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Feuer |
- Primäre Sprachkultur des Menschen -Feuer besitzt ambivalenten Charakter: es ist eine zerstörende und reinigende Größe zugleich und damit evolutionär wie revolutionär enorm entwicklungsfördernd. Der Kult des Feuers - der wärmenden, erhellenden und erhaltenden Kraft (bzw. Energie) - wurde auch später, z.B. mit dem häuslichen Herd-Feuer oder mit dem Stammes- und Staats-Feuer gepflegt. Feuerkulte haben auch den Zweck, den Lauf der Sonne magisch zu beeinflussen; die Sonnenwend-Feuer gehören in diesen Zusammenhang. Ohne den Feuergebrauch wäre der Mensch dem Affendasein verhaftet geblieben. Nicht zufällig entwickelte der Mensch diese Fähigkeit während der Eiszeit. Das Feuer ist - auf progressive und konservativ-traditionelle Weise - ein Übertragungsmittel, d.h. der Projektor oder Motor für Kommunikation und deshalb die erste wirkliche Sprachkultur des Menschen. Erst seit der Mensch das Feuer gebrauchte, gebrauchte er auch eine menschliche Sprache. Feuer ist die rein natürliche (kosmische) Sprache, die menschliche Sprache das rein kulturelle Feuer. Menschliche Sprache gehört natürlich-kulturell zur Sprache aller Lebewesen, rein kulturell jedoch ist sie nat(ion)al erworbene Sprache eines Volkes, und kulturell-natürlich ist sie Metasprache: Sprache-über-Sprache (Sprache höherer Ebene), mit der die Sprache (Objektsprache als Sprache niederer Ebene) beschrieben wird, z.B. auch als Sprachtheorie, im weiteren Sinne aber sogar überhaupt als Theorie (ursprüngliche Bedeutung: Gottesanschauung) oder Theologie, Philosophie, Mathematik, Weltanschauung u.ä..Altpaläolithikum bedeutet vornehmlich eine Geröllsteinkultur (pebble tools sowie chopper, chopping tool, Faustkeile) mit ersten Nebenprodukten (Kern-Abschläge bzw. faustkeilige Kerngeräte); weiterhin bedeutet es die Entwicklung primären Sprachkulturgutes, d.h. einer Grundausstattung alljeder menschlichen Kultur, die sich in dem ersten Feuergebrauch und damit der rein kulturellen (früh-) menschlichen Sprache, manifestierte. In weiterer Konsequenz mußte eine solche Primärsprachkultur zur Religion () führen. Religiöse Weltanschauungen setzen aber nicht nur eine rein kulturelle Sprache und eine typisch menschliche Sprachentwicklung voraus, sondern auch eine kulturell-natürliche Sprache als Metasprache. Deshalb erreichte die Sprachentwicklung die Stufe der Metasprache sehr wahrscheinlich mit dem Höhepunkt der Hominisierung, also noch im Altpaläolithikum:Der Frühmensch Homo erectus (der Aufgerichtete) lernte, das Feuer und die Sprache zu benutzen und wurde so zum Kultursymbolträger der Hominisierung. Auch das geschah nicht ohne die verschiedenen Arten der Distanzierung. (). Homo erectus war wohl der erste aus Afrika auswandernde Mensch und nutzte bereits das Feuer. Auch der sogenannte Pekingmensch zählt zur Art Homo erectus (Homo erectus pekinensis). Das steinzeitliche Kultur-Ursymbol () konnte erst durch den erfolgreichen und weltoffenen Homo erectus zu einem ersten Kultursymbol () erweitert werden. Durch den Feuergebrauch, der mit Sicherheit zum Sprachgebrauch führte, war Homo erectus der entscheidende Faktor in der sprachlichen Menschwerdung (Hominisierung). Dieser aufrechte Mensch war die bisher letzte, vielleicht sogar die einzige Menschenart, die 1,86 Mio. Jahre überlebte, denn Homo erectus lebte bis vor 40 000 Jahren. (). |
Ohne Eiszeit wären wir wohl auf den Bäumen geblieben. Und ohne Feuer? Ohne Wärme? Ohne Sprache? Schützend? |
Die Enkulturation erweiterte das Betätigungsfeld des Menschen über das bloße Überleben hinaus: mittels Sprache, Weltanschauung, Kunst und Wissenschaft schuf sich der Mensch eine geistige Welt, welche seine faktische überlagert. Durch Sprache, die eine 1. Entwicklungsstufe während der Hominisierungsperiode im Altpaläolithikum, dann eine (metasprachliche) 2. Entwicklungsstufe während der Sapientisierungsperiode im Mittel- und Jungpaläolithikum durchlief, und durch Schrift (seit ca. 6000 Jahren) wurde die erworbene Erfahrung unabhängig vom Individuum und der erfahrungserhaltenden Sippe. Der einzelne Mensch kann sich die technisch-kulturellen Errungenschaften der rund 500000 Generationen, von den subhumanen Waldbewohnern zu den aufrechtgehenden Steppenläufern aneignen. Viele dieser Erfahrungen wurden allerdings vergessen: |
Der Jetzt-Mensch hat nicht nur einen großen Wissensschatz gewonnen, er ist auch partiell an Naturerfahrung verarmt! |
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Indogermanen und Indogermanistik |
Viele Befunde sprechen für ein in Europa gelegenes Ursprungsland der indogermanischen Völker, und es gibt nicht zu unterschätzende Anzeichen dafür, daß Indogermanen kontinuierlich vom späten Jungpaläolithikum über das Mesolithikum bis ins Neolithikum in Europa gesiedelt haben. Danach begannen ihre Wanderungen und mit ihnen die Aufsplitterung des Indogermanischen in Einzeldialekte. Die Indogermanen, deren Sprache rekonstruiert werden kann (), besaßen offenbar kein Wort für Heimat, weshalb sie schon vor der Neolithischen Revolution existiert haben müssen - wahrscheinlich seit dem Jungpaläolithikum als nicht-seßhafte Hirten, die den Ort je nach Zustand der Weide wechselten. Im Indogermanischen findet man auch keine Wörter für Kupfer, Bronze und Eisen, weshalb sich die Indogermanen bereits vor dem Metallikum in Einzelvölker aufgelöst haben dürften - möglicherweise aber auch erst im nicht überall verbreiteten Kupfermetallikum.
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VERGLEICH ALS ANFANG ALLEN ERKENNENS |
Innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie differenzierte sich das Germanische durch eine Veränderung in den grammatischen Formen aus, z.B. durch die Festlegung der zuvor freien Wortbetonung auf die Anfangssilbe und durch die phonetischen Veränderungen im Konsonantensystem. Diese Germanische Lautverschiebung (auch: 1. Lautverschiebung) wird auch Grimmsches Gesetz genannt: Sie betrifft im wesentlichen die indogermanischen Verschlußlaute und 3 unabhängig voneinander ablaufende Vorgänge. Die stimmlosen Verschlußlaute p, t, k werden zu den stimmlosen Reibelauten f, th, ch und die stimmhaften Verschlußlaute b, d, g zu den stimmlosen Verschlußlauten p, t, k verschoben. Die aspirierten Verschlußlaute bh, dh, gh werden zu stimmhaften Reibelauten und bald darauf weiter zu den stimmhaften Verschlußlauten b, d, g verschoben. Die 1. Lautverschiebung muß beim intensiveren Sprachaustausch zwischen Germanen und Römern bereits abgeschlossen gewesen sein, weil kein lateinisches Lehnwort im Germanischen von ihr betroffen wurde: aus camera (lat.) wurde Kammer (dt.) und nicht *chamer. Vermutlich vollzog sich die 1. Lautverschiebung von Süden nach Norden vom 2. Jh. v. Chr. bis zum 5. / 6. Jh. n. Chr.; und mit dem Ende der Germanischen Wanderungen ging die germanische Sprachentwicklung in den entsprechenden Gebieten in Richtung Deutsch.
Aus dem Germanischen differenzierte sich das Althochdeutsche durch die Hochdeutsche Lautverschiebung bzw. 2. Lautverschiebung genannt wird, heraus; im Unterschied zu den bedingungslosen Vorgängen der 1. Lautverschiebung geschah dies jedoch positionsabhängig: die stimmlosen Verschlußlaute p, t, k werden im gesamten hochdeutschen Gebiet nach Vokalen zu stimmlosen Doppelaspiranten zz, ff, hh verschoben, die aber überwiegend wieder vereinfacht werden, z.B. wird aus (altsächs.) latan, skip, makon > (ahd.) lazzan, shif mahhon. Im Anlaut, im In und Auslaut nach Konsonant sowie in der Gemination (Konsonanten-Verdoppelung) werden p, t, k mit unterschiedkicher regionaler Ausbreitung nur bis zur Affrikata tz, pf, kh (=ch) verschoben: (altsächs.) herta, penning, korn > (ahd.) herza, pfenning, khorn. Die aus der 1. Lautverschiebung hervorgegengen stimmhaften Verschlußlaute b, d, g werden mit unterschiedlicher Reichweite oberdeutsch, insbesondere bairisch, zu p, t, k: (altsächs) beran, bindan, giban > (oberdt.) peran, pintan, këpan. Verschobene Formen sind auch in Namensüberlieferungen seit dem 5. bzw. 6. Jh. bezeugt (z.B. Attila > Etzel). Da sich die 2. Lautverschiebung bei Baiern, Langobarden und Alemannen am konsequentesten durchgesetzt hat und sich aber nach Norden bis zur Benrather Linie, der hochdeutsch-niederdeutschen Grenze, immer mehr abschwächte, kann der Süden als Ursprungszentrum gelten. (Vgl. AHD). | |||
Franz
Bopp selbst wurde leider darüber allmählich vergessen. Auch gehört
er zu jenen Männern, die weder zu Lebzeiten noch später einen Propagandisten
fanden. | |||
Franz Bopp ist zu
verdanken, daß man der Erforschung unserer Urahnen näher kam
und viele Forscher nach ihm vielleicht gar nicht oder später erst zu
Ruhm gekommen wären. Bopp fand die tote Muttersprache über
den Weg des historischen Vergleichens ihrer Tochtersprachen,
denn wenn Sprachen miteinander verwandt sind wie Geschwister, dann haben
sie auch eine Mutter: wenn aber die Grundsprache der Tochtersprachen Griechisch,
Germanisch, Keltisch, Italisch (u.a. Lateinisch, später: Romanisch),
Hethitisch, Illyrisch, Indisch (u.a Sanskrit, Vedisch, Hindi, Urdu, Bengali,
Maratki, Assamisch), Iranisch (u.a. Awestisch, Persisch, Kurdisch, Afghanisch),
Armenisch, Albanisch, Baltisch, Tocharisch, Slawisch u.a. nicht mehr existierte
und sich auf keinem Pergament, keiner noch so alten Urkunde, auf keinem
Grabstein, keiner Gedenktafel und anderen Relikten finden ließ, mußte
die Linguistik die tote Muttersprache, gleichsam künstlich
wie in einer Retorte, neu schaffen. Seit Bopps Zeiten, d.h. seit
der Romantik sind die
Linguisten dabei, das Indogermanische über diesen Weg zu rekonstruieren.
So wie die Archäologen seit Johann Joachim Winckelmann
(1717-1768), d.h. seit Begründung der klassischen Archäologie
und dem frühesten Beginn des Klassizismus,
sich Schicht für Schicht in die Vergangenheit hinabgraben, so graben
sich auch die Sprachwissenschaftler zurück zu den Ursprüngen bzw.
zu den ältesten Wortformen und den kleinsten bedeutungsunterscheidenden
Lautformen, den Phonemen. Über die Lautgesetze fanden sie ihr
Troja, ihr Mykenae, ihr Knossos.
Die Wissenschaft von der geschichtlichen Entwicklung der deutschen Sprache und Literatur nennt man Germanistik - meist im gleichen Sinne wie deutsche Philologie, gelegentlich auch wie germanistische Philologie gebraucht, oft auch die germanistische Altertumskunde selbst umfassend. Die Germanistik hat natürlich selbst auch eine Geschichte: Ansätze zu einer Germanistik brachte schon der Humanismus hervor - aus Interesse an frühmittelalterlichen Textzeugnissen und Sprachformen, auch für die Grammatik der deutschen Sprache -, aber es waren insbesondere die deutschen Sprachgesellschaften, die die Sprachkunde und Textforschung förderten. (Althochdeutsche Textausgaben). Bedeutend hierfür war v.a. der Grammatiker und Schriftsteleller J. Georg Schottel (1612-1676) aus Einbeck mit seiner Ausführlichen Arbeit von der Teutschen Haubtsprache (1663). Er untersuchte die Etymologie der deutschen Wörter, bekämpfte das Fremdwörterunwesen und plante zur Festigung und Reinerhaltung der deutschen Sprache eine normative Grammatik und ein allgemeines Wörterbuch. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts richtete sich das Augenmerk von der Frühzeit auf die Literatur des Hochmittelalters, deren Geschichte ebenfalls zu interessieren begann (J. G. Herder). Um Grammatik und Wortschatz bemühten sich F. G. Fulda und J. C. Adelung (1732-1806). Die Romantik griff v.a. die Ansätze Herders auf, aber auch andere Grundlagen, z.B. die W. von Humboldts. Die literarischen Zeugnisse des Mittelalters wurden als Zeugnisse des Wirkens eines Volksgeistes gesammelt (A. von Arnim und C. Brentano), übersetzt (Tieck), aufbereitet (A. W. und F. Schlegel, F. Bouterwek, L. Uhland). editiert (F. H. von der Hagen). Ihr geistiges und methodisches Fundament erhielten diese Versuche jedoch erst durch die Forscherpersönlichkeiten J. und W. Grimm und K. Lachmann, an deren Ruhm Franz Bopp nicht ganz unschuldig war. Ein Markstein in der germanischen Sprachwissenschaft ist die Deutsche Grammatik (1819) von Jacob Grimm, in der er durch die Entdeckung der Ablautgesetze die deutsche Sprache in gesetzesmäßige Verbindung mit der germanischen und indogermanischen Sprachentwicklung brachte, ebenso die Konzeption für die Geschichte der deutschen Sprache (1847 ff.) bzw. das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm (1854 ff.). Als Wilhelm Grimm 1847 seinen Plan zu einem deutschen Wörterbuch vortrug, war das also nicht die Geburtsstunde der Germanistik, aber einer ihrer Höhepunkte. Wilhelm und Jacob Grimm hatten 1847 - ein Jahr vor der Revolution - eine Arbeit aufgenommen, die erst 1960 abgeschlossen werden sollte. (Vgl. Spät-NHD). Denn in dem Maße, in dem die gründliche und geduldige Bestandsaufnahme der deutschen Wörter geleistet wurde, wuchs die Masse der Sprache selbst. Die erbrachten Grundlagen wichen immer präziseren Methoden. |
Also erforschte man die Vorfahren, und daß die Vorfahren der Deutschen eben jene Germanen gewesen seien, von denen die antiken Autoren berichtet hatten, blieb bis weit ins 19. Jh. eine von niemandem angezweifelte Tatsache. Diese Entwicklung setzte sich im Historismus fort und erfuhr erst ab 1917/18 eine Krise, in der Bewegungen veschiedener Neuorientierungen entstanden, aber eben auch sie bekämpfende Gegenbewegungen. (). Diese Krise wurde eigentlich erst seit etwa 1960 beigelegt, als die Arbeit am Deutschen Wörterbuch, die die Brüder Grimm 113 Jahre vorher begonnen hatten, abgeschlossen werden konnte. Selbst wenn wir etwas anderes anstrebten, sind wir durch den heutigen Globalismus mehr denn je dazu veranlaßt, neben den historischen auch viele andere Methoden zu berücksichtigen, um den wahren Aussagen oder den Aussagen als Waren näher kommen zu können. (Vgl. Cäsaren-Mediokratie; ). Die Historisch-Vergleichende Sprachwissenschaft, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bzw. seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts Disziplin oder Forschungsrichtung innerhalb der Sprachwissenschaft, beschäftigt sich seitdem mit der Rekonstruktion von Einzelsprachen, indem sie Ursprung, Entwicklungsgeschichte und Verwandtschaftsbeziehungen von Einzelsprachen mit der Methode des Vergleichs untersucht. Komparative Methode bedeutet, daß durch den Vergleich bestimmter Phänomene in mehreren verwandten (oder als verwandt vermuteten) Sprachen Formen früherer Sprachzustände aufgedeckt oder auch ausgeschlossen werden können und eine gemeinsame Ursprache rekonstruiert oder auch ausgeschlossen werden kann. Neben der materialbezogenen Historisch-Vergleichenden Sprachwissenschaft, die besonders durch die Entdeckung der Verwandtschaft des Sanskrit mit den indogermanischen Sprachen ausgelöst und begründet wurde und Methoden zum Nachweis sprachgenetischer Verwandtschaft ausarbeitete, erzielte auch die allgemeine Sprachwissenschaft, besonders seit Wilhelm von Humboldt (1767-1835), größte Wirkung. Gerade Humboldts Unterscheidung von Energeia (Sprache als Tätigkeit oder wirkende Kraft) und Ergon (Sprache als Produkt einer abgeschlossenen Tätigkeit oder statisches Werk) sowie von äußereren und innereren Sprachformen überhaupt und seine These von der Verknüpfung der Sprache mit Kultur, Mentalität und Weltsicht eines Volkes (Hypothese von der sprachlich vermittelten Welt[an]sicht), wurden später von vielen Sprachwissenschaftlern übernommen, wirkten sich in unterschiedliche Weise auf spätere Sprachtheorien aus.
Durch die sogenannten Junggrammatiker (auch: Leipziger Schule)
wurde die historische Betrachtung von Sprache zum primären, fast ausschließlichen
Untersuchungsziel sprachwissenschaftlicher Forschung. Die Junggrammatiker waren
eine in den 1870er Jahren in Leipzig entstandene Gruppe von Sprachwissenschaftlern,
deren positivistische Sprachauffassung sich gegen die metaphysischen und biologistischen
Sprachauffassungen der vorausgehenden Phase ()
richtete. Vertreter dieser Richtung waren vielen z.B. Berthold Delbrück
(1842-1922), Karl Verner
(1846-1896), Karl Brugmann
(1849-1919) und viele andere. Als Beginn der junggrammatischen Schulke gelten
die Erscheinungsdaten von Verners Erklärungen scheinbarer Ausnahmen der ersten
Lautverschiebung (1877: Vernersches
Gesetz). Die Arbeiten der Junggrammatiker lassen sich (soweit sie die
allgemeine Sprachwissenschaft betreffen) durch folgende Aspekte charakterisieren:
(1) Untersuchungsgegenstand des Sprachwissenschaftlers
ist nicht das Sprachsystem, sondern die im einzelnen Individuum lokalisierte und
somit unmittelbar beobachtbare Sprache (vgl. Idiolekt), die als eine
sowohl psychische als auch physische Tätigkeit angesehen wird. (2)
Autonomie der Lautebene: Gemäß dem Postulat der Beobachtbarkeit des
Materials (anstelle von Abstraktionen) gilt die Lautebene als wichtigste Beschreibungsebene,
wobei zugleich eine absolute Autonomie der Lautebene gegenüber Semantik und
Syntax angenommen wird. (3) Historismus;
Hauptziel sprachwissenschaftlicher Untersuchung ist die Beschreibung des geschichtlichen
Wandels der Sprache. Dieses fast ausschließliche Interesse an der diachronischen
Entwicklung von Sprache dokumentiert sich in der großen Zahl von historisch
vergleichenden Kompendien, die sich durch Faktenfülle ebenso auszeichnen
wie durch die Exaktheit ihrer Rekonstruktionsmethoden. (4)
Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze: Dieses am Vorbild der Naturwissenschaften orientierte,
vielfach umstrittene Postulat gründet sich nicht auf empirische Befunde,
sondern ist ein wissenschaftstheoretisches Apriori, das die Gleichartigkeit geisteswissenschaftlicher
und naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden sichern soll. (5)
Analogie: Wo diese Prämisse der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze scheinbar
versagt, wird Analogie als Erklärungshilfe angesetzt; d.h. Ausnahmen werden
als (reguläre) Anpassung an verwandte Formen verstanden. Methoden und Ziele der junggrammatischen Sprachbetrachtung sind - trotz ihres starken Nachwirkens - kritisiert worden; diese Kritik richtete sich vor allem gegen folgende Punkte: die Reduktion des Untersuchungsgegenstandes auf Idiolekte; die Beschränkung auf Beschreibung von Oberflächenphänomenen (Lautebene); die Vernachlässigung der gegenwärtigen Sprache bzw. die Überbewertung der historischen Sprache (vgl. auch: Historismus-Kritik); die Beschreibung atomistischer Einzelvorgänge statt systemhafter Zusammenhänge.
Der Strukturalismus entstand als Reaktion gegen die von den Junggrammatikern
vertretene positivistisch-atomistische sprachwissenschaftliche Betrachtung
in Bezug auf Ferdinand de Saussure
(1857-1913) und seinem postum veröffentlichten Cours de linquistique
générale (1916). Saussure war ab 1896 in Genf Professor
für vergleichende und historische indogermanische Sprachwissenschaft
(inklusive Sanskrit). Seine Genfer Vorlesungen führten die neue Ära der Sprachwissenschaft ein, und zwar an dem Tag, als er zeigte, daß
sich die Vorgänge der Sprache nicht nur auf deren Geschichte - auf
die Diachronie - zurückführen lassen, daß also z.B. die
Geschichte eines Wortes nicht immer auch etwas über seine heutige
Bedeutung aussagt. Der Grund dafür sei, daß es über die
Geschichte hinaus das System (Saussure nannte es nicht Struktur)
gebe und daß ein solches System im wesentlichen aus Gleichgewichtsgesetzem
bestehe, die auf seine Elemente zurückwirken und zu jeder Zeit der
Geschichte von der Synchronie abhängen. Weil nämlich die Grundbeziehung
in der Sprache eine Entsprechung zwischen dem Zeichen und dem Sinn sei,
bilde die Gesamtheit der Bedeutungen ganz natürlich ein System auf
der Grundlage von Unterscheidungen und Gegensätzen (denn diese Bedeutungen
bedingen einander) und ein synchrones System (denn diese Beziehungen sind interdependent). Saussure definierte den Gegenstandsbereich der Linguistik
also mittels Gegensatzpaaren (Dichotomien): Sprache soll nicht mehr als
Ergebnis historischer (diachroner) Entwicklung gesehen werden,
sondern als Zusammenwirken gleichzeitiger (synchroner) Einheiten.
Daß dieser der Historismus-Kritik
entsprungenene Strukturalismus grundsätzlich
synchronisch ist, also im Gegensatz zum diachronischen Standpunkt (vgl.
Historisch-Vergleichende Grammatik: Bopp
und Anhänger, vor allem aber die Junggrammatiker
und Anhänger) und auch zur später dominant werdenden Transformationsgrammatik
der Nativisten (Chomsky
und Anhänger) steht, hängt mit drei Gründen zusammen, u.a.
mit der eben erwähnten relativen Unabhängigkeit der Gleichgewichtsgesetze
bezüglich der Entwicklungsgesetze, dem Willen zur Befreiung von linguistik-feindlichen
Elementen, mit der Willkürlichkeit (Arbitrarität) des sprachlichen
Zeichens. Saussure bezog die Arbitrarität auf das Verhältnis
von sprachlichen Lautbild (image acoustique) und seiner Vorstellung
(concept) und belegte die Beliebigkeit dieser Verbindung durch
die Tatsache, das dasselbe Objekt der Realität von Sprache zu Sprache
verschieden benannt wird. Arbitrarität bedeutet jedoch nicht, daß
der einzelen Sprecher nach freier Wahl bei der Konstruktion sprachlicher
Ausdrücke verfahren kann, denn: unter dem Aspekt von Spracherwerb
und Kommunikation erfährt der Sprecher den Zusammenhang zwischen
Zeichen und Bedeutung als eine gewohnheitsmäßige, obligate
Verbindung.
Folgende Grundannahmen Saussures gelten als konstitutiv für strukturalistische Sprachanalysen: (1) Sprache kann unter drei verschiedenen Aspekten betrachtet werden; (a) als Langue (= im Gehirn aller Sprecher einer bestimmten Sprache gespeichertes System), (b) als Parole (= aktuelle Sprechtätigkeit in konkreten Situationen) und (c) als Faculté de langage (= generelle Fähigkeit zum Erwerb und Gebrauch der Sprache), wobei Langue und Parole sich bedingen. Untersuchungsgegenstand der Sprachwissenschaft ist die Langue, die aber ihrerseits nur über eine Analyse der Äußerungen der Parole beschrieben werden kann. (2) Sprache im Sinne von Langue wird als ein System von Zeichen aufgefaßt. Jedes Zeichen besteht aus der Zuordnung von zwei (sich gegenseitig bedingenden) Aspekten, dem konkret materiellen Zeichenkörper (z.B. seine akustische Lautgestalt), sowie einem begrifflichen Konzept. (Vgl. hierzu: Bezeichnendes vs. Bezeichnetes). Die Zuordnung dieser beiden Aspekte zueinander ist willkürlich (arbiträr), d.h. sie ist sprachspezifisch verschieden und beruht auf Konvention. (3) Diese sprachlichen Zeichen bilden ein System von Werten, die zueinander in Opposition stehen. Jedes Zeichen ist definiert durch seine Beziehung zu allen anderen Zeichen desselben Systems. Durch dieses Prinzip des Kontrasts ist das grundlegende strukturalistische Konzept des distinktiven Prinzips charakterisiert. (4) Diese Element-Relationen lassen sich auf zwei Ebenen analysieren; einmal auf der syntagmatischen, d.h. linearen Ebene des Miteinandervorkommens, zum anderen auf der paradigmatischen Ebene der Austauschbarkeit von Elementen in bestimmter Position. (Vgl. hierzu: paradigmatische vs. syntagmatische Beziehung). (5) Da Sprache als Zeichensystem aufgefaßt wird, muß ihre Analyse unter streng synchronem Aspekt, d.h. als Beschreibung eines zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Zustandes betrieben werden. (Vgl. hierzu Synchronie vs. Diachronie). (6) Sprachanalyse beruht auf einem repräsentativen Corpus, dessen Regularitäten durch die beiden Analyseschritte der Segmentierung und Klassifizierung bestimmt werden, wobei die Segmentierung der syntagmatischen, die Klassifizierung der paradigmatischen Ebene zuzuordnen ist. Hier geht es also um die Distribution (die Gesamtheit der Umgebungen, in denen ein sprachliches Element im Verhältnis zu den Umgebungen aller anderen Elemente in einem übergeordneten Sprachbaustein vorkommen kann) und das Ziel, möglichst Minimalpaare (zwei Ausdrücke einer Sprache mit verschiedener Bedeutung, die sich nur durch eine Form unterscheiden, z.B. deutsch: Kopf vs. Topf durch nur ein Phonem) zu haben.Während der Strukturalismus im engeren Sinne sich auf die von Sausures System-Gedanken ausgehenden sprachwissenschaftlichen Richtungen bezieht, verwendet man Strukturalismus im weiteren Sinne als Gesamtbezeichnung für anthropologische, ethnologische, sozialwissenschaftliche, geisteswissenschaftliche literatur-theoretische und psychologische Forschungen, die - in Analogie zum Strukturalismus der Sprachwissenschaft - anstatt genetisch von historischen Voraussetzungen auszugehen, sich auf synchrone Zustandsanalysen konzentrieren, um den Nachweis universeller, unter der Oberfläche sozialer Beziehungen wirksamer Strukturen zu führen. (Vgl. Linguistische Wende).
Die Ära des linguistischen Strukturalismus wechselte allmählich,
ausgelöst durch die 1957 erschienenen Syntactic Structures
des US-Amerikaners Noam Chomsky
(*07.12.1928), in eine Ära des linguistischen Nativismus (Generative
Transformationsgrammatik, GTG).
Wissenschaftsgeschichtlich steht Chomsky in der Tradition des Rationalismus
- besonders in der Tradition der Rationalisten Gottfried Wilhem Leibniz
(1646-1716) und René Descartes
(1596-1650) - und des Neuhumanismus-Hauptvertreters
im Deutschen
Idealismus und Sprachforschers Wilhelm von Humboldt
(1767-1835). Chomsky war zunächst Schüler des Strukturalisten
Z. S. Harris und stellte 1957 seine Generative Grammatik in
seinen Syntactic Structures dar, die er 1965 erweiterte und
revidierte mit dem Werk Aspects of the Theory of Syntax (=
ST
).
Generative Transformationsgrammatik bedeutet die Verfolgung des Ziels,
eine formalisierte Beschreibung der Sprache zu geben, in die auch Einsichten
der mathematischen Logik und überhaupt des Rationalismus einfließen.
Chomsky und seine Anhänger wollen erklären, auf welche Weise
es dem Menschen möglich ist, mit einer endlichen Menge von Regeln
eine unendliche Menge von Sätzen zu produzieren und zu verstehen.
Generativ leitet sich hier also aus dem zentralen Anliegen dieser
Grammatiktheorie ab, die Fähigkeit zum Erzeugen von Sätzen
zu erklären. ().
Mit dem Ausbau des Konzepts der angeborenen Ideen wendet sich
Chomsky gegen die behavioristische Sprachauffassung (wie z.B. bei Skinner).
Chomsky erweiterte seine Grammatiktheorie zu einer Theorie des Spracherwerbs,
indem er die Entwicklung der Kompetenz durch einen angeborenen Spracherwerbsmechanismus
auf der Basis von grammatischen Universalien erklärte. Eine endliche
Menge von Kernsätzen, die durch kontextfreie Phrasenstrukturregeln
erzeugt werden, bilden die Basis für die Anwendung von Transformationsregeln,
die einen prinzipiell unendlichen Gebrauch von endlichen Mitteln gewährleisten.
().
Nach Chomsky ist die Sprachkompetenz ein dynamisches Konzept - ein Erzeugungsmechanismus
- zur unendlichen Produktion von Sprache. Im Anknüpfung an die Sprachauffassung
des Rationalisten Leibniz und des neuhumanistisch-idealistischen Sprachforschers
Humboldt postulierte Chomsky einen spezifisch menschlichen Spracherwerbsmechanismus
zur Erklärung des Phänomens, daß Kinder, obwohl die sprachlichen
Äußerungen ihrer Umwelt nur einen defizitären und unvollständigen
Input darstellen, die syntaktischen Regeln ihrer Muttersprache in relativ
kurzer Zeit beherrschen und eine fast unbegrenzte Menge grammatischer
Ausdrücke verstehen und erzeugen können. Nach
der rationalistisch-idealistischen Theorie ist jedes Kind mit einem angeborenen
Schema für zulässige Grammatiken ausgestattet (vgl. Universalien)
und mit einem System an kognitiven Prozeduren zur Entwicklung und Überprüfung
von Hypothesen über den Input. So formuliert das Kind Hypothesen
über die grammatische Struktur der gehörten Sprache, leitet
Voraussagen über sie ab und überprüft die Voraussagen an
neuen Sprachbausteinen. Es elimiert diejenigen, die der Evidenz widersprechen
und validiert diejenigen, die nicht durch Einfachheitskriterium eliminiert
würden. Dieser Mechanismus wird mit dem ersten Input in Gang gesetzt.
(Vgl. Tabelle).
Das Kind leistet somit eine Theoriebildung, die derjenigen eines Linguisten
vergleichbar ist, der eine deskriptiv und explanativ adäquate Theorie
einer Sprache konstruiert. Der Nativismus ist also eine philosophisch-psychologische
Position, die die kognitive Entwicklung des Menschen primär aus der
Existenz von angeborenen Ideen ableitet. Es ist tatsächlich
auffallend, mit welcher Schnelligkeit ein Kind die Grammatik der Elternsprache,
trotz ihrer Komplexität, beherrschen lernt. Das Mißverhältnis
zwischen Input und Output und die Gleichförmigkeit der Ergebnisse
in allen Sprachen lassen ebenfalls vermuten, daß hier nicht der
Drill (vgl. Konditionierung) am Werk war. Außerdem verläuft
der Prozeß des Spracherwerbs relativ unabhängig von der individuellen
Intelligenz. Grammatische Universalien sind
Eigenschaften (bzw. Hypothesen über solche Eigenschaften), die allen
menschlichen Sprachen gemeinsam sind. Sie existieren aus biologischer
Notwendigkeit und sind das Ergebnis empirischer Generalisierungen von
Beobachtungen der sogenannten Oberflächenstruktur von
möglichst vielen und verschiedenen Sprachen. Beispielsweise besitzt
jede Sprache Vokale oder universell geltende Implikationen, die sich auf
die Relation zwischen zwei Eigenschaften beziehen: wenn z.B. eine Sprache
in ihrem Numerussystem über einen Dualis verfügt, dann verfügt
sie mit Sicherheit auch über einen Plural (diese Regel gilt aber
nicht umgekehrt!). In Chomskys Modell einer Generativen Transformationsgrammatik
sind Universalien die Basis des angeborenen Spracherwerbsmechanismus,
aufgrund dessen ein Kind in der Lage ist, in relativ kurzer Zeit eine
komplexe Grammatik zu erlernen. ().
Chomsky unterscheidet (Aspekte der Syntaxtheorie, 1965), zwischen
substantiellen Universalien, z.B. in der Phonologie das Inventar der phonetisch
definierten distinktiven Merkmale, aus dem jede Sprache eine charakteristische
Auswahl trifft, und formalen Universalien, d.h. Aussagen über Form
und Beschränkungen von Regeln. So postuliert er für jede Grammatik
Phrasenstrukturregeln
und eine Transformationskomponente. Die substantiellen und formalen Universalien
- beide werden auch universale Beschränkungen genannt - sind wiederum
von den Universalien der Funktion zu unterscheiden, worunter Anwendungsbeschränkungen
von grammatischen Regeln verstanden werden, z.B. das A-über-A-Prinzip:
Wenn sich eine Transformation auf einem Knoten A bezieht, der
einen Knoten A' dominiert, dann darf die Transformation nur über
dem dominierenden Knoten A operieren; sie muß sich auf die
maximale Phrase beziehen. Beispielsweise kann in der Phrase Der
Wunsch der Prinzessin keine Transformation allein über
dem eingebetteten Genitivattribut (der Prinzessin)
operieren. (Vgl. auch: Strukturbaum).
Die (Generative) Transformationsgrammatik
ist die von Chomsky am Englischen entwickelte Theorie, deren Ziel es ist,
durch ein axiomatisches System von expliziten Regeln das implizite Wissen
von Sprache, das dem aktuellen Sprachgebrauch zugrunde liegt, abzubilden.
Chomskys Modell bezieht sich auf vom kompetenten Sprecher bewertete Daten,
auf die sprachlichen Intuitionen, die ein kompetenter Sprecher bezüglich
seiner Sprache explizieren kann. Das Konzept der angeborenen Ideen steht
im Gegensatz zu den behavioristischen Sprachauffassungen. Chomskys Theorie
zum Spracherwerb besagt, daß die Entwicklung der Kompetenz durch
einen angeborenen Spracherwerbsmechanismus auf der Basis von grammatischen
Universalien erfolgt. Dabei hat die Theorie Vorrang vor der Datenanalyse;
die Transformationsgrammatik geht also deduktiv vor: sie stellt nämlich
Hypothesen über den sprachlichen Erzeugungsmechanismus auf, und zwar
unter besonderer Berücksichtigung des kreativen Aspekts
des Sprachvermögens. Eine endliche Menge von Kernsätzen, die
durch Phrasenstrukturregeln erzeugt werden, bilden die Basis für
die Anwendung von Transformationsregeln, die einen prinzipiell unendlichen
Gebrauch von endlichen Mengen gewährleisten. Die Grammatik - im Sinne
einer umfassenden Sprachtheorie - besteht aus einer generativen syntaktischen
Komponente sowie den interpretativen semantischen und phonologischen Komponenten.
Basis der Syntax ist die durch kontextfreie Phrasenstrukturregeln und
Lexikonregeln erzeugte Tiefenstruktur,
die als abstrakte, zu Grunde liegende Strukturebene alle semantisch
relevanten Informationen enthält und die Ausgangsebene für die
semantische Interpretation von Sätzen und anderen Sprachbausteinen
ist. ().
Durch bedeutungsneutrale Transformationen wie Tilgung, Umstellung u.a.
werden die entsprechenden Oberflächenstrukturen erzeugt, die die
Basis für die phonologisch-phonetische Repräsentation bilden.
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Anmerkungen:Survival of the fittest ist nach Darwin (1809-1882) die Anpassung in der Natur, die aber an der Schwelle zur hominoiden Kultur in eine Distanzierungsart umschlägt, weil nicht mehr allein die körperlichen (angepaßten) Waffen entscheidend sind, sondern die außerkörperlichen, die vorgefundenen und später modifizierten Gegenstände als Waffen und Werkzeuge dienstbar gemacht werden. Innerhalb einer solchen Distanzgruppe (Menschenaffen und Menschen) ist deshalb die Anpassungsart nicht verschwunden (survival of the attractives: attraktive Gesichter, Mode u.s.w.). Anpassung und Distanz sind immer schon - latent oder offen - 2 Seiten einer Medaille (Jäger/Gejagte). Der Unterschied liegt zwischen körperlicher und außerkörperlicher Art, zwischen Natur und Kultur, zwischen Schicksal und Technik, zwischen Müssen und Können, zwischen Indikativ und Konjunktiv, zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit, zwischen Zwang und Vielfalt.Homo sapiens hat bisher etwa 230 000 (maximal 300 000) Jahre hinter sich. Er kann den von Homo erctus aufgestellten Rekord von 1,86 Mio. Jahren nur brechen, wenn er (d.h seine Nachfolger-Unterart Homo sapiens sapiens) sich auf den Weg ins Weltall begibt. Homo erectus hatte schon die Alte Welt besiedelt, Homo sapiens besiedelte auch die Neue Welt (Amerika und Australien) und schließlich die ganze Erde, also auch Nord- und Südpol. Jetzt bleibt ihm nur noch die Besiedlung der Orte im Weltraum.Panini (6. Jh. - 5. Jh.) stammte wahrscheinlich aus Nordwest-Indien; er faßte in den 3996 kurzen Regeln (Sutra) seiner Aschthadhjaji (Buch in 8 Abschnitten) die Erkenntnisse seiner im einzelnen nicht genau bekannten Vorgänger zusammen und lehrte die Bildung des korrekten Sanskrit.Dieser deutschsprachige Raum hielt sich in seinen Grenzen mehr als 1 Jahrtausend. Er umfaßt Deutschland (Deutsches Reich), Österreich, Schweiz, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Norditalien (Langobarden), Ostfrankreich (Burgund) und große Gebiete Osteuropas. (Vgl. Deutsch und die Karten).Johann Joachim Winckelmann (09.12.1717 - 08.06.1768).Wilhelm von Humboldt (1767-1835), Freiherr, war Philosoph, Sprachforscher und Staatsmann und wirkte nach rechtswissenschaftlichem Studium (von 1787 bis 1790) als Privatgelehrter in Jena (von 1794 bis1797), war preußischer Ministerresident in Rom (von 1802 bis 1808) und Direktor für Kultus und Untericht im Innenministerium (von 1809 bis 1810). Humboldt reformierte das preußische Bildungswesen und gründete u. a. die Berliner Universität (1811). Seit 1810 war er Gesandter in Wien (Teilnahme am Wiener Kongreß), seit 1817 in London, 1819 wieder Minister. Im Mittelpunkt seines Denkens stand ein stets auf die Gesellschaft hin orientiertes Humanitätsideal. Als Sprachwissenschaftler befaßte sich Humboldt v. a. mit amerikanischen Sprachen, mit Sanskrit, Ägyptisch, Koptisch, Chinesisch, Japanisch. In der Einleitung zu seinem Werk Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java entfaltete Humboldt die Grundthese seiner Sprachphilosophie, daß in jeder Sprache eine eigenthümliche Weltsicht liege; sie sei Ausdruck der Individualität einer Sprachgemeinschaft und werde durch die innere Sprachform dargestellt. Dabei wird Sprache als Tätigkeit (Energeia) bestimmt, die im Sprechen und Verstehen, in der Einheit von Ich und Du im Dialog aktualisiert werde. Die späteren Bemühungen der Linguistik um eine generative Grammatik (Noam Chomsky u.a. ) verstehen sich weithin als Erfüllung Humboldtscher Ideen. (Vgl. auch: Nativismus). Humboldt selbst dienten die sprachtheoretischen Untersuchungen zur Grundlegung einer philosophischen Anthropologie. Seine Weltanschauung zeigt drei Grundideen: Universalität, Individualität, Totalität (= Formung des Lebens zu einem Kunstwerk). Die Erforschung der Geschichte ebenso wie die der Sprache ist nach Humboldt nicht eine Sache des bloßen Intellekts, sondern hat die Mitwirkung der Gesamtheit der menschlichen Seelenkräfte zur Voraussetzung. Der Historiker muß sich in das Innere der Personen und Epochen, mit denen er zu tun hat, hineinversetzen, wenn er mehr als eine zusammenhanglose Aufzählung äußerer Ereignisse bieten will. Der Sprachforscher muß die Sprache als Äußerung und Werkzeug des Volksgeistes zur Gewährleistung der Sprachgemeinschaft begreifen. Im Sinne seines Humanitätsideals war Humboldt ideell sowie praktisch beteiligt an der Gründung der Universität Berlin (1811). Aus seiner Reform des höheren Schulwesens ging das Humanistische Gymnasium in seiner heutigen Gestalt hervor. In seinen Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen bestimmte er die Aufgabe des Staates dahin, für Schutz nach außen und Rechtssicherheit nach innen zu sorgen, im übrigen aber sich möglichst zurückzuhalten und der freien individuellen und nationalen Entwicklung Raum zu lassen. Humboldts Reformen, besonders die der Bildung, wurden Vorbild für die ganze Welt! |
Anhang:- Sprachfamilien um 1600 -- Mikosprachordnungen bzw.Makrosprachfamilien (Supersprachfamilien) -- Genetik und Sprache -- Deutsch -
© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014).
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