| |
Der
Ball ist nicht rund, sondern antirassistisch (von Martin Wolfschlag) Noch
einmal zurück zur Fußball-EM. Eine bislang wohl beispiellose Politisierung
hat das sportliche Großereignis überschattet, und damit sind nicht
etwa die Fahrten mehrerer Mannschaften zu einstigen Konzentrationslagern gemeint.
Nein, Respect war auf der Bandenwerbung regelmäßig zu lesen.
Und zu den Halbfinalspielen wurde die Katze gänzlich aus dem Sack gelassen.
Große Transparente mit der Aufschrift Respect Diversity wurden
von Helfern hinter den Mannschaften hochgehalten. Nun umschreibt der Begriff
Vielfalt normalerweise eine ohnehin natürlich und real gegebene Banalität.
Wer sich aber mit dem von dem Soziologen Ulrich Beck früh mitentwickelten
Diversity-Konzept beschäftigt hat, weiß, daß Vielfalt
in diesem Kontext eine fortentwickelte Variante der multikulturellen Gesellschaft
bezeichnet. Diversity meint die Auflösung jeglicher überkommener
kollektiver Identität. Religionsgemeinschaften, Völkern, Kulturen, Nationen,
Geschlechterbildern wird der Kampf angesagt. Individuen sollen sich stattdessen
aus oberflächlich antizipierten Zeitgeist-Bausteinen eigene Identitäten
kreieren, wie Module, die man sich eine Zeitlang aneignen und dann auch wieder
wegwerfen kann. Alles ist Kultur, alles ist gleichberechtigt Für
den ortlosen, vielfältigen Neo-Menschen befinden sich demnach
ein Katholik, ein Muslim, ein Briefmarkensammler, ein Lederfetischist, ein Hip-Hopper
oder ein Kleintierzüchter auf der gleichen Ebene. Alles ist Kultur, alles
ist gleichberechtigt, alles ist an- und ablegbar, der Mensch ist endgültig
auf das Ich und dessen Launen reduziert. Dieser Radikal-Liberalismus
auf der Oberfläche, der in der Tiefenebene zum sozial lenkbaren sozialistischen
Einheitsmenschen führt, ist das Endziel des Antirassismus und
des Diversity-Konzepts. Insofern ist die nun allseits propagierte
Vielfalt in Wirklichkeit nur ein Etikettenschwindel, hinter der sich
ein ganz unvielfältiges Ansinnen verbirgt. Und so geht es auch bei
der Politisierung von Fußball mitnichten darum, daß sich einige Fanproleten
beleidigender Äußerungen gegenüber dunkelhäutigen Kickern
enthalten sollen. Vielmehr wurde das Unterhaltungsphänomen Fußball
als gute Basis dafür erkannt, politische Botschaften suggestiv an eine Massenbasis
transportieren zu können. Dabei lohnt allerdings ein Blick hinter die Kulissen.
Die vielfältigen Fußballkampagnen werden in der Regel von
einem ominösen Netzwerk umgesetzt: FARE Football Against Racism
in Europe. Der in der Selbstbeschreibung vorgeschobene Einsatz gegen
Diskriminierung im Bereich Fußball dürfte allein strategischer Natur
sein, da das Diversity-Prinzip viel weltumspannendere Ansprüche
vertritt. Und so verrät FARE, das auch mit dem Logo Fight for Equality
(Kämpfe für Gleichheit) wirbt, schnell, daß es um
viel mehr geht, etwa auch um die Meinungsäußerungen in Büros
und Klassenzimmern: Fußball ist die meistverbreitete Sportart
der Welt und gehört uns allen. Jeder hat das Recht, frei und ohne Angst Fußball
zu spielen, zu schauen und über ihn zu reden. FARE Football Against
Racism in Europe (Fußball gegen Rassismus in Europa) wird durch den
Fußball alle Arten von Diskriminierung im Fußball bekämpfen:
im Stadion, auf dem Platz, in der Umkleidekabine, auf dem Trainingsplatz, in Büros
und Klassenzimmern; durch Fans, Spieler, Manager, Trainer, Funktionäre oder
Erzieher. Europaweites Netzwerk Nach der eigenen Geschichtserzählung
von FARE seien es Fangruppen aus verschiedenen Regionen Europas gewesen,
die sich im Februar 1999 auf einer Konferenz in Wien getroffen hätten, an
der auch gleich Fußballverbände und Spielergewerkschaften teilgenommen
haben. Daraus sei das europaweit agierende FARE-Netzwerk entstanden, das sich
dem Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Fußball in ganz Europa
verschrieben hat. Der Aufstieg dieses ominösen Netzwerks
ist allerdings so rasant, daß der direkte Einfluß höchster Gremien
der politischen Eliten, primär der EU-Bürokratie, nicht überraschen
kann. Schon 1996 hätten demnach vier antirassistisch ausgerichtete
Fan-Projekte, von denen nur drei auf der FARE-Homepage genannt werden, Fördergelder
der Initiative Städte gegen Rassismus der EU-Kommission erhalten.
Die EU-Kommission förderte 1997 wiederum verschiedene Fußballprojekte
als Teil des Europäischen Jahrs gegen den Rassismus. Nach der
Gründung des FARE-Netzwerks und der Verabschiedung eines FARE Aktionsplans,
erfolgte 2000 gar der offizielle Start von FARE im Europäischen Parlament.
2001 erprobte FARE die erste Aktionswoche gegen Rassismus und Diskriminierung
im europäischen Fußball mit 50 Veranstaltungen in neun Ländern.
Im gleichen Jahr konnten dann bereits FARE-Vertreter vor der FIFA Konferenz gegen
Rassismus in Buenos Aires sprechen und erhielten von der UEFA einen Monaco-Wohltätigkeitsscheck
über eine Million Schweizer Franken. 2002 startete ein von der EU-Kommission
mitfinanziertes zweijähriges Antidiskriminierungsprojekt. Kurz
darauf wurde ein Zehn-Punkte-Aktionsplan erarbeitet, und FARE erhielt
einen Preis bei den MTV Europe Music Awards in Barcelona. 2005 absolvierte FARE
eine öffentliche Anhörung vor dem Europaparlament, was 20006 in die
Europäische Erklärung über die Bekämpfung des Rassismus
im Fußball mündete. Wer steckt dahinter? Durch
koordinierte Aktionen und gemeinsame Anstrengungen auf lokaler
und nationaler Ebene möchte FARE als Dachorganisation all diejenigen
zusammenbringen, die interessiert seien, Diskriminierung im Fußball
zu bekämpfen und sich in ganz Europa gegen Rassismus und Diskriminierung
einsetzen. Dieses Bündnisumfeld kann nun wahrlich sehr weit ausgelegt
werden. Jedenfalls habe das Netzwerk heute aktive Partner in mehr als 37
Ländern. Man arbeite auf allen Ebenen des Profi- und Amateurfußballs
nicht nur mit Fans und Verbänden, mit Medien, der UEFA und FIFA zusammen,
sondern auch Organisationen von Migranten und ethnischen Minderheiten.
Dabei diene FARE auch dazu, die Vernetzung zu fördern und sich mit
einer Reihe von Partnern über die Ländergrenzen hinweg über bewährte
Praktiken auszutauschen. Dennoch gäbe es nach wie vor Probleme
und rassistische Vorfälle, die Ausgrenzung von ethnischen Minderheiten und
Migranten sowie die Diskriminierung gehen weiter auf den Plätzen und
anderswo. Letztlich diene das FARE-Netzwerk diene dazu, konzertierte
Kampagnen für einen Wandel an die Öffentlichkeit zu bringen. Doch
wer diesen Wandel organisiert, bleibt nebulös. Die Bezahlung
dürfte zwar weitgehend geklärt sein. Letztlich unerwähnt aber bleibt,
welche Fangruppen denn auf welcher Konferenz FARE genau gegründet haben?
Welche Werbeagenturen die FARE-Kampagnen umsetzen? Und vor allem, welche Personen
konkret hinter FARE stehen? Die Webseite des Netzwerks gibt nur eine Postfachadresse
in London als Kontakt an.
Junge Freiheit vom 09. Juli 2012 | | |