| | Justiz: Der Rechtsanwalt Horst Mahler wehrt
sich gegen ein Berufsverbot (von Klaus Kunze)
Das Amtsgericht
Berlin-Tiergarten hat dem Rechtsanwalt Horst Mahler mit Beschluß vom 8.
April 2004 die Ausübung seines Berufs vorläufig verboten. Der Ermittlungsrichter
stützt das sofort wirksame Berufsverbot auf §§ 70 Strafgesetzbuch
(StGB), 132a Strafprozeßordnung (StPO). Danach kann es verhängt werden,
wenn jemand Straftaten unter Mißbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung
der Berufspflichten begangen hat, wie es etwa ein Arzt tut, der sich an einer
wehrlosen Patientin vergreift. Voraussetzung ist die Gefahr, daß der Täter
auch künftig in Ausübung des Berufs erhebliche Straftaten begehen wird. Mahler
und zwei Mitangeklagte müssen sich wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung
verantworten. Mahler hatte die NPD in dem inzwischen gescheiterten Verbotsverfahren
vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) gegen die Partei vertreten und ist in der
Vergangenheit mehrfach wegen Volksverhetzung angeklagt worden. Anlaß des
vorläufigen Berufsverbots für Mahler sind von der Staatsanwaltschaft
angeklagte Fälle angeblicher Volksverhetzung und Beschimpfung der Bundesrepublik
mit ihren Verfassungsgrundsätzen, begangen vor Gericht durch Mahler als Angeklagten. Gleichermaßen
an die Rolle des Strafverteidigers wie die des Angeklagten gewöhnt, hüpfte
dieser im Sperrgebiet der Staatsschutzdelikte zielstrebig von Mine zu Mine. Der
Weg zur Selbstherrlichkeit des Deutschen Reiches führe, dozierte er auf staunende
Schöffen herabblickend, über den Sturz der jüdischen Fremdherrschaft
mit der Entlarvung der "Auschwitzlüge". Unsere Feinde hätten
die Auschwitzlüge erfunden. Er ging davon aus, in der Vernichtung der Juden
walte Vernunft. Milliarden Menschen wären bereit, Hitler zu verzeihen, wenn
er nur den Judenmord begangen hätte. Wenn die Juden fortführen, als
"Knechte Satans die Welt zu zerstören, werden sie wie die Indianer und
die Australneger ausgerottet werden", und es seien die Juden selber, die
dieses Urteil mit der maßlosen Lüge von der Ausrottung durch das Deutsche
Reich vollzögen. Mit Blick auf das Gericht erklärte er nicht die
"fälschlich als Bundesgerichtshof bezeichnete Fremdherrschaftsagentur"
für die rechtliche Beurteilung maßgebend, sondern §§ 90 f
und 91 b des Reichsstrafgesetzbuchs von 1944. ("Wer im Inland oder als Deutscher
im Ausland es unternimmt, während eines Krieges gegen das Reich oder in Beziehung
auf einen drohenden Krieg der feindlichen Macht Vorschub zu leisten oder der Kriegsmacht
des Reiches oder eines Bundesgenossen einen Nachteil zuzufügen, wird mit
dem Tode oder mit lebenslangem Zuchthaus bestraft.") Die für diese Institution
(den BGH) tätigen Juristen seien Teilnehmer an einem Völkerrechtsverbrechen.
Die Gewalt- und Willkürherschaft trete im Gewande der Justiz auf. Das letzte
Wort werde das Reichsgericht sprechen, wenn das Deutsche Reich seine Handlungsfähigkeit
wiedererlangt haben werde. Solches hörte die Berliner Justiz ungern
und reagierte - schneller als justizüblich - mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft
auf sofortiges Berufsverbot und dem stattgebenden Beschluß des AG Tiergarten.
Es entschied, Mahler habe seine Position als Verteidiger bewußt und planmäßig
zu Straftaten ausgenutzt. Es sei zu fürchten, er nutze auch seine Stellung
als Organ der Rechtspflege für strafbare, volksverhetzende oder staatsfeindliche
Auftritte. Volkspädagogisch eifrig bleibt das Berufsverbot aber die entscheidende
Begründung schuldig, wieso Mahler in Ausübung seines Anwaltsberufs gehandelt
haben soll, rechtfertigte er doch nur als Angeklagter sein eigenes Handeln. Seine
Selbstverteidigung entsprach freilich dem der Majestätsbeleidigung Angeklagten,
der seinem Richter treuherzig bekennt, der als Rindvieh beleidigte Souverän
sei ja doch wirklich eins. Das Landgericht wird über Mahlers Beschwerde gegen
das sofort wirksame vorläufige Berufsverbot entscheiden, in der Mahler umfangreich
darlegt, der Volksverhetzungsparagraph sei kein legales Element unserer Rechtsordnung,
sondern Ausdruck deutschfeindlichen jüdischen Willens. Mahler reizte die
Justiz bis zur Weißglut. Erschwerend wertete der Ermittlungsrichter, daß
alle gerichtlichen Erklärungen im Internet greifbar seien. Die hier zitierten
Auslassungen stellen nur eine Blütenlese aus dem nachlesbaren Repertoire
des früheren RAF-Terroristen Mahler dar. Einen Einstieg in seinen bizarren
Gedankenkosmos bietet der Satz über den Judaismus: "Den geistigen Zusammenbruch
werden die Deutschen herbeiführen, indem sie die Idee des Nationalsozialismus
vom Jüdischen Schmäh reinigen und zur Idee der selbstbewußten
Volksgemeinschaft weiterentwickeln. Diese Weiterentwicklung ist zugleich die Überwindung
des Jahwistischen (= atheistischen) Moments des historischen Nationalsozialismus".
Der NS war also jüdischer Schmäh - darauf muß man erst einmal
kommen! Man glaubt bei solchen Worten im Gerichtssaal die Kinnladen der verblüfften
Schöffen und Juristen herunterfallen zu hören, nachdem sie sich doch
eben erst von der schönen Aussicht erholt hatten, dereinst vom Angeklagten,
künftigen Reichsrichter, nach § 90b Reichsstrafgesetzbuch zum Tode verurteilt
zu werden. Mahler hat sich von der Realität in einem Maße verabschiedet,
das den Ermittlungsrichter die Möglichkeit "altersbedingter Abbauprozesse"
bei dem 68jährigen in Erwägung ziehen ließ. Ob er überhaupt
noch schuldfähig sei, spiele aber im Zusammenhang mit dem vorläufigen
Berufsverbot keine Rolle. Geblendet würde der nüchterne Ermittlungsrichter
sich abwenden, hätte er Augen für die blitzenden mentalen Entladungen
eines Mannes, der seinen Verfolgern noch in der geistigen Gummizelle des Verschwörungswahns
an intellektueller Kraft und Sachkenntnis weit überlegen ist. Es ist die
Detailkenntnis dessen, der überall weiße Mäuse sieht, dem aber
profundes Wissen über diese Tierchen nicht abgesprochen werden kann und der
es rhetorisch glänzend anbringt. Klaus Kunze ist Rechtsanwalt in Uslar. Junge
Freiheit vom 30. April 2004 | | |