In
manchen Staaten hat es der Parlamentarismus schon dahin gebracht, daß sich
alle öffentlichen Angelegenheiten in Beute- und Kompromißobjekte von
Parteien und Gefolgschaften verwandeln und die Politik, weit davon entfernt, die
Angelegenheit einer Elite zu sein, zu dem ziemlich verachteten Geschäft einer
ziemlich verachteten Klasse von Menschen geworden ist.Carl
Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus,
1923, S. 8 |
Die Parteien treten heute nicht
mehr als diskutierende Meinungen, sondern als soziale oder wirtschaftliche Machtgruppen
einander gegenüber, berechnen die beiderseitigen Interessen und Machtmöglichkeiten
und schließen auf dieser taktischen Grundlage Kompromisse und Koalitionen.
Die Massen werden durch einen Propaganda-Apparat gewonnen, dessen größte
Wirkungen auf einem Appell an nächstliegende Interessen und Leidenschaften
beruhen. Das Argument im eigentlichen Sinne, das für die echte Diskussion
charakteristisch ist, verschwindet.Carl
Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus,
1923, S. 11 |
Heute wirkt es wie eine Satire,
wenn man einen Satz von Bentham zitiert: »Im Parlament treffen sich die
Ideen, die Berührung der Ideen schlägt Funken und führt zur Evidenz.«Carl
Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus,
1923, S. 12 |
Der Begriff des Staates setzt
den Begriff des Politischen voraus. Staat ist der politische
Status eines Volkes.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 20 |
Die
spezifisch politische Unterscheidung, auf welche sich die politischen Handlungen
und Motive zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund
und Feind.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 22 |
In
einer überaus systematischen Weise umgeht oder ignoriert das liberale Denken
den Staat und die Politik und bewegt sich statt dessen in einer typischen, immer
wiederkehrenden Polarität von zwei heterogenen Sphären, nämlich
von Ethik und Wirtschaft. Das Mißtrauen gegen Staat und Politik erklärt
sich leicht aus den Prinzipien eines Systems, für welches der Einzelne terminus
a quo und terminus ad quom bleiben muß .... Der Staat
wird zur Gesellschaft, und zwar auf der einen, der ethisch-geistigen Seite,
zu einem ideologisch-humanitären Begriff der Menschheit; auf der anderen
zur ökonomisch-technischen Einheit eines einheitlichen Produktions-
und Verkehrs-Systems.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 41-42 |
Wenn
ein Volk die Mühen und Risiken der poltischen Existenz fürchtet, so
wird sich eben ein anderes Volk finden, daß ihm diese Mühen abnimmt,
indem es seinen Schutz gegen äußere Feinde und damit die
politische Herrschaft übernimt; der Schutzherr bestimmt dann den Feind, kraft
des ewigen Zusammenhanges von Schutz und Gehorsam.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 53 |
Sind
innerhalb eines Staates organisierte Parteien imstande, ihren Angehörigen
mehr Schutz zu gewähren als der Staat, so wird der Staat bestenfalls ein
Annex dieser Parteien, und der einzelne Staatsbürger weiß, wem er zu
gehorchen hat. Das kann eine »pluralistische Staatstheorie« rechtfertigen
.... In außenpolitischen und zwischenstaatlichen Beziehungen tritt die elementare
Richtigkeit dieses Schutz-Gehorsam-Axioms noch deutlicher zutage: das völkerrechtliche
Protektorat, der hegemonische Staatenbund oder Bundesstaat, Schutz- und Garantieverträge
mannigfacher Art finden darin ihre einfachste Formel.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 53 |
Es
wäre tölpelhaft zu glauben, ein wehrloses Volk habe nur noch Freunde,
und eine krapulose Berechnung, der Feind könnte vielleicht durch Widerstandslosigkeit
gerührt werden. Daß die Menschen durch einen Verzicht auf jede ästhetische
oder wirtschaftliche Produktivität die Welt z.B. in einen Zustand reiner
Moralität überführen könnten, wird niemand für möglich
halten; aber noch viel weniger könnte ein Volk durch den Verzicht auf jede
politische Entscheidung einen rein moralischen oder rein ökonomischen Zustand
der Menschheit herbeiführen.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 53 |
Dadurch,
daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder den Willen hat, sich in der Sphäre
des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es
verschwindet nur ein schwaches Volk.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 54 |
Wer
»Menschheit« sagt, will betrügen.Carl
Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1927, S. 55 |
Ich
glaube an den Katechon: er ist für mich die einzige Möglichkeit, als
Christ Geschichte zu verstehen und sinnvoll zu finden.Carl
Schmitt, Tagebucheintrag vom 19.12.1947, in: Glossarium, S. 63 |
Man
muß für jede Epoche der letzten 1948 Jahre den Katechon nennen können.
Der Platz war niemals unbesetzt, sonst wären wir nicht mehr vorhanden.Carl
Schmitt, Tagebucheintrag vom 19.12.1947, in: Glossarium, S. 63 |
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