Die
fundamentale Einheit für die Selektion und damit für das Eigeninteresse
ist nicht die Art, nicht die Gruppe und - streng genommen - nicht einmal das Individuum
.... Es ist das Gen, die Erbeinheit.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 50-51 |
Irgendwann
bildete sich zufällig ein besonders bemerkenswertes Molekül. Wir nennen
es Replikator. Es war vielleicht nicht unbedingt das größte
und komplizierteste Molekül ringsumher, aber es besaß die außergewöhnliche
Eigenschaft, Kopien seiner selbst herstellen zu können.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 56 |
Die
Replikatoren fingen an, nicht mehr einfach zu existieren, sondern für sich
selbst Behälter zu konstruieren, Vehikel für ihr Fortbestehen. Es überlebten
diejenigen Replikatoren, die um sich herum Überlebensmaschinen bauten.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 63 |
Ein
Gen ist definiert als jedes beliebige Stück Chromosomenmaterial, welches
potentiell so viele Generationen überdauert, daß es als eine Einheit
der natürlichen Auslese dienen kann.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 75 |
Wollte
man genau sein, so dürfte dieses Buch weder Das egoistische Cistron
noch Das egoistische Chromosom heißen, sondern eher Das
etwas egoistische große Stückchen Chromosom und das sogar noch egoistischere
kleine Stückchen Chromosom. Doch das ist ein -gelinde gesagt -nicht
gerade spannender Titel, daher definiere ich ein Gen als ein kleines Stückchen
Chromosom, das potentiell viele Generationen überdauert, und nenne das Buch
Das egoistische Gen.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 82 |
Nun
ist, was den modernen, zivilisierten Menschen betrifft, folgendes geschehen: Die
Größe der Familie ist nicht mehr durch die begrenzten Mittel beschränkt,
die die einzelnen Eltern aufbringen können. Wenn ein Mann und seine Frau
mehr Kinder haben, als sie ernähren können, so greift einfach der Staat
ein, das heißt der Rest der Bevölkerung, und hält die überzähligen
Kinder am Leben und bei Gesundheit. Es gibt in der Tat nichts, was ein Ehepaar,
welches keinerlei materielle Mittel besitzt, daran hindern könnte, so viele
Kinder zu haben und aufzuziehen, wie die Frau physisch verkraften kann. Aber der
Wohlfahrtsstaat ist eine sehr unnatürliche Sache. In der Natur haben Eltern,
die mehr Kinder bekommen, als sie versorgen können, nicht viele Enkel, und
ihre Gene werden nicht an zukünftige Generationen vererbt.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 209-210 |
Gibt
es auch Einheiten der kulturellen Vererbung, die sich wie Gene als echte Replikatoren
verhalten? Ich behaupte nicht, Meme seien zwangsläufig eine driekte Entsprechung
zu den Genen, aber je ähnlicher sie den Genen sind, desto besser
funktioniert die Memtheorie.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 268 |
Was
ist im Grunde so besonderes an den Genen? Die Antwort lautet: die Tatsache, daß
sie Replikatoren sind. Von den Gesetzen der Physik nimmt man an, daß sie
im gesamten bekannten Universum gelten. Gibt es irgendwelche Grundsätze der
Biologie, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, daß sie eine ähnlich
universelle Gültigkeit besitzen? Wenn Astronauten auf der Suche nach Leben
zu fernen Planeten reisen, so können sie erwarten, Lebewesen vorzufinden,
die zu fremd und zu unirdisch sind, als daß wir sie uns vorstellen könnten.
Aber gibt es nicht irgendetwas, das für alles Leben gelten muß, wo
immer es auch gefunden werden mag und was auch immer seine chemischen Grundbausteine
sein mögen ? Wenn Lebensformen bestehen, deren chemische Struktur auf
Silikon aufbaut und nicht auf Kohlenstoff, oder auf Ammoniak und nicht auf Wasser,
wenn Geschöpfe entdeckt werden, die bei minus 100 Grad Celsius zu Tode sieden,
wenn eine Form von Leben gefunden wird, die überhaupt nicht auf Chemie beruht,
sondern auf elektronischen Schwingkreisen, wird es dann immer noch irgendein allgemeines
Prinzip geben, das auf alles Leben zutrifft? Es ist offensichtlich, daß
ich das nicht wissen kann, doch wenn ich mich für etwas entscheiden müßte,
dann gibt es ein Grundprinzip, auf das ich setzen würde. Nämlich auf
das Gesetz, daß alles Leben sich durch den unterschiedlichen Überlebenserfolg
sich replizierender Einheiten entwickelt. Das Gen, das Stückchen DNA, ist
zufällig die Replikationseinheit, die auf unserem eigenen Planeten überwiegt.
Es mag andere geben. Wenn es andere gibt, so werden sie - vorausgesetzt bestimmte
zusätzliche Bedingungen sind erfüllt - fast unweigerlich zur Grundlage
für einen evolutionären Prozeß werden. Doch müssen wir uns
infremde Welten begeben, um andere Replikatortypen und andere, daraus resultierende
Arten von Evolutionen zu finden? Ich meine, daß auf diesem unserem Planeten
kürzlich eine neue Art von Replikator aufgetreten ist. Zwar ist er noch jung,
treibt noch unbeholfen in seiner Ursuppe herum, aber er ruft bereits evolutionären
Wandel hervor, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die das gute alte Gen weit
in den Schatten stellt.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 319-320 |
Wenn
jemand ein fruchtbares Mem in meinen Geist einpflanzt, so setzt er mir im wahrsten
Sinne des Wortes einen Parasiten ins Gehirn und macht es auf genau die gleiche
Weisde zu einem Vehikel für die Verbreitung des Mems, wie ein Virus dies
mit dem genetischen Mechanismus einer Wirtszelle tut ....Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 321 |
So
wie es sich als brauchbar erwiesen hat, daß wir uns die Gene als aktive
Handlungsträger vorstellten, die zielbewußt auf ihr eigenes Überleben
hinarbeiten, könnte es vielleicht nützlich sein, sich die Meme ebenfalls
so vorzustellen. .... Wir haben Bezeichnungen wie »eigennützig«
und »rücksichtslos » auf die Gene angewandt und waren uns dabei
völlig im klaren darüber, daß es sich lediglich um eine Sprachfigur
handelt. Können wir, in genau dem gleichen Sinne, nach eigennützigen
oder rücksichtslosen Memen Ausschau halten? Hier stellt sich nun ein
Problem, das die Natur der Konkurrenz betrifft. Wo es geschlechtliche Fortpflanzung
gibt, konkurriert jedes Gen vor allem mit seinen eigenen Allelen-Rivalen für
dieselbe Stelle auf dem Chromosom. Bei den Memen scheint es nichts den Chromosomen
Entsprechendes zu geben und nichts, was den Allelen entspricht. .... Sollen wir
annehmen, daß sie »eigennützig« oder daß sie »
rücksichtslos « sind, wenn sie keine Allele haben? Tatsächlich
können wir dies erwarten, denn in gewissem Sinne müssen Meme sich auf
eine Art Konkurrenz miteinander einlassen. Jeder, der einmal einen Großrechner
benutzt hat, weiß, wie kostbar Rechenzeit und Speicherkapazität sind.
In vielen großen Rechenzentren muß man dafür tatsächlich
Geld bezahlen, oder man bekommt eine Laufzeit zugeteilt, die in Sekunden gemessen
wird. Die Computer, in denen die Meme leben, sind die Gehirne der Menschen. Bei
diesen ist die Zeit möglicherweise ein wichtigerer Faktor als der Speicherplatz,
und sie ist Gegenstand heftiger Konkurrenz. Das menschliche Gehirn und der Körper,
den es steuert, können nicht mehr als eins oder einige wenige Dinge gleichzeitig
tun. Wenn ein Mem die Aufmerksamkeit eines menschlichen Gehirns in Anspruch nehmen
will, so muß es dies auf Kosten rivalisierender Meme tun.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 327 |
Wenn
wir einmal sterben, so können wir zwei Dinge hinterlassen: Gene und Meme.
Wir sind als Genmaschinen konstruiert, dazu geschaffen, unsere Gene zu vererben.
Aber dieser Aspekt von uns wird in drei Generationen vergessen sein. Mein Kind,
sogar mein Enkel noch mag mir ähnlich sein, vielleicht in den Gesichtszügen,
in einer musikalischen Begabung oder in der Haarfarbe. Aber mit jeder Generation,
die vorbeigeht, wird der Beitrag der Gene halbiert. Es dauert nicht lange, und
er ist so klein geworden, daß man ihn vernachlässigen kann. Unsere
Gene mögen unsterblich sein, aber die Sammlung von Genen, die jeder Einzelne
von uns darstellt, muß zwangsläufig auseinanderbröckeln. ....
Doch wenn ich einen Beitrag zur Kultur der Welt leiste, wenn
ich einen guten Gedanken habe, eine Melodie komponiere, eine Zündkerze erfinde
oder ein Gedicht schreibe, so kann dieser Beitrag noch lange, nachdem meine Gene
sich im gemeinsamen Genpool aufgelöst haben, unversehrt weiterleben. Von
Sokrates mögen heute .... vielleicht noch ein oder zwei Gene auf der Welt
leben oder auch nicht, aber wen interessiert das schon? Die Memkomplexe von Sokrates,
Leonardo da Vinci, Kopernikus ... sind immer noch ungeschwächt.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 331-332 |
Wir
haben die Macht, den egoistischen Genen unserer Geburt und, wenn nötig, auch
den egoistischen Memen unserer Erziehung zu trotzen. Wir können sogar erörtern,
aufwelche Weise sich bewußt ein reiner selbstloser Altruismus kultivieren
und pflegen läßt - etwas, für das es in der Natur keinen Raum
gibt, etwas, das es in der gesamten Geschichte der Welt nie zuvor gegeben hat.
Wir sind als Genmaschinen gebaut und werden als Memmaschinen erzogen, aber wir
haben die Macht, uns unseren Schöpfern entgegenzustellen. Als einzige Lebewesen
auf der Erde können wir uns gegen die Tyrannei der egoistischen Replikatoren
auflehnen.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 334 |
Wir,
das heißt unser Gehirn, sind ausreichend getrennt und unabhängig von
unseren Genen, um gegen sie rebellieren zu können. Wie ich bereits sagte,
tun wir dies immer dann im kleinen, wenn wir Empfängnisverhütung betreiben.
Nichts spricht dagegen, uns auch im großen gegen unsere Gene aufzulehnen.Richard
Dawkins, Das egoistische Gen, 1976, S. 496 |
Atheismus
ist fast immer ein Zeichen für eine gesunde geistige Unabhängigkeit
und sogar für einen gesunden Geist.Richard
Dawkins, Der Gotteswahn, 2006, S. 15 |
Wir
müssen die Religion des anderen respektieren, aber nur in dem Sinn und dem
Umfang, wie wir auch seine Theorie respektieren, wonach seine Frau hübsch
und seine Kinder klug sind.Richard
Dawkins, Der Gotteswahn, 2006, S. 44 |
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