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- Sezession -

- Etiam si omnes, ego non -

Karlheinz Weißmann / Götz Kubitschek

- Über den notwendigen Verfall  -

(aus: Oswald Spengler [Sonderheft])

 

„Über den notwendigen Verfall“

„Hans-Joachim Schoeps hat ihn unter die ›Vorläufer Spenglers‹ gerechnet und Karl (Carl) Vollgraff damit aus der großen Zahl derjenigen Denker herausgehoben, die eine Verfallstheorie der Geschichte entwickelt haben. Über die Biographie Vollgraffs ist nur wenig bekannt. Er wurde 1792 in Schmalkalden geboren, nahm am Kampf gegen Napoleon als Freiwilliger teil und studierte Philosophie, Geschichte und Rechtswissenschaften an verschiedenen Universitäten, habilitierte sich in Marburg a.d.L. und erhielt dort 1832 eine Professur ›des Staatsrechts und der Politik‹. Verschiedene Berufungen hatte er schon ausgeschlagen, weil sie ihn gezwungen hätten, das heimatliche Kurhessen zu verlassen, und er scheint sich ganz bewußt in einer kleinstaatlichen Idylle eingerichtet zu haben, in die die großen Ereignisse – von denen und von deren Gefährlichkeit er sehr wohl wußte – nicht drangen. 1863 starb er in Marburg a.d.L.

Das Werk Vollgraffs ist weitgehend unbeachtet geblieben. Lediglich eine Kampfschrift gegen die liberalen Ideen Die Täuschungen des Repräsentativsystems von 1832 fand so viel Aufmerksamkeit, daß sie von den aufgebrachten Marburger Burschenschaften auf dem Marktplatz der Stadt verbrannt wurde. Ein immerhin zweitausend Seiten umfassendes Frühwerk Die Systeme der praktischen Politik im Abendland (1828) wurde nie abgeschlossen, sein dreibändiges Hauptwerk, das zwischen 1851 und 1855 erschien und an dem er nach eigenem Bekunden fünfundzwanzig Jahre lang gearbeitet hatte, wirkte schon auf die Zeitgenossen wie eine Spätgeburt des Vormärz und wurde veröffentlicht unter dem bizarren Titel Erster Versuch einer wissenschaftlichen Begründung sowohl der allgemeinen Ethnologie durch die Anthropologie wie auch der Staats- und Rechtsphilosophie durch die Ethnologie oder Nationalität der Völker in drei Teilen. Der Versuch brachte es auf immerhin siebentausend Seiten, war aber ebenso ungefüg wie der Titel und praktisch unverkäuflich.

Erst bei einer Untersuchung der Abhängigkeit Jacob Burckhardts von bestimmten Ideen des Philosophen Ernst von Lasaulx ist Schoeps darauf gestoßen, daß dieser wiederum durch Gedanken Vollgraffs wesentlich beeinflußt worden war. Zu denen gehörte vor allem ein ›Organismus‹- Begriff im Sinne der Spätromantik, der es ermöglichte, den natürlichen Prozessen analoge Vorgänge in der Geschichte zu beobachten. Auf entsprechende Vorstellungen waren auch schon frühere Autoren gekommen, aber keiner hatte versucht, diese Idee so konsequent anzuwenden wie Vollgraff. Nach dessen Ansicht war die Menschheit insgesamt in einem seit 6000 Jahren andauernden Prozeß der Kultivierung begriffen und stand damit am Ende ihrer Entwicklungsmöglichkeiten; auch die erst neu hinzugetretenen Völker hatten längst den Höhepunkt überschritten und gingen in Verfall über. Vollgraff hat sich vor allem dieser Dekadenz mit großer Akribie und unbestechlichem Blick zugewandt und auf diese Weise viel vorweggenommen, was heute noch am Werk Spenglers fasziniert. Dieser hat Vollgraff aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gekannt, ist aber von ihm – vermittelt durch Lasaulx, Burckhardt und Nietzsche – beeinflußt worden.

»IV. Von dem moralischen und sprachlichen Verfall und successiven Absterben des ganzen Menschen-Reichs von oben nach unten und den Erscheinungen oder der Art und Weise des Eintrittes desselben im Allgemeinen. §. 483. Gleich wie jedes einzelne Menschen-Individuum seine vier Lebens-Alter und Abschnitte hat und, wenn diese abgelaufen sind, das Greisen-Alter oder sein allmäliges Absterben unabwendbar eintritt, so ist dies auch mit den Familien und dann ganzen Nationen der Fall. Auch sie haben ihr Kindes-, Knaben-, Jünglings-, Mannes- und Greisen- Alter und sind dem Absterben eben so naturnothwendig unterworfen wie die Individuen, denn auch sie sind ja nichts anders als grosse National-Individuena), nur mit dem wesentlichen Unterschiede, daß Nationen nicht auch psychisch wie die Individuen dahin sterben (es geschehe denn durch Krieg, Hunger, Pest etc.), sondern bei ihnen der Tod immer nur ein moralischer und sprachlicher ist. Sollte freilich einst unser Planet selbst zu Grunde gehen oder sich so umgestalten, daß weder Pflanzen noch Tiere ferner, darauf leben könnten, so müsste auch das Menschen-Reich mit ihm physisch vernichtet werden.

Sind nun aber, sonach ganze Nationen dem moralischen und sprachlichen Ab- und Aussterben oder Todte unterworfen, so sterben auch nothwendig mit ihnen ganze Ordnungen, Classen und Stufen auf diese Weise aus und ab und ist dies der Fall, so folgt daraus unabweislich, daß zuletzt auch das ganze Menschen-Reich so ab- und aussterben müsse und werde. Es handelt sich daher hier, zum Beschluss, blos noch darum (1) die Erscheinungen und Kriterien dieses Absterbens im Allgemeinen in Beziehung auf Cultur und Sprache bemerklich zu machen und dann (2) anzugeben, wie weit herab bis jetzt das Menschen-Reich wirklich schon abgestorben oder moralisch todt ist. Beides jedoch blos noch einmal in Beziehung auf Cultur und Sprache. Von den Kriterien des Verfalles hinsichtlich der Civilisation kann erst im nächsten und letzten Theile geredet werden. (Vgl. Ernst Lasaulx, Neuer Versuch einer alten, auf die Wahrheit der Tatsachen gegründeten Philosoühioe der Geschichte).

a) Jedes Volk trägt auch, wie jedes Individuum, in seiner Kindheit schon alle Keime und Anlagen für das in sich, wozu es die Natur bestimmte, aber erst in seinem Jünglings- und Mannes-Alter giebt es sich in seiner ganzen Charakter- und Geisteseigenthümlichkeit kund, und legt darin die Rohheiten ab, die ihm in seinem kindischen und Knabenalter noch anklebten. Und darin besteht denn auch, wie schon oben gesagt, der relalive Perfectibilitäts-Cursus eines jeden einzelnen Volkes. ›Jedes Volk muss aus sich selbst emporwachsen. In der Ausbildung seiner Grundelemente liegt seine Zukunft‹. Wiener Jahrb. Bd. 59. A. B. S.39. Aber auch ein Volk als solches kann man eben so wenig vor seinem endlichen Verfall schützen, wie verhindern, daß es jährlich ein Jahr älter wird oder daß ein Mensch zuletzt ein Greis wird. Daher ist auch der Verfall der Völker im Allgemeinen nichts Verschuldetes, weil er etwas naturnothwendiges ist, wohl aber kann er, wie das individuelle Siechthum, durch äussere Umstände beschleunigt, vorzeitig herbeigeführt und umgekehrt durch strenge politisch-diätetische Maassregeln einige Zeit hinausgehalten werden. ›Auch bei einer und derselben Nation darf und kann nicht das Maximum ihrer Muse ewig dauern, denn es ist nur ein Punct in der Linie der Zeit. Unablässig rückt dieser weiter und von je mehrern Umständen die schöne Wirkung abhieng, desto mehr ist sie dem Hingange und der Vergänglichkeit unterworfen. Eben bei dem regsamsten Volke geht es oft in der schnellsten Abnahme vom siedenden bis zum Gefrierpunct herunter.‹ Herder I. c. II. S. 243. (Vgl. Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen).

›Alles ist vergänglich und vorübergehend in der Geschichte. Die Ursache dieser Vergänglichkeit aller irdischen Dinge liegt in ihrem Wesen, in dem ganzen Gesetz, das unsere Natur bildet. Auch wir unterliegen den Gesetzen des Kreislaufes, die keine anderen sind, als ein Entstehen, Seyn und Verschwinden‹. Derselbe daselbst S. 216.

›Alles was sein Höchstes erreicht hat, steht am Ende seiner Entwikkelung‹. Oken, Natur-Philosophie Nr. 1766.

Das Leben wickelt sich nun eben so wieder ab, wie es sich aufwikkelte. Ist der Culminationspunct einmal erreicht, so geht unfehlbar die Rückkehr an.

›Der Machtglanz, den ein Volk als die Mittagshöhe seines Glücks begrüsste, ist gemeiniglich der letzte Strahl seines sterbenden Ruhms‹. Malcolm, Geschichte von Persien, S. 149.

Die Etrusker wiesen jeder Nation ein bestimmtes Lebensalter zu und bestimmten ihr eigenes in zehn Saecula.

Die sybillinischen Bücher sprachen von einer apokatastasis, wonach eine bestimmte Anzahl von Weltaltern immer zum Schlechtern absteigend einander folgte, jedoch so, daß nach Ablauf des letzten und schlechtesten die Ordnung wieder von vorne beginne und Apollo die Herrschaft wieder übernehme.

Besonders wussten dies auch die Braminen , wie wir schon oben zeigten und folgende Stelle aus Manu II. 2. beweisst : ›Im ersten und zweiten Alter waren die Menschen mit wahrer Frömmigkeit und einem tiefen Wissen begabt; auch im dritten Alter war dem noch so; aber im vierten verminderte der Schöpfer ihre geistigen und moralischen Kräfte. ….‹

›Jedes Volk hatte ein Kindes- und Jünglingsalter; darauf folgte ein Zustand vollendeter Aeusserung seiner Kräfte und dieser ging endlich in einen Zustand der Abnahme über.‹ Schulze, Psychologie, S. 571.

›Ce n’est pas le peuple naissant qui dégénère; il ne se perd que lorsque les hommes faits sont déjà corrompus‹. Montesquieu de l’esprit des lois IV, 5.

›Die Gattungen nehmen ein Ende, also nimmt auch die Gattung Mensch ein Ende. Sie nehmen ein Ende, nachdem sie die in ihrem Kreise möglichen Entwickelungen durchlaufen haben‹. Charles Nodier. Der Recensent von Stuhrs allgemeiner Geschichte der Religionsformen sagt in der Hall. L. Ztg.1840. Nr.161: ›Nach der Tradition ist die Geschichte der Menschheit nicht sowohl ein Fortschritt als vielmehr ein fortwährender Rückschritt.‹

Nur einzelne Völker haben eine der Aufzeichnung werthe Biographie oder Specialgeschichte, die aber nichts anderes zu erzählen hat, als was dieses Volk war, worin sein concretes Lebensziel bestand und wie es dasselbe erreicht hat, nicht in dem was es nach des Geschichtsschreibers individueller Ansicht hätte erstreben sollen. Im Ganzen genommen tragen nur die Völker der dritten und vierten Stufe ein Lebensziel, dessen Erstrebung einer geschichtlichen Darstellung werth ist. Wilde und Nomaden haben daher noch keine Geschichte, die Eroberer-Nomaden höchstens ausgenommen. Jedes Geschichtswerk soll in vier Hauptabtheilungen oder in die vier Lebensalter zerfallen, wenn es eine lebendige Uebersicht geben soll. Das Greisenalter bedarf keiner weiteren Schilderung.

Nur sehr wenige Völker, ja vielleicht keines, vermögen aber ihre wirkliche Geschichtsschreibung oder ihre Annalen mit ihrem Kindesalter zu beginnen. Es sind höchstens dunkle Sagen und Erinnerungen, die ihnen davon geblieben sind, denn ›so wenig ein Mensch die Annalen seiner Geburt und seiner Kindheit weiss, so wenig wissen es die Völker‹. Herder 1. c. II, 267. Die Geschichte eines jeden Volkes, das eine solche hat, soll im Charakter und Style seines concreten Nationalgefühls aufgefasst und geschrieben werden.

Die Jahrzahlen in einem Geschichtswerk sind für den Schreiber und Leser nur die Handgriffe und Henkel, um die Begebenheiten festzuhalten. Mit dem moralischen Absterben der Völker weicht Tugend, Wahrheitsliebe, Kunstsinn, Religiosität und Sprache, kurz das Göttliche und Humane aus ihnen und es bleibt blos noch der psychische Selbsterhaltungstrieb als Selbstsucht und der Verstand übrig, dem eine immer schlechter werdende Sprache zur Seite geht: So wenig wie ein Individuum durch Speise und Trank gegen das Alter und den Tod geschützt ist, so wenig auch eine Nation dadurch, daß jährlich ebenso viel Kinder geboren werden, als Erwachsene sterben. Diese Kinder verjüngen eine Nation nicht um ebenso viel, wie sie durch die Absterbenden verliert, weil es sich hier nicht um den numerischen Fortbestand einer Nation, sondern um den moralischen handelt. Der psychische und moralische Verfall der Erwachsenen pflanzt sich nicht blos durch die Zeugung auf die Kinder fort, sondern auch und hauptsächlich durch das schlechte Beispiel der Eltern oder die Erziehung. ….

1) Allgemeine Kriterien des natürlichen Greisen-Alters, Verfalles oder Absterbens der Nationen, insoweit sie sich an der Cultur und Sprache kund geben. §. 484.

Das Absterben oder Verfallen der Nationen als solchen besteht also in nichts anderem, als in dem Sinken, Verfallen und Entarten dessen, wodurch der Mensch eben allererst Mensch ist und über den Tieren steht, nämlich in dem Entschwinden, Sinken und Verfallen der Humanitäts-Gefühle und der Sprache, als Folge der erschlaffenden psychischen Lebens-Energie, wodurch sich der sittliche Selbsterhaltungstrieb in unsittliche Selbstsucht umwandelt, so daß solche gealterte und verfallene Nationen nur noch durch die physisch-psychische Selbstsucht der Einzelnen fortdauern, vegetiren, alles moralische, philosophische, schönkünstlerische, religiöse und sprachliche Aufnehmungs- und Productions-Vermögen aber erstorben ist, was denn auch, um es schon hier zu sagen und anzudeuten, in politischer Hinsicht die Folge hat, daß aller sittliche Patriotismus aus den Einzelnen entweicht und nur noch eine zuchtpolizeiliche Regierung im Stande ist, diese blos noch egoistischen Aggregate zusammen zu halten und zu bändigen; denn, gleichwie der physische Tod eines Individui nichts anderes ist, als ein Auflösen und Zerfallen des seither psychisch belebten Körpers in seine Ur-Bestandtheile, so besteht der moralisch-politische Tod eines Volkes oder der einzelnen Staaten, die es seither bildete auch in der Auflösung und dem Auseinanderfallen des bisherigen gegliederten moralischen, sowohl ethnischen wie bürgerlichen und politischen Organismusses derselben in lauter vereinzelte egoistische Individuen, wo jeder nur noch seinem Privat-Vortheile nachjagd, um die Erhaltung des Ganzen sich aber nicht mehr kümmert. – Zwar ist es entsetzlich, aber dennoch wahr und durch die Geschichte belegt, daß, wie es kein Mittel gegen den physischen Tod aus Alters-Schwäche giebt, so auch keines zur Wieder-Verjüngung und moralisch-politischen Restauration eines nun einmal und wirklich moralisch-politisch abgestorbenen Volkes.

a) Mit dem Verfalle der Völker ist es blos noch der Verstand, der das sittliche Gefühl ersetzen soll; als Rationalismus tritt er an die Stelle der Glaubensreligion, als Kunstcritik an die Stelle künstlerischer Productivität, als critische unproductive Philosophie an die Steile unmittelbar erkennender und anschauender Philosophie und als blose Lebensklugheit an die Stelle sittlicher Handlungsweise. Aber auch auf der anderen Seite fehlt fortan die Kraft zum Bösen und das meiste sogenannte Böse oder Schlechte, was jetzt noch geschieht, ist blos ein Product des starren individuellen Egoismus, des Mangels an allem Gemeinsinn. .... Uebrigens gedenkt auch schon Plato dieses Verfalles der Völker in seinem Buche vom Staate gelegentlich, wenn er sagt: ›Auch die Völker würden nach und nach so schlecht, daß sie durch keine Erziehung mehr gebessert werden könnten‹ und Goethe sagte: ›Es ist immer ein Zeichen einer unproductiven Zeit, wenn sie so ins Kleinliche des Technischen geht und eben so ist es ein Zeichen eines unproductiven Individuums, wenn es sich mit dergleichen befasst.‹ Bereits Theil I: §. 95. haben wir zu zeigen versucht, daß der sogenannte Sündenfall oder Abfall, nämlich die Erkenntniss des Guten und Bösen, und der Verfall nicht identisch seyen, sondern zwei verschiedenen Lebens-Altern angehören und beide keine freien Willens-Acte, sondern unfreie Natur-Krisen im Menschenleben seyen. Wir verstehen die tiefsinnige Bildersprache der Genesis über den sogenannten Sündenfall nur mittelst aufmerksamen Studiums des Menschen. Der religiöse wahre Glaube ist eine Sache der Unschuld und mit ihr hört auch seine Allmacht auf (s. auch Montesquieu XXVI, 2).

So sagten wir auch schon, daß der Charakter des Verfalles eben in der Charakterlosigkeit bestehe, d.h. die nationalen Tugenden sterben ab und müssen nun als Gebote gelehrt und gepredigt werden, die Götter scheiden von den Menschen, weil diese des Gefühls ihres Zusammenhanges mit ihnen verlustig gehen und damit ist der Zweifel gegeben.

Zuletzt geniesst denn auch die Selbstsucht nicht mehr, sondern verschlingt blos noch, ohne des Genusses froh zu werden. Sie jagd ihm nach ohne ihn erreichen zu können, sie ist sich selbst die Hölle oder was die Modernen den Weltschmerz nennen, der aber nichts Neues ist, wenigstens hat ihn schon Tacitus gekannt und die Braminen haben ihn schon vor Jahrtausenden empfunden.

Diese Selbstsucht, insoweit sie blose Genusssucht ist, weiss sich daher auch ihre eigene Philosophie zurecht zu machen, die wir unter dem Namen des Epikurismus kennen.

Alles was Menschen schaffen, ist, was es ist, durch die Seele und den Geist des Menschen, einerlei ob es sich um einen blühenden Ackerbau oder einen blühenden Credit handelt.

Sinkt der Mensch, in psychischer und moralischer Hinsicht, so sinkt auch alle und jede Production, die der Kartoffeln so gut wie die der höheren geistigen Kräfte. Die Materie ist für sich nichts, leblos und todt und nur der Gebrauch, den der Mensch von ihr macht, giebt ihr einen Werth. Mit dem Verfalle kann man, noch einmal sagen, verlassen die Götter (der göttliche Geist) die Menschen und die Menschen ihre Götter, d.h. sie verlieren die Fähigkeit, den göttlichen Geist in sich aufzunehmen. Mit dem Verluste des Glaubens an ein Göttliches geht aber auch jeder andere Glaube gegen die Mit-Menschen verloren, ein allgemeines Mistrauen führt zu den wahnsinnigsten Vorstellungen von Zufall, Schicksal, faits accomplis. Aller religiös-moralisch-politische Zusammenhang und Halt lösst sich auf in einzelne Atome oder Individuen und dies ist das was wir die moralischpolitische Fäulniss oder den allmäligen Tod nennen, der sich sowohl in der Cultur wie in der Civilisation ausspricht.

Von nun an ist diese Fäulniss die moralische Quelle aller Revolutionen und Empörungen, gegen die eigenen Regierungen, der Unfähigkeit dieser, sie zu bewältigen, denn keiner traut mehr dem andern; genug, es waltet eine allgemeine Gemüths-Krankheit, die nur nicht ganz wie Wahnsinn aussieht. Die vergiftete Phantasie verdorbner Seelen erfindet die tollsten Chimären. Mit einem Worte, die Menschen sind metaphysisch krank nach allen vier Richtungen. Ein psychisches Fieber peinigt die Menschen und erhält sie in einer fortwährenden Aufregung. Dieser allgemeine Wahnsinn oder dieses Fieber hat jedoch seine periodischen Intervalle, sie ruhen einige Zeit und brechen dann als eigentliche Revolutionen aus, bis zuletzt ein Krieg Aller gegen Alle entsteht und mit dem Socialismus und Communismus das Ganze sich selbst völlig zerstört und auflöst. Die Moral ist so tief gesunken, daß man sich der Lüge gar nicht mehr als solcher bewusst ist.« (Karl F. Vollgraff).“ (Ebd., Mai 2005, S. 8-12).

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