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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  http://www.Junge Freiheit.de/   2. Oktober 2009

 
Unter Tugendterroristen
Konkurrenz um die Deutungshoheit: Peter Sloterdijk kontert einen erneuten Versuch, ihn unschädlich zu machen
(von Thorsten Hinz)

Im Juli 2009 entbot Jürgen Habermas in der Zeit dem Direktor des Instituts für Sozialwissenschaften in Frankfurt am Main, Axel Honneth, einen überaus herzlichen Geburtstagsgruß zum Sechzigsten. Honneth ist ein Lieblingsjünger des Meisters, was nicht unwichtig ist, um den Schlagabtausch zwischen Honneth und Peter Sloterdijk zu verstehen, der jetzt in der Zeit und der Frankfurter Allgemeinen stattfindet.

Am 24. September warf Honneth dem Karlsruher Kollegen auf einer Doppelseite der Zeit vor, den deutschen Sozialstaat als „Kleptokratie“ zu diffamieren, in der Transferempfänger und moralisierende Linksintellektuelle die Leistungsträger schröpften. Zu den Linksintellektuellen zählt sich auch Honneth, der es nur richtig findet, wenn der rechtlichen Gleichstellung die soziale folgt. In Venezuela führt Präsident Chávez ja gerade eindrucksvoll vor, wie man das macht. Zum Schluß erregt er sich darüber, daß Sloterdijk seine Thesen in einer eigenen Fernsehsendung verbreiten darf und von Parteien zu Vorträgen geladen wird. Das tue der „demokratischen Kultur“ Abbruch.

Was das mit Habermas zu tun hat? Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren war an derselben Stelle ein Artikel des Zeit-Redakteurs und Habermas-Bewunderers Thomas Assheuer erschienen, der Sloterdijk in die Nähe faschistoider Untiefen rückte. Der Angriff blieb folgenlos, weil der versierte Medienprofi Sloterdijk sofort in die Gegenoffensive ging und Habermas als den Spiritus rector der Aktion ausmachte. Dieser habe „zwischen Hamburg und Jerusalem umhertelefoniert“, um gegen ihn zu mobilisieren – eine „sozialliberale Variante der Tugenddiktatur“. Nun setzt Honneth die Versuche fort, einen Konkurrenten um die Deutungshoheit unschädlich zu machen.

Sloterdijk hat in der FAZ vom 26. September belustigt reagiert. Er kanzelt Honneth als „glücklosen Philosophieprofessor“ ab, der „ziemlich boshaft und sehr leseschwach“ sowie von „Stagnation und Frustration“ gekennzeichnet sei. Wie immer man zu Sloterdijk steht – sein Hohn über das Tugendterror-Milieu wirkt wie Wasser in der Wüste.

Junge Freiheit vom 2. Oktober 2009


 

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