Die
Informationstheorie ist diejenige Theorie, die sich mit den allen Systemen der
Nachrichtenformulierung und Nachrichtenübertragung gemeinsamen Gesetzmäßigkeiten
der Übermittlung von Informationen befaßt. Der Begriff der Information
wird von der Informationstheorie definiert als räumliche oder zeitliche Folge
von endlich vielen physikalischen Signalen, die mit mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten
oder Häufigkeiten auftreten. Daß diese Signale in irgendeiner Weise
als Zeichen, d.h. als Träger von Sinn und Bedeutung fungieren, ist für
die Informationstheorie von sekundärer Bedeutung. Der Informationsbegriff
der Informationstheorie entsprang dem Bedürfnis der Nachrichtentechnik, zu
deren Aufgaben es gehört, eine vorgegebene Menge von Zeichen über einen
Informationskanal mit möglichst geringem Aufwand zuverlässig verstehbar
zu übermitteln. Dementsprechend arbeitet die Informationstheorie insbesondere
an den Problemen, die sich aus der Forderung nach einer optimalen Relation zwischen
den zu übertragenden Nachrichtenmengen und den dafür erforderlichen
Informationsmengen bzw. Informationswegen ergeben.
Ist Information eine eigenständige (und also auch physikalische) Größe
oder eine Essenz des Lebens oder weder noch? Die
Frage, ob es sich bei Information um eine eigenständige physikalische Größe
handelt, die so konkret wie Temperatur, Masse oder Energie und damit auch ohne
Semantik (gibt es überhaupt etwas ohne Semantik? Anm.
HB) existent ist, wird in den Wissenschaften konträr diskutiert. Eine
eher spekulative These lautet, das Universum könnte eine nicht-materielle
Grundlage besitzen und sich aus Daten zusammensetzen (»It from Bit«)
oder gar ein Computer sein. Einige Autoren stellen eine enge Beziehung zwischen
Entropie und Information her oder setzen sie schlußendlich gleich. Ferner
wird angemerkt, daß bei der Informationsverarbeitung Energie verbraucht
wird und sogar verbraucht werden muß (bis hin zu der recht präzisen
Aussage des Landauer Prinzips, daß bei der Verarbeitung von n Bit
Information mindestens eine Energie von E = n k T ln (2)
verbraucht wird, beziehungsweise - noch etwas präziser -, daß das Löschen
eines Bits an Information zwangsläufig die Abgabe von Energie in Form von
Wärme gemäß W = k T ln (2), wobei k
= Boltzmann-Konstante, T = absolute Temperatur der Umgebung, zur Folge
hat), wodurch gewissermaßen eine Verbindung zwischen den Begriffen Energie
und Information nachgewiesen sei. Dies sei - so wird ergänzt - bemerkenswert,
da die Begriffe Entropie und Energie physikalische Begriffe sind. Und schließlich
hat sich längst der Begriff der Quanteninformation (und darauf aufbauend
auch der Begriff der Quanteninformatik) etabliert Andere Autoren betonen dem gegenüber,
daß die Daten des Lebensraums erst durch die Interpretation und Bedeutungszuordnung
eines sich an Interessen orientierenden (lebenden) Systems zu Informationen werden,
die es ihnen erlauben, aus kleineren Teilen größere Zusammenhänge
zu konstruieren, Prognosen zu erstellen und hierdurch Überlebensvorteile
zu erlangen. (Peter Mersch, Systemische Evolutionstheorie, 2012,
S. 80-81).
Ewig ist nur die Energie! |
Dafür,
daß die Information eine Essenz des Lebens ist, spricht, daß
ganz wesentlich der genetische Code und das neuronale Netzwerk - abstrakt gesehen
- Information(en) speichernde und verarbeitende Systeme sind. Ausgehend von der
Überlegung, daß Lebewesen Information(en) speichernde und verarbeitende
Systeme sind, kann man folgern, daß Leben und Bewußtsein nicht unbedingt
auf eine Verkörperung durch Zellen mit Erbsubstanz in der uns bekannten Form
begrenzt sein muß. Es könnte auch unabhängig von Kohlenstoff,
Sauerstoff oder Wasserstoff existieren. Weil die Aufnahme,
Verarbeitung und Weitergabe von Information stets an Materie und Energie gebunden
sind, aber irgendwann alle Materie zerfallen sein wird ()
und irgendwann alle Differenzen der Energie ausgeglichen sein werden ()
- mit anderen Worten: ein thermodynamisches Gleichgewicht ()
erreicht sein wird -, wird auch jenes Leben, das möglicherweise ohne Verkörperung
durch Zellen mit Erbsubstanz auskommen und ohne Kohlenstoff, Sauerstoff oder Wasserstoff
existieren könnte, spätestens dann nicht mehr existenzfähig sein
können, wenn alle Materie zerfallen sein wird.Entsprechend würde
in der Abbildung ()
für den Fall, daß das Leben anders definiert werden würde,
nämlich so wie im letzten Absatz beschrieben, die grüne
Fläche die Dauer dieses anderen Lebens und die gelbe
Fläche (Leben) allein die Dauer des biologischen Lebens darstellen.
Informatik Diese Wissenschaft von der Nachruchtenübertragung und
Datenverarbeitung befaßt sich mit der Automatentheorie, d.h. frn theoretischen
und praktischen Methoden, die den Rechenmaschinen
und ihrer Programmierung zugrunde liegen. Zentraler Begriff ist die Information
I (x) einer Nachricht x, die man als den negativen Binä#rlogarithmus
der wahrscheinlichkeit von x begreift: I (x) = Ib p(x). Diese
logarithmischen wahrscheinlichkeiten gibt amn in Bit (englisches Kürzel
für binary digit). Besteht nämlich die Nachricht
aus x aus lauter Ja-Nein-Informationen, die jeweils mit gleicher Wahrscheinlichkeit
1/2 eintreffen, so ist 1 (x) gleich der Länge dieser Binärzahl,
d.h. ihrer Stellenanzahl. je unwahrscheinlicher eine Nachricht ist, desto mehr
Informationsgehalt hat sie. Neben solchen informationstheoretischen Fragen
hat die Informatik aber vor allem praktische Programmierungsmethoden für
bestimmte Probleme (sogenannte Software) zum Gegenstand.
Kybernetik Kybernetik ist die Bezeichnung für die Gesamtheit der
wissenschaftlichen Untersuchungen, die sich (im engeren Sinne) mit der Technik
von informationsverarbeitenden Maschinen oder (im umfassenden Sinne) mit Theorien
über die Funktionsmöglichkeiten von Informationssystemen (unter Abstarktion
von spezifischen physikalischen, physiologischen, psychologischen oder soziologischen
Besonderheiten) befassen. Weil es sich dabei insbesondere um Probleme der Rückkoppelung
und des Regelkreises
handelt, wird Kybernetik mitunter auch als Wissenschaft von den sich selbst regulierenden,
d.h. ihre eigenen Wirkungen für weitere Aktivitäten auswertenden Systemen
bezeichnet. Zur Kybernetik gehören ebenso Probleme der Informationstheorie
und der Regelungstechnik. Als formale Wissenschaft steht sie zwischen den Grenzen
traditioneller Wissenschaften, für die sie mittel der mathematischen und
konstruktiven Behandlung allgemeiner struktureller Beziehungen, Funktionen und
Systeme (die verscheidenen Wirklichkeitsbereichen gemeinsam sind) eine wertvolle
fachübergreifende Hilfswissenschaft darstellt.Regelkreis
ist die kybernetische Bezeichnung für ein bestimmtes Strukurthema von Systemen
der verschiedensten Bereiche der Wirklichkeit, deren Elemente, Glieder, Einheiten
u.a. durch das prinzip der Rückkoppelung
zu einem geschlossenen System, das System dynamisch selbstregulierenden Wirkungskreis
verbunden sind. Der Regelkreis besteht aus zwei Hauptteilen: der Regelstrecke
bzw. dem zu regelnden Objekt und dem Regler (vgl. Abbildung).
der Regler hat die Aufgabe, eine bestimmte veränderliche Größe,
die Regelgröße (vgl. Abbildung),
gegenüber störenden Einwirkungen aus der Systemumwelt oder asu dem System
selbst gemäß einer ihm vorgegebenen Funktion, der Führungsgröße
(vgl. Abbildung) oder dem Zielwert
zu variieren. Seine Maßnahmen erfolgen über die Stellgröße
(vgl. Abbildung). Auf diese Weise
kann der Regler (aufgrund der ihm selbst vorgegebenen Zielwerte) die Regelstrecke
mittels der Stellgröße bestimmen, die Ergebnisse der Regelstrecke über
die Regelgröße auswerten (z.B. Störungen erkennen) und wiederum
regulierende Maßnahmen einleiten.Ein
Beispiel:Die sekundären Geschlechtsmerkmale
entwickeln sich, der kindliche Körper nimmt in den folgenden Jahren durch
schnelles Wachstum die Gestalt des Erwachsenen an. Schweiß- und Talgdrüsen
arbeiten verstärkt. Auch das seelische Leben erfährt eine Veränderung.
Die Veränderungen während der Pubertät werden durch Hormone ausgelöst
und vom Gehirn eingeleitet: ein Teil des Zwischenhirns wirkt über die Hormone
auf die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) ein. Diese Hypophyse gibt daraufhin verstärkt
Hormone ab, die die Keimdrüsen - Hoden und Eierstöcke - zur Bildung
von Sexualhormonen anregen. Beim Jungen werden in den Hoden nun vermehrt männliche
Geschlechtshormone gebildet, hauptsächlich das Testosteron.
Sie bewirken die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale und die Bildung
von Samenzellen. Beim Mädchen werden jetzt in den Eierstöcken vermehrt
weibliche Geschlechtshormone gebildet, wobei die Östrogene
(Follikelhormone) die Ausbildung der sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale
bewirken und die Gebärmutterschleimhaut anwachsen lassen. Die Sexualhormone
wirken wiederum auf Zwischenhirn und Hypophyse ein und können die Hormonproduktion
der Hypophyse hemmen. Schließlich stellt sich eine fein abgestimmte Wechselwirkung
zwischen Hypophyse und Keimdrüsen ein. Unter gleich bleibenden äußeren
Bedingungen hält der Körper den Stoffwechsel auf konstantem Wert. Auftretende
Abweichungen der Außeneinflüsse werden ausgeglichen: geregelt. Diese
Regelung wird über Nerven und Hormone vorgenommen. (Vgl. Abbildung).
Rückkoppelung ist ein Begriff aus der Kybernetik
und bedeutet dort das allgemeine Steuerungsprinzip kybernetischer Regelkreise,
bei dem die Wirkung einer auf ein bestimmtes Reaktionssystem einwirkenden Ursache
wieder auf die Ursache zurückwirkt. Negative Rückkoppelung wird
ein Effekt genannt, durch den die Stabilität des Funktionensystems im Zeitablauf
erhalten und jede störende Einwirkung paralysiert wird. Bei positiver
Rückkoppelung verstärkt die Rückwirkung des Systemeffekts die erzeugenden
Ursachen. Der Begriff Kybernetik wurde von Norbert Wiener
(1894-1964) geprägt und geht zurück auf das griechische Wort kubernhthV
(kybernetes) und umfaßt - mathematisch gesprochen - die Theorie der
Algorithmen, der Informatik, befaßt sich aber auch ganz allgmein mit den
unterschiedlichsten Themen aus Wissenschaft und Technik, vor allem mit der Medizin,
z.B. mit den Mechanismen der Reizleitung und der Gehirnfunktionen, wobei sie versucht,
Übereinstimmungen zwischen mechanischen und elektrischen Regelsystemen und
den Nervensystemen von Lebewesen festzustellen (vgl. Abbildung).
Eines ihrer spektakulärsten Forschungsziele ist die Denkmaschine.
In Deutschland wurde eine Studie des Philosophen Gotthard Günther
(1900-1984) besonders einflußreich: Das Bewußtsein der Maschinen
(1960).Das philosophische Interesse für die Kybernetik rührt
daher, dass diese die Möglichkeit eröffnet, den Begriff Zweck
rekursiv zu begreifen: Der Zweck eines komplexen Systems, etwa auch eines Lebewesens,
ist es selbst. Ein Zweck bräuchte keine vom System getrennte Instanz mehr,
die ihn setzt. Wenn das auch für menschliche Zwecke gilt, gewinnt die Autonomie
der Person und damit ihre Verantwortung für ihre Handlungen sehr stark an
Bedeutung.
SystemtheorieSystemtheorie ist ein interdisziplinäres Erkenntnismodell,
in dem Systeme zur Beschreibung und Erklärung unterschiedlich komplexer Phänomene
herangezogen werden. Die Analyse von Strukturen und Funktionen soll häufig
Vorhersagen über das Systemverhalten erlauben.Die Begriffe der Systemtheorie
werden in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen angewendet, so in der Physik,
der Chemie, der Biologie, der Physiologie, der Geographie, der Ethnologie, der
Soziologie, der Sozialarbeit, der Politikwissenschaft, der Wirtschaftswissenschaft,
der Psychologie, der Semiotik, der Literaturwissenschaft, den Ingenieurwissenschaften,
der Pädagogik, der Philosophie, der Logik, der Mathematik, der Informatik
u.v.a.. Die Systemtheorie ist somit bisher keine eigenständige Disziplin,
sondern ein weitverzweigter und heterogener Rahmen für einen interdisziplinären
Diskurs, der den Begriff System als Grundkonzept führt. Es gibt folglich
auch nicht eine Systemtheorie, sondern eher eine Vielzahl unterschiedlicher,
zum Teil widersprüchlicher und konkurrierender Systemdefinitionen und -begriffe.
Es hat sich heute jedoch eine relativ stabile Reihe an Begriffen und Theoremen
herausgebildet, auf die sich der systemtheoretische Diskurs bezieht.Systemtheorie
als weiterentwickelte strukturell-funktionale TheorieDie Systemtheorie
ist ja der insbesondere von Niklas Luhmann
(1920-1998) als Weiterentwicklung der strukturell-funktionalen Theorie verstandene
soziologische Forschungsansatz, der ein System nicht nur nach funktionalen Leistungen
der Elemente des Systems zur Erhaltung, Stabilisierung und Reproduktion des Systems
analysiert, sondern die grundlegende Frage nach der Funktion der Differenzierung
des Systems in Elemente stellt. Die Systemtheorie interpretiert das System nicht
nur als ein Mehr des Ganzen gegenüber seinen Teilen, sondern thematisiert
mit dem Systembegriff gleichzeitig die Außenwelt des Systems. Danach wird
das System als eine Identität begriffen, die sich in einer komplexen
und veränderlichen Umwelt durch Stabilisierung einer Innen/Außen-Differenz
erhält. Ein System entsteht durch Grenzziehung und Konstituierung einer
Differenz von Außen und Innen, durch die Schaffung von Bereichen unterschiedlicher
Komplexität, durch Reduktion von Komplexität. Durch Selektion
von Möglichkeiten der äußeren Weltkomplexität wird diejenige
Innen/Außen-Differenz geschaffen, ohne die menschliches Handeln nicht möglich
wäre. Diese Reduktion der äußeren Weltkomplexität auf ein
Format, das Erleben, Sichentscheiden und Handeln überhaupt erst gewährleistet,
wird bei allen sozialen Systembildungen durch Sinn gesteuert. Systembildung heißt
darum, eine einmal getroffene Sinnentscheidung gegenüber einer komplexen
und sich weiterhin verändernden Umwelt durchzuhalten, eine Ordnung des Handelns
gegenüber der Umwelt relativ einfach und konstant zu halten. Die Systemtheorie
untersucht die (Selektions- und Entscheidungs-) Prozesse sowie die Zweckprogramme,
die ein System innerhalb der Grenzen seiner Autonomie in die Lage versetzen, Umweltkomplexität
zu reduzieren, um sich zu erhalten, um sich (systemsinngemäß) in der
realen Welt rational zu verhalten.Allgemein ist gilt die
Systemtheorie als Teilgebiet der Kybernetik, nämlich als formale Theorie
der Beziehungen zwischen untereinander gekoppelten Systemen (bzw. zwischen ihnen
und ihrer Umgebung) sowie sowie des Zusammenhangs zwischen Struktur und Funktionsweise
(bzw. Verhalten) von Systemen. Im engeren Sinne ist die Systemtheorie eine Theorie
über die Beeinflußbarkeit der Ausgangsgrößen bestimmter
(kybernetischer) Systeme bei gegebenen Eingangsgrößen durch Verändern
der Systemeigenschaften. Was in der Kybernetik die Systeme sind, sind in Luhmanns
Systemtheorie die Subsysteme.der sich um die organisations- und verwaltungssoziologische
Rezeption der strukturell-funktionalen Theorie und ihre Weiterentwicklung zu einer
sozialwissenschaftlichen Systemtheorie bemühte, betrachtete Gesellschaft
als Kommunikationssystem mit vielen mehr oder weniger selbständigen Subsystemen.
Kommunikation bezieht sich dabei immer nur auf sich selbst. Die Subjekte oder
Menschen mit ihrem Körper und ihrer Psyche gehören nicht mit zum System.
Sie bilden die Umwelt des Systems oder der Gesellschaft. Luhmann kann sich sogar
vorstellen, daß die Kommunikation weiterläuft, auch wenn es längst
schon keine Menschen mehr gibt (!). Wissen und Vernunft befindet sich nicht in
den Köpfen oder Psychen, sondern in Büchern, Datenspeichern oder im
Internet. Das Verschwinden des Subjekts ist im Buddhismus ein religiöses
Ideal. Luhmann hat aus seiner Sympathie mit dem Buddhismus keinen Hehl gemacht.
(Vgl. Eurobuddhismus).
Das eine Auge, das alles sieht, Gott, gibt es nicht mehr, nicht mehr die Wahrheit
und den Blick aufs Wirkliche. Statt dessen nur mehr Beobachtung der Beobachtung,
selbstreferentielle, rekursive Beobachtung:Luhmanns Beobachter des Beobachters
ist eine tragische Figur. Ihm ist die Welt abhanden gekommen. Er beobachtet nur,
wie ein anderer beobachtet, wie ein anderer beobachtet, wie ein anderer beobachtet,
wie ein anderer beobachtet, wie ... u.s.w.; aber er sieht nicht, wie er selbst
beobachtet; denn das kann nur ein anderer beobachten, der auch nicht beobachten
kann, wie er beobachtet ... u.s.w.: Jeder hat seinen blinden Fleck. Und außer
diesem gibt es nichts zu sehen. Selbst
die großen Geister erlagen den Gefahren eines Systemdenkens, d.h. einer
Art des Philosophierens, die von vornherein die Gestaltung eines Systems anstrebt
und geneigt ist, die Wirklichkeit zu konstruieren und zu stilisiernen, anstatt
sie zu erfassen. Nicht mit Unrecht wird darauf hingewiesen, daß das Beste
aus der Philosophie der großen Systematiker oft genug gerade das ist, was
in ihre Systeme nicht hineinpaßt. In der wissenschaftlichen Arbeit ist System
dagegen ein bewährtes Ordnungsprinzip. Eine Systematik ist demzufolge die
Wissenschaft und Kunst der Systembildung. An
die Prästabilisierungstheorie von Gottfried Wilhelm Leibniz
(1646-1716) schließt z.B. der Konstruktivismus
am Ende des 20. Jahrhunderts an. Leibniz' Monaden heißen jetzt autopeietische
Systeme. Diese sich selbst erzeugenden Systeme bestehen aus Kognitionen - allerdings
auf physikalischer Basis. Anstelle Gottes besorgt nun die Evolution die strukturelle
Kopplung (bei Leibniz die prästabilisierte Harmonie). Nicht den radikalen,
wohl aber den gelassenen Luhmann kann man somit auch als Konstruktivisten
bezeichnen. Vor allem auch Luhmann brachte nämlich den Begriff Autopoiesis
in die konstruktivistische Systemtheorie ein.Luhmanns Systemtheorie
gilt gegenwärtigals eines der wohl erfolgreichsten und populärsten Theorieangebote.
Es haben sich Strömungen in Deutschland, USA, Japan, Italien, Skandinavien
und anderen Ländern herausgebildet. Luhmann bezeichnete sich zwar zeitlebens
als Soziologen, doch da hat er sich auf seine bescheidenen Art kleiner gemacht,
als er wirklich war, denn er war gleichzeitig auch Philosoph oder doch zumindest
Wissenschaftstheoretiker, der die Soziologie sehr angeregt hat und der eine bemerkenswerte
soziologische Urteilskraft besaß. In verschiedenen Bereichen der Philosophie
werden Ideen Luhmanns rezipiert.Das Fehlen eines primär normativen
Elements in der Systemtheorie Luhmanns hat eine teilweise heftige Debatte nicht
nur in der Soziologie entfacht. Aus erkenntnistheoretischer Perspektive wird moniert,
die Theorie laufe auf Grund ihres tautologischen, deskriptiven Ansatzes leer und
sage uns nicht mehr über die Welt, als was wir aufgrund fachwissenschaftlicher
Erkenntnisse ohnehin schon über sie wissen oder wissen könnten. Genau
dieser konstruktivistische Ansatz ist allerdings der Kern des Ganzen: Als Beobachter
der Welt können wir nach Luhmann nur das beobachten und identifizieren, was
wir beobachten können, und nichts, was darüber hinausgeht.
Wie
gesagt: Luhmanns Systemtheorie basiert auf der Gleichsetzung von Gesellschaft
mit Kommunikation. Er behandelt Evolution von Kommunikation - von Oralität
(mündlicher Kommunikation) über Schrift bis hin zu elektronischen Medien
- und parallel auf der Evolution von Gesellschaft durch funktionale Ausdifferenzierung
(siehe auch soziale Differenzierung). Daraus ergeben sich drei Stränge:1.) | Systemtheorie
als Gesellschaftstheorie, | 2.) | Theorie
der Interaktion (Kommunikation), | 3.) | Evolutionstheorie
(**), | die
sich durch sein gesamtes Werk ziehen.
|