germanium, Silicium oder
Gallium-Arsenid), den elektrischen Strom nur unter bestimmten elektronischen Bedingungen
zu leiten und ansonsten fast wie ein Isolator zu wirken. Ihre Herstellung stellt
hohe Ansprüche an die chemische Fertigungstechnik. Reinheitsgrad und gewollte
Verunreinigungen (Dotierung) mit anderen Elementen spielen eine überragende
Rolle. Sie sind nicht nur sehr klein und schnell, sondern auch äußerst
robust und langlebig. Computer mit (einzelnen) Transistoren und Dioden als Schaltelementen
bezeichnet man als solche der zweiten Generation. Die weitere Entwicklung
brachte eine nochmalige Verkleinerung der Schaltelmente. Schließlich konnte
man Dutzende, ja Tausende einzelner Halbleiterschalter zusammen auf kleinstem
Raum unterbringen, fertig je nach Funktion zusammengeschaltet und mit Plastikmaterial
umgossen. Diese integrierten Schaltungen oder IC's (Integrated Circuits)
sind heute nicht größer als ein Viertel eines Pfennigstücks und
enthalten so viele Schaltelemente wie ein ganzer Kleiderschrank voller Elektronenröhren.
Aus ihnen baut man die Computer der dritten Generation, deren Abkömmlinge
uns in den Taschenrechnern oder auch den elektronischen Digitalarmbanduhren täglich
begegnen. HybridrechnerHybridrechner
nennt man Rechenanlagen, die teilweise digital, teilweise analog rechnen und so
die speziellen Vorteile beider Maschinentypen vereinigen: die große Geschwindigkeit
des Analogrechners beim Differenzieren und Integrieren und die Genauigkeit des
Digitalrechners. Hybridrechner werden bei speziellen Problemen der Fabrikation
eingesetzt, haben aber keine überragende Bedeutung erlangt, wohl deswegen,
weil auch Digitalmaschinel) heute so schnell arbeiten, daß man die mangelhafte
Genauigkeit eines Analogrechenteils nicht in Kauf nehmen möchte. Wir beziehen
uns für alles folgende deshalb ausschließlich auf digitale Rechenmaschinen.Grundlagen
digitaler Rechenanlagen Im Dualsystem
lassen sich alle Rechnungen in gleicher Weise wie im gewohnten Dezimalsystem
durchführen, nur geht es sehr viel einfacher. Sehen Sie zur Illustration
die beiden Tafeln für die Addition und die Multiplikation im Dualsystem:Addition | | Multiplikation | 0
+ 0 = 0 | | 0
0 = 0 | L +
0 = L | | L
0 = 0 | 0 +
L = L | | 0
L = 0 | L +
L = L0 (bzw. 0, L gemerkt) | | 0
+ 0 = 0 |
 Handschaltung
für binäre Multiplikation A B = C. U ist eine Batterie. |
| Diese
beiden Gundrechenarten stellen bereits die ganze Algebra dar, die man im Prinzip
in einem Computer mittels Schaltern verwirklichen muß. Darüber hinaus
kann man aber solche Tafeln auch als Wahrheitstafeln im Sinne der mathematischen
Logik auffassen, und diese Tatsache gestattet es, einen Computer nicht nur rechnen
zu lassen, sondern ihm auch mit Hilfe von ebenfalls zweistelligen Schaltern logische
Verknüpfungen einzubauen, die über eine Rechenoperation hinausreichen.
Man muß nur eiru Schaltung aufbauen, die in ihrem Verhalten genau der zugehörigen
Wahrheitstafel entspricht. Die Abbildung
1 zeigt z. B. eine Handschaltung, die der Multiplikationstafel entspricht.
Die Schalter A bzw. B sind im Zustand L, wem sie geschlossen sind, die Glühbirne
C, wenn sie leuchtet. In ähnlicher Weise kann man alle logischen Verknüpfungen
durch Binärschaltungen aufbauen (die Multiplikation entspricht der logischen
Konjunktion und). Viele von ihnen sind fertig vergossen als integrierte
Schaltungen (IC) im Handel, so daß es für einen Bastler nicht schwierig
ist, sich selbst logische Schaltungen zusammenzustellen, die beispielsweise wissen,
wann es Zeit ist aufzustehen, und dann das Radio einschalten, Teewasser zum Kochen
bringen und ähnliches. Auch Zählschaltungen ftir Uhren macht man auf
diese Weise, und im Prinzip besteht das Rechenwerk jedes Computers aus derartigen
logischen Schaltungen. Die
Abbildung 2 gibt die wichtigsten
davon samt den gängigen Schaltsymbolen und den zugehörigen Wahrheitstafeln
(Funktionstafeln) an. Die Bezeichnungen kommen sämtlich aus dem Englischen
(AND [UND], OR [ODER], NOT [NICHT]). NAND
und NOR sind Kürzel für Not AND bzw. Not OR. Sie bewirken jeweils das Gegenteil
von AND und OR, wie man auch aus den Funktionstafeln sofort ersieht. Die Schaltsymbole
ersparen komplizierte Zeichnungen von Transistoren, Dioden, Kondensatoren und
Widerständen und machen die Gesamtfunktion einer logischen Schaltung durchsichtig.
Natürlich enthält das Rechenwerk eines Computers viele Tausende solcher
Schaltelemente, die man wieder zu größeren Einheiten zusammenfaßt,
wie Additions- oder Multiplikationsregister und anderes. Die detaillierte Erörterung
dieser Zusammenhänge würde hier jedoch zu weit fuhren.Aufbau
eines Computers Jeder Computer besteht aus drei Teilen. Die Zentral-
oder Steuereinheit ist das eigentliche Rechenwerk. Hier werden die Rechenarten
in einzelnen Schritten ausgefuhrt, darüber hinaus aber auch Befehle an die
anderen Einheiten erstellt, Zahlen und Programme abgerufen und Speicherplätze
zugeteilt. Der Speicher (das Gedächtnis) als zweiter Teil dient
zum Aufbewahren von Zahlen, Programmteilen oder Zwischenergebnissen. Den dritten
Teil bildet die Peripherie, das Bindeglied zur Außenwelt. Sie besteht selbst
wieder aus vielen Einzelteilen: Fernschreiber, Lochkarten- und Lochstreifenleser
und -stanzer, Schnelldrucker und Zeichengeräte gestatten die Ein- und Ausgabe
von Daten, Programmen und Ergebnissen. Etwas vereinfacht könnte man sagen,
die Zentraleinheit sei das Gehirn eines Computers, der Speicher sein Gedächtnis,
die Peripherie seine Augen, Ohren und Hände. Es leuchtet ein, daß ein
Computer um so leistungsfähiger ist, je schneller die Zentraleinheit ist
und je mehr Verknüpfungen sie verarbeiten kann, je größer und
leichter zugänglich die Speicher sind und je umfangreicher seine Peripherie
ausgestattet ist. Eine rasante Entwicklung haben vor allem die Speicher durchgemacht.
Je komplizierter die Aufgabe ist, die der Computer lösen soll, desto mehr
Speicherplätze (Speicherkapazität) werden gebraucht. Dazu kommt, daß
jeder einzelne Speicherplatz möglichst direkt und innerhalb kürzester
Zeit erreichbar sein sollte. Solche Speicher nennt man einzeln adressierbar oder
intern. Sie sind meist mit der Zentraleinheit verbunden und garantieren Zugriffszeiten,
die in der Größenordnung der Rechenzeit selbst liegen (etwa Mikrosekunden).
Man baute sie bis vor nicht langer Zeit noch aus Ferritkernen, kleinen magnetisierbaren
Ferritringen (Durchmesser etwa 1 mm), die man in Netzen zu vielen Tausenden anordnete.
Diese Kernspeicher sind aber bereits von integrierten Schaltungen überholt,
auf denen man Dutzende von Speicherplätzen pro Quadratmillimeter zur Verfügung
hat, und diese Entwicklung ist noch keineswegs abgeschlossen. Zur Speicherung
von größeren Datenblöcken oder Programmteilen muß nicht
unbedingt jeder Speicherplatz einzeln zugänglich sein. Es genügt, wenn
der Computer den Anfang und das Ende jedes Datenblocks innerhalb einer möglichst
kurzen Zeit aufsuchen kann. WEITER:

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