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Was Menschen von Anfang an sphärisch umgab, nennen wir den Immunschutz oder das Immunsystem, denn ein jedes menschliche Individuum ist von Anfang an von einer Hülle umgeben und wird in eine Gemeinschaft hineinsozialisiert. So ist der Mensch quasi von einer ersten natürlichen und einer zweiten kulturellen Hülle umgeben. Seine Identität erhält der Mensch durch die zweite Hülle, die wie eine zweite Haut wirkt. Dieses Immunsystem dient der Verteidigung seiner Integrität, und im Falle einer Verletzung dieser Immunsphäre reagiert der Mensch im allgemeinen allergisch und ergreift Verteidigungsmaßnahmen. Befindet sich der Mensch in einem für sein Immunsystem unverträglichen Milieu, kommt es zu Abstoßungsreaktionen. Man kann also sagen, daß viele Beziehungen zwischen Menschen an der Unverträglichkeit ihrer Immunsysteme scheitern. Im umgekehrten Fall gibt es aber auch eine Immunverträglichkeit, die aus einem unbewußten Drang zu Wahlverwandtschaften führt. Für ihre Identität sind Menschen im allgemeinen bereit, bis aufs Blut zu kämpfen, und eine Gefährdung kann nicht nur zu körperlichen, sondern auch zu seelischen und geistigen Schäden führen. Gäbe es kein Immunsystem, könnte sich das Leben weder im Ei und im Uterus noch in anderen Geborgenheiten und Schutzeinrichtungen entwickeln. Der erste Aufenthalt des Menschen ist der Uterus; hierin wird er zum Menschen; hier empfängt er alle Impulse, die er für das Leben braucht; hier erfährt er auch als einzigen Ort, wie es ist, rundum zufrieden zu sein. Die Uterodizee ist die Verteidigung der weiblichen Unterleibe, die auch Schöße genannt werden. Wer sich hier aufhält und zufrieden sein kann, geliebt wird, hat gute Chancen, auch nach dem Verlassen dieser Bleibe, des Gewohnt-Seins, zufrieden zu sein, geliebt zu werden. Im Uterus wird die Urform des Wohnens gelebt - nicht zufällig zeigt sich das auch an der Geschichte des Wortes Wohnen: Althochdeutsch wonen, sich aufhalten, bleiben, gewohnt sein mit der Grundbedeutung zufrieden sein, abgeleitet aus dem Germanischen *wun, wurzelnd im Indogermanischen *uen, verlangen, lieben!Wenn wir also vom Wohnen-in-Hüllen sprechen, dann ist damit gemeint, daß alle und jede Existenz nicht ohne Hülle gedacht werden kann - ganz im Sinne des phyiskalisch-chemischen Weltbildes. Der Mensch beginnt wie alle Lebenwesen als physikalisch-chemisch eingehülltes Wesen, das erst dann Lebewesen genannt werden darf, wenn es biologisch eingehüllt ist. Wenn aber ein Lebewesen biologisch eingehüllt ist, ist es bald auch ökologisch verortet, bald auch Teil eines ökonomischen oder soziologischen Systems. Alles, was mit dem Wortstamm *oik (Ök) assoziiert werden kann, hat immer mit Wohnen zu tun - ob wir die Errichtung, Gründung, Verwaltung, Einrichtung, Aneignung u.s.w. einer Heimat oder mit ihren unterschiedlichen Formen meinen: es geht immer um das Wohnen. Schon allein die physikalisch-chemische Existenz ist als Sein () im Universum ein In-Sein (), Im-Raum-Sein (), In-der-Sphäre-Sein; das biologische Wohnen ist ein Wohnen im Ei, im Uterus, in der Familie, in der Gruppe u.s.w.; das ökologische Wohnen ist ein Wohnen in der Nische, auf der Insel, in der Umwelt, in der Welt u.s.w. (): Hüllen sind, auch wenn wir sie Höhlen () oder Hütten () oder Häuser () nennen, die ursprünglichen Wohnungen aller und jeder Existenz. Da also jede Wohnung immer auf ihre Urform zurückgeht, ist jede Wohnung immer eine Hülle. Allgemein kann niemand aus der Hülle ausbrechen, andererseits - und das heißt hier speziell - wird gerade der Mensch dies auch weiterhin versuchen, ohne zu merken, daß er sich immer nur neue Formen seiner Hülle sucht und daß er, sobald er sie gefunden hat, doch immer der Kern seiner alten Hülle bleibt.Wenn wir unter Interaktionismus verstehen, daß zum Aufbau der Interaktion immer eine der wichtigsten Voraussetzungen gehört, nämlich ein Im-Raum-Sein, ein In-Sein (), wobei Sein meint wohnen bei, vertraut sein mit (vgl. z.B. das In-der-Welt-Sein), dann beginnt auch dieser Prozeß im pränatalen Stadium, denn der Uterus ist ein Raum, ein Ort ein Haus des Seins () - auch als Hülle -, und hier gibt es auch ein Wohnen (bei ...), ein Vertraut-sein (mit ...). Das alles deutet darauf hin, daß das »Haus des Seins«, in dem der Mensch zu wohnen eingeladen sein wird, nicht allein und nicht einmal in erster Linie durch die lichtende Kraft der Zeichen errichtet wird. Vor der Sprache sind es umweltdistanzierende Gesten des harten (wurf-, schlag- und schneidetechnischen) Typs, die den Menschenbrutkasten erzeugen und sichern. Der spezifische Ort des werdenden Menschen besitzt also funktional die Qualitäten eines technisch eingeräumten externen Uterus, in dem die Geborenen zeitlebens Ungeborenenprivilegien genießen. Danach reproduzieren sich die Lebe-Wesen, die eines Tages Menschen sein werden, zunächst und ausschließlich in einer Schonung, die sich am passendsten als autogener Park bezeichnen läßt. Die Schonung, in der es Menschen gibt, ist ein Effekt der primitiven Technik. (). Das Ge-Häuse, das Menschen beherbergt und durch Beherbergung unmerklich herstellt, wird erst später zu jenem »Ge-stell« (), das eine Welt aufstellt (vgl. das Kunstwerk stellt eine Welt auf), und danach auch als ein fatales Seinsgeschick verstanden werden. Die Sprache als das Haus des Seins ist primär ein Übertragungswerkzeug (vgl. Zeug), mit dem die nahe Welt erworben und angeeignet werden kann, und demzufolge Nähe-Dichtung. Wohl gab es dabei eine raum-zeitliche Über-Einstimmung zwischen dem Erstgebrauch von Sprache und dem Erstgebrauch von Feuer. HöhlenVom Wohnen-in-Hüllen bis zum Wohnen-in-Höhlen war ein weiter, ähnlicher Weg zurückzulegen wie der, den das Kind vom Sein-im-Uterus zum Sein-in-der-Familie bewältigen muß - jedoch dauerte der Weg der Urmenschen bekanntlich viel länger. (). Das sogenannte Paläolithikum () umfaßt Altpaläolithikum, Mittelpaläolithikum und Jungpaläolithikum, doch bereits gegen Ende des Altpaläolitikums und ganz sicher seit Beginn des Mittelpaläolithikums lebten die meisten Menschen bereits in Hütten (); den Menschen des Jungpaläolitikums dienten die Höhlen, besonders die tieferen Höhlenpartien, als Kult- und Initiationsplätze, bei deren Ritualen auch Felsbilder entstanden. Im allgemeinen aber scheint der Vulva-Zauber so alt zu sein wie das Altpalälithikum, so Sloterdijk: Tatsächlich sind von den altststeinzeitlichen Höhlenkulturen an Tendenzen zu einem Zwei-Wege-Verkehr vor der weiblichen Öffnung, und durch sie, zu erkennen. (). Die Dreigleiderung für das Paläolithikum - Altpaläolithikum-Mittelpaläolithikum-Jungpaläolithikum - verrät uns, wie schon die Dreigliederung der Steinzeit überhaupt (Paläolithikum-Mesolithikum-Neolithikum), daß sie sich nicht nach Wohnräumen, sondern nach Steinen richtet, also für unser Thema (Wohnen) eigentlich gar nicht so gut geeignet ist. Trotzdem behalten wir sie bei, weil die Steine im Rückblick eine gesichertere Erkenntnis erlauben als die Wohnungen; andererseits geben uns die Wohnungen den intensiveren Eindruck über das Zusammen-Sein, über Luxus bzw. Komfort, ja letztendlich über Immunität bzw. Immunschutz, denn davon können die Steine nur indirekt erzählen. Je älter jedoch die Wohungseinrichtungen sind, desto geringer sind die späteren handfesten Beweise, so könnte eine wissenschaftliche Regel lauten; je geringer die späteren handfesten Beweise sind, desto älter sind die Wissenschaftsurteile, so könnte eine philosophische Regel lauten.Ein großer natürlicher Hohlraum im Gestein - so lautet die Definition für die Höhle, wie sie im Lexikon nachzulesen ist (z.B. bei Meyer, Großes Taschenlexikon). Überall dort, wo Menschen in Höhlen lebten, wurde nach und nach und mehr und mehr der Fußboden mit Abfällen bedeckt, denn das Aufräumen nahmen die Höhlenbewohner nicht so genau; für unsere modernen Forscher waren und sind diese angehäuften Abfälle regelrecht ein gefundenes Fressen, denn zwischen den Besiedlungsphasen hatten sich natürliche Schichten aus Deckenschutt, Höhlenlehm und eingewehtem Staub angesammelt, und über eine sehr lange Zeit hinaus hatten sich die Abfallschichten quasi aufgetürmt, die Höhlenböden waren enorm angestiegen: Wissenschaftler haben Höhlen mit - sage und schreibe - 18 Meter hohen Natur-und-Kultur-Schichten entdeckt! Die meisten Zeugnisse der gesamten Prähistorie sind nur unter dem Erdboden zu finden, und dort, wo sie von der Natur nicht begraben worden sind, gibt es für die Prähistoriker auch kaum etwas zu erforschen. Es gibt nur wenige Objekte, die ohne Schutz, z.B. durch Erde und Wasser (bzw. Eis, Schnee u.s.w.), der Abtragung der Natur widerstehen können und deswegen schutzlos der Vernichtung ausgesetzt sind, z.B. durch Feuer und Luft (bzw. Sauerstoff, Wind u.s.w.). Aber gilt das auch z.B. für die Höhlenkunst? Ja, zum Teil, aber sie ist eben noch kein Produkt der Frühmenschen (vgl. Hominisierung), ja auch noch keines der Altmenschen namens Homo sapiens (vgl. Sapientisierung), sondern erst eines der Jetztmenschen namens Homo sapiens sapiens (vgl. Historisierung). Die Höhlenkunst entwickelte sich erst, als die Höhlen kaum noch als Wohnraum genutzt wurden, also im Jungpaläolithikum, und zwar aus primitiven Anfängen heraus (Handabdrücke u.ä.) bis hin zur fast professionell anmutenden Wandkunst, die wir als Felsbilder oder Höhlenmalerei kennen. Dies hat mit Magie, mit Glauben, mit einer Ur-Religion bzw. mit einer Ur-Theologie zu tun, und deshalb gab es diesen Zauberkult auch schon im Altpaläolithikum, also zu einer Zeit, als die Höhlen zum Wohnraum wurden und es sehr lange blieben, aber erst im Jungpaläolithikum dienten besonders die tieferen Höhlenpartien als Kult- und Initiationsplätze, bei deren Ritualen die Felsbilder entstanden, die wir heute Wandkunst oder Höhlenmalerei nennen.Höhlen sind die Wohnungen der Frühmenschen (vgl. Hominisierung), sie unterscheiden sich von den vor-/urmenschlichen Hüllen () durch die konkretere Form und vor allem durch den erweiterten Immunschutz: Frühmenschliche Wohnungen legen Zeugnis ab davon, daß sich der Mensch auch wohnungstechnisch von den anderen Mitgliedern der Überfamilie namens Hominoidea () getrennt hat, denn die Höhle ist ja keine Wohnung für Menschenaffen oder Gibbons, wie man weiß. Seit dieser Zeit der Trennung von den anderen Mitgliedern der Menschenartigen bauen Menschen keine Nester mehr, weder in den Bäumen noch auf dem Boden, und hüllen sich auch sonst nicht mehr so ein, wie es ihre vor-/urmenschlichen Ahnen taten, und wie es ihre nächstverwandten Familien, die Familie namens Pongidae (Menschenaffen) und die Familie namens Hylobatidae (Gibbons) sogar heute noch tun. Den Stein benutzten schon die Vor-/Urmenschen als Werkzeug (vgl. Zeug); er ist also als Unterscheidungskriterium von den - bekanntlich auch den Stein benutzenden - nächstverwandten Familien nur bedingt geeignet. Der Gebrauch der Sprache als Übertragungswerkzeug und Nähe-Dichtung, in Über-Einstimmung mit dem Gebrauch des Feuers, ist jedoch dazu bestens geeignet. (). Das Kultur-Ursymbol (Stein, z.B. zuerst als Wurf-Zeug) konnte für Menschen erst durch den erfolgreichen und weltoffenen Homo erectus erweitert werden zu einem ersten Kultursymbol (Feuer, z.B. als Spender von Wärme und Licht, Komfort und Luxus, Nähe und Distanz, Leben und Tod - eigentlich alles, was im Hinblick auf Nutzbarmachung unendlich viele Folgen für den Menschen und seine Welt hatte, hat und haben wird). Durch den Feuergebrauch, der wie der Sprachgebrauch die Kulturtechnik des Menschen erst richtig deutlich erkennen läßt, wurde Homo erectus auch zum entscheidenden Faktor in der sprachlichen Menschwerdung. Dieser aufrechte Mensch war wohl die einzige Menschenart, die 1,86 Millionen Jahre überlebte.HüttenRaumlogisch unterscheiden sich die Hütten von ihren Vorgängern, den Höhlen (), durch eine geringere Ortsgebundenheit bzw. eine größere Freiheit der Ortswahl, und von ihren Nachfolger, den Häusern (), durch das Fehlen eines Saat-Ernte-Zusammenhangs, denn die Hütte hat kein Ernteprojekt, das erst mit den Häusern beginnt. Alle Wohnungen bauen aufeinander auf: das Phänomen der Hüllen () ist in Höhlen, in Hütten und in Häusern enthalten, das heißt umgekehrt, daß Häuser phänomenologisch Hütten, Höhlen und Hüllen, daß Hütten phänomenologisch Höhlen und Hüllen, daß Höhlen phänomenologisch Hüllen, daß also nur Hüllen phänomenologisch sich selbst enthalten. Kann das Haus die Hütte enthalten, so kann umgekehrt die Hütte nicht das Haus enthalten. In der Hütte geht es um die Bergung des Schlafs, den Wetter- und Ungezieferschutz, die Bereitstellung einer Rückzugssphäre für Sexuelles und einer Komfortsphäre für verdauungsträge Zustände. (). Deswegen kann also das Haus die Hütte enthalten, aber umgekehrt kann die Hütte nie das Haus enthalten, weil sie kein Ernteprojekt hat und sich im Obdachgeben von Tag zu Tag erschöpft. (). Die Hütte ist die erste von Menschen selbst gebaute Höhle aufgrund der Hülle, also: der Funktion der Immunität. In allen Wohnungen geht es immer um Immunschutz, weshalb sie immer auch Hüllen sind. Zuerst bedeutet Wohungseinrichtung immer eine Einrichtung in dem, was die Natur unmittelbar als Hülle (Nische. Insel u.s.w.) bereitstellt; der zweite Schritt ist eine selektiv gewählte Hülle und stellt immer auch eine Differenzierung von den Nächstverwandten dar; der dritte Schritt ist die selbständig errichtete Hülle; der vierte Schritt ist die selbständig errichtete und zum Zweck der Ernte selektiv gewählte Hülle. Das Haus ist ohne das Ernteprojekt nicht zu denken, woraus folgt, daß die erste Hütte vor der Seßhaftigkeit () entstanden, also von Nomaden gebaut worden sein muß. Aber wann genau ist die erste Hütte entstanden?Ein wissenschaftlich belegtes Beispiel: In Bilzingsleben (Thüringen) fand man eine 300 000 bis 350 000 Jahre alte Heimbasis für eine 50 Personen starke Homo-erectus-Gruppe, deren Lager offenbar das Zentrum eines größeren Schweifgebietes von ungefähr 20 km Durchmesser war, das immer wieder im Wechsel mit ähnlichen Stellen aufgesucht wurde. Am Fundplatz Bilzingsleben stießen die Ausgräber auf Grundrisse von zwei Hütten. Der eine davon war oval und vier mal drei Meter groß, der andere rund mit einem Durchmesser von drei Metern. Die Grundrisse waren durch große Steine und Knochen markiert. Vor den Hütten lagen Reste einer Feuerstelle: bis zu einem Meter lange verkohlte Stämme, versinterte Hölzer und brandrissige Steine. Rings um die Feuerstelle ließen sich fünf Arbeitsplätze zur Bearbeitung von Knochen-, Holz- und Steinwerkzeugen nachweisen - jeweils mit Werkstücken oder deren Abfällen und je einem großen Amboß aus Muschelkalkplatten oder einem Schienbein vom Elefanten. Unter den unzähligen Knochenfunden erregten drei Exemplare mit eingravierten linearen Ornamenten das besondere Interesse der Wissenschaftler: - Ein 40 Zentimeter langer Splitter vom Schienbein eines Elefanten, der als Gerät benutzt wurde, weist an der flachen Längsseite mindestens 21 aufgefächerte Schnittlinien in regelmäßigen Abständen auf. - Eine polierte Rippe trägt parallele Schräglinien, die jeweils dreifach angesetzt wurden. - Ein Knochenplattenbruchstück läßt Strichbündel erkennen. Die ersten Ritzungen .... Ihre Bedeutung ist derzeit noch unklar. Womöglich handelt es sich um älteste Darstellungen menschlicher Gedanken! (Ernst Probst, Deutschland in der Urzeit, 1986, S. 349). Der Bilzingslebener Fund ist nach Ansicht seiner Bearbeiter eine der jüngsten Homo-erectus-Formen, und als europäische Variante des Homo erectus heißen sie seit 1974 Homo erectus bilzingslebenensis. Nach den fossilen Pflanzenresten von Bilzingsleben zu urteilen, herrschte hier zu dieser Zeit ein warmzeitliches Klima mit mediterranem Einfluß. Zum Bilzingslebener Fund gehören auch insgesamt zweieinhalb Tonnen Speiseabfälle, die Einblicke in die Eßgewohnheiten des Homo erectus bilzingslebenensis gestatten: Wald- und Steppenelefant, Wald- und Steppennashorn, Bison, Wildpferd, Rothirsch, Damhirsch, Reh, Biber, Bär, Wildschwein, Fuchs, Dachs, Wolf, Löwe, Wildkatze, Affe u.a.; die Beutetiere lassen auf eine Tierwelt zur Zeit des Homo erectus bilzingslebenensis schließen, die derjenigen eines hochwarmzeitlichen Stadiums des Eiszeitalters entspricht. Von den 90 bekannten Molluskenarten aus Bilzingsleben gehören zahlreiche zu exotischen Arten. Unter den nachgewiesenen Muschelkrebsen befindet sich eine Art, die heute subtropisch verbreitet ist. (Ernst Probst, ebd.). Neben Schädeltieren und Zähnen fanden die Ausgräber etwa 20 000 Werkzeuge (vorzugsweise in einer Abschlagtechnik hergestellt), 80 000 Abfallstücke, 500 Geröllgeräte wie Hackmesserwerkzeuge, Ambosse etc. und eine erhebliche Anzahl von Knochen-und Geweihgeräten, die aus Hirsch- oder Elefantenknochen angefertigt waren, und zu dieser erheblichen Anzahl gehören auch die drei eben erwähnten Exemplare, die besonderes Aufsehen erregten, weil sie (laut Probst) womöglich die ältesten Darstellungen menschlicher Gedanken sind.Im Jungpaläolithikum, auch oberes Paläolithikum oder Spätpaläolithikum genannt, begann der Mensch eine spezialisierte Jagd zu betreiben und sich auf Mammut-, Wildpferd- oder Rentierjagd zu konzentrieren. Deshalb wurden auch die Waffen technisch verbessert, besonders bemerkenswert sind die fein gearbeiteten Speerspitzen. Einige Funde belegen sogar vereinzelt einen allmählichen Beginn der Seßhaftigkeit (), ein entwickeltes Gemeinschaftsleben und eine Züchtung von Wölfen. Der Ahnenkult begann ebenfalls schon im Jungpaläolithikum, wenn auch als ein nomadischer Prototyp des höheren Jägertums - vergleichbar mit dem heutigen Ahnenkult der Hirtennomaden. Das Jungpaläolithikum stellt sozusagen den Einleitungszyklus der neanthropinen Periode dar, weil hier der dominant werdende und danach einzig übrig bleibende Familienvertreter Homo sapiens sapiens seine Einzelkarriere begann, nachdem er der Homo sapiens neanderthalensis verdrängt hatte und mit seiner Höhlenkunst sowie seinem Schmuckkult erste Kunstwerke schuf. Wer Kunstwerke hinterläßt, der will sich und seiner Welt mitteilen, eine Spur hinterlassen und (wie ein Kleinkind!) voller Stolz auch am nächsten Tag noch sagen können: Das bin ich gewesen. Die Geschichte der künstlerischen Selbstreferenz begann also in den Höhlen. (Vgl. Kunst). Gleichzeitig wurden ab jetzt die zuvor noch nicht von Menschen bewohnten Kontinente besiedelt, so daß die Erde eine erste menschliche Voll-Besetzung erlebte, die sich in dem Begriff Neue Welt als restglobaler Lebensraum ausdrückt. Isolierungen und Nischen wurden für menschliche Insulaner von nun an rar - vergleichsweise! Ab jetzt formten sich auch die heute bekannten Großrassen: Europide, Negride, Mongolide und Australide. Bald darauf entstand in Europa schon die Vor- bzw. Urkultur der Indogermanen. (). Der erste Bergbau fiel ebenfalls in die Zeit des Jungpaläolithikums, und diente insbesondere der Gewinnung von Feuerstein in offenen Gruben und in unterirdischen Steinbrüchen (vor allem in Jura- und Kreidekalken). Zum Abbau wurden Werkzeuge aus Hirschgeweihen oder Feuerstein benutzt; nachgewiesen sind auch erste Spuren des Feuersetzens zur Lockerung des Gesteins. Die Indogermanen, die wohl Hirtennomaden waren und deren Sprache rekonstruiert werden kann, besaßen offenbar kein Wort für Heimat, weshalb sie schon vor der Neolithische Revolution () existiert haben müssen - wahrscheinlich, wie gesagt, seit dem Jungpaläolithikum als nicht-seßhafte Hirten, die den Ort je nach Zustand der Weide wechselten. (). Vielleicht begingen ja auch schon die Nicht-Seßhaften einen ritualisierten Weg zurück in die Immunität der Hüllen (), und zwar konkretisiert in den Höhlen () - die hinterlassene Kunst scheint dies zu bestätigen:Der Vulva-Zauber hat seinen Grund in dem Elementargedanken, daß das Muttertor, das von sich her als Ausgang dient, und nur als solcher, auch als Eingang in Anspruch genommen werden muß - nicht so sehr in einem sexuell-erotischen, also partiellen Akt, versteht sich, sondern in einem religiösen, existenzumgreifenden Sinn. Tatsächlich sind von den altststeinzeitlichen Höhlenkulturen an Tendenzen zu einem Zwei-Wege-Verkehr vor der weiblichen Öffnung, und durch sie, zu erkennen. (). Es gab also auch schon im Altpaläolithikum religiös motivierte Vulva-Interessen, obwohl zu der Zeit die Höhlen () noch Wohnraum waren, denn der Übergang von der Höhlenzeit in die Hüttenzeit vollzog sich erst allmählich gegen Ende des Altpaläolithikums, vor allem im Mittelpaläolithikum und war im Jungpaläolithikum bereits endgültig, denn im Jungpaläolithikum dienten besonders die tieferen Höhlenpartien als Kult- und Initiationsplätze, bei deren Ritualen auch Felsbilder entstanden. Ein eindeutiges Indiz. Und es ist weiterhin sogar unleugbar, daß es eine präzise historische Konjunktur für erhöhte religiöse Vulva-Interessen gegeben hat. Der Massenandrang vor der Passage ins weibliche Innere läßt sich kulturgeschichtlich datieren: Es ist die berüchtigte neolithische Revolution (), nach der die Schoß-Faszination erst zur Weltmacht sich entfalten konnte. Im neolithischen Umbruch traten zuerst jene Verhältnisse hervor, durch die der Territorialismus über die Menschheit kam; nun erst beginnen die bodenverwurzelten Identitäten ihre Blüten zu treiben; jetzt erst müssen sich Menschen durch ihren Ort ihre Bodenhaftungen und schließlich durch ihren Besitz identifizieren. (). Mit anderen Worten: Die neusteinzeitliche Revolution lockte die bis dahin nomadisierenden Menschengruppen in die Besitzfalle der Seßhaftigkeit:HäuserDer Übergang von den Umherziehend-Wohnenden, dem Nomadentum, zu den Seßhaft-Wohnenden, dem Sedententum, vollzog sich durch die Explzitwerdung namens Neolithische Revolution (). Zahlreiche kulturelle Innovationen stellten sich als Folge der Einführung der produzierenden Wirtschaftsweise ein: sie erlaubte es dem Menschen seßhaft zu werden, indem er mehrere Jahre hindurch den selben Boden bebauen konnte; dies hatte wiederum zur Folge, daß er begann, feste Häuser zu konstruieren, Baukonzeptionen zu entwerfen. Das Haus des neolithischen Menschen ist ein Warteraum, dessen Insassen ausharren, bis auf den Feldern am Rand des Dorfes der Moment kommt, um dessen Willen man die Mühe des Bleibens auf sich genommen hat - der Augenblick, in dem die angepflanzten Gräser zum Verzehr, zur Speicherung und Wiederaussaat geeignet sind. (). Die ersten Seßhaften entwickelten den ersten Architekturkult in den ersten Städten, die als Märkte an Flüssen errichtet wurden. Der Quader wurde zum Grundelement der Architektur. Es entstanden auch erste Sakralbauten, und man begann jetzt auch mit dem polygonalen Mauerbau. Diese immunologische Sphäre diente dem Schutz vor Feinden, aber auch der Identität sozio-ökonomischer Gemeinschaften. Macht in einer Stadt hatte z.B. in Mesopotamien () ein Priesterkönig als Stellvertreter Gottes, dem die Stadt gehörte. Als Konsequenz aus der Ökonomie gab es weitere technologische Neuerungen: die vielseitige Wirtschaft erforderte nämlich neue Geräte für neue Funktionen; daraus erwuchs das Bedürfnis nach neuen, besseren Rohstoffen, die oft von weither eingetauscht werden mußten, womit der Handel und damit die Kommunikation gefördert wurden. Anhäufung von Reichtum entstand dadurch, daß man begann, mehr als notwendig einzutauschen. Eine wichtige Innovation war die Erfindung der Keramik - heute das wichtigste archäologische Arbeitsmittel für die Gliederung urgeschichtlicher Zeitabschnitte -, oder die Einführung der künstlichen Bewässerung zur Sicherung des landwirtschaftlichen Ertrages. Durch den Anbau konnten in einem kleinen Siedlungsraum mehr Leute als vorher ernährt werden, d.h. es entstanden Zusammenschlüsse mehrerer Familien, die in einer Dorfgemeinschaft lebten. Die Rodung, Bebauung und Ernte der Felder oder die künstliche Bewässerung waren nur als Gemeinschaftsleistungen möglich, so daß die in einem Dorf lebende Gesellschaft organisiert werden mußte. Eine völlig neue Sozialstruktur hatte die nunmehr notwendigen Gemeinschaftsarbeiten und das Funktionieren einer dörflichen Gesellschaft zu gewährleisten. Der Vegetationszyklus Säen, Reifen, Ernten fand seinen Niederschlag in religiösen Vorstellungen und wurde verglichen mit dem Lebenszyklus: Geburt, Werden, Tod. Mit dem Beginn der produzierenden Wirtschaftsweise war ein starker Bevölkerungsanstieg verbunden: durch den Anbau von Getreide und durch die spätere Tierhaltung konnten mehr Menschen ernährt werden; diese größer werdende Gemeinschaft konnte wiederum mehr Felder bewirtschaften, womit wieder mehr Menschen Ernährung fanden u.s.w.. Der Mensch bekam hierdurch auch ein anderes Verhältnis zu Grund und Boden, den er, wollte er ihn langfristig bewirtschaften, ständig beanspruchen und in seinem Besitz halten mußte. Daraus erwuchsen nicht nur andere Beziehungen zum Eigentum, sondern auch Machtansprüche und somit Konfliktstoffe mit benachbarten Gemeinschaften. Gruppenaggressionen, die man bei Jäger- und Sammlervölkern kaum findet, waren die Folge.Anstatt nur zu sammeln, was die Natur hergibt, bauen die Seßhaften Getreide an und halten Vieh - man sollte nicht vergessen, daß diese Fähigkeit, landwirtschaftliche Nahrung zu erzeugen, bis in unsere Gegenwart eine Grundlage geblieben ist. Seit der Zeit, als Getreide angebaut und Haustiere gezüchtet werden, um das Nahrungsangebot zu vergrößern, können die Bauern ganzjährig an einem Ort bleiben, auch große dauerhafte Behausungen bauen, in denen sie viele Gerätschaften unterbringen. Die Züchtung von Haustieren betrieben zwar schon im Jungpaläolitikum einige der Nomaden - vielleicht waren sie Halbseßhafte (Halbnomaden) -, doch geschah dies eher aus Gründen der spezialisierten Jagd, also aus Gründen mehr der aneignenden als der produzierenden Wirtschaftsweise. Durch die produzierende Wirtschaftsweise bekam die Haustierzüchtung einen zweiten Aspekt, der aber viel weitreichendere Folgen haben sollte als der erste Aspekt. Auch ein dritter Aspekt sollte später noch hinzukommen: Haustierzüchtung aus Luxusgründen bzw. Komfortgründen.Wenn eine Enklave aus der Umgebung ausgegrenzt und eine sphärische (bzw. atmosphärische) Differenz zwischen Innenraum und Außenraum stabilisiert wird, so kann man allein diese Formulierung schon als eine Definition des Hauses gelten lassen, sofern man davon ausgehen kann, daß Häuser neben ihren Funktionen als Schutzraum, als Arbeitsraum, als Schlafraum und Versammlungsraum immer auch eine implizite Funktion als Klimaregler haben (), doch man sollte trotzdem nicht vergessen, warum sie sich durch den Saat-Ernte-Zusammenhang von den Hütten () unterscheiden: Häuser entstanden mit dem Ernteprojekt, obwohl, wie schon erwähnt, in ihnen auch die Funktionen aller vorherigen Wohnungen enthalten waren, sind und sein werden. Alle Wohnungen gehen zurück bis zu den Hüllen (), die sie immer auch waren, sind und sein werden.Explikationsbedingte Neueinführungen rufen tatsächlich oft den Eindruck hervor, als seien aggressive neue Mitbewohner ins »Haus des Seins« () eingezogen, für die kein angemessener Raum zur Verfügung stand, woraufhin sie sich gleichsam mit Gewalt einquartierten. Kein Wunder, wenn dies zuweilen als »revolutionäre« Turbulenz beschrieben wurde. Es besteht, um an eines der grellsten Einführungsdramen zu erinnern, kein Zweifel daran, daß die Explikation der Schrift durch den Druck mit beweglichen Lettern die gesamte Ökologie der europäischen Zivilisation nach 1500 durcheinandergeworfen hat. (). Man kann so weit gehen zu sagen, die nach-Gutenbergsche Welt () stelle den Versuch dar, die für den ersten Blick harmlosen Neuankömmlinge, die in den Setzereien unter der Gestalt kleiner Bleistücke auftraten, in eine erträgliche Kohabitation mit den übrigen Kulturtatsachen, insbesondere den religiösen Überzeugungen der Menschen, einzubeziehen - Beweis durch Gelingen: die neuzeitliche Literatur und das Schulwesen der Nationalstaaten; Beweis durch Mißlingen: die verhängnisvolle Rolle der Druckerpressen als Träger der nationalistischen Bewußtseinsdeformation, als Alliierte sämtlicher ideologischen Perversionen und als Verbreiter und Beschleuniger der kollektiven Hysterien. Gabriel Tarde bezeichnete die Wirkungen des Buchdrucks zu Recht als eine »erstaunliche Invasion«, die der Illusion Vorschub leistete, »Bücher seien die Quelle der Wahrheit«. (). Kein Wunder, denn Gutenbergs Buchdruck bewirkte, daß das Privileg einer Minderheit am geistig-intellektuellen Prozeß von der Mitbestimmung einer immer größer werdenden Mehrheit abhängig werden konnte und auch sofort wurde: mit gigantischen Auswirkungen, und zwar in allen Bereichen.Die moderne Baukunst () hat das Haus, diesen menschen-ermöglichenden Zusatz zur Natur, in Elemente zerlegt und neu angeschrieben, es hat die Stadt, die früher die Welt im Kreis um sich herum disponierte, aus der Mitte gerückt und zum Standort in einem Netzwerk aus Flüssen und Strahlen umgebildet. Die analytische »Revolution«, die das Zentralnervensystem der Moderne ausmacht, hat damit auch die architektonischen Hüllen der Humansphäre erfaßt und durch die Aufstellung eines Formen-Alphabets eine neue Kunst der Synthesis, eine moderne Grammatik der Raum-Erzeugung und eine veränderte Lage des Existierens im artifiziellen Milieu hervorgebracht. ().Die Explizitmachung des Wohnens begann wahrscheinlich deshalb fast zeitgleich mit der sehr berüchtigten Industriellen Revolution (), weil sie selbst - ebenso wie die sie begleitende Bürgerliche Revolution - auch eine Explikation war und den Startschuß gab für unsere Moderne (), die man zwar auch die 2. Halbzeit unserer Neuzeit nennen kann, aber dennoch ihre Eigenart hat. Die Explizitmachung des Wohnens benötigte aber, um wirklich eine Explikation des Wohnens zum Höhepunkt zu treiben, noch solche Modifikationen, die wohl nur eine große Krise mit sich bringen kann. Deshalb wurde nicht zufällig dieser Höhepunkt über den Tiefpunkt namens Weltkrieg(e) erreicht. Wäre in kürzester Form zu erklären, welche Modifikationen das 20. Jahrhundert am menschlichen In-der-Welt-Sein () bewirkt hat, müßte die Auskunft lauten: Es hat die Existenz als Aufenthalt architektonisch, ästhetisch, juristisch entfaltet - oder einfacher: es hat das Wohnen explizit gemacht. (). Also: Die wirkliche »Raumrevolution« des 20. Jahrhunderts ist die Explikation des menschlichen Aufenthalts oder der Bleibe in einem Interieur durch die Wohnmaschine, das Klimadesign und die Environment-Planung (bis hin zu den Großformen, die wir die Kollektoren nennen) sowie die Exploration der Nachbarschaft mit den beiden unmenschlichen Raum-Strukturen, die dem menschlichen vorgelagert oder beigeordnet sind, dem kosmischen (Makro und Mikro) und dem virtuellen. Um den Aufenthalt von Personen an bewohnten Orten explikabel zu machen, war in der Tat nicht weniger vonnöten als eine Umkehrung der Beziehung zwischen Vordergrund und Hintergrund hinsichtlich der menschlichen Beherbungsverhältnisse. In Heideggers Perspektive und Tonart gesprochen: Das In-Sein-in-Etwas-überhaupt mußte aus den Fugen geraten sein, ehe es ausdrücklich als Einwohnen-in-der-Welt ins Thema gehoben werden konnte. Während traditionell die Wohnbehausungen den tragenden Hintergrund von Lebensprozessen bildeten, wird in der scharfen Luft der Modernität auch das »lebensweltliche« Dasein von der Umweltumkehrung erfaßt. Den Selbstverständlichkeiten des Wohnens gelingt es nicht länger, im Hintergrund zu bleiben. Auch wenn wir Häuser und Wohnungen nicht immer ins Vakuum projizieren: sie müssen künftig so explizit formuliert werden, als wären sie die nächsten Verwandten der Raumkapsel. (). Hieraus ergibt sich die Definition der Architektur der Moderne (): Sie ist das Medium, in dem sich die Explikation des menschlichen Aufenthalts in menschengemachten Interieurs prozeßhaft artikuliert. Demnach stellt die Baukunst seit dem (Ende des 18.) 19. Jahrhundert etwas dar, was man im Vormärz eine »Verwirklichung der Philosophie« genannt hätte. Um noch einmal mit Heidegger zu reden: Sie vollzieht die Er-Örterung des Daseins. Sie begnügt sich nicht damit, die mehr oder weniger kunstbewußte Handlangerin der Behausungstätigkeit von Menschen zu sein, deren Spuren sich bis in das frühe Arrangement von Lagerstätten, Höhlen und Hütten zurückverfolgen lassen. Sie reformuliert die »Orte«, an denen so etwas wie Wohnen, Bleibe und Bei-sich-Sein von Gruppen und Individuen unter Bedingungen hoher Selbstbezüglichkeit, hoher Geldvermitteltheit, hoher Verrechtlichung, hoher Vernetzung und hoher Mobilisierung stattfinden kann. ().Sobald sich der Zusammenhang von Wohnen und Warten verwirrt, wie traditionell in Perioden der militärischen Krise und systematisch seit der Industriellen Revolution () mit ihren Folgen an De-Agrarisierung des Lebens, kann es dazu kommen, daß die Existierenden ihre Orientierung am maßgeblichen kurzweiligen Augenblick der Ernte verlieren. Wie, wenn der Sommer kommt, und auf den Feldern ist nichts mehr, was man einbringen könnte? Heidegger hat diese bedrohliche Möglichkeit in seiner Analytik der Langeweile evokativ beschrieben: »Dieses Langwerden der Weile offenbart die Weile des Daseins in ihrer schlechthin nie bestimmbaren Unbestimmtheit. Diese nimmt das Dasein gefangen, aber so, daß es in der ganzen weiten und geweiteten Weile nichts fassen kann als nur, daß es in ihr und an sie gebannt bleibt. .... Das Langwerden ist ein Verschwinden der Kürze der Weile.« (Martin Heidegger, Die Grundbegriffe der Metaphysik, 1929-1930, S. 229). Was Heidegger hier zur Sprache bringt, ist der Terror der Arbeitslosigkeit, der sich als Nichts-zu-tun-Haben zeigt. Die Kurzweiligkeit hat nur dann eine Chance, unser Zeiterleben zu durchgreifen, wenn wir einbezogen sind in den fruchtbaren Augenblick, der uns von sich her sagt, was jetzt zu tun ist. Der kategorische Imperativ der Agrarontologie: Verwende dich für die Ernte! ist nur befolgbar, solange zwischen Voraussicht und Erfüllung eine sinnvolle Spannung besteht. Demnach wäre das Haus der ersten Bauern eine bewohnte Uhr. Es ist die Geburtsstätte zweier Arten von Zeitlichkeit - der Zeit, die auf ein Ereignis zuläuft, und der Zeit, die wie im Kreis gehend der ewigen Wiederkehr des Gleichen dient. Durch ihre Zugehörigkeit zum ersten Projekt - dem Saat-Ernte-Zusammenhang - unterscheiden sich Häuser von den Hütten (), mit denen sie lange eng verwandt, formal oft zum Verwechseln ähnlich blieben. Zwar enthält das primitive Haus die vorzeitliche Hütte und hebt sie auf, soweit es deren Funktionen übernimmt: die Bergung des Schlafs, den Wetter- und Ungezieferschutz, die Bereitstellung einer Rückzugssphäre für Sexuelles und einer Komfortsphäre für verdauungsträge Zustände. Umgekehrt kann die Hütte nie das Haus enthalten, weil sie kein Ernteprojekt hat und sich im Obdachgeben von Tag zu Tag erschöpft. (Daher die Attraktivität der Hüttenexistenz für von Projekten erschöpfte Zivilisierte, die während ihrer Ferien in Zelten und Campingwagen ausschwärmen - zurückgezogen in Container, die ihre Bewohner zu keinem Warten auf ein Produkt verpflichten; hier kann man grillen, fernsehen, kopulieren und das Bruttoszialprodukt vergessen.) .... (). Auf den Vorschlag, Urlaub im Zelt oder im Wohnwagen zu machen, können die der Menschen, die noch nie in einem Haus gewohnt haben, wohl nur negativ regieren.Dank Heidegger - laut Sloterdijk der größte Denker Alteuropas () - sind wir sehr vielen Phänomenen erheblich näher gekommen, besonders den Phänomenen des Alltäglichen, und dazu zählt vor allem auch das Wohnen. Vor Heidegger haben sich nur sehr wenige Philosophen mit Phänomenen des Alltags beschäftigt, und die sehr wenigen, die es taten, haben bei weitem nicht Heideggers Niveau erreicht: das Eindrucksvollste, was diesbezüglich jemals vorgetragen, niedergeschrieben oder sonstwie zur Sprache gebracht worden ist.Es bedurfte Entwicklungen wie z.B. der Industriellen Revolution () und der sie begleitenden Erscheinungen - kurz gesagt: es bedurfte der Moderne -, damit Philosophen, Wissenschaftler und andere Forscher überhaupt erst auf die Idee kamen, sich dem Thema Alltag zu widmen, denn der Traditionsbruch ist die erste und die militärische Großkrise die zweite Bedingung. Der Traditionsbruch scheint zunächt und allein für bestimmte Explikationen aber noch zu harmlos zu sein - hier siegen häufig noch die Gegenmaßnahmen (deshalb taucht zu dieser Zeit auch der Begriff des Reaktionären erstmals auf) -, doch die militärische Großkrise macht mehr explizit, weil sie von großen Kriegen (Beispiel: Weltkriege) begleitet ist und zumindest immer eine Seite der Kriegsgegner so stark betrifft, daß hier der Bruch total(itär)er vollzogen wird: gewollt oder ungewollt. Ob Heidegger die Tradition retten wollte, um die Gegenwart vor dem Schlimmsten der Zukunft zu bewahren, ist weniger entscheidend als die Tatsache, daß er in die Zeit eintauchte und Phänomene entdeckte, die vor ihm noch niemand berücksichtigt hatte. Wer das Ländliche und Bäuerliche gegenüber dem (Welt-)Städtischen und Künstlichen lobt, an die Notwendigkeit der Beziehung zwischen Wohnen und Schonen erinnert, weil die Modernen sie immer mehr zum Vergessen bringen, der hat die Zukunft und die irreparablen Schäden schon berücksichtigt, die wir Umweltprobleme nennen. (). Ich habe ... schon früh in Heidegger den eigentlichen Begründer der »grünen« Bewegung gesehen, denn er war ja zumindest auch ein Philosoph des Umweltschutzes oder der Umweltbewahrung, so der Heidegger-Schüler Ernst Nolte () und auch Peter Sloterdijk, denn für ihn ist Heidegger als der erste Chirotopologe () auch der erste Ökologe () bzw. der erste Ökosoph (). Er hat explizit gemacht: Weil die Menscheninsel () ein Chirotop ist, wo kluge Hände mit Zeug () zurechtkommen, sind die Insulaner manipulative Realisten und luxurierende Treibhausgeschöpfe zugleich. (). Logisch: aktiv sind sie Belastende und Entlastende, passiv sind sie Belastete und Entlastete. Auf der einen Seite bewähren sie sich als werkzeugbewehrte Überlebenskämpfer, erfolgsbewußte Kooperateure, listige Plänemacher; auf der anderen sind sie für immer entwaffnete Nestbewohner, zitternde Ekstatiker, erwachsene Föten, die in die Weltnacht horchen und Götterbesuch empfangen. (). Sloterdijks 1. Chirotopologe und 1. Ökologe bzw. 1. Ökosoph Heidegger kann deswegen zugleich auch als der größte Denker Alteuropas () gelten, weil er die Tradition, den Bruch und als Synthesis auch die Rettung so sehr in sein riesenhaftes Werk () integrierte, daß nach ihm diesbezüglich fast nichts mehr zu sagen übrig bleibt. Man muß sich mit Heidegger auseinandersetzen - ob man will oder nicht, ist egal, denn man kommt an ihm nicht vorbei. Und: Eine Welt ohne Wohner wäre eine Welt ohne Schoner, eine Welt ohne Bauern und Techniker wäre wie eine Welt ohne Bodenbau und Überbau, ohne Leben und Überleben.Die bäuerliche Welt kennt nur den Advent, nicht das Projekt; ihre Vernunft entspringt aus der Meditation über die Nutzpflanze und ihre kosmischen Analogien. Allein durch die Tatsache, daß Aussaat stattfindet, wird auch im bäuerlichen Universum schon das investierende Handeln präfiguriert, mit dem die Einführung des Gewinngedankens in die Zeit Form annimmt; dieses Gewinndenken bleibt aber noch diskret und hintergründig. Für die ... agrarische Welt ... kann Heideggers Bemerkung gelten, daß das Schonen den »Grundzug des Wohnens« bilde. (). So spricht ... der letzte Prophet des Seins-wie-die-Pflanzen. Er war, man versteht es im Rückblick auf sein riesenhaftes Werk, der ans Ende seiner Epoche versetzte Proto-Ontologe des vegetativen Aufgehens und Gedeihenlassens. Inmitten von entgrenzten Produktionen, Investitionen und Bombardierungen begreift der größte Denker Alteuropas, auf der Schwelle zwischen Wachstumswelt und Projektwelt zögernd, noch immer das unspektakuläre Eintreten der Reife als den Archetypus des maßgeblichen Ereignisses. (). Doch gerade weil Heidegger die Projektwelt sehr gut kannte, erlaubte er sich mit Recht gegenüber diesem Nach-vorn-Geworfenen allerlei Gegen-Vorwürfe.Heidegger, dem die Phänomenologie des Wohnens (zusammen mit seinen Nachfolgern Bollnow und Schmitz) noch immer am meisten verdankt, hat den Zusammenhang zwischen dem Wohnen und dem Warten auf Zeichen des Ungewöhnlichen als Matrix der religiösen oder besinnlichen Rezeptivität erläutert: »Die Sterblichen wohnen, insofern sie die Göttlichen als die Göttlichen erwarten. Hoffend halten sie ihnen das Unverhoffte entgegen. Sie warten der Winke ihrer Ankunft und verkennen nicht die Zeichen ihres Fehls .... Im Unheil noch warten sie des entzogenen Heils.« (). In profanere Ausdrücke übersetzt (und unter Absehung davon, daß man es mit Paraphrasen zu Hölderlins poetischer Theologie zu tun hat), ergibt das die Aussage, daß wohnende Menschen sich in einer Trivialität einhausen, die es ihnen erst erlaubt, das Nicht-Triviale zu unterscheiden. (). Diese Differenzierung geschieht nicht durch ein theoretisches Urteil, sondern durch die Willigkeit und Fähigkeit des von Gewohnheiten strukturierten Lebens, mit Ungewohntem, das bei einem ankommt, etwas anzufangen. In Wohnbehälter festgesetzte Menschen wollen die Erlösung von der Trivialität, z.B. von dem Dasitzen im Eigenen, von dem Warten auf einen Anruf, von dem langweiligen Apartmentleben, von der Reizarmut im Hausleben, von der Armut des eigenen Erlebens u.s.w. u.s.w. u.s.w.. Immer mehr meldet sich der Hunger nach Wundern, nach High-Lights, nach News, nach jedem Hinweis darauf, daß irgendwo doch noch etwas los ist.
Absolute Inseln entstehen durch die Radikalisierung des Prinzips der Enklavenbildung, sagt der Philosoph Peter Sloterdijk (). Die Isolation ist es nämlich, welche die Insel zu dem macht, was sie ist. Inseln sind Weltmodelle in der Welt. Kultur ist ein Text - Kultur ist eine Syntax. Kultur ist ein Gebäude - Kultur folgt einer Raum-Erzeugungsregel.
Soll also die Isolation dreidimensional werden und freie Navigationen im Umgebungselement ermöglichen, ist die Rahmung der Insel nicht mehr durch das Aufeinandertreffen von Land und Meer an einem Küstensaum herzustellen. Absolute Inseln haben keine Küste, sondern Außenwände, und zwar auf allen Seiten. Von diesen verlangt man eine perfekte Dichtung - wer aus ihnen in ins Umgebende steigen möchte, muß darauf gefaßt sein, daß es sofort ins Tiefe geht; das Baden im All ist nur mit Hilfe von Spezialanzügen möglich, Nacktbadende im Vakuum haben eine schlechte Prognose. Entscheidend für das Design der absoluten Insel ist, daß die lose atmotopische Ausnahmesituation der Naturinsel jetzt durch die strenge Ausnahmesituation des künstlichen geschlossenen Atmotops nachgebaut werden muß. Das Atmen auf der natürlichen Insel profitiert von der spontanen Klimabildung, die sich im Wechselspiel von Meeresluft und insulaner Biosphäre vollzieht, im Inneren der absoluten Insel gerät die Atmung in die bedingungslose Abhängigkeit von technischen Luftversorgungssystemen, die durch die Forschung zu immer weiter ausgearbeiteter Explizitheit vorangetrieben werden. Das Klima der absoluten Insel ist nur als absolutes Interieur möglich, weil Inseln dieses Typs in einem für Atmer unlebbaren Milieu navigieren. Was auf der relativen Insel Umgebungselement ist, muß auf der absoluten Insel zu Innenraum werden. Wer dort ohne ein mitgebrachtes Luftmilieu zu atmen versuchte, würde in kürzester Zeit ersticken, genauer durch Vakuumembolien zu Tode kommen. (). Hier lernen die Wohnenden auf absolute Weise, was Immunität, was Immunschutz durch Hüllen () sehr explizit bedeutet.Je weiter die Explikation voranschreitet, desto mehr gleicht sich die Einrichtung von Wohnungen der Installation von Raumstationen an. (). Das Wohnen selbst und die Herstellung seiner Behältnisse wird zu einer Ausbuchstabierung all der Dimensionen oder Komponenten, die auf der anthropogenen Insel in ursprünglicher Verwachsenheit zusammengeschlossen sind - wobei sich die Zerlegung ganzheitlich verklumpter Lebensverhältnisse und ihre rationale Neuformung vorantreiben läßt bis an den Grenzwert einer Wiederholung der menschlichen Welt-Insel überhaupt im Apartment für einen einzelnen Einwohner. (). Aber nicht vergessen: Selbst ein solcher Einzel-Einwohner ist kein Individuum ! Auch bei seiner größten Einbildung nicht!Wenn wir in ferner Zukunft doch noch den Sprung vom Homo sapiens sapiens über die neue Unterart Homo sapiens autisticus zu der neuen Art Homo autisticus schaffen würden, dann würden wir vielleicht (vielleicht!) Individuen sein, aber dann interessiert das wirklich überhaupt keinen mehr, denn alle anderen würden dann ja auch Individuen sein. Wir würden dann eher das sein, was wir heute noch als abnorm ansehen: Autisten!Wenn wir ein Fazit aus unserem modernen Schaum ziehen wollen, müssen wir zunächst feststellen, daß die abendländische Moderne die bisher letzte und einzige Kulturmoderne ist, die es geschafft hat, den ganzen Globus zu erfassen und demzufolge zu einer kulturübergreifenden Größe geworden ist, die einerseits wieder zum Nomadentum tendiert und andererseits, was wirklich schlimm ist, erstmals mit vollem Bewußtsein die Verwüstung eines Planeten betreibt - zwar entwickelte jede Historienkultur () ihre ganz spezifische Moderne, aber im Vergleich zur abendländischen Moderne waren sie klitzekleine Modernchen und erreichten niemals den abendländischen Einfluß auf nahezu alle Menschen, alle Lebewesen, ja beinahe alle Existenz des Planeten. Das Paradoxon ist, daß gerade die sogenannten Menschenrechte einen der größten Beiträge dazu leisten, die Verwüstung des Planeten zu legitimieren und, noch schlimmer, zu legalisieren! Bürgerliche Rechte als moderne Rechte, zivilisierte Rechte, sollen Rechte des Individuums sein - alle internationalen Rechtsformulierungen beginnen mit one (entweder every one oder no one), mit dem Einen als Einzelnen, als Selbst, als Individuum - und sollen, z.B. mit Hilfe euphemistischer Begriffe, den Individualismus und den Solipsismus beschönigen, können aber nicht die Frage beantworten, was eigentlich so unteilbar, so individuell, so atomar an diesen Einzelnen sei, denn seit Planck (), Hahn () und Heisenberg () wissen wir definitiv: Ein Atom ist nicht unteilbar (griech. átomos). Ein Atom ist teilbar, ein Individuum ist teilbar! Das Selbst muß also als Teilhaber definiert werden! Wenn wir von der Symmetrie der Wohnungen und Schonungen ausgehen müssen, dann müssen wir auch berücksichtigen, warum der spezifische Ort für Menschen von Anfang an funktional die Qualitäten eines technisch eingeräumten externen Uterus hat, in dem sie auch als Geborene zeitlebens Ungeborenenprivilegien genießen, wie vor allem Heidegger und Sloterdijk behaupten, denn für sie reproduzieren sich die werdenden Menschen zunächst und ausschließlich in einer Schonung; die Schonung, in der es Menschen gibt, ist also ein Effekt einer primitiven Technik. (). Um die planetaren Verwüstungen und Weisen der Umweltzerstörung () wirksam einschränken zu können, muß man unserem Planeten und den auf ihm lebenden und wohnenden Pflanzen, Tieren und Menschen einen Anwalt geben - nicht individuell, sondern teilhaberisch - oder zusehen, daß die Schwachen immer mehr werden. Immer mehr schwache Menschen, Tiere und Pflanzen sind aber immer mehr nur das Produkt jenes Egoismus, den die individualistischen und solipsistischen Menschenrechte fördern; auf sie kann und will der sogenannte Westen (das Abendland) nur deshalb stolz sein, weil die meisten seiner wenigen Privilegierten ihren immer größer werdenden privaten Reichtum durch genau diese ihre paradoxen Menschenrechte noch effektiver schützen können. Um es deutlicher zu sagen: Alle nicht-abendländischen Kulturen, die heute noch existieren - die ostasiatisch-chinesische (), die südasiatisch-indische (), die persisch-arabische () -, sind schon vor langer Zeit zu Zivilisationen, also zu zivilisierten Kulturen geworden und gehen moralisch und rechtlich nicht vom Individuum aus, sondern von der Familie, der Gruppe, der Sippe, der Gemeinschaft . Zu dieser Tradition gehören 60-70% der Weltbevölkerung, und weil auch die primitiven Kulturen nicht vom Individualismus ausgehen, sind es sogar über 80% der Weltbevölkerung (). Die können wir Westler nicht einfach verleugnen; wir müssen sie, ihre Bräuche und Traditionen zumindest respektieren. Da gegenwärtig auch noch die Demographie für die abendländische Kultur ungünstig und für den nicht-abendländischen Rest der Welt günstig ist, könnte es nur noch eine Frage der Zeit sein, wann wir uns mit unseren eigenen Waffen geschlagen haben werden.Weil wir und vor allem unsere Privilegierten den Egoismus, den Kern des Kapitalismus als einen unteilbaren Kern auch in Zukunft verteidigen (lassen) werden und auch wegen der Wahrscheinlichkeit, daß unsere vom atomaren Zustand zum nur noch mathematisch feststellbaren unendlich kleinen Pünktchen verrechtlichten Individuen in ihrem Human-Vakuum isoliert geblieben sein werden, wird es trotz oder eher sogar wegen unserer Kriegsmüdigkeit sehr wahrscheinlich zu einer Entscheidung gekommen sein über unsere Kriege gegen das, was Oswald Spengler das zwischen weißer Weltrevolution () und farbiger Weltrevolution () zukünftig mögliche Bündnis () nannte und wir heute (viktimologisch, als seien nur wir Opfer und deshalb als Täter entschuldigt) den Globalen Terrorismus () nennen, obwohl wir ihn eigentlich, nämlich von unserer aktiven Seite her, Globalismus-Terror nennen müßten, denn diese Globalismus-Phase (Befruchtung oder Cäsarismus) ist eine Phase der abendländischen Kultur - sie geht also aktiv von uns aus, vom Westen, vom Abendland. Weil die bösartigen Reaktionen darauf eher zunehmen als abnehmen und die zunehmenden Gegenreaktionen darauf eher bösartig als gutartig sein werden, wird auch immer mehr die nur eine Seite des Individualismus offenkundiger werden. Der Individualismus ist nur von einer Seite her begründet und auch deshalb schon vom Ansatz her falsch. Der Ansatz hätte nicht individuus = unteilbar lauten dürfen, der Ansatz hätte dividuus = teilbar lauten müssen. Man hätte nicht vom Individuum, sondern vom Dividuum sprechen müssen.In unserem modernen Recht ist also schon der Ansatz falsch, weil er vom Individuum, von einem unsinnigen Begriff ausgeht. Auch spricht unser modernes Recht nicht mehr von der Gemeinschaft, sondern allenfalls von der Gesellschaft, von einem ebenso unsinnigen Begriff. Individuum und Gesellschaft - unzählige Leute haben sich damit beschäftigt - sind moderne bzw. zivilisierte Begriffe, die davon künden, daß man zur Kultur nicht mehr fähig ist. Die Kultur kann nur noch als Zivilisation verstanden werden, obwohl fast niemand wirklich begreift, was das bedeutet. Da aber jede Kultur, sobald sie erwachsen und reif geworden ist, zur Zivilkultur (Zivilisation bezeichnet also eigentlich nur den Prozeß einer zivilen Kultur) geworden ist, so ist dadurch auch unvermeidlich geworden, daß mit ihr z.B. diese merkwürdigen Umformulierungen einhergehen: das Selbst wird zum Individuum verklärt, die Gemeinschaft wird zur Gesellschaft degradiert, die traditionelle Sitte wird zur allmenschlichen Moral verklärt, ohne die riesige Mehrheit zu berücksichtigen, die darin die Privilegien der wenigen Reichen erst richtig erkennt. Privilegierte Westler reden vom politisch-militärisch notwendigen präventiven Erstschlag - eine Viktimologie (!), denn die vorausgesetzte und suggerierte Opferrolle soll die Täterrolle entschuldigen, legitimieren, ja sogar legalisieren. (). Privilegierte Westler predigen die soziale Gerechtigkeit - eine Tautologie (!), denn in dem Wort Gerechtigkeit ist das Soziale immer schon enthalten. Privilegierte Westler sagen Bürgerinnen und Bürger, Wählerinnen und Wähler u.s.w. - eine Tautologie (!), denn in dem Pluralmorphem er ist das Weibliche immer schon enthalten. Diese Beispiele ließen sich bis ins Unendliche fortführen: von der priviligierten Seite her sollen sie entschuldigen, täuschen und ablenken, von der lobbyistischen Seite her sollen sie den Aufstieg ins Privilegierte ermöglichen, aber die Konsequenz ist, daß die wirklich Betroffenen nur noch mehr ins ohnmächtige Abseits verdrängt werden.In der modernen Weltpolitik rückt der Schlußverkauf immer näher: wer hier noch aktiv sein will, muß sich anstellen, soll heißen: nicht großartig anstrengen, aber immer viktimologisch argumentieren () - die Privilegierten (Regierenden) und die Lobbyisten machen es ja vor -, so sprechen und tun, als ob man immer nur das Opfer gewesen sei, um zumindest den Sprung in die Lobby zu schaffen, immer näher an die durch die Opferrolle verheimlichte, entschuldigte, legitimierte und legalisierte Täterrolle, die große Politik, zu kommen. Dies hat enorme Konsequenzen: Mitbestimmung ist nicht mehr eine Sache der Mehrheit, des Volkes, also der Demokratie, sondern einer Minderheit, die mit jeder Tradition zu brechen bereit ist, die Zugeständnisse an fremde Minderheiten machen muß, weil die Viktimologie deren Gemeinsamkeit ist, zum Bündnis oder zumindest zu einer (un)heimlichen Verschwörung zwingt, worin Hierarchie und Machtverhältnisse immer wieder neu verhandelt und ausgetragen werden müssen; dies alles geschieht auf Kosten der Mehrheit, des Volkes, der Demokratie, und fördert die Diktatur von Meinungen und Tugenden, wobei der große Vorteil der Privilegierten und u.a. darin besteht, weiterhin von Demokratie sprechen und von Plutokratie schweigen zu können, obwohl in Wirklichkeit über beiden die Zeusiokratie () thront: Befruchtung oder Cäsarismus (), das ist die Frage, und die beantworten Privilegierte zugunsten der Befruchtung, weil ja im Hintergrund der Cäsarismus operiert. Was nützt z.B. der Slogan Demokratie und Reichtum für alle, wenn dahinter nur die Privatdemokratie und der Privatreichtum der wenigen Privilegierten operiert; was nützt der Mehrheit eine Meinungsfreiheit, wenn sie in Wirklichkeit nur die Meinungen von ca. 100 Reichen hören oder sonstwie zur Kenntnis nehmen darf. Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und überhaupt Medienfreiheit: in einer Mediokratie die Freiheit dieser ca. 100 Reichen; nur sie werden gehört oder sonstwie zur Kenntnis genommen, während der ausgegrenzte Rest das Freiheitsrecht zwar ausüben darf und sogar soll, aber effektiv nicht kann, weil er nicht gehört oder sonstwie zur Kenntnis genommen wird. Der individuelle Horror an dieser Ausgrenzung ist die Unmöglichkeit des Teilhabens, z.B. an den Bestimmungen und Entscheidungen über das Gemeinsame, das Tabu, Dividuum oder Teilhaber sein zu dürfen, das Totem, Individuum oder Nicht-Teilhaber sein zu müssen - im Human-Vakuum der nur noch mathematisch feststellbaren unendlich kleinen Pünktchen. (). Wer den Individualismus will, will die Leichtigkeit des Seins, die unerträglich nur werden kann, weil der zum Individuum (v)erklärte Einzelne dort zu schweben hat, wo keiner ist und nur das leichte Nichts noch belastet - langweilig.Wie stark das Ausmaß einer drohenden Umweltkatastrophe werden kann, zeigt gegenwärtig die Arktis sehr deutlich: Inzwischen befürchten Klimaforscher, daß der sogenannte Umkippunkt erreicht ist, von dem an im Sommer mehr Eis abtaut als im Winter nachwächst. (). Hinzu kommt, daß das Meereis nicht nur in der Flächenausdehnung abnimmt, sondern auch dünner wird. In Zusammenarbeit mit der Universität Bremen haben wir auf Ellesmere Island die bodennahen Ozonwerte gemessen. Sie sind Mosaiksteinchen in dem riesigen Puzzle des Klimageschehens und helfen uns, die Zusammenhänge zu verstehen. Insgesamt sind die Signale alarmierend: Wir können die Folgen des Klimawandels nicht mehr übersehen (). Auch wenn einige Unternehmen bereits frohlocken, weil die Bodenschätze in Nordpolnähe endlich in Griffweite sind und ein weitgehend eisfreies Polarmeer neue Schiffahrtsrouten möglich macht - in dieser Entwicklung wird es keine Gewinner geben. Der frühere Weltbank-Chefökonom Nicholas Stern beziffert die weltweiten Folgekosten des Klimawandels auf eine schier unglaubliche Summe: 5,5 Billionen Euro. (Arved Fuchs, Das Eis schmilzt unaufhörlich, in: National Geographic Deutschland, Januar 2007, S. 131). Die Thesen von Nicholas Stern sind jedoch mit einem großen Fragezeichen zu versehen, weil Stern (a) berühmt werden will, (b) einen Nobelpreis haben will, (c) in seinem Bericht (auch Stern-Bericht genannt) extrem pessimistische Szenarien beschreibt, die Schäden viel zu hoch und die Kosten, z.B. für die Emissionsreduktion, viel zu niedrig ansetzt, um die entsprechenden Effekte in Medien, Politik und Gesellschaft zu erzielen, die er für seine persönlichen Vorteile und Erfolge - siehe (a) und (b) - braucht.Aber wie weit sollen Zynismus und Mißbrauch von Umwelt und Begriff Umwelt noch gehen? Wann endlich werden die Naturausbeuter, die Pflanzenmörder und Tiermörder tatsächlich und wirklich bestraft? Zuerst einmal müssen die Politiker endlich begreifen, daß im Gegenteil zu den grünen Träumereien der sogenannte gesellschaftliche und ökonomische Fortschritt geradezu in ihrer Verletzung liegt. Pflanzen und Tiere werden faktisch erst dann geschützt, wenn für sie ein geldliches Verwertungsinteresse besteht. Es werden z.B. bestimmte abgeholzte Pflanzen, weil sie als Hölzer genutzt werden, vor ihrer Ausrottung geschützt; es werden z.B. bestimmte Tiere, weil ihre Pelze getragen werden, vor ihrer Ausrottung geschützt. Mit anderen Worten: Schutz erfahren de facto nur solche Lebewesen, die wegen ihres wirtschaftlichen Nutzens benötigt werden.Bedeutsamer als die politisch begründeten juristischen Gesetze, weil sie fast alle auf micheliger Träumerei beruhen, sind also die biologisch begründeten sozio-ökonomischen Fakten. Und das müssen auch die Politiker und Juristen endlich begreifen, bevor sie mit ihrer nächsten micheligen Träumerei wieder nur den Verbrechern dienen. Die von den Politikern und Juristen formulierten Gesetze, vor allem die fälschlicherweise oder mit viel Zynismus Menschenrechte genannten Individualrechte dienen den ohnehin schon Mächtigen und den Verbrechern - oft sind die beiden Wörter Mächtige und Verbrecher sogar mit Recht wie Synonyme zu verwenden. Wir brauchen Gesetze und Regeln, aber andere als die, die heute noch gelten. Diese müssen alle umformuliert werden. Man muß zunächst einmal wissen, was und wie der Mensch wirklich ist. Immer wieder von jenem Menschenbild auszugehen, das der Wirklichkeit nicht entspricht, hat immer wieder nur fatale katastrophale Folgen.
Jährlich verschwinden schätzungsweise bis zu 35000 Arten für immer von der Erde. Die Geschwindigkeit des globalen Artenverlustes liegt ca. um den Faktor 1000-10000 über der natürlichen Aussterberate von ca. 10 Arten pro Jahr (bei z.B. der Klasse der Säugetiere: 1 Art in 400 Jahren). Vom Aussterben bedrohte Arten stehen seit Beginn der 1960er Jahre in Roten Listen. Ein Auszug daraus:
Zu den in dem Jahr 2004 beschriebenen und wissenschaftlich benannten fast 2 Millionen Arten kommen jährlich rund 15000 Arten hinzu. Laut Wissensstand aus dem Jahr 2004 scheint die Klasse der Insekten mit 990000 Arten am vielfältigsten zu sein, gefolgt von dem Reich der Pflanzen mit 300000 Arten. Die Vielfalt der Abteilung der Pilze und die Vielfalt des Stammes der Weichtiere sowie die Vielfalt der Ordnung der Spinnen sind jeweils (jeweils!) fast doppelt so groß wie die Vielfalt des Unterstammes der Wirbeltiere (ca. 58000 bekannte Arten - laut Wissensstand aus dem Jahr 2004). Bekannt ist jedoch nur ein Bruchteil aller Arten. Schätzungen für die Gesamtzahl liegen in der Größenordnung von 10 bis 100 Millionen (also 5mal bis 50mal mehr als die aus dem Jahr 2004 bekannten Arten [2 Millionen {d.h. 20% von 10 Millionen bzw. 2% von 100 Millionen}]) und werden durch die Zahl der unbekannten Insektenarten dominiert. Die globale Vielfalt an pflanzlichen und tierischen Lebewesen ist sehr inhomogen verteilt. So beherbergen z.B. die feucht-warmen tropischen Regenwälder, obwohl sie nur 7% der Landfläche bedecken, nahezu 90% der an Land vorkommenden Artenvielfalt. Von Lösungen für bedrohte Arten soll aber schweigen, wer von Lösungen für bedrohte Völker oder Rassen nichts wissen will!Biologische Vielfalt und Biodervisität gehen als Begriffe über den Begriff der Artenvielfalt (Verschiedenheit aller Pflanzen- Tierarten) hinaus und erfassen zusätzlich die Vielfalt der Ökosysteme und der Sorten jeder einzelnen Spezies. Das Ziel des Erhalts der biologischen Vielfalt folgt zum einen aus der Anerkennung ihres Eigenwerts, zum anderen gründet es auf der Erkenntnis, daß eine Vielfalt der Erscheinungsformen Grundvoraussetzung für die Stabilität der Ökosysteme ist, von deren Leistungen auch der Mensch abhängt. Nicht zuletzt stellt die Biodervisität eine ökonomische Ressource dar. Der Marktwert aller biogenen Medikamente z.B. wird auf 75-150 Mio US-$ p.a. geschätzt. Die Gesundheitsversorgung von drei Vierteln der Weltbevölkerung stützt sich direkt auf natürliche Heilmittel. Trotz des Wissens um ihre zentrale Bedeutung setzt sich der Verlust an biologischer Vielfalt mit großer Geschwindigkeit fort. Zu den wichtigsten Ursachen für den Verlust biologischer Vielfalt gehören:Am 30.03.2005 wurde die bisher größte und umfassendste Untersuchung des Zustands der globalen Umwelt - das Millenium Ecosystem Assessment (MEA) - veröffentlicht. Vier Jahre lang hatten fast 1400 Wissenschaftler aus 95 Nationen unter dem Dach der UNO den Zustand von Ökosystemen analysiert. Die Ergebnisse des insgesamt 2500 Seiten langen Berichts sind alarmierend: In den 40 Jahren von 1960 bis 2000 haben Menschen die Ökosysteme schneller und tiefgreifender verändert als jemals zuvor! Die Beeinträchtigung der Umwelt - insbesondere in den Entwicklungsländern, d.h. in der 3. Welt und größtenteils auch in der 2. Welt - ist jedoch so gravierend, daß künftige Generationen wohl notwendigerweise andere Wirtschafts- und Konsumstile entwickeln werden (müssen!), falls solche Veränderungen nicht durch andere, - nämlich von außen kommende - Einflüsse (z.B. Katastrophen u.ä.) erzwungen und auch nicht mit Hilfe von Wissenschaft und Technik (z.B. Ökotechnik u.ä.) überflüssig bzw. unnötig gemacht werden. Der MEA-Bericht von 2005 präsentiert u.a. folgende Fakten:
Bevölkerung und Umwelt korrelieren miteinander wie Wohnen und Schonen. Bevölkerungsprobleme und Umweltprobleme sind wie Wohnprobleme und Schonprobleme immer im Zusammenhang zu sehen. Also werden auch die globalen Umweltprobleme erst dann gelöst werden können, wenn die Geburtenrate der Menschheit auf die bestandserhaltende Rate (2,13 Kinder pro Frau) gesunken sein wird, nämlich - dies ist wichtig -, indem die Geburtenrate der 3. Welt (und zum Teil auch der 2. Welt) auf 2,13 Kinder pro Frau gesunken, aber die Geburtenrate der 1. Welt (und zum Teil auch der 2. Welt) auf 2,13 Kinder pro Frau gestiegen sein wird (würde []; der Konjunktiv muß sein, denn wir können gar nicht genau wissen, ob es sich so ereignen wird). Doch nur so wird es gehen, denn sonst wird es nur noch viel mehr Probleme geben. Wer von Lösungen der Bevölkerungsprobleme nichts wissen will, soll von Lösungen der Umwelprobleme schweigen!Gedanken-Experiment: Schrumpfung der Opfer (Pflanzen und Tiere) und Schrumpfung der Täter (Menschen, vor allem aus den reichen Ländern, also aus dem Westen [Abendland] und seinen Ablegern) korrelieren miteinander. Das Schrumpfen der Opfer ist stärker beschleunigt als das Schrumpfen der Täter, denn das Schrumpfen der Bevölkerungen aus dem Westen und seinen Ablegern steckt ja noch in seinen Anfängen. Trotzdem ist der Zusammenhang deutlich erkennbar. Zwar gehören zu den Tätern auch Menschen der 2. Welt und 3. Welt, doch deren Verhaltensweisen sind ja lediglich die Folgen aus der Übernahme von Technik, Wissenschaft und Wirtschaftsweise der 1. Welt, also des Westens (Abendlandes). Hieraus folgt, daß Umweltschutz bzw. ehrliche Umweltpolitik nur betreiben kann, wer die Politik der 1. Welt bekämpft; und weil dies wiederum mit Notwendigkeit an der demographischen Entwicklung deutlich ablesbar ist, sind allen Politikern mit ihren Lügen alle Wege zur Ausrede versperrt! Erst wenn die Bevölkerungen der 1. Welt wieder wachsen werden, werden auch die Arten der Opfer wieder wachsen können. Und die Bevölkerungen der 1. Welt werden erst dann wieder wachsen können, wenn die 1. Welt die Kehre ihrer Umweltpolitik vollzogen hat. Davon ist sie gegenwärtig aber leider noch meilenweit entfernt. Und dazu kommt, daß die 2. Welt und die 3. Welt die heutige Umweltpolitik der 1. Welt übernehmen und auch deshalb die bisherigen Umweltzerstörungen noch überbieten und beschleunigen werden, weil die abendländisch dominierte Organisation namens UNO (), die angeblich eine Weltgemeinschaft sein soll und in Wirklichkeit von einer solchen noch meilenweit entfernt ist, über die Menschenrechte genannten Individualrechte die Umweltzerstörungen ausdrücklich erlaubt, ja sogar fordert (!). Daraus folgt: Welt und Umwelt sind nur zu schonen, wenn die heutige westlich (abendländisch) dominierte Politik bekämpft wird, denn dadurch wird letztendlich auch der ebenfalls immer mehr auf Schonung angewiesene Westen (das Abendland) gerettet. Einen sehr wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt () liefern nationale und internationale Schutzgebiete, in denen menschliche Aktivitäten (z.B. in Land- und Forstwirtschaft u.a.) Einschränkungen unterworfen werden. Neue Forschungen belegen, daß diese Schutzgebietssysteme - entgegen häufig geübter Kritik - sehr effizient sind. Im Gegensatz zu den umgebenden Gebieten können z.B. Rodungen sowie andere Nutzungsänderungen in Schutzgebieten meist vermieden und damit Lebensräume für Pflanzen- und Tierarten erhalten werden. Die weltweite Zahl der Schutzgebiete hat im Jahr 2003 die Marke von 100000 überschritten. Ende des Jahres 2004 betrug die weltweit unter Schutz stehenden Fläche (Land und Meer) 19,5 Mio. km² (). Der Naturschutzgedanke stammt aus der Romantik ().
Einer der entscheidenden Bahnbrecher des Naturschutzes war der Naturforscher und Forstwissenschaftler Johann Matthäus Bechstein (1757-1822). Als einer der ersten Akte des Naturschutzes kann der im Jahre 1803 erfolgte Schutz des Bamberger Hains angesehen werden. 1836 wurde ein Teil des Drachenfelsens von der preußischen Regierung aufgekauft, um einen weiteren Abbau des Berges zu verhindern; dies wird oft als Einrichtung des ersten Naturschutzgebietes angesehen (formale Unter-Schutz-Stellung aber erst 1922), obwohl es ja bereits vorher anderenorts zu lokalen Schutzmaßnahmen kam, wie schon gesagt (z.B. 1803 die des Bamberger Hains). 1852 wurde die Teufelsmauer im Harz als Schutzgebiet ausgewiesen. 1875 wurde das Schutzwaldgesetz erlassen, wurde der Deutsche Verein zum Schutz der Vogelwelt gegründet, und 1876 wurde ein erster Entwurf für ein Reichsvogelschutzgesetz erarbeitet; es trat 1888 in Kraft. Den Naturschutz als Begriff kreierte wahrscheinlich erst Ernst Rudorff (1840-1916) mit seinem Tagebuch-Eintrag vom 9. November 1888: einen wichtigen Brief geschrieben ... über den Naturschutz. 1899 gründete Lina Hähnle (1851-1941) den Deutschen Bund für Vogelschutz, heute bekannt unter dem Namen Naturschutzbund Deutschland. 1902 trat das erstes Landschaftsschutzgesetz für Preußen in Kraft. Für ganz Deutschland wurde 1904 der Bund für Heimatschutz gegründet. 1906 wurde eine staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen unter der Leitung von Hugo Wilhelm Conwentz (1855-1922) eingerichtet. Der Naturschutzpark Lüneburger Heide entand 1910 in privater Initiative (Verein Naturschutzpark e.V.; die staatliche Ausweisung als Naturschutzgebiet erfolgte erst 1921). 1912 wurde der Pflanzenschonbezirk Berchtesgadener Alpen fertiggestellt - als Vorläufer des heutigen Nationalpark Berchtesgaden. 1913 erfolgte die Schutzaktion zur Erhaltung des Landschaftsbildes im Hönnetal. 1919 verpflichtete sich das Deutsche Reich mit dem Artikel 150 der Weimarer Reichsverfassung zur Erhaltung und Pflege der Natur. 1935 trat das Reichsnaturschutzgesetz () - die Grundlage für alle späteren Naturschutzgesetze in Deutschland - in Kraft.Der WWF wurde 1961 gegründet. Europäisches Naturschutzjahr war das Jahr 1970. 1972 erregte der Club of Rome () mit Dennis Meadows und seinem Buch (Titel: Die Grenzen des Wachstums) ein weiteres großes öffentliches Interesse am Naturschutz. Wir stellen mit dem Naturschützer, Ökologen und Biologen Josef H. Reichholf fest, daß grenzenloses Wachstum, perfektes Recycling, perfekte Nachhaltigkeit unmöglich sind! Denn gäbe es tatsächlich vollständige Kreislaufwirtschaften (ein perfektes Recycling), würde dies den Grundgesetzen der Natur widersprechen, genauer: dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (). Die perfekte Nachhaltigkeit wäre ein »Perpetuum mobile«. Sie ist eine Unmöglichkeit. Somit kann Nachhaltigkeit ohne steuernde und ergänzende Eingriffe durch den Menschen nur bedeuten, vorhandene Ressourcen so schonend zu nutzen, daß sie möglichtst lange vorhalten. Das bedeutet Verzicht in der Gegenwart zugunsten späterer Nutzungen. Verzichten kann man dort am ehesten, wo viel vorhanden ist. Herrscht Mangel, schränkt dieser die Nutzungsmöglichkeiten entsprechend ein. Kapital für die Zukunft läßt sich unter solchen Bedingungen schwerlich zurückhalten und aufbauen. Wo hingegen Überschüsse vorhanden oder (leicht) zu erwirtschaften sind, könnte zwar gespart werden, aber so ein zurückhaltend-schondender Umgang mit den Ressourcen erzeugt unausweichlich das Problem der Konkurrenz. Wer in der Gegenwart mehr Umsatz macht, gewinnt Vorteile. Und das um so mehr, je stärker sich der Konkurrent zurückhält. Konventionen und Beschränkungen sollen in der menschlichen Gesellschaft die Wirtschaft »sozial« - und damit im Zaum - halten. Das gelingt bekanntlich selbst innerhalb eines Staates zumeist nur unbefriedigend. Zwischen den Staaten und insbesondere zwischen verschiedenen Wirtschaftssystemen funktioniert die Zurückhaltung zugunsten der Zukunft noch weniger. Wer nur ein wenig abweicht, gewinnt gleich viel, solange sich die anderen beschränken. Der Verbrauch an Ressourcen wird dadurch kaum gebremst. Das hat die jüngste Vergangenheit seit den weltweit verbreiteten Warnungen von der Endlichkeit der Ressourcen durch den »Club of Rome« und die »Grenzen des Wachstums« von Dennis Meadows klar gezeigt. Sicher hätten Meadows und der »Club of Rome« recht bekommen mit ihren Hochrechnungen, wenn seit den 1970er Jahren nicht neue Funde von Ressourcen und veränderte Technologien die Grenze(n) hinausgeschoben hätten. Daß es um die Jahrtausendwende nicht zum prognostizierten globalen Crash gekommen ist, verdanken wir auf keinen Fall einsichtigem Handeln nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit, sondern neuen Funden von Vorräten und verbesserten Technologien. (Josef H. Reichholf, Stabile Ungleichgewichte, 2008, S. 117-118).Naturschutz sei kaum noch möglich, so Harald Lesch 2009, weil wir uns und mit uns auch andere Lebewesen in fremde Gebiete bringen und dabei z.B. mit unseren Containerschiffen ungefähr 1 Milliarde mal schneller bewegen als die Kontinentaldrift (eine wenige Zentimeter pro Jahr [wie auch z.B. unsere Fingernägel]), die ja in etwa identisch ist mit der natürlichen Ausbreitung. Was wir anrichten, ist eine Beschleunigung der Zuwanderung: Von ursprünglich - also natürlicherweise - 10 Arten pro Millionen Jahre sind es jetzt 10 Arten pro Jahr. Die Evolution wird von uns einfach überrollt. Wie eine Tsunamiwelle rasen die Invasoren in ihre neue Umwelt. Ja, und dann heißt es: Die Natur soll geschützt werden. Nur: Welche Natur sollen und wollen wir eigentlich schützen? (Harald Lesch, in der Fernsehsendung Abenteuer Forschung, Januar 2009). So etwas Komplexes wie die Natur läßt sich offenbar nicht untertan machen, wie es in der Bibel heißt, auch nicht kontrollieren, wie Unverbesserliche meinen. Das Reich der biologischen Möglichkeiten ist derartig groß, daß wir nie wirklich sicher sein können, was wir eigentlich anrichten. (Ebd.). Aber wir können jetzt nicht resignieren, denn wenn wir keinen Naturschutz mehr betreiben würden, würden sehr viele Lebewesen, darunter auch wir Menschen, von einer möglichen riesigen Katastrophe noch eher betroffen sein. Außerdem spricht Lesch, seit er nicht mehr in einer BR-Nachtsendung, sondern in einer ZDF-Abendsendung sprechen darf, über die Natur so, als sei er vom Physiker zum Lobbyisten umoperiert worden.Der Naturschutz kann trotz seiner gerade in der jüngeren Vergangenheit gemachten Fehler immer noch auf seine Erfolge verweisen. Nur fällt es dem staatlichen, noch mehr aber dem in Verbänden organisierten Naturschutz sehr schwer, die vielen und höchst beachtlichen Erfolge zu verkünden, obgleich es sie gibt und obwohl der private Naturschutz wirklich stolz auf das unter solch widrigen Rahmenbedingungen Erreichte sein kann. Viele Arten haben kräftig zugenommen, vor allem größere Säugetiere und Vögel, die früher verfolgt worden waren und nun seit Jahrzehnten geschützt sind. In Mitteleuropa leben gegenwärtig mehr Großvögel und größere Säugetiere als seit vielen Jahrhunderten. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 237). Vielleicht ist Herrn Reichholf einfach nur noch nicht aufgefallen, daß die Anzahl der Insekten rapide zurückgegangen ist, so auch die der Vögel, Fledermäuse, Mäuse und vieler anderer Tiere, daß die Böden fast nichts mehr hergeben für die ihn benötigenden Tiere und die anderen Tiere durch die Windindustrie getötet werden.Der Bevölkerung wird ein ziemlich verzerrtes Bild vom tatsächlichen Zustand unserer Natur vermittelt. In weiten Bereichen Mitteleuropas gibt es inzwischen, abgesehen von wenigen, mit gewisser Berechtigung als gefährlich eingestuften Großraubtieren (Braunbär, Wolf), wieder das nahezu gesamte Spektrum an Säugetieren wie vor 200 oder 250 Jahren. Die meisten kommen sogar erheblich häufiger vor als in früheren Jahrhunderten. Neue Arten kamen hinzu, so daß auch bei den Säugern, wie bei den Vögeln, die Gesamtbilanz nach 100 Jahren positiv aussieht. Mit den paar noch fehlenden »Großen« würden wir durchaus auch leben können .... (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 243). In den 1970er Jahren war es noch so, daß man die Wasseranlage für die Scheibenwischer bei gutem Wetter während der entsprechenden Jahreszeit nur wegen der vielen Insekten anstellen mußte. Wie ist es heute? Es sind gar keine Insekten mehr an der Windschutzscheibe, und zwar unabhängig davon, welches Wetter und welche Jahreszeit gerade ist. Dank Massenmord! Keine Insekten mehr an der Windschutzscheibe!Zusammengefaßt bedeutet dies, daß für die größere Tierwelt, insbesondere für Säugetiere und Vögel, unsere Zeit nicht die schlechteste ist. Viele Arten treten viel häufiger auf als früher. Manche, die am Rand der Ausrottung waren, kommen ... bei uns in Deutschland längst wieder in gut gesicherten Beständen vor. Anzuführen sind hierzu neben den fast überall so erfolgreich wiedereingebürgerten Bibern und den »an den Grenzen im Osten stehenden« Elchen, die wohl bald, wie schon nach Österreich, auch nach Deutschland kommen werden, insbesondere Großvögel wie Kranich (Grus grus), Schwarzstorch (Ciconia nigra), Seeadler (Haliaaetus albicilla) und Fischadler (Pandion haliaetus). Die beiden letzteren kommen nach weltweiten Maßstäben in Ostdeutschland inzwischen in den größten örtlichen Beständen überhaupt vor. Ihre Brutvorkommen weiten sich aus. Bei See- und Fischadler ist zu erwarten, daß sie in naher Zukunft in Deutschland schon mit jeweils 500 Brutpaaren vertreten sein werden. Der Niedergang des Weißstorchs (Ciconia ciconia) konnte in den letzten beiden Jahrzehnten erfolgreich gestoppt und offenbar in eine Wiedererholung des Bestandes umorientiert werden. Steinadler (Aquila chrysaetos) besiedeln den deutschen Alpenrand Revier an Revier, und auch die größte Eule, der Uhu (Bubo bubo) gehört zu den Gewinnern im Artenschutz. Mancher Fluß hat wieder Lachse (Salmo salar) oder Huchen (Hucho hucho) und an der deutschen Nordseeküste entwickelte sich nach Einstellung der Jagd der Bestand des Seehundes (Phoca vitulina) im Wattenmeer steil aufwärts. Ausflügler können die zunehmend vertrauter werdenden Robben nun wieder an zahlreichen Stellen bewundern. Der Naturschutz hat sich gelohnt. Er war erfolgreich, und die Anstrengungen, das Erreichte zu erhalten, müssen fortgesetzt werden. Die Nutzungsinteressen anderer bedrängen die meisten der häufiger gewordenen Arten schon wieder. Die tatsächlich starken Rückgänge bei vielen kleinen Arten, die ... von sonnigen, trockenen und »mageren« Lebensräumen abhängen oder denen die Moore und Sümpfe trockengelegt und in fettes Agrarland umgewandelt wurden, bilden die Verlustseite in der Entwicklung im Artenspektrum der Tiere und Pflanzen in Mitteleuropa. Die Bestandserholungen und Zugewinne gerade bei den größeren und auffälligeren Arten schlagen als Gewinne zu Buche. Die Natur Mitteleuropas ist im 20. Jahrhundert, vor allem in dessen zweiter Hälfte, sicherlich sehr stark verändert worden. Aber unsere Tier- und Pflanzenwelt stellt keinen hoffnungslosen Fall dar. Wir kennen die Gründe der Gefährdung und könnten diese daher, anders als das Wetter und das Klima (), an geeigneten Orten und im nötigen Umfang durchaus gezielt ändern. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 243-244). Nicht die Vergangenheit, sondern die Gegenwart ist hauptschuldig! Und durch Massenimmigration werden unzählige heimische Arten zum Aussterben gebracht. Seit es die politische Partei mit dem verlogenen Namen Die Grünen gibt, ist die Zerstörung der Natur ins Unermeßliche gestiegen. Kein Wunder, denn wenn es keine Umweltzerstöung mehr gäbe, wäre diese miese Partei am Ende, folglich sorgt sie für mehr und immer mehr Umweltzerstörung. Die Grünen sind die Anti-Grünen.Die tropischen Regenwälder waren nach dem nordischen Nadelwald, der Taiga, die sich über den borealen Bereich von Eurasien und Nordamerika erstreckt, bis in die jüngste Vergangenheit die größten Wälder der Erde. Noch um die Mitte des 20. Jahrhunderts bedeckten die tropischen Regenwälder, fast unangetastet, eine Fläche von rund 12 Millionen Quadratkilometern (). Zur Jahrtausendwende, also nur 50 Jahre später, war davon bereits etwa die Hälfte vernichtet. Satellitenaufnahmen, die seit den 1990er Jahren mit guter Auflösungsqualität vorliegen, belegen, daß seit 1994 allein im Regenwald Amazoniens pro Jahr zwischen 1,5 und 3 Millionen Hektar abgeholzt und abgebrannt worden sind. Eine derart hohe Entwaldungsrate hatte es nur während der Vernichtung der Wälder in den heutigen USA etwa zwischen 1750 und 1900 gegeben. Dieser Waldvernichtung fiel der Laubwald der gemäßigten Klimazone Nordamerika bis auf wenige Prozent Restvorkommen zum Opfer. Die jährliche Rodungsrate bewegte sich damals im Durchschnitt zwischen 0,7 und 1 Prozent pro Jahr; in Brasilien liegt sie für die letzten 50 Jahre bei 2,2 Prozent pro Jahr. Europa hatte seine bewaldeten Landschaften im Verlauf von 1500 Jahren mit einer Geschwindigkeit von 0,1 bis höchstens 0,3 Prozent pro Jahr verändert. Die größten historischen Rodungen fanden ... im frühen Mittelalter statt. Der gegenwärtige Waldbestand macht in Mitteleuropa rund ein Drittel der Landesfläche aus. Dieser Wert liegt höher als in Brasilien, das mit dem größten Anteil an den amazonischen Regenwäldern auch der Hauptakteur in der Tropenwaldvernichtung ist. Von 1990 bis 1995 rodete Brasilien allein 128000 Quadratkilometer .... (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 245-246).Amazonien enthält (enthielt) mit etwa 55 Prozent mehr als die Hälfte aller Regenwälder der Tropen. Der Fläche nach folgt Afrika mit dem Kongobecken. Teile der südostasiatischen Inselwelt bedeckt gleichfalls (noch) Regenwald. Die bedeutendsten Flächen finden sich auf Neuguinea und Borneo. Die südasiatischen Regenwaldreste sind hingegen so klein, daß sie in der globalen Bilanz in den Schwankungsbereichen der regionalen Angaben für die großen Regenwaldgebiete verschwinden. Von den 12 Ländern mit den größten Verlusten an Tropenwäldern seit den 1990er Jahren liegt mit Brasilien, Bolivien, Venezuela, Mexiko und Paraguay die Mehrzahl im tropischen Amerika. In Afrika trugen nur der Kongo und der (südliche) Sudan stark zur Tropenwaldvernichtung bei; in Südostasien Indonesien, Malaysia und Thailand. Doch während in diesen Ländern der asiatischen Regenwaldzone durchschnittlich fast 100 Menschen pro Quadratkilometer leben, sind es in den amazonischen Regenwaldländern, wo die größte Waldvernichtung stattfindet, nur 16 und in Afrika 21 Menschen pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Deutschland leben lm Durchschmtt 233 Menschen je Quadratkilometer, im südasiatischen Bangladesch 825 und in Indien derzeit etwa 300. Damit entfielen pro Brasilianer 0,75 Hektar vernichteter Regenwald von 1990 bis 1995, aber nur 0,25 Hektar pro Einwohner in Indonesien und 0,08 im Kongo im selben Zeitraum. Der Kongo hatte aber einen Bevölkerungszuwachs von 3,2 Prozent pro Jahr, Indonesien von 1,7 Prozent und Brasilien von 1,4 Prozent. Somit stehen Bevölkerungszuwachs und Bevölkerungsdichte in keinem (positiven) Zusammenhang zur Rate der Waldvernichtung. .... Aus diesen Daten geht somit klar hervor, daß kein Zusammenhang besteht zwischen der Bevölkerungszunahme und dem Ausmaß der Waldvernichtung. Das Land mit der mit weitem Abstand größten Vernichtungsrate, Brasilien, hat mit nur 20 Menschen pro Quadratkilometer zudem bloß ein Fünftel der Besiedlungsdichte der Nummer 2, lndonesien, mit über 100 Menschen pro Quadratkilometer. Mit der üblichen Ansicht, die Tropenwälder würden dem Bevölkerungswachstum der Menschheit zum Opfer fallen, weil sich diese seit 1950 von 2,5 Milliarden auf nunmehr schon 6,4 Milliarden vergrößert hat (), stimmen diese Befunde also nicht überein. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 246-247).Welche Gründe gibt es dann? Bevor diese Frage behandelt wird, sollte jedoch geklärt werden, warum man sich überhaupt so sehr über die Tropenwaldvernichtung sorgt, wo doch, wie oben ausgeführt, die USA in den beiden vorletzten Jahrhunderten in noch viel größerem Umfang ihre Wälder (abgesehen von Alaska) vernichtete und in Europa sowie anderen Regionen der Erde die Entwaldung längst Geschichte ist. Eine häufig vorgebrachte Begründung, die tropischen Regenwälder seien die Lungen der Erde, die dafür sorgen, daß wir genügend Sauerstoff haben, stimmt so nicht. Tatsächlich erzeugt ein ausgewachsener Tropenwald wie jeder andere Wald auch, der keinen Zuwachs mehr hat, kein bißchen Sauerstoff. Denn dieselbe Menge, die tatsächlich bei der Photosynthese von den Blättern oder Nadeln abgegeben wird, verbraucht der ausgewachsene Wald wieder für Atmung und Zersetzung der erzeugten Stoffe im Boden. Nur wachsende Wälder können in der Nettobilanz Sauerstoff freisetzen und im Gegenzug Kohlenstoff aus der Atmosphäre (in Form von CO2) aufnehmen und binden. Ansonsten gibt der Wald auch wieder das CO2 ab, das er aufgenommen hat. Insofern stimmt der Vergleich mit der Lunge nur halb. Diese atmet letztlich dieselbe Menge Kohlendioxid aus, wie sie Sauerstoff aufnimmt. In anderer Hinsicht spielt der Vergleich aber durchaus eine Rolle. Da in nur 50 Jahren etwa die Hälfte der Tropenwälder vernichtet worden ist und davon der weitaus größte Teil ihrer pflanzlichen Masse (Biomasse) verbrannt wurde und in Rauch aufgegangen ist, ohne daß entsprechende Mengen durch nachwachsende Vegetation wieder der Luft entnommen worden wären, trug ihre Vernichtung sehr stark zur Zunahme von CO2 und Ruß in der Atmosphäre bei. Wie schon ausgeführt, übertrifft die Verbrennung von Tropenwäldern und Savannen jedes Jahr den gesamten Umsatz von Energie in Deutschland ganz erheblich. Die Vernichtung der Tropenwälder trägt gleich in dreifacher Weise zur Belastung der Erdatmosphäre bei, nämlich durch die direkte Aufheizung mit der von den Bränden freigesetzten Wärme, durch die CO2-Abgabe und durch die Erzeugung von riesigen Mengen Methan (CH4) durch die Rinder und Termiten, die auf den solcherart geschaffenen oder »verbesserten« Weideflächen leben. Rinder und Termiten liefern mehr als die Hälfte des Methans, das als Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt und dort über 20-mal stärker als das Kohlendioxid wirkt. Im Gegensatz zu diesem, das bekanntlich Hauptnährstoff für die Pflanzen ist, wird Methan nur von wenigen spezialisierten Bakterien verwertet, die für den Menschen keine Rolle spielen. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 247-249).Hinzuzufügen ist weiterhin, daß sich großflächige Rodungen in den Tropen selbstverständlich auch weit stärker aufheizen als die Wälder, die es vorher an ihrer Stelle gegeben hatte. Man kennt dies aus eigener Erfahrung von der Kühlwirkung des Waldes an heißen Tagen. Die Verdunstung von Wasser, die Transpiration, durch die Bäume bewirkt eine starke Kühlung. In den Tropen kann sie mehr als l0°C ausmachen. Gleichzeitig erzeugt dieses transpirierte Wasser immer wieder Wolken und Niederschläge, so daß sich große tropische Regenwälder zu einem Gutteil selbst mit Wasser versorgen. In Oberamazonien stammen bis über 80 Prozent des Niederschlagwassers aus diesem sogenannten kleinen Kreislauf. Er setzt das vom Atlantik mit den Passatwinden antransportierte Wasser mehrfach um, bis es wieder über den Amazonas zum Ozean zuruckfließt. Werden zu große Waldflächen vernichtet und in Weideland oder Sojafelder umgewandelt, nehmen infolgedessen die Niederschläge ab, während sich gleichzeitig die Atmosphäre weit stärker als über Wald aufheizt. Es scheint zwar noch nicht ganz geklärt zu sein, ob die Vermutung zutrifft, daß die Häufigkeit der Tropenstürme und Hurrikane in der Karibik mit der zunehmenden Aufheizung der inneren Tropen mit den großflächigen Waldrodungen zusammenhängt. Zahlreiche gute Indizien sprechen jedoch dafür. So wie wir umgekehrt inzwischen auch wissen, daß die Tropenwälder Amazoniens deshalb existieren und ihre unvermeidbaren Verluste an mineralischen Nährstoffen ausgleichen können, weil die Passatwinde Nährstoffe aus der Sahara herüberwehen. Die amazonischen Wälder wachsen nämlich fast überall auf äußerst unfruchtbaren Böden, die außer Sand und Kaolinit kaum weitere Mineralien enthalten. Globale Zusammenhänge gibt es also sehr wohl in den Tropen - wie auch in außertropischen Regionen. Wo die natürlichen Transportwege nicht ablaufen können, hat der Mensch inzwischen neue geschaffen. Gegenwärtig fließt ein gewaltiger Strom von Nährstoffen aus den südamerikanischen Tropen nach Europa und ernährt das Vieh in den Ställen (). Europäische, vor allem auch deutsche und französische Rinder »fressen Tropenwälder auf«, weil für unser Stallvieh dort die Futtermittel angebaut werden, die hier nicht zur Verfügung stehen. Denn unsere Viehbestände sind viel zu hoch für eine Selbstversorgung auf mitteleuropäischem Weideland oder mit heimischem Futtergetreide. Die Mast von Geflügel kommt mit weit über 100 Millionen Hähnchen allein in Deutschland hinzu. Der Nutzviehbestand übertrifft hierzulande das Lebendgewicht aller Menschen um das Drei- bis Fünffache. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 249-250).Unsere Massentierhaltung könnte ohne die Importe von Futtermitteln, die auf ehemaligen Tropenwaldflächen erzeugt werden, nicht existieren. Deshalb trifft uns der zweite Vorwurf, der mit der Tropnewaldvernichtung verbunden wird: Vernichtung der Biodervisität. Schon die ersten Naturforscher, die sich intensiver mit den Tieren und Pflanzen der Tropenwälder befaßten (allen voran: Alexander von Humboldt; HB), waren von deren Artenfülle beeindruckt. Sie schien unerschöpflich, weil überall, wo sie genauer suchten, neue Arten zu entdecken waren. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Denn auch heute kann nicht einmal eine ungefähre Abschätzung vom Artenreichtum der Tropen vorgenommen werden. Verschiedene Hochrechnungen ergaben Werte zwischen 5 und mehr als 30 Millionen unterschiedlicher Arten. Bekannt und wissenschaftlich beschrieben sind aber bislang nur 1,8 Millionen Arten. Wenn auch in gemäßigten Breiten, die auf jeden Fall viel artenärmer als die Tropen sind, Jahr für Jahr neue Arten erkannt werden, so weiß man doch hier ganz gut Bescheid. In den Tropen gibt es jedoch zehn- bis hundertmal mehr als in unseren Breiten. In mitteleuropäischen Wäldern wachsen pro Quadratkilometer zwischen 5 und 20 verschiedene Arten von Holzgewächsen (Bäume und Sträucher), sofern es sich um Mischwälder handelt und nicht um gepflanzte Einheitsforste. In tropischen Regenwäldern können auf dem Hundertstel eines Quadratkilometers, einem Hektar, aber mehrere hundert verschiedene Arten von Holzgewächsen vorkommen. In Amazonien und in Südostasien wurden über 500 Arten von Bäumen und Lianen auf einem Hektar ermittelt. Vogelarten gibt es doppelt bis viermal so viele pro Quadratkilometer wie in unseren Wäldern, Schmetterlingsarten aber hundertmal mehr. Doch diese Vielfalt verbindet sich ... mit Seltenheit. Die meisten Arten der Tropen sind nach europäischen oder nordamerikanischen Standards selten bis sehr selten. Schon die frühen Naturforscher stellten zu ihrer Verwunderung in unberührten Regenwäldern fest, daß es viel leichter ist, zehn verschiedene Arten von Schmetterlingen zu sammeln als zehn Exemplare einer einzigen solchen Art. In dieser Seltenheit liegt die Verletztlichkeit des tropischen Artenreichtums. Die seltenen Arten sterben viel schneller aus als die häufigen, und sie sind, was noch bedeutsamer ist, oft sehr kleinflächig verbreitet. Vielfach bilden die Arten so etwas wie ein höchst kompliziertes Mosaik, in dem jedes Steinchen eine Art mit winzigem Verbreitungsgebiet repräsentiert. Wird so ein Steinchen entfernt, kommt diese Art unter Umständen nirgendwo mehr vor. Die Forscher, die sich mit der tropischen Biodiversität intensiv befassen, rechnen deshalb mit immensen Artenverlusten, weil auf den gerodeten Flächen viele Arten vorgekommen sein dürften, die nun nicht mehr existieren. Man hat mit den örtlichen Waldflächen auch ihren Lebensraum vernichtet. Hieraus kann man die schon angedeuteten Hochrechnungen anstellen. Sie ergeben für die derzeitige Vernichtungsrate tropischer Wälder Größenordnungen von einer aussterbenden Art pro Stunde bis zu 500 Arten täglich. Wie viele es wirklich sind, weiß niemand, weil die ausgerotteten Arten nicht bekannt sind. Ihre Anzahl hängt entscheidend davon ab, welche Größenordnung für den globalen Artenreichtum insgesamt zugrunde gelegt werden muß. Die Angaben aus dem internationalen Naturschutz sind somit keine wilden, grundlosen Schätzungen oder gar haltlose Vermutungen, sondern Rechenergebnisse auf einer nicht hinreichend bekannten Basis. Sicher können wir nur sein, daß es ein großes Artensterben in unserer Zeit gibt. Wie groß es ist, könnten wir rasch erfahren, wenn ein paar Prozent der Geldmengen, die in den Weltraum geschossen werden, der Erfassung der Lebensvielfalt der Erde zur Verfügung gestellt würden. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 251-253).Bei diesem errechneten Artensterben in den Tropen handelt es sich daher um etwas grundsätzlich anderes als bei den »Rote Liste«-Arten in Deutschland und anderen Gebieten Europas. Die allermeisten Pflanzen- und Tierarten kommen weit verbreitet in Europa und Asien vor. Der Artenschutz beklagt ihr örtliches oder regionales Verschwinden, nicht ihr generelles Aussterben, wie es den großen Walen drohte oder dem Großen Panda, allen noch lebenden Arten der Nashörner und den fast 2000 verschiedenen Vogelarten, die vor allem in Amazonien und Südostasien direkt vom Aussterben bedroht sind. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 253).In einer anderen Weise stehen die Tropenwälder in bemerkenswertem Zusammenhang mit Mitteleuropa. Denn eine Form der Ausbeutung ist noch nicht aufgeführt worden: Tropenholznutzung. Tatsächlich gibt es vier Hauptursachen der Tropenwaldvernichtung. (1) Die erste und am besten bekannte ist der Eigenbedarf der Menschen in den betreffenden Ländern. Roden, um Siedlungsland zu gewinnen, das war überall das primäre Ziel der Umwandlung von Wäldern. Kleinflächig und ohne nennenswerte Auswirkung auf die Größe der Tropenwälder und auf ihren Artenreichtum wurden die Rodungen als Brandrodung schon seit Urzeiten der Besiedlung durch Menschen betrieben. Die kleinflächige Nutzung im Wanderfeldbau hatte die Regenwaldbewohner auch mit den Eigenschaften der Waldböden vertraut gemacht. Daher kommt es nicht von ungefähr, daß bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die amazonischen Regenwälder fast unangetastet geblieben sind, obwohl Brasilien und Peru schon erheblich länger als etwa Nordamerika von Europäern besiedelt und kultiviert worden sind. (2) Die zweite Ursache war und ist die Holznutzung. In den Tropenwäldern wachsen Edelhölzer mit sehr hartem, gegen Termiten und Pilze widerstandsfähigem Holz. Die Holzhärte weist übrigens darauf hin, daß diese Bäume ziemlich langsam wachsen und nicht einfach unter tropischer Wärme und Feuchtigkeit in die Höhe schießen. Sie gleichen mehr unseren Eichen, die sie allerdings an Holzhärte noch weit übertreffen, als den schnellwüchsigen Kiefern oder gar den Pappeln. Die mageren Böden der Regenwälder lassen kein stürmisches Wachstum zu, außer sie sind jungen vulkanischen Ursprungs und enthalten entsprechend reichlich mineralische Pflanzennährstoffe. Härte und Formstabilität machen Tropenhölzer begehrt - auch in den außertropischen Gebieten sowie für den Schiffsbau. Daher wurde in Zentralafrika weit mehr Tropenwald gerodet, als die dortige Bevölkerung brauchte, um Bananen oder Cassava anzupflanzen. Die tropischen Edelhölzer waren und sind das Ziel des Holzeinschlags. Weltfirmen haben sich Konzessionen dazu gesichert. Auch in Indien, wo es zwar seit gut 100 Jahren Plantagen für die Erzeugung von Teakholz gibt, und in Südostasien bildet die meist raubbauartige Gewinnung tropischer Edelhölzer den Hauptgrund der Waldzerstörung. Dort hat jedoch eine andere Nutzungsform (3) als dritter Grund in den vergangenen Jahrzehnten an Gewicht gewonnen: die Errichtung von Ölpalmenpflanzungen. Palmöl wird von den Industrienationen für chemische und pharmazeutische Zwecke gebraucht. (4) Der vierte Grund schließlich ist die Umwandlung der Regenwälder in Rinderweiden und Sojafelder. Die mittel- und südamerikanischen Tropenwälder sind davon bei weitem am stärksten betroffen. Mit Ausnahme des ersten Grundes, der sich ausschließlich auf die örtlichen, bedürftigen Bevölkerungen bezieht, sind die Industrienationen an allen anderen massiv beteiligt. Sollten sie nicht in ihren Wäldern genügend Ressourcen haben, um den Holzbedarf zu decken?! Der Verbrauch ist aber so groß, daß das Holz aus den eigenen Wäldern nicht annähernd ausreicht, obgleich es bis in die letzten Jahre kaum noch zum Heizen verwendet wurde. Zunehmend werden in unserer Zeit Wälder des Nordens, in Nordwestrußland und in Ostsibirien, für die Holzgewinnung genutzt. Schutzorganisationen befürchten, daß nach den großen Kahlschlägen in den Tropen nun noch größere in den borealen Wäldern bevorstehen, weil diese pro Quadratkilometer weit weniger Bäume tragen als die dicht bewachsenen Tropenwälder. Noch scheint die Taiga unerschöpflich mit ihren 15 Millionen Quadratkilometern Nadelwald (). Doch das Schicksal der Laubwälder im östlichen Drittel der USA mahnt zur Vorsicht. Was dort mit damals noch technisch primitiven Mitteln in eineinhalb Jahrhunderten vollzogen wurde, wäre gegenwärtig schon in einigen Jahrzehnten möglich. Die Maschinen stehen dafür zur Verfügung - und die Abnehmer auch. Denn Holz ist ein gefragter Naturstoff. Den nordischen (borealen) Nadelwäldern wird zwar weniger Aufmerksamkeit zuteil, weil sie recht einförmig aussehen und im Vergleich zu den Tropenwäldern auch nicht mit eindrucksvoller Biodiversität aufwarten können, aber mit den in deutschen Forsten vorherrschenden Fichtenmonokulturen sind sie keinesfalls gleichzusetzen. Auch die Taiga hat ihren spezifischen, unersetzbaren Artenreichtum. Und sie bedeckt in riesigen Bereichen Sibiriens insbesondere Bodenschichten, die weder das in ihnen gebundene Kohlendioxid noch das Methan in den Sümpfen freigeben sollten. Denn die dortigen Massen an potentiell klimabeeinflussenden Gasen sind so groß, daß sie alle Anstrengungen zum Klimaschutz bedeutungslos werden ließen, so sie in den kommenden Jahrzehnten in die Atmosphäre gelangten. Winterfrost und ununterbrochen kalte Klimaverhältnisse speicherten Massen von organischem Material und entziehen so den Kohlenstoff, der darin gebunden vorliegt, dem Gaskreislauf der Atmosphäre. In den Tropen wachsen die Bäume fast überall auf Böden, die kaum Humus haben und die daher auch nichts freisetzen können. In den Tropenwäldern ist es der Wald selbst, der in die Berechnungen zu den Belastungsfolgen mit einbezogen werden muß, während in den nordischen Nadelwäldern die Böden und die teilweise sehr tiefgründigen Sümpfe dazukommen. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 254-256).In einer Hinsicht ähneln die nordischen Wälder aber denen in den feuchten Tropen: Auf den weitaus größten Flächen ihres Vorkommens lassen sie sich kaum oder nur sehr schwer nachpflanzen. Bei den Tropenwäldern geht das Pflanzen besonders schlecht. Deshalb scheiterten auch die mit vielen Millionen Dollar ausgestatteten Plantagenprojekte in Brasilien, wie »Fordlandia« (vom Autokönig Henry Ford in den 1930er Jahren) und am Jarí mit den Gmelina- und Pinus(caribaea)-Pflanzungen des Milliardärs Ludwig. Die Tropenwaldverluste bleiben daher in der Flächenbilanz unserer Zeit Verluste, weil sie nicht, wie bei unseren Wäldern geschehen, in großem Umfang wieder aufgepflanzt werden können. Kaum besser gedeihen gepflanzte Forste allerdings auch in der borealen Waldzone. Sie lassen sich daher gleichfalls nicht mit dem vergleichen, was die europäische Forstwirtschaft in den mittleren Breiten während der zwei oder drei letzten Jahrhunderte erreichte. Unsere tatsächlich von deutschen Forstleuten begründete nachhaltige Forstwirtschaft konnte sich auf zwei besonders günstige Gegebenheiten stützen. Die eine liegt in den Böden, die viel besser für den Waldbau als die tropischen und borealen Böden geeignet sind. Der zweite Vorteil kam dadurch zustande, daß einige ziemlich robuste Baumarten vom so wechselvollen Klimaverlauf der vergangenen Jahrtausende ausgelesen worden waren, die sich durch eine vergleichsweise große Bandbreite an Toleranz gegenüber den Faktoren der Umwelt auszeichnen. Die in dieser Hinsicht beiden wichtigsten Baumarten wurden auch die »Brotbaumarten« der europäischen Forstwirtschaft, die Fichte (Picea abies) und die Waldkiefer (Pinus silvestris). Mit ihnen konnten im späten 18. und im 19. Jahrhundert regelrechte Monokulturen begründet werden, die sogar leicht in sogenannten Altersklassen aufwachsen und häufig aus einem einzigen Klon sind. Ein Klon bedeutet, daß es sich um die Samen eines Baumes handelt, so daß alle gepflanzten Jungbäume »Samengeschwister« sind und sich folglich genetisch wenig voneinander unterscheiden. Die große genetische Vielfalt der europäischen Baumarten, die, wie oben schon betont, den Härtetest starker Umweltveränderungen in den letzten Jahrtausenden hinter sich haben, ermöglichte es der Forstwirtschaft, besonders schnellwüchsige oder ertragreiche Sorten und Klone zu wählen. Unsere Wälder entsprechen daher weit mehr dem auf ähnliche Weise strenger Selektion des Saatgutes unterworfenen Getreide als einem Naturwald mit hoher innerer Vielfalt an Arten und genetischen Linien. Das macht sie anfällig. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 256-257).Europas Forste sind zwar produktiv, aber zu einheitlich, um den Angriffen gewachsen zu sein, die seitens der Insekten, Pilze oder auch von der Witterung auf sie einwirken. Besonders deutlich wurde dies um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und in dessen ersten Jahrzehnten, als auf Hunderten oder Tausenden von Quadratkilometern Insektenkalamitäten die jungen Forste heimsuchten. Es gab Massenvermehrungen von Kiefernspinnern (Dendrolimus pini), Kiefernspannern (Bupalus piniarius) und sogar von den großen Kiefernschwärmern (Hyloicus pinastri), der auch Tannenpfeil genannt wurde. Riesige Schäden richteten Nonnenfalter (Lymantria monacha) und in den Eichenwäldern die Eichenwickler (Tortrix viridiana) an. Kiefern-, Fichten- und Eichenforste waren jeweils am stärksten betroffen. Die Schäden reichten von Beeinträchtigungen des Holzzuwachses bis hin zu so intensivem Kahlfraß, daß die Bestände abstarben und der Wald nachgepflanzt werden mußte. In Laubwald- und Obstbaugebieten kamen in den 1930er und ganz besonders stark wieder in den warmen Sommern Ende der 1940er/Anfang der 1950er Jahre Maikäferkalamitäten hinzu. Auslöser waren sowohl die braunen Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) als auch die gewöhnlichen Feldmaikäfer (Melolontha melolontha). Viele weitere Insektenarten und dazu diverse Pilze wie die schon für die Kartoffelkrise im 19. Jahrhundert verantwortliche Kartoffelfäule durch Phytophthora-Pilze traten massiv als Schädlinge auf. Borkenkäfer (Ipidae, insbesondere Ips typographus) sorgen bis in die Gegenwart für Schlagzeilen, weil sie rasch ganze Bestände befallen und die Bäume bis zu deren Absterben schädigen können. In Mitteleuropa entwickelte sich ein besonderer Zweig der Forstkunde, genannt Waldhygiene. Zum Schutz des Waldes wurden besonders die Großen Roten Waldameisen (Formica rufa) geschützt; Lockstoffallen (Pheromonfallen mit dem artspezifischen Sexuallockstoff) wurden entwickelt, um rechtzeitig Bestandszunahmen bei den Schädlingen zu bemerken. Ab einer Häufigkeitsschwelle wurde dann Gift angewandt. Es kam zum großen, aber recht kurzen Siegeszug von DDT (Dichlordiphenyltrichloräthan), das als umfassendes Insektizid wie ein Wundermittel zur Vernichtung der Malariamücken in den Tropen, der Obstbauschädlinge in den Gärten, der Läuse, Flöhe und Wanzen in den Häusern und eben auch der Schadinsekten in den Wäldern eingesetzt wurde. Schon in den 1950er Jahren traten die verheerenden Nebenwirkungen deutlich zutage. (Josef H. Reichholf, Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends, 2007, S. 257-259). Der Einsatz von DDT mußte (insbesondere wegen seiner gefährlichen Abbauprodukte, zu denen v.a. das Erstabbauprodukt DDD gehört) verboten werden; viele Tiere, auch nicht wenige Menschen, waren daran erkrankt, ein nicht geringer Teil der Vogeleier waren dadurch sogar so zerbrechlich geworden, daß die Eltern sie nicht ausbrüten konnten und ihre Nachwuchs sterben mußte.»Es ist deutlich geworden, daß eine Gesellschaft als Single-Gesellschaft, als Gesellschaft atomistisch aufgelöster Individuen, nicht existieren kann. Sie kann es demographisch ohnehin nicht (), sie kann es mittelfristig finanziell nicht (), sie kann es aber vor allem moralisch nicht.« (Paul Nolte, Generation Reform - Jenseits der blockierten Republik, 2004, hier zitiert aus: Max Wingen, Die Geburtenkrise ist überwindbar - Wider die Anreize zum Verzicht auf Nachkommenschaft, 2004, S. 30).
WeltraummüllDer Weltraummüll umfaßt alle nach Raumfahrtunternehmungen im Weltall, vor allem aber in der Erdumlaufbahn verbleibenden inaktiven Erdsatelliten, Bauteile, Trümmer und Schrottgegenstände, die der Raumfahrt gefährlich werden können. Die durchschnittliche Differenzgeschwindigkeit zwischen Weltraummüll und Satellit beträgt ca. 10 km/s. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit besitzt bereits ein nur 1 cm großes Objekt eine kinetische Energie, die etwa der Energie einer Handgranate entspricht. Bereits Einschläge von Millimeter-Objekten können die Funktion eines Satelliten beeinträchtigen oder ihn sogar unbrauchbar machen. Die bemannten Module der Internationalen Raumstation (ISS) sind mit doppelwandigen Meteoritenschutzschilden ausgestattet und können aufgrund der durch den Einschlag in die erste Wand erzeugten Streuwirkung Einschlägen von Weltraummüll bis zu einem Zentimeter Durchmesser widerstehen. Bereits jetzt ist auf einigen Umlaufbahnen die durch Einschläge von Weltraummüll hervorgerufene Ausfallwahrscheinlichkeit operationeller Satelliten nicht mehr vernachlässigbar. Selbst Einschläge kleinerer Partikel bis in den Mikrometerbereich können empfindliche Nutzlasten beschädigen, Plasmaentladungen hervorrufen oder eine Bedrohung für das Leben von Astronauten bei Außenbordaktivitäten darstellen. Die bislang größte Kollision im All und gleichzeitig der erste Zusammenstoß zweier Satelliten überhaupt ereignete sich am 10. Februar 2009. Ein deaktivierter Kommunikationssatellit und ein Iridium-Satellit kollidierten in 789 km Höhe über Nordsibirien. Beide Satelliten wurden dabei zerstört. Die Kollision setzte eine erhebliche Menge weiteren Weltraummüll frei.Eine besonders große Überfüllung mit Weltraummüll liegt im Höhenbereich zwischen 800 und 1500 km sowie in 36000 km Abstand, also im Bereich der geostationären Satelliten, vor. Weil dieser Bereich als Umlaufbahnen bevorzugt genutzt wird, wächst die Bedrohung für die kommerzielle und wissenschaftliche Raumfahrt. Konzepte für die Lösung dieses Problems scheitern momentan noch an den damit verbundenen Kosten. So wäre es denkbar, die Trümmer mit einem Laserstrahl zu verdampfen. Gelingt dies aber nicht vollständig, werden nur neue Teile in größerer Zahl erzeugt. Hinzu kommt der dafür benötigte hohe Energieverbrauch. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Trümmer abzulenken und zum Verglühen zu bringen. Besser ist also eine vorsorgende Müllvermeidung.lm Jahre 1993 fand in Darmstadt die 1. Europäische Weltraummüll-Konferenz mit 251 Experten aus 17 Ländern statt.
Wohnen ganz anders ist auch GewohnheitssacheIm Universum gibt es Lebenszonen, die habitable Zonen, bewohnbare Zonen oder auch Lebensgürtel () genannt werden. Wir leben bzw. wohnen in 4 Lebenszonen (wenn man das Universum selbst mitzählt!), denn wir leben ja (1) in unserem Universum, (2) in unserer Galaxie, (3) in unserem Sternsystem, (4) auf unserer Lebenskugel. Das Verlassen beginnt in umgekehrter Reihenfolge. Zunächst werden wir unsere Erde, danach unser Sonnensystem, viel später unsere Milchstraße und zuletzt unser Universum verlassen müssen, falls uns das möglich ist. Abgefahrene Theoretiker sagen: Ja, das ist möglich !Beinahe-LichtgeschwindigkeitFolgen wir mal Einstein (): Bewegt sich ein Raumschiff mit nahezu Lichtgeschwindigkeit, so ist die Zeit, wie sie für ein Besatzungsmitgleid an Bord des Schiffes vergeht, bedeutend kürzer als die für die auf der Erde zurückgebliebenen Menschen. Daß das durchaus mit rechten Dingen zugeht, konnte Einstein anhand seiner »speziellen Relativitätstheorie« () zeigen. Demnach vergeht für einen Beobachter die Zeit in einem relativ zu ihm bewegten Bezugssystem langsamer. Daß das tatsächlich stimmt, läßt sich an den Satelliten des Global Position System (GPS) beobachten, deren Zeitsignale gegenüber einer Uhr auf der Erde verspätet aufeinander folgen. Bei großen Relativgeschwindigkeiten ist der Effekt drastischer. .... Drammatischer wird die Sache, wenn der Astronaut fast mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist, sagen wir: mit 99,9999995 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Wenn er nach zehnjähriger Reise wieder auf der Erde landet, sind dort sag und schreibe 100 000 Jahre vergangen ! Vorausgesetzt, die Menschheit hat diese lange Zeit ohne große Veränderungen überdauert, wird sich vermutlich niemand mehr an die 100 000 Jahre zuvor gestartete Mission erinnern. In 100 000 Jahren kann die Technik gewaltige Fortschritte gemacht haben; vielleicht sind neue Raumantriebe entwickelt worden, mit denen die Menschheit die Erde mittlerweile verlassen hat, um eine bessere Heimat zu finden. Doch auch wenn die Astronauten auf der Erde erwartet würden, so wären sich Raumfahrer und Zurückgebliebene vermutlich ziemlich fremd. Andererseits ermöglicht diese Diskrepanz in der Zeit aber auch Reisen zu entfernten Galaxien in der den Menschen zugedachten Lebenszeit. Würde im Raumschiff die Zeit gleich schnell vergehen wie auf der Erde, so wären die Astronauten schon lange vor Erreichen ihres Ziels gestorben. So aber altern die Astronauten auf einer Reise zur Andromeda-Galaxie nur um 28 Jahre - vorausgesetzt, sie fliegen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 369-371).
Zumindest theoretisch ist es möglich, über eine Einstein-Rosen-Brücke (Wurmloch) raumzeitliche Abkürzungen zu nehmen, sogar von einem in ein anderes Universum zu wechseln. Doch in anderen Universen herrschen wahrscheinlich ja auch ganz andere Naturkräfte (), ganz andere Verhältnisse. Oder können die etwa sogar auch in unserem Universum herrschen?Zum Beispiel: was wäre, wenn die Massenverhältnisse anders wären? Wenn beispielsweise das Elektron schon bei seiner Entstehung nach dem Urknall geringfügig schwerer ausgefallen wäre, auf alle Fälle aber schwerer als der Massenunterschied zwischen Neutron und Proton? Hätte sich das Universum unverändert entwickeln können? Ganz im Gegenteil ! Dann wären nicht die Protonen, sondern die Neutronen die stabilen Teilchen geworden, weil die Protonen sofort nach ihrer Entstehung die freien Elektronen eingefangen und sich in Neutronen und Neutrinos verwandelt hätten. Aus diesen Elementarteilchen lassen sich jedoch keine Atome, keine Elemente aufbauen. Entstanden wäre eine elektrisch neutrale Welt ohne Ladungen, nur Neutronen und Neutrinos, eine Welt ohne Planeten und natürlich auch ohne Leben. Das Universum wäre sehr eintönig geblieben. Vielleicht wären Sterne entstanden, allerdings nur Neutronensterne, kleine, einige zig Kilometer große, immens kompakte Materiekugeln, von denen ein Teelöffel voll etwa einige hundert Millionen Tonnen wiegt. Doch diese Sterne würden das Universum in völliger Dunkelheit belassen, da sie nicht im sichtbaren Bereich des Spektrums leuchten. Daß all das nicht geschehen ist, daß wir vielmehr in einem so vielfältig strukturierten Universum leben, verdanken wir der Tatsache, daß in unserer Welt die Elektronenmasse eben kleiner ist als die sowieso schon sehr geringe Massendifferenz zwischen Neutron und Proton. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 388).Als Nächstes wollen wir die Neutronen- und Protonenmasse ein wenig verändern. Da der Massenunterschied zwischen diesen beiden Teilchen so klein ist, sind etwa eine Sekunde nach dem Urknall rund sechsmal so viele Protonen vorhanden wie Neutronen, so daß nach der Entstehung der ersten Elemente (primordiale Nukleosynthese) die Materie in unserem Universum im Wesentlichen zu 75 Prozent aus Wasserstoff und zu 25 Prozent aus Helium besteht. Wäre das Neutron nur zehn Prozent schwerer, so hätten sich fast nur Protonen, also Wasserstoffkerne gebildet. Wäre dagegen das Neutron genauso schwer wie das Proton, so hätte es gleich viele Neutronen und Protonen gegeben, und am Ende der primordialen Nukleosynthese wäre lediglich Helium übrig geblieben. Sterne hätten sich aber in jedem Fall bilden können. Bei nur aus Wasserstoff bestehenden Sternen wäre Helium eben etwas später beim Wasserstoffbrennen entstanden. Dagegen hätte bei reinen Heliumsternen das für das Leben so wichtige, lang andauernde Wasserstoffbrennen gar nicht stattgefunden. Die Sterne hätten sich bedeutend schneller entwickelt, und ihre dramatisch verkürzte Lebenszeit hätte nicht ausgereicht, um das Leben während seiner langen Entwicklungsphase kontinuierlich mit Energie zu versorgen. Und nicht zu vergessen: Es gäbe kein Wasser, denn ohne Protonen können keine Wassermoleküle gebildet werden, und ohne Wasser ist Leben nicht möglich. Somit verbleibt noch die Frage: Was wäre, wenn sich das Massenverhältnis von Neutron und Proton genau umgekehrt verhielte, wenn das Proton schwerer wäre als das Neutron? Alles hätte sich mit genau entgegengesetztem Vorzeichen abgespielt. Eine Sekunde nach dem Urknall wären sechsmal mehr Neutronen als Protonen vorhanden gewesen, und die primordiale Nukleosynthese hätte zu einem Universum mit 25 Prozent Helium und 75 Prozent Neutronen geführt. Im Prinzip hätte sich das Universum gar nicht so sehr verändert. An die Stelle der Protonen wären Neutronen getreten und umgekehrt. Auch Sterne hätten sich bilden können, in denen statt Wasserstoff eben Neutronen zu Helium verbrannt würden. Der wesentliche Unterschied ist jedoch bei den Prozeßzeiten der Kernfusionreaktionen zu suchen: Da die Neutronen elektrisch neutral sind, fänden sie wesentlich schneller zusammen als die sich abstoßenden Protonen. Wie bei reinen Heliumsternen wären auch diese Sterne bereits verlöscht, noch ehe das Leben sich hätte aufrappeln können. Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 388-389).Bisher haben wir nur mit den Teilchenmassen gespielt. Wären die Auswirkungen ähnlich dramatisch, wenn wir die Skalen der vier Grundkräfte verstellen? (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 389-390).Beginnen wir mit der schwächsten, der Gravitation. Diese Kraft besitzt eine unendliche Reichweite, ihre Stärke nimmt jedoch mit dem Quadrat der Entfernung ab. Die Gravitation bewirkt, daß sich zwei Körper gegenseitig stets anziehen, und zwar mit einer Kraft, die proportional ist zum Produkt der beiden Massen. Der Parameter, der die Gravitation bestimmt, ist die so genannte Gravitationskonstante G, eine der Naturkonstanten. Daß die Gravitation die schwächste unter den vier Grundkräften ist, liegt in erster Linie an der Kleinheit dieser Konstanten. Sie ist dafür verantwortlich, daß die Sterne so riesengroß sind. Unsere Sonne, ein absoluter Durchschnittsstern, hat eine Masse von rund 2 x 1030 Kilogramm und einen Durchmesser von gerundet 1,4 Millionen Kilometern. Da sie aufgrund dieser gewaltigen Masse über einen entsprechend großen Vorrat an Wasserstoff verfügt, dauert das Wasserstoffbrennen auch entsprechend lange. Sterne dieser Größenordnung verharren etwa zehn Milliarden Jahre in der Phase des Wasserstoffbrennens. Wäre die Gravitationskonstante größer, so würde bereits eine geringere Sternmasse ausreichen, um den Druck und die Temperatur im Sterninneren auf die Werte ansteigen zu lassen, die für das Wasserstoffbrennen nötig sind. Der Stern wäre folglich kleiner und seine Lebensdauer entsprechend kürzer. Eine um den Faktor zehn größere Gravitationskonstante würde die Lebensdauer unserer Sonne auf etwa zehn Millionen Jahre verkürzen! .... Mit einem Muttergestirn, das bereits nach etlichen zig Millionen Jahren das Wasserstoffbrennen einstellt, wäre die Erde, vorausgesetzt sie hätte sich überhaupt entwickeln können, mit Sicherheit ein toter Planet geworden. Natürlich können wir die Skala für die Gravitationskraft auch in die andere Richtung drehen und G noch kleiner machen, als es ohnehin schon ist. Zunächst würden die Sterne noch größer und massereicher. Aber die Planeten würden vermutlich - je nachdem wie stark die Masse des Sterns im Verhältnis zur Verringerung von G zunähme - in immer geringerem Abstand um die Sterne kreisen und wären somit in einem viel höheren Maße der Strahlung der Sterne ausgesetzt. Verringert man G noch weiter, so kommt man schnell an einen Wendepunkt, an dem es im gesamten Universum überhaupt keine Sterne, keine Planeten und keine Galaxien mehr geben würde. Schuld daran ist die Ausdehnung des Universums. Ab einer gewissen unteren Schwelle für G wäre die ausdünnende Wirkung der Expansion auf die Materie dem Bestreben der Gravitation, die Materie zu Sternen und Galaxien zusammenzuballen, überlegen, und das Universum bliebe auf ewig strukturlos. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 390-391).Im Gegensatz zur Gravitation ist die Reichweite der schwachen Kernkraft außerordentlich klein und hauptsächlich auf den Bereich des Atomkerns beschränkt. Diese Kraft ist verantwortlich dafür, daß sich Quarks, die Bausteine der Nukleonen, untereinander umwandeln können. Ein Beispiel ist der so genannte b-Zerfall, wobei ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino zerfällt. Das Wesentliche ereignet sich dabei im Inneren des Neutrons, wo sich eines der beiden Down-Quarks spontan in ein Up-Quark umwandelt. Erinnern wir uns: Dieser Prozeß war verantwortlich dafür, daß im frühen Universum das anfängliche Verhältnis von sechs Protonen auf je ein Neutron binnen weniger Minuten auf sieben zu eins verschoben wurde. Heute ist der Beta-Zerfall die Ursache für die Umwandlung der radioaktiven Elemente in stabile Atome. Im Zusammenhang mit unseren Betrachtungen zur speziellen Einstellung der Parameter unseres Universums ist jedoch der so genannte inverse Beta-Zerfall von Bedeutung, bei dem die Vorgänge in umgekehrter Richtung ablaufen: Aus einem Proton und einem Elektron entstehen ein Neutron und ein Neutrino. Besonderen Einfluß hat diese Reaktion auf das Geschehen in massereichen Sternen. Wie wir schon wissen, brechen diese Sterne am Ende ihres Lebens unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammen, wobei die Elektronen in die Protonen hineingepreßt werden und der Stern in einer Supernova vom Typ II explodiert. Die dabei entstehenden Neutronen formen im Zentrum einen Neutronenstern, und eine ungeheure Menge Neutrinos rast durch den Sternrest nach außen. Insbesondere diese Neutrinos sind es, die den Stern so stark aufheizen, daß er bei der Explosion nahezu seine gesamte Masse mit all den erbrüteten schweren Elementen ins All hinausschleudert. Bei einer veränderten schwachen Kernkraft gäbe es keine Supernovae und somit auch keine schweren Elemente zum Aufbau von Planeten und den komplexen Molekülen, aus denen sich die belebte Materie zusammensetzt. Die besondere Rolle der Neutrinos beruht darauf, daß sie nur über die schwache Kernkraft mit Materie wechselwirken. Diese Wechselwirkung ist so gering, daß eine etwa ein Lichtjahr dicke Bleimauer nötig wäre, um sie zu stoppen. Aber genau das ist der entscheidende Punkt bei einer Supernova-Explosion. Das Ausmaß der Neutrino-Wechselwirkung mit Materie ist exakt so eingestellt, daß es in den engen Spielraum paßt, in dem es zu einer Supernova-Explosion kommen kann. Bei einer etwas geringeren Wechselwirkung gäben die Neutrinos bei ihrem Weg aus dem Stern zu wenig Energie an die Sternhülle ab, so daß die Materie nicht entsprechend aufgeheizt und der Stern folglich nicht explodieren würde. Wäre die Wechselwirkung etwas stärker, so könnten die Neutrinos den Stern gar nicht verlassen, sondern würden gleich bei ihrer Entstehung im Kern stecken bleiben. Dabei würde zwar der Kern erhitzt, aber aufgrund der hohen Kerndichte käme es zu keiner Explosion. Auch hier zeigt sich wieder, daß scheinbar geringfügige Nuancen das Universum zu dem haben werden lassen, was es heute ist. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 391-392).Analysieren wir nun noch die starke Kernkraft. Wie bei der schwachen Kernkraft reicht ihr Einfluß nicht über den Radius der Atomkerne hinaus. Wäre die Reichweite auch nur um wenige Millimeter größer, so würde die gesamte Materie im Universum zu riesigen Atomkernen zusammengezogen, die keine Ähnlichkeit mehr hätten mit den Elementen, aus denen unsere Welt aufgebaut ist. Doch das ist noch nicht alles! Daß es überhaupt Leben geben kann, beruht unter anderem auch darauf, daß die starke Kernkraft nur auf die Nukleonen, die Protonen und Neutronen, wirkt, nicht aber auf Elektronen. Das ist ein Glücksfall, denn andernfalls würden die Elektronen mit hineingezogen in den Strudel der Bildung riesiger Atomkerne, und alle Chemielaboratorien könnten von heute auf morgen zusperren, weil es nämlich gar keine Chemie mehr gäbe. Die chemische Wechselwirkung unter den Atomen, der Aufbau von Molekülen aus den Elementen, beruht ja gerade auf dem gegenseitigen Austausch von Elektronen beziehungsweise darauf, daß sich zwei an der Bindung beteiligte Atome ein oder mehrere Elektronen teilen. Doch wenn es gar keine Elektronen mehr gäbe, wäre auch der »Leim« verschwunden, der die Atome zu Molekülen zusammenfügt. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 392-393).Die elektromagnetische Kraft ist für das Aussehen des Universums von ähnlicher Bedeutung. Wie auch bei der Gravitation ist deren Reichweite im Prinzip unendlich groß. Da sie jedoch nur auf elektrisch geladene Teilchen wirkt, eine Ansammlung gleich vieler positiver und negativer Ladungen nach außen aber elektrisch neutral ist, ist ihre Wirkung in der alltäglichen Welt auf geringe Entfernungen beschränkt. Im Gegensatz zur Gravitation, die alle Massen nur zusammenziehen will, wirkt sie sowohl anziehend als auch abstoßend. Im Atom ist sie für die Bindung der negativ geladenen Elektronen an den positiv geladenen Kern zuständig. Im Atomkern scheint sich jedoch ihre Wirkung zu einem Problem auszuwachsen. Denn mit Ausnahme des Wasserstoffs vereinigen alle Elemente mehrere positiv geladene Protonen in ihren Kernen, die sich eigentlich abstoßen und zum Auseinanderfallen des Atoms führen müßten. Doch die Kerne fallen nicht auseinander, weil die starke Kernkraft dem entgegenwirkt und die Nukleonen zusammenhält. Damit Atomkerne stabil bleiben, muß also die starke Kernkraft der elektromagnetischen Kraft überlegen sein, aber wiederum nicht so sehr, daß die Kerne nicht doch noch, beispielsweise bei der Kernspaltung, aufgebrochen werden können. Wieder kommt es auf die richtige Balance der Kräfte an. Schon bei einer auf die Hälfte verringerten starken Kernkraft würden nahezu alle Kerne instabil, und bei einer Einschränkung auf ein Viertel der aktuellen Kraft fielen sie spontan auseinander. Das Gleiche würde passieren, wenn die starke Kernkraft unverändert bliebe, dafür aber die elektromagnetische Kraft ungefähr um den Faktor 10 stärker wäre. Die elektromagnetische Kraft findet sich aber auch auf einem Gebiet, wo man ihren Einfluß auf den ersten Blick nicht vermuten würde: nämlich dem Licht. Licht ist eine elektromagnetische Welle und transportiert somit Energie. Das trifft natürlich nicht nur für den Bereich des sichtbaren Lichts zu, sondern ganz allgemein für das gesamte elektromagnetische Spektrum. Dem Transport von Energie durch Strahlung begegnen wir überall im Universum, beispielsweise bei den Kühlprozessen der interstellaren Gas-, Staub- und Molekülwolken. Bevor dort Sterne entstehen können, muß die Temperatur der Wolken erst auf einen Wert abfallen, bei dem der Gasdruck in der Wolke der Gravitation nicht mehr die Waage halten kann. Ohne die Strahlungskühlung gäbe es keine Sterne. Doch auch nach seiner Geburt kann ein Stern auf den Mechanismus des Energietransports durch Strahlung nicht verzichten, denn er muß die in seinem Inneren frei werdende Fusionsenergie in Form von Licht wieder loswerden. Wenn das nicht möglich wäre, würde es den Stern zerreißen, sobald die ersten Kernreaktionen stattfänden. Auch bei Sternen, die ihre Energie nicht durch Strahlung, sondern wie in einem Topf mit kochendem Wasser durch das Aufsteigen heißer Blasen, die so genannte Konvektion, nach außen leiten, kann die Energie von der äußersten Sternhülle, der Photosphäre, nur durch Strahlung abgegeben werden. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 393-394).Vielleicht hat sich der eine oder andere schon einmal die Frage gestellt, warum das Universum so riesengroß ist und so unvorstellbar alt: so groß, daß darin hunderte Milliarden von Galaxien Platz haben und in jeder Galaxie wieder hunderte Milliarden von Sternen vorkommen, und so alt, daß die Sterne genügend Zeit hatten, die für das Leben unverzichtbaren Elemente auszubrüten. Im Wesentlichen sind zwei Größen dafür verantwortlich: zum einen die Masse in unserem Universum in Form von Sternen, Galaxien, Wolken und »Dunkler Materie« und zum anderen die so genannte kosmologische Konstante. Bleiben wir zunächst bei der Masse. Massen ziehen sich gegenseitig an, und zwar mit umso größerer Kraft, je mehr davon vorhanden ist. Andererseits expandiert unser Universum seit dem Urknall. Anziehung und Expansion zerren also beide in unterschiedlicher Richtung an den Massen. Die Gravitationskraft arbeitet gegen eine Ausdehnung des Universums beziehungsweise sie versucht, das bereits expandierte Universum wieder zusammenschnurren zu lassen, während die allgemeine Expansion zu einer stetigen Vergrößerung und zu einer Verringerung der Massendichte führt. Das Universum darf also nicht zu viel Masse enthalten, so daß die Gravitation nicht die Oberhand gewinnt und alles wieder in sich zusammenfällt. Zu wenig Masse hätte die umgekehrte Folge: Die Materie würde so sehr auseinander gezerrt, daß sie nicht mehr zu Sternen und Galaxien zusammenklumpen könnte. Und ein Universum ohne Sterne ist ein Universum ohne Leben. In diesem Konzert spielt die kosmologische Konstante eine nicht zu unterschätzende Rolle. Als Einstein seine Gleichungen zur allgemeinen Relativitätstheorie aufgestellt hatte, war ein Ergebnis seiner Berechnungen, daß das Universum instabil sei. Für Einstein war dieser Gedanke unerträglich, da er sich ein expandierendes oder sich zusammenziehendes Universum nicht vorstellen mochte. Trickreich wie er war, führte er einen Parameter in seine Gleichungen ein - die bereits erwähnte kosmologische Konstante - und machte ihren Wert gerade so groß, daß die zusammenziehende Wirkung der Gravitation zu null ausgeglichen wurde. Später konnte der Astronom Edwin Hubble jedoch zweifelsfrei belegen, daß das Universum tatsächlich instabil ist und sich ausdehnt. Als Folge dieser Erkenntnis sah sich Einstein genötigt, seinen Trick als die größte Eselei seines Lebens zu bezeichnen. Heute hat dieser Parameter, dem die Kosmologen den griechischen Buchstaben L (Lambda) gegeben haben, wieder an Bedeutung für die weitere Entwicklung des Universums gewonnen. L ist nämlich ein Maß für die Energiedichte des Vakuums, also des leeren Raumes, dem jegliche Masse und Strahlung fehlen, so daß nur noch die so genannte Vakuumenergie zurückbleibt. Nach den Gesetzen der Quantenmechanik bilden sich aus diesem Energievorrat fortwährend extrem kurzlebige Teilchen-Antiteilchen-Paare, die sich sofort wieder gegenseitig vernichten und dabei die zu ihrer Entstehung vom Vakuum entliehene Energie erneut an das Vakuum zurückgeben. Doch wie wirkt sich diese Vakuumenergie auf das Universum aus? Mithilfe der Einsteinschen Gleichung »Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat« könnte man der Vakuumenergie eine Masse zuordnen und vermuten, daß diese einen Beitrag zur Gravitation leistet, daß sie, je nach dem Vorzeichen von L, entweder anziehend oder abstoßend auf die Masse der Sterne und Galaxien wirkt. Doch das ist zu kurz gedacht. Der Kosmologe Gerhard Börner vom Max-Planck-lnstitut für Astrophysik macht denn auch deutlich, daß L verblüffenderweise keinerlei Wirkung auf gewöhnliche Massen hat. Vielmehr ist L als ein Beitrag zur Krümmung der Raumzeit zu verstehen, als eine Art innerer Druck im Kosmos, der das Universum und die darin enthaltene Materie auseinander treibt. Dummerweise gibt es keine Möglichkeit, den Wert von L direkt zu messen, man kann ihn nur auf Umwegen abschätzen. Heraus kommt, daß L außerordentlich klein ist. Die Theorie der Quantenmechanik fordert jedoch für L einen Wert, der mindestens um 120 Größenordnungen größer ist. Damit klar ist, was das bedeutet: 120 Größenordnungen besagen nicht, daß das theoretische L lediglich 120-mal größer ist als der geschätzte Wert der Kosmologen, sondern daß es mindestens um den gigantischen Faktor 10120 größer sein sollte. Wenn das richtig wäre, dann müßte das Universum aufgrund des starken inneren Drucks schon längst auseinander geflogen sein. Da das jedoch nicht der Fall ist, kann das nur heißen, daß die quantenmechanische Vakuumenergie sich nicht gravitativ im Universum auswirkt. - Neben anderen Ungereimtheiten gehört insbesondere diese Diskrepanz zu den großen Rätseln, die es zu lösen gilt, wenn wir das Universum verstehen wollen. Nun, wie groß auch immer L letztlich sein mag - fest steht jedenfalls, daß die zu unserem Universum vereinte Masse und L so perfekt zusammenwirken, daß ein Kosmos mit Sternen entstehen konnte. Glücklicherweise hat es dabei für seine Ausdehnung zur heutigen Größe so lange gebraucht, daß den Sternen genügend Zeit blieb, sich in Ruhe zu entwickeln und die Elemente zu produzieren, die das Leben für den Aufbau seiner Strukturen benötigt. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 396-399).Fassen wir zusammen: Die eingangs geäußerte Vermutung, es könnte für die Entstehung von Leben nicht ausreichen, lediglich einen geeigneten Stern und einen passenden Planeten auszusuchen, hat sich mehrfach bestätigt. Tatsächlich hängen die Entwicklung des Universums und die Bildung von Sternen und Planeten davon ab, wie die Werte einer Reihe fundamentaler Größen ausfallen und wie sie aufeinander abgestimmt sind. Daß das Universum so geworden ist, wie es sich uns heute präsentiert, verdanken wir der Tatsache, daß sowohl die einzelnen Teilchenparameter als auch die Reichweite und die Stärke der Grundkräfte genau die Werte aufweisen, die wir vorfinden. Hätten die Parameter von Beginn an anders ausgesehen, so wäre daraus ein anderes Universum geworden, in den meisten Fällen sogar ein Universum ganz ohne Atome. Geringfüge Änderungen dieser »Grundeinstellung« würden unser heutiges Universum sofort zerstören beziehungsweise hätten es gar nicht erst entstehen lassen. Es ist schon beeindruckend, wie im Wechselspiel der Kräfte und Massen nur Nuancen darüber entschieden haben, daß aus dem Urknall ein Universum hervorgegangen ist, in dem zumindest auf unserer Erde eine Flora und Fauna und natürlich wir selbst entstehen konnten. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 399).Aber warum die Natur so ist, wie sie ist, warum die Naturkonstanten und die Kräfte, welche die Entwicklungsprozesse steuern, genau die Werte und Größen haben, die wir messen, und keine anderen, ist nach wie vor eines der größten Rätsel der Physik. Wäre es anders gekommen, so gäbe es niemanden, der sich darüber wundern und rätseln könnte. Der Physiker Hans Joachim Blome () vergleicht diese Situation mit der des Überlebenden beim russischen Roulette. Seine Freude, in diesem Spiel gewonnen zu haben, wird gedämpft, sobald ihm klar wird, daß er keine Gelegenheit gehabt hätte sich zu ärgern, wenn er nicht gewonnen hätte - weil es ihn dann nämlich nicht mehr gäbe. Eine allerdings ziemlich lapidare Antwort auf die Frage nach dem Warum könnte lauten: Eben weil es in unserem Universum Leben gibt, können die Parameter nur die Werte besitzen, welche die Existenz von Leben möglich machen. Diesen logischen Schluß bezeichnet man auch als Anthropisches Prinzip. Anders formuliert heißt das: Die beobachtbaren Werte der Naturkonstanten und die Anfangsbedingungen unseres Universums erfüllen gerade die Bedingungen, welche für die Evolution intelligenten Lebens notwendig sind. Geht man noch einen Schritt weiter und unterstellt, daß der Entstehung des Universums die Absicht zugrunde liegt, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, so verschärft sich das Anthropische Prinzip zu der Aussage, daß die Parameter so eingestellt sein mußten, damit die Entwicklung von Leben möglich wurde. Hinter dieser auch als teleologisch bezeichneten Auslegung des Anthropischen Prinzips steht das Wirken eines allem übergeordneten Willens - eines Gottes, dessen Ziel von Anfang an die Erschaffung von Leben war. Damit verlassen wir jedoch die Erklärungsebene der Physik und müssen uns über die Prozesse, die zur Abstimmung der fundamentalen Größen geführt haben, keine Gedanken mehr machen. Eine naturwissenschaftliche Antwort auf die Frage, warum die Einstellungen so und nicht anders sind, muß natürlich anders aussehen - aber um es nochmals zu betonen: Die Naturwissenschaften haben keine Erklärung dafür! Wir können nur spekulieren. Es könnte doch sein, daß alles auf einem puren Zufall beruht, daß aus der Menge der im Rahmen der Naturgesetze zulässigen Werte zufällig die in unserem Universum gültigen Bedingungen zum Zuge kamen. Doch wie wahrscheinlich ist das? Der Quantenphysiker Lee Smolin rechnet uns vor, daß die Wahrscheinlichkeit, bei einer dem Zufall überlassenen Einstellung der Parameter exakt die Wertekombination zu finden, die unser Universum bestimmen, bei 10-229 liegt. Nach Roger Penrose, Physiker an der Universität Oxford, ist der Satz der für unser Universum grundlegenden Konstanten sogar nur einer von 101200 möglichen Kombinationen. Mit anderen Worten: Daß auf zufällige Art und Weise unser Universum zustande kam, erscheint - nahezu - ausgeschlossen. Spätestens an diesem Punkt bleibt für manche Naturwissenschaftler nur Gott als Antwort. Welche Antworten könnte es sonst noch geben? Nehmen wir einmal an, es existiert eine eindeutige, selbstkonsistente Theorie für das gesamte Universum, ein in jeder Hinsicht widerspruchsfreies mathematisches Modell. Das hieße: Aufgrund mathematischer Gesetzmäßigkeiten konnte das Universum nur so und nicht anders werden. Gäbe es eine derartige Theorie, so müßten wir sie als Erklärung für unsere Welt hinnehmen. Aber was wäre das für eine schreckliche Erklärung! Der Mensch müßte sich dann als das Ergebnis einer mathematischen, seelenlosen Logik betrachten, und sein Dasein hätte nicht mehr Sinn als eine mathematische Operation. Eine andere Erklärung beruht auf der Möglichkeit multipler Universen, von ... deren Existenz Kosmologen wie Andrei Linde felsenfest überzegt sind. Es widerspricht nicht den gängigen Theorien über die Entstehung des Universums, daß sich aus dem Quantenschaum des Vakuums fortwährend Blasen abschnüren, die zu neuen Universen expandieren. Jedem dieser Universen liegen vermutlich andere Anfangsbedingungen zugrunde, und in jedem bestimmen andere Gesetzmäßigkeiten und Naturkonstanten die Entwicklungsgeschichte. Bei einer riesigen, vielleicht sogar unendlichen Anzahl von Paralleluniversen muß zwangsläufig auch eines dabei sein, dessen Feinabstimmung der Parameter genau der unseren entspricht. Da wir jedoch prinzipiell nicht über den Rand unserer Blase hinaussehen können - und in Anbetracht der andersartigen Gesetzmäßigkeiten -, werden wir über diese Universen leider nie etwas in Erfahrung bringen. Vielleicht muß man analog zur biologischen Evolution die spezielle Einstellung der Parameter unseres Universums als das Ergebnis einer Evolution der Naturkonstanten betrachten: Aus einem Universum könnten »Tochteruniversen« hervorgehen, wobei sich die Naturkonstanten leicht verändert vererben. Universen mit »schlechten Genen«, zum Beispiel einer zu großen Gravitationskonstante, würden schnell wieder kollabieren, von der Bühne verschwinden und aussterben. Andere mit »besseren Genen« würden sich weiter »fortpflanzen«. Wie in der Biologie würden schließlich die Arten dominieren, welche die größte Anzahl von Nachkommen hervorbringen. Doch wie soll man sich den Mechanismus der Fortpflanzung bei einem Universum vorstellen? Der Quantenphysiker Lee Smolin glaubt die Lösung in der Entstehung Schwarzer Löcher am Ende des Lebens massereicher Sterne gefunden zu haben. Seiner Meinung nach sind die Zustände in einem Schwarzen Loch nicht von denen des Urknalls zu unterscheiden. In beiden Fällen handelt es sich um eine Singularität, einen Zustand extremer Dichte, Temperatur und Energie. (). Könnte es aufgrund dieser Analogie nicht sein, daß hinter dem Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs ein neues Universum entsteht? Smolin hält es für möglich. Wenn die Parameter des neuen Universums die Bildung von Sternen begünstigen, wird es viele neue Schwarze Löcher hervorbringen und sich weiter fortpflanzen, andernfalls aber aussterben. Anders ausgedrückt: Nur Parameterkombinationen, die zahlreiche Sterne hervorbringen, werden auch zahlreiche Nachkommen haben. Das entspricht dem Prinzip der Evolution und Auslese, wie wir es aus der Biologie kennen, nur daß hier die Naturkonstanten die Rolle der Gene übernehmen. Laut dieser Hypothese wäre eine Vielfalt von Universen möglich, die unentwegt neue Sterne hervorbringt, welche sich weiterentwickeln, zu Schwarzen Löchern kollabieren und wiederum neue Universen entstehen lassen. Die Sternentwicklung wird zwar aufgrund der jeweiligen Parameterwerte jedesmal etwas anders verlaufen, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann einmal ein Universum auftaucht, dessen Naturkonstanten die Bildung von Elementen, Molekülen und schließlich auch die Existenz von Leben ermöglichen, ein Universum mit »unseren« Naturkonstanten. Damit wäre die Entstehung von Leben auch auf der kosmischen Ebene das zwangsläufige Ergebnis einer langen natürlichen Entwicklungsreihe. Weder der Zufall noch eine übergeordnete Macht hätten dem Leben auf die Beine geholfen, sondern dies wäre einer Reihe physikalisch bedingter Ausleseprozesse zu verdanken gewesen. Und was ist mit den vielen anderen Universen? Unter ihnen gäbe es sicher einige, die unserem Universum sehr ähnlich wären, vielleicht auch mit einer gleichartigen Form von Leben. Leider werden wir nie erfahren, wie das »Parallel-Leben« aussieht, geschweige denn, was sich wirklich in einem Schwarzen Loch abspielt oder beim Urknall geschah. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 399-403).Es wird ein Zeitalter kommen, in dem es keine Sterne mehr gibt, keine über Jahrmilliarden verläßlichen Energiequellen, die das Leben erhalten. Nicht alle Sterne sterben zur gleichen Zeit. Unzählige Sterne sind bereits erloschen, unzählige Sterne werden im Laufe von Milliarden Jahren noch folgen. Unsere Sonne werleidet dieses Schicksal in etwa vier bis fünf Milliarden Jahren. Sie wird sich zu einem Roten Riesen aufblähen und den Planeten Merkur und sehr wahrscheinlich auch die Venus verschlingen - ein lokales Ereignis, das zwar das Leben auf der Erde bedroht, das aber ohne spürbare Auswirkung auf das übrige Universum sein wird. Doch wenn wir es bis dahin nicht schaffen, auf einen anderen Planeten auszuweichen, vielleicht auf einen Planeten in einem anderen Sonnensystem, dann ist das Schicksal der Spezies Mensch besiegelt. Doch auch nach einem derartigen Exodus wären wir noch nicht auf der sicheren Seite. Es wird der Moment kommen, da keine neuen Sterne mehr entstehen, weil der Gasvorrat der Galaxien erschöpft ist. Dann werden alle Sterne unserer Galaxis und auch die aller anderen Galaxien ausgebrannt sein, und es wird nirgendwo mehr eine Supernova explodieren und frisches Material für neue Sterne in das All schleudern. Von da an wird es finster sein im Universum, zumindest was das für unsere Augen sichtbare Licht anbelangt, und es wird auf ewig finster bleiben. Anstelle von Sternen wird es dann nur noch Braune Zwerge und Weiße Zwerge geben, Neutronensterne und Schwarze Löcher. Die Kosmologen schätzen, daß das in etwa 100 Billionen Jahren der Fall sein wird. Spätestens dann wird es kein Leben mehr geben, zumindest keines der uns bekannten Art. Wir wollen nicht behaupten, daß das Universum von da ab für alle Zeiten tot sein wird; vielleicht schafft es das Leben ja, sich im Laufe der unvorstellbar langen Zeit von 100 Billionen Jahren zu völlig anderen, für uns unvorstellbaren Entwicklungsstufen aufzuschwingen, sich zu wandeln und anzupassen an die neuen Verhältnisse. Aber die neuen Verhältnisse werden sehr, sehr fremdartig sein, und dieses Leben wird keine Ähnlichkeit mehr haben mit jenem, wie wir es kennen. Die Galaxien werden auch im Dunkeln noch für geraume Zeit als zusammengehörige Systeme weiterbestehen, und längst ausgeglühte Planeten werden um ausgebrannte Sternreste kreisen. Aber diese Bindungen halten nicht ewig, Galaxien werden auf ihren Wegen durch das All einander nahekommen und miteinander kollidieren. Unsere Milchstraße und die Andromeda-Galaxie sind gegenwärtig schon auf Kollisionskurs. In etwa sechs Milliarden Jahren könnte es zu einem Zusammenstoß kommen. Doch auch wenn das zu diesem Zeitpunkt gerade noch einmal gut gehen sollte - langfristig ist eine Kollision unvermeidbar, da die beiden Systeme durch die Gravitation aneinander gebunden sind. Sie umkreisen sich, und weil dabei durch Reibung Energie verloren geht, verschmelzen sie schließlich zu einem riesigen Haufen ungeordneter Sterne. Für die Sonnensysteme einer Galaxie hat das einschneidende Konsequenzen. Aufgrund der Schwerkraft aneinander vorbeiziehender Sterne werden die Planeten allmählich aus ihren Bahnen geworfen und in das All geschleudert. Wissenschaftler schätzen, daß in rund 100 Billiarden Jahren alle Planetensysteme zerfallen sind. Schließlich bleiben auch die ausgebrannten Sonnen nicht von diesen Auflösungserscheinungen verschont. Wie bei den Planeten kann bei der Begegnung dreier Sterne der masseärmste aus der Galaxie katapultiert werden. Derartige Drei-Körper-Begegnungen sind zwar relativ selten - sie kommen in einer Galaxie etwa nur ein halbes Dutzend mal pro einer Milliarde Jahre vor -, aber im Universum spielt Zeit keine Rolle, und auf lange Sicht ist das Ergebnis dramatisch. Irgendwann zwischen einer Trillion (1018) und einer Quatrilliarde (1027) Jahre werden die Galaxien etwa 99 Prozent ihrer Masse verloren und sich somit praktisch aufgelöst haben. Der jeweils verbleibende Rest wird dann zu einem einzigen supermassiven Schwarzen Loch kollabieren. Jetzt geht es ans Eingemachte, an die eigentliche Substanz. Wenn die Theorien der Elementarteilchenphysiker stimmen, dann löst sich auch die Materie insgesamt auf. Nach etwa 1032 Jahren zerfallen nämlich selbst die Protonen, die elementaren Bausteine der Materie, in Positronen und Photonen. Treffen die Positronen auf ein Elektron, so vernichten sich die Teilchen gegenseitig, und es bleiben nur noch Photonen übrig. Letztlich wird also die gesamte feste Materie, werden alle Stern- und Planetenreste in Strahlung verwandelt sein. Dann gibt es im Universum nur noch gigantische Schwarze Löcher, die in einem allumfassenden Meer von Photonen und Neutrinos schwimmen. Sieht so die Ewigkeit aus? Sie ahnen es schon, verehrte Leserinnen und Leser, die Kosmologen haben noch einen weiteren Trumpf im Ärmel. Sie behaupten, daß auch die Schwarzen Löcher einmal ihr Dasein beenden, indem sie verdampfen. In etwa 1080 Jahren sollen diese Prozesse beginnen und erst in 10130 Jahren beendet sein. Dann soll es wirklich nichts mehr geben außer Neutrinos und Photonen in Form von extrem langwelliger elektromagnetischer Strahlung in einem extrem kalten, leeren Universum. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 405-407).
Obwohl die Kosmologen auch an diesem Punkt mit ihren Spekulationen noch nicht zu Ende sind, ist es doch für uns an der Zeit, die Gedankenreise in die Zukunft abzubrechen. Schon längst überschreitet das alles unser Vorstellungsvermögen. Was bleiben soll, ist die Erkenntnis, daß dem Leben, wo und wann auch immer es im Universum entstanden sein mag, nur eine zeitlich begrenzte Spanne vergönnt ist. Nur in der gegenwärtigen, glücklicherweise zig Milliarden Jahre andauernden Epoche der Sterne konnte und kann es entstehen, kann es sich entwickeln und gedeihen. Zu keiner Zeit vorher noch irgendwann nachher waren und sind die Verhältnisse geeignet, um Leben zu unterstützen. In den Epochen davor fehlte es an den entsprechenden Bausteinen und Energiequellen, danach gewinnen die destruktiven Kräfte die Oberhand. (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 407-408).Sollen wir über diese Erkenntnis nun in Trübsal verfallen und angesichts der scheinbaren Sinnlosigkeit des Lebens verzagen? Für viele kann hier sicherlich der Glaube an einen Gott hilfreich sein. Aber müssen wir uns wirklich schon heute ängstigen vor einem Szenario, das voraussichtlich erst in etwa zwei Milliarden Jahren Realität wird, wenn es auf der Erde so heiß wird wie auf der Venus und die Meere verdampfen? Zwei Milliarden Jahre, das ist eine Zeitspanne, die rund 10000 mal länger ist als die Zeit, die seit dem Erscheinen des ersten hoch entwickelten menschenähnlichen Wesens, des Homo sapiens, vergangen ist. Anstatt die Flinte ins Korn zu werfen, sollten wir lieber alle Kraft darauf verwenden, das Überleben der Spezies Mensch wenigstens für die nächsten 100000 Jahre sicherzustellen. Daß allein dieses Minimalziel von einer Dimension ist, welche die gesamte Menschheit fordert, zeigt uns der tägliche Blick in die Medien. Wie es scheint, sind wir gerade dabei, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören, und weit davon entfernt, einander in friedlicher Koexistenz zu begegnen. Soll sich daran etwas ändern, so muß sich der Mensch endlich seines selbstverliehenen Titels »intelligentes Lebewesen« besinnen und alles unterlassen, was seine Existenz und die der anderen bedrohen könnte. Wenn das gelingt, brauchen wir uns vor der Zukunft nicht zu fürchten! (Harald Lesch, Big Bang, zweiter Akt, 2003, S. 408).Übrigens ist es kein Wunder, daß gerade unsere abendländischen Individuen nun auch noch, da sie sich als Parallelindividuen in Parallelgesellschaften ferner Paralleluniversen sehen (sollen oder wollen), immer mehr an Individualuniversen glauben. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Anmerkungen:4 Naturkräfte: Gravitative Kraft, Starke Kernkraft, Elektromagnetische Kraft, Schwache Kernkraft. (Vgl. auch deren Austauschteilchen). Unsere Naturkräfte werden auch Wechselwirkungen genannt und entstanden wahrscheinlich in der Quark-Ära () unseres Universums. Unseres Universums, weil in anderen Universen (falls es die gibt) wahrscheinlich auch andere Naturkräfte gelten. (). Wenn unsere Naturkräfte anders wären, wenn sie z.B. nur minimal anders eingestellt wären, dann wäre unser Universum vielleicht gar nicht entstanden, jedenfalls hätte es sich so (wie bekannt) nicht entwickeln können. Was wäre, wenn ....?Der Doppler-Effekt ist die nach Christian J. Doppler (1803-1853) benannte scheinbare Veränderung der Wellenlänge oder Frequenz einer elektromagnetischen Schwingung oder einer anderen Wellenerscheinung (z.B. Schallwellen), wenn die Quelle der Wellen sich dem Beobachter nähert oder sich von ihm entfernt. Nähert sich die Quelle dem Beobachter, so steigt die Zahl der empfangenen Wellenberge und Wellentäler pro Sekunde (also die Frequenz) an, entsprechend wird die Wellenlänge kleiner. Bei einer Entfernungsbewegung der Quelle sinkt die Frequenz bzw. steigt die Wellenlänge. Im Hinblick auf das Licht, das in der astronomischen Forschung vor allem eine Rolle spielte, zeigte sich der Doppler-Effekt in einer Verschiebung der Linien im Spektrum. Wenn sich ein Himmelskörper, z.B. ein Stern, uns nähert, erfolgt die Verschiebung der Spektrallinien zum violetten, kurzwelligen Ende hin (Violettverschiebung) und bei einer Entfernungsbewegung der Lichtquelle zum roten, langwelligen Ende hin (Rotverscheibung). (Vgl. Elektromagnetisches Spektrum). Aus dem Betrag der Verschiebung kann die relative Geschwindigkeit zwischen Erde und dem Himmelskörper in km/s bestimmt werden (Radialgeschwindigkeit).Hans-Joachim Blome geht - wie auch Wolfgang Priester - nicht vom Urknall (bzw. Big Bang) aus, sondern vom Großen Rückprall (bzw. Big Bounce); nach dieser Theorie gab es nämlich gar keinen Urknall; vielmehr soll ein materiefreies Universum zu einem Minimaldurchmesser geschrumpft sein, um danach wieder zu expandieren. (Großer Rückprall). In der Umkehr sei durch Quantentenfluktuationen auch die Materie entstanden. Die Theorie erfordert einen positiven Wert für die kosmologische Konstante (L) und ein Weltalter von rund 32 Milliarden Jahren; die Hubble-Konstante (das ist die Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien pro 1 Mpc Entfernung) müßte bei fast 100 km/s pro Mpc liegen.Seit es Menschen gibt, seit der Menschen-Kultur (vgl. Menschengeschichte) hat die raubtierhafte Ausbeutung und Zerstörung - zunächst nur langsam, dann linear und schließlich exponentiell ansteigend - zugenommen. Seit Menschen zudem auch noch verschiedenen Historienkulturen (vgl. 8 Kulturen) angehören, hat die Ausbeutung von Umwelt und Welt exponentiell zugenommen, und seit der Industriellen Revolution () hat die Zerstörung von Umwelt und Welt exponentiell zugenommen. Doch gerade die heutige Ökobewegung ist, weil sie politisch instrumentalisiert und wirtschaftlich kapitalisert ist, ein lobbyistisches Blockierungssystem für die Überwindung der tatsächlichen Probleme von Umwelt und Welt. Und sogar selbst da, wo die Ökobewegung fest an ihre durchaus guten Ziele glaubt, denkt sie (oder wird in ein solches Denken hineinlobbyisiert), daß die ökologischen Ziele über ein mechanistisches Gesetz, also rein linear (laut Revolutionärsprache: progressiv), erreicht werden könnten. Das ist ein fataler Irrglaube, weil der Zufall () ausgeklammert oder zumindest unterschätzt wird, weil die nicht-linearen Effekte, so Heinz-Otto Peitgen (), nicht berücksichtigt werden. Der Zufall spielt eine außerordenlich wichtige Rolle, z.B. bei der Bildung von Trends - als ob er Banden bilden könnte, denn wie sagt man so schön: Ein Zufall kommt selten allein. Daher mein Tipp an die Ökobewegten: Ihr könnt auch ohne eine hysterisch-zwanghafte Gesetzesgläubigkeit (an den Gesetzgeber Natur als Gott) an Euer gutes Ziel glauben - den Zufall kann man nicht eliminieren, wie schon der seit Ende des 18. Jahrhunderts auch diesbezüglich experimentierende Deutsche Idealismus () eindrucksvoll bewiesen hat! Also, liebe Ökobewegung: Gesetz ohne Zufall gibt's nicht (christlich gesprochen: Schicksal ohne Wunder gibt's nicht); versprecht euch nicht zu viel (ein Minimalversprechen reicht) und laßt euch nicht von den großen Versprechungen der großen Politik einlullen, laßt euch nicht von Politik und Lobby instrumentalisieren, kapitalisieren, sozialisieren, kommunisieren oder sonstwie euren Glauben pervertieren.Der Bericht von Nicholas Stern bietet keine wirkliche Kosten-Nutzen-Analyse und kann als alarmistisch und inkompetent abgetan werden. Das sagt übrigens auch der Ökonom Richard Tol: The Stern Review can therefore be dismissed as alarmist and incompetent. Dies soll nicht heißen, daß der Klimawandel für uns kein Problem sei und Treibhausgasemissionen nicht reduziert werden müßten. Trotzdem muß an der Kritik am Stern-Bericht unbedingt festghehalten werden. Nicholas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, hat für seine Schadensschätzung von 5 bis 20 % des globalen Bruttoinlandsprodukts nur extrem pessimistische Szenarien herangezogen; andere Studien, die Schäden von weit unter 1 % errechnet haben, hat er offenbar unterschlagen; jedenfalls hat er die Schäden viel zu hoch und die Kosten für die Emissionsreduktion viel zu niedrig angesetzt. Ähnlich kritisch äußert sich auch der Ökonom Björn Lomborg, der außerdem behauptet, es gebe Projekte, mit denen sich für die Förderung des weltweiten Wohlstands bei viel geringeren Kosten viel mehr erreichen lasse als mit den Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. - Außerdem sollten wir nicht vergessen: Das Klima unserer Erde wird zum weitaus größten Teil von kosmischen Faktoren beeinflußt, und der dabei die weitaus größte Rolle spielende Himmelskörper ist die Sonne (), also nicht einmal die Erde selbst (), von den auf ihr lebenden Lebewesen und also auch Menschen ganz zu schweigen, da sie beim Einfluß auf das Klima der Erde eine viel zu geringe Rolle spielen ! - Hier übrigens noch eine Bemerkung zur Ähnlichkeit von Klima und Demographie, was deren so genannte Trägheit angeht: die Auswirkungen durch den menschlichen Einfluß auf das Klima und die Auswirkungen durch den menschlichen Einfluß auf die Demographie zeigen sich - je nach Fall und in Abhängigkeit davon, wie oft, wie intensiv und wie lange schon vorher der jeweilige Einfluß war - erst Jahrzehnte bis Jahrhunderte später. In den hochindustrialisierten Ländern haben die Menschen zu wenige Kinder, leiden also am Schwund der eigenen Bevölkerung; in den 3.-Welt-Ländern haben die Menschen zu viele Kinder, leiden an der Explosion der eigenen Bevölkerung. Die Weltbevölkerung insgesamt nimmt immer noch zu. Für eine sozial und wirtschaftlich positive Entwicklung ist es ganz dringend und unbedingt notwendig, daß die Bevölkerungen in den 3.-Welt-Ländern die Produktion von Kindern drastisch reduzieren und die Bevölkerungen der hochindustrialisierten Länder die Produktion von Kindern erhöhen. Falls dies nicht bald geschieht, werden wir riesige soziale und wirtschaftliche Probleme bekommen. Gleiches gilt bekanntlich auch bezüglich des Klimas. Was für den von Menschen verursachten klimatischen Wandel gilt, gilt also auch für den von Menschen verursachten demographischen Wandel. Wenn über den demographischen Wandel auch so viel wie über den klimatischischen Wandel in den Medien berichtet, auch so viel positive Bevölkerungspolitik wie positive Klimapolitik betrieben würde, dann würde vielleicht auch eine nachhaltrige Lösung für beide Probleme gefunden, ansonsten aber wieder nur die Negativität von Medien und Politik offenbar werden. Vgl. Klima (), Klimahysterie (), Ökologie (), Demographie (), Bevölkerungspolitik ().Klimawandel ist der Normalfall ! Das Klima hat sich immer schon verändert, und wird dies auch weiterhin tun! Die wirkliche Gefahr geht von der Vernichtung von Lebensrämen aus, etwa von der ungebremsten Abholzung der höchst artenreichen Tropenwälder. Gerade als Naturforscher halte ich die Fokussierung auf den Treibhauseffekt für sehr gefährlich. Das Klima wird zunehmend zum Sündenbock gemacht, um vor anderen ökologischen Untaten abzulenken. Ein typisches Beispiel sind die irreführenden Debatten nach Hochwasserkatastrophen, die ja in Wahrheit auf die Verbauung der Flüsse zurückzuführen sind und nicht auf extremer gewordene Wetterereignisse, an denen wir ohnehin nichts ändern können. ... Bei uns ist die industriell betriebene Landwirtschaft der Artenkiller Nummer 1. Mit ihren Monokulturen und überdüngten Feldern haben die Bauern die Lebensbedingungen für viele Tiere und Pflanzen radikal verschlechtert. Zahlreiche Arten sind bereits vom Land in die Städte geflüchtet, die sich so in Hochburgen der Artenvielfalt verwandelt haben. Übrigens gibt es noch eine interessante Beobachtung: Großstädte wie Hamburg, Berlin oder München bilden Hitzeinseln, in denen schon seit Jahrzenhnten ein um zwei, drei Grad wärmeres Klima herrscht als im Umland. Wenn höhere Temperaturen (gemeint ist die globale Erwärmung, denn vor der haben die heutigen Klima-Hysteriker ja so unglaublich viel Angst! HB) wirklich so schlimm wären: Warum fühlen sich dort immer mehr Tiere und Pflanzen so pudelwohl? .... Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Biodiversität und Temperatur. Von den Polrandgebieten über die gemäßigten Breiten bis zum Äquator steigt die Artenzahl exponentiell. Man kann es auf die Formel bringen: Je wärmer ein Lebensraum ist, desto artenreicher ist er auch. (Josef Reichholf, in: Spiegel, 19, 2007, S. 156).Flächen-Vergleich: Unser Planet Erde hat eine Oberfläche von 510,1 Mio. km² (); davon sind 147,9 km² Landfläche (29%) und 362,2 km² Wasserfläche (71%). Ende des Jahres 2004 betrug die Fläche der Naturschutzgebiete 19,5 Mio. km² () - das entspricht 3,8% der Oberfläche der Erde, 5,4% ihrer Wasserfläche, 13,2% ihrer Landfläche. Das ist noch zu wenig! Nächstes Ziel muß sein: 50 Mio. km² - das entspricht 9,8% der Oberfläche der Erde, 13,8% ihrer Wasserfläche, 33,8% ihrer Landfläche.Dieser Anstieg der Geburtenrate in der 1. Welt auf 2,13 Kinder pro Frau darf sich aber nicht nur in der Unterschicht, sondern muß sich entweder gleichmäßig in allen Schichten oder, falls doch ungleichmäßig, besonders in der Mittelschicht vollziehen.Zur Er-Örterung vgl. die Werke von Martin Heidegger (1889-1976):Vgl. Martin Heidegger, Sein und Zeit, 1927, S. 105f.. (); und vgl. Hermann Schmitz, System der Philosophie, Der Raum - 4. Teil, § 218, 1964-1980, S. 258-308 (). Schmitz geht vom leibhaftigen In-der-Welt-Sein aus. (). In einem seiner Werke (Subjektivität, 1964) heißt es: In meiner Analyse des leiblichen Befindens setze ich mir - soviel ich sehe, zum ersten mal in der Weltliteratur - das Ziel, ein abgerundetes Begriffssystem allein auf das Zeugnis des eigenleiblichen Spürens zu gründen, also dessen, was der Mensch, wie amn sagt, am eigenen Leibe spürt. Schmitz, Begründer der Neuen Phänomenologie (), arbeitete ein in 10 Büchern vorliegendes System der Philosophie () aus, dessen Basis die Erfahrung der Leiblichkeit und des Augenblicks unmittelbarer Betroffenheit ist. Er setzte bei der ursprünglichen, unwillkürlichen Lebenserfahrung an.Martin Heidegger (1889-1976), Der Ursprung des Kunstwerks, 1935.Martin Heidegger (1889-1976), Bauen, Wohnen, Denken, in: Vorträge und Aufsätze, postum, S. 143.Martin Heidegger (1889-1976), Bauen, Wohnen, Denken, in: Vorträge und Aufsätze, postum, S. 145.Heideggers Nachfolger Otto Friedrich Bollnow (1903-1991) und Hermann Schmitz (*1928).Ernst Nolte (*1923), Einblick in ein Gesamtwerk: Siegfried Gerlich im Gespräch mit Ernst Nolte, 2005, S. 116.Josef H. Reichholf (*1945), Der Tanz um das golden Kalb - Der Ökokolonialismus Europas, 2004.Peter Sloterdijk (*1947), Hans Küng (*1928), Michael Stürmer u.a. in der TV-Sendung 45. Baden-Badener Disput, 1998 (Moderation: Gertrud Höhler). Vgl. auch: Heidegger als 1. Ökologe, 1. Ökosoph, 1. Chirotopologe.Es ist anthropologisch falsch, davon auszugehn, daß der Mensch ein Individuum ist; er ist ein historisches Tier; er ist ein Paarwesen, so Peter Sloterdijk (*1947) immer wieder betonend, auch und gerade dann, wenn es um Rechte geht, nämlich um juristische Formulierungen, die allesamt auf falschen Annahmen beruhen. Der metaphysische individualistische Ansatz ist anthropologisch falsch und führt notwendigerweise auch in Fehlformulierungen auf allen Ebenen, denn der Mensch ist ein Wesen, das immer von seinem Alliierten her gedacht werden muß und nicht nur von seinem Selbsterhaltungsimpuls. Die Menschenrechtsformulierungen fangen an als Schutzrechtsformulierungen. .... Weil Verrechtlichung von falsch formulierten Menschenrechten in der Tat erstens Widersprüche ergibt und zweitens die Notwendigkeit, ... warum man die Rechte durch Pflichten ergänzen muß, ... - weil die Menschenrechtsformulierungen allesamt auf der Basis des modernen metaphysischen Individualismus sich artikuliert haben. .... Wir haben einen primären Individualismus und eine sekundäre Vergesellschaftung - das ist ein Denkfehler von einer solchen monströsen Dimension, daß man Jahrhunderte brauchen wird, das wieder zu beheben. .... Man kann es an den Artikeln der Erklärung von 1948 (09./10.12.1948) sehr gut zeigen: sie sind alle falsch formuliert - alle -, und zwar fangen nämlich alle mit »every-one« oder »no-one« an, also: das »ONE« ist das Subjekt des Rechts, und das ist anthropologisch falsch! Wir müssen das Rechtssubjekt anders konstruieren: nicht Individuen können Rechte oder Pflichten haben, sondern man muß Individuen so beschreiben, daß sie als Teile von etwas erscheinen. Ich sage, Individuen gibt es nicht, sondern es gibt nur Beziehungen. Es gibt keine Individuen!Peter Sloterdijk (*1947), Versuche nach Heidegger, 2001, S. 188-189. Was Heidegger als das »Ge-stell« () benennen und als fatales Seinsgeschick verstehen wird, ist zunächst nichts anderes als das Ge-Häuse, das Menschen beherbergt und durch Beherbergung unmerklich herstellt. Heidegger kommt dem Begriff des Ge-Häuses sachlich zur Zeit des Kunstwerk-Aufsatzes, 1935, am nächsten, als er an dem Konzept eines guten Ge-stells (»das Kunstwerk stellt eine Welt auf«) arbeitete. (Peter Sloterdijk, Versuche nach Heidegger, 2001, S. 189).In den Zeug-Analysen von Sein und Zeit hat sich Martin Heidegger als erster Chirotopologe () hervorgetan. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 364). Vgl. Das Chirotop - Die zuhandene Welt, ebd., S. 364-377.Ernst Probst (*1946), Deutschland in der Urzeit. Von der Entstehung des Lebens bis zum Ende der Eiszeit, 1986, S. 349.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären I - Blasen, 1998, S. 275.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären I - Blasen, 1998, S. 275-276.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Blasen, 1998, S. 212-213.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 317.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 320.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 338-339.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 364 (). Vgl. Das Chirotop - Die zuhandene Welt, ebd., S. 364-377.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 368-369 (). Vgl. Das Chirotop - Die zuhandene Welt, ebd., S. 364-377.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 501.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 501-502.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 503-504.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 505.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 507.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 511-512.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 512 (). Daher die Attraktivität der Hüttenexistenz für von Projekten erschöpfte Zivilisierte, die während ihrer Ferien in Zelten und Campingwagen ausschwärmen - zurückgezogen in Container, die ihre Bewohner zu keinem Warten auf ein Produkt verpflichten; hier kann man grillen, fernsehen, kopulieren und das Bruttoszialprodukt vergessen. (Ebd.).Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 515.Peter Sloterdijk (*1947), Sphären III - Schäume, 2004, S. 516-517.Peter Sloterdijk (*1947), Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 281.Peter Sloterdijk (*1947), in: Martin Heidegger, ein Film von Thomas Palzer, 2002.Ein Beispiel: Nietzsches selbstbezogenes Schreiben setzt die Fähigkeit voraus, sich nicht als Individuum, als das Unteilbare, sondern als Dividuum (Friedrich Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches, 1878, 2,76), als etwas Teilbares, zu erleben. Eine mächtige Tradition spricht vom »Individuum« wie von einem unteibaren Kern des Menschen, Nietzsche aber hat schon sehr früh mit der Kernspaltung des Individuums experimentiert. Über »sich« schreibt, wem die Unterscheidung zwischen »Ich« und »sich« überhaupt etwas zu denken gibt. (Rüdiger Safranski, Nietzsche, 2000, S. 15). Auch Spengler dachte in bestimmten Zusammenhängen ganz nietzscheanisch, wobei man wissen muß, daß Nietzsche in seinen besten Augenblicken als Immunologe spricht, wie ein Kulturarzt, der weiß, daß Kulturen und ihre Träger, die Menschen, Wesen sind, die mit dem Ungeheuren geimpft werden und eigensinnige Immunreaktionen entwickeln, aus denen verschiedene kulturelle Temperamente hervorgehen. In diesem Sinne muß man Spenglers These auffassen, daß es nur 8 Hochkulturen () im eigentlichen Wortsinn gegeben habe. Nur in dieser kleinen Zahl von Fällen haben sich die hochkulturschöpferischen Immunreaktionen vollzogen, von denen jede einzelne einen unverwechselbaren Charakter besaß. Die 8 hohen Kulturen wären demnach die Abwicklung lokaler Immunreaktionen. (Peter Sloterdijk, Die Sonne und der Tod, 2001, S. 225-226). Jedenfalls hat Nietzsche richtig über die Kernspaltung des Individuums nachgedacht, sein Hauptsatz dazu lautet: »In der Moral behandelt sich der Mensch nicht als individuum, sondern als dividuum« (ebd., 2,76). (Rüdiger Safranski, Nietzsche, 2000, S. 186).Viktimologisch argumentierten ja auch die Römer; auch sie benutzen ihre Opferrolle, um ihre Täterrolle zu legitimieren: sie gingen seit 146 (v. Chr.) nur deshalb an die Verwandlung der östlichen Ländermasse in Provinzen, weil es ein anderes Mittel gegen die Anarchie nicht mehr gab. Und auch das hatte zur Folge, daß die innere Form Roms, die letzte, die noch aufrecht geblieben war, sich unter dieser Belastung in den gracchischen Unruhen (136-121) auflöste. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 1089). Wurde aus Sicht der Massen der Römer immer mehr zu einer sie abstoßenden Größe - patronisch herrschender Amtsadel (Nobilität, bestehend aus Patriziern und minderberechtigten Plebejern) und Nur-Geschäftssinnige (nichtadelige Geldgeber) -, so gilt in Analogie zum Abendland: herrschender Amtsadel als eingewanderte High Society (Nobility, bestehend aus Angelsachsen und minderberechtigten Kontinentaleuropäern) und eingewanderte Nur-Geschäftssinnige (vor allem Juden). Und tatsächlich: der Amerikaner wird genau hierauf reduziert, und zwar immer mehr! Kein Wunder, daß die bereits um den Privatbesitz der Welt kämpfenden ersten abendländischen Cäsaren (Globalisten) den Haß der Massen, der hier oft Terrorismus (in der Antike: Anarchie) genannt wird, eindämmen wollen und auf einen globalen Weltfrieden setzen. (). Jedoch ist eine der Pax Romana () ähnlichen Pax Americana () derzeit noch Zukunftsmusik, aber schon ansatzweise erkennbar! (). - Mehr zum Thema: Viktimolgie
© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014). |