| | Zu unserer Kultur stehen ! (von Peter
Scholl-Latour)Wenn jetzt bei Politikern und Leitartiklern die Wellen der Empörung
über die Absetzung der Mozart-Oper »Idomeneo« an der Deutschen
Oper in Berlin hochschlagen, dann sollten sie nicht vergessen, sich auch darüber
zu echauffieren, was die Inszenierung von Hans Neuenfels bietet: Außer Mohammeds
Kopf wird dort auch das abgetrennte Haupt Jesu Christi gezeigt. Daß Jesus
gekreuzigt worden ist, reicht wohl nicht! Natürlich dürfen wir uns von
der Möglichkeit von Drohungen nicht beeindrucken lassen, aber es ist doch
im Grunde bizarr, wenn nun ausgerechnet führende christdemokratische Politiker
sich für dieses Stück einsetzen. Wir haben uns zu Recht über die
Enthauptung von Gefangenen durch irakische Fanatiker entrüstet. Wollen wir
es ihnen denn gleichtun? Ganz unabhängig von jeder religiösen
Empörung handelt es sich bei der Aufführung vor allem um eine zutiefst
kritikwürdige Geschmacklosigkeit. Und man fragt sich, was soll das Ganze
überhaupt? Zumal es dem Geist der Oper, wie sie 1781 uraufgeführt
wurde, vollkommen widerspricht. Warum bringt heute eigentlich kaum noch ein Theater
eines der klassischen Stücke so auf die Bühne, wie es vom Autor einst
verfaßt worden ist? Aus einer Oper oder einem Theaterstück spricht
der Künstler und spricht der Geist der Zeit, Regie-Verfremdungen solchen
Ausmaßes zerstören das alles. Warum schreiben die Theatermacher sich
nicht ihre eigenen Stücke, sondern tun den Klassikern Gewalt an? Vor
allem aber wollen wir offenbar immer noch nicht begreifen, daß wir dem Islam
nur begegnen können, wenn wir - so wir schon den christlichen Glauben nicht
mehr haben - wenigstens auf dem festen Boden unserer christlichen Kultur stehen.
Lassen wir es dagegen zu, daß unsere eigene Kultur - man muß es schon
sagen - regelrecht »zur Sau gemacht« wird, dann sehe ich schwarz für
unsere Fähigkeit, diese Herausforderung zu bestehen. In Berlin feiert
man nun stolz die eben abgeschlossene erste Islamkonferenz. Doch leider hat sie
sich voraussehbarerweise als eine reine Schauveranstaltung erwiesen. Wenn wir
Europäer wirklich etwas tun und nicht nur reden wollen, so sollten wir uns
zum Beispiel endlich für die orientalischen Christen einsetzen. Dank der
amerikanischen Intervention sind etwa die Christen des Irak, die unter Saddam
Hussein noch Schutz genossen, mittlerweile in Gefahr. In den Libanon entsenden
wir Europäer Truppen, doch keiner spricht über die Lage der Christen
dort. Ein weiteres Beispiel ist das völlig inakzeptable - und übrigens
koranwidrige - Verbot von Bibel und Kreuz in Saudi-Arabien. Europa sollte klarmachen,
daß - sollte sich daran nichts ändern - es zu Gegenmaßnahmen
bereit ist. Und wir sollten auch nach dem Umstand fragen, daß der Koran
für Christen und Juden lediglich die untergeordnete Stellung von »Dhimmi«
vorsieht. Auch das müßte Gegenstand eines Dialogs sein. Junge Freiheit vom 6. Oktober 2006 | | |