Es
ist schlechterdings nicht mehr zu übersehen, daß der Liberalismus,
sofern er sich zum Liberismus fortentwickelt oder von diesem abgelöst wird,
die Nationen tötet und nach dem Ende einer gigantischen Bevölkerungsverschiebung
auch die Menschheit töten könnte.Ernst
Nolte, in: Die selbstbewußte Nation, 1994 |
Ungleichmäßigkeit
der Vermehrung ist eine der wichtigsten Differenzen überhaupt, und sie führt
potentiell nicht mehr bloß zu Eroberungen, sondern zu Ausrottungskriegen.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 272 |
Was
wäre Europa ohne die Dome und Kirchen seiner Bischofsstädte, ohne die
Schlösser seiner Könige, die Burgen seines Adels und die Stadtpaläste
seiner Patriziat?Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 393 |
Den
Krieg beseitigen zu wollen, bevor er sein Werk vollbracht hat, nämlich die
Erzeugung eines einheitlichen Bewußtseins und zugleich des Respekts vor
den wachsenden Differenzen, war - und ist möglicherweise - eine törichte
Utopie und die stärkste Kriegsursache für die Zukunft.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 399 |
Eine
»freie Regierungsweise« ist dann gegeben, wenn die drei Gewalten der
Legislative, der Exekutive und der Judikative voneinander getrennt sind, denn
»es gibt keine Freiheit, wenn in derselben Person oder in derselben Körperschaft
die Macht der Gesetzgebung mit der ausführenden Gewlt vereinigt ist«,
und das gleiche gilt für die richterliche Gewalt. Dieser Zustand existiert
für Montesquieu nur in England; aber er sollte und könnte auch in Frankreich
und Deutschland, ja in ganz Europa herrschen, denn seine Ursprünge sind bei
den germanischen Stämmen zu suchen, die in der Völkerwanderunsgzeit
den größten Teil Europas eroberten: »Wenn man das bewunderungswürdige
Buch des Tacitus über die Sitten der Germanen liest, wird man sehen, daß
die Engländer von diesen ihre Idee ihrer Regierunsgform genommen haben. Diese
schöne System stammt aus den germanischen Wäldern.«Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 445 |
Montesquieu
... ist ... als einer der bedeutendsten Vorkämpfer nicht nur des Konstitutionalismus
oder der liberalen Demokratie zu betrachten, sondern auch des Vorrangs des aus
germanischen Wurzeln stammenden, durch das System der Freiheit ausgezeichneten
Okzidents.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 445 |
So
viel ist sicher, daß Frankreich während des ganzen 19. Jahrhunderts
gegenüber England und Deutschland ein ökonomisch rückständiges
und in der Hauptsache landwirtschaftlich orientiertes Land blieb.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 511 |
Modernität
ist Realisierung der Transzendenz ....Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 514 |
Wir
sagen daher nicht: »Modernität ist Transzendenz«, sondern »Modernität ist praktische
Transzendenz« ....Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 515 |
Es
ist in der Tat schwer zu verstehen, inwiefern das Geschlecht in den »Rollen«
begründet sein soll und nicht die Rollen im Geschlecht. Ein noch größerer
Hochmut der »Kultur« gegenüber der »Natur« ist kaum
vorstellbar; insofern ist der radikale Feminismus paradoxerweise so »okzidentalistisch«
wie nur möglich. In feministischen Utopien erscheint »die menschliche
Natur« häufig als etwas »Auferlegtes« und daher zu Bekämpfendes.
Daraus resultiert das Postulat der »Veränderung der menschlichen Natur«,
und so kommt es zu dem Bild einer Gemeinschaft von Lebewesen, die keine feste
Geschlechtszugehörigkeit haben und mithin sowohl Mutter- wie Vaterschaft
kennen. Daß solche »Eutopien« im Kern ihrer Intention gleichwohl
»rückwärtsgewandt« sind, sticht ins Auge.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 742 |
Als
angegriffener, zu Opfern und Einbußen gezwungener Teil der Welt könnte
dem Westen wieder erfahrbar werden, was so lange nur der restlichen Welt zugewiesen
zu sein schien, nämlich Einschränkung und Bedrängnis. Eben dadurch
könnte er jedoch lernen, nicht nur hilflos die Kritik von innen und außen
über sich ergehen zu lassen, sondern seinerseits ein positives Selbstverständnis
zurückzugewinnen ....Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 678 |
Der
Mensch ... ist das zur Welt hin geöffnete, das transzendentale Wesen. Als
solches kann und muß er Geschichte haben, und in dieser, der anthropologischen
Geschichte, bleibt er, solange er existiert. Aber es ist zulässig, einen
engeren Begriff der Geschichte von diesem weitesten zu unterscheiden und ihm sowohl
Vor- wie Nachgeschichte entgegenzustellen, so daß es sinnvoll ist, in dieser
Bedeutung nach der historischen Existenz und deren Grundbestimmungen zu fragen.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 683 |
Aber
wenn wir einen noch weiteren Abstand zu gewinnen versuchen, läßt sich
sagen: Wie immer das letzte Schicksal der Menschheit aussehen mag - eines hat
sie durch ihre Geschichte unter Beweis gestellt: daß der Mensch ... um ein
Unendliches größer ist als der Mensch oder daß, mit Platonischen
Begriffen, der Geist weitaus mächtiger ist als der Körper und die Sinne,
so viel mächtiger, daß er sich als rechnender Verstand sogar in Apparaten
vom Körper unabhängig machen kann.Ernst
Nolte, Historische Existenz, 1998, S. 684 |
Die
Geschichte des 20. Jahrhunderts kann nicht als der simple Kampf der »Guten«
gegen die »Bösen« erscheinen, sondern als ein Konzentrat tragischer
Verkehrungen, die zwar dem moralischen Urteil über persönliche oder
parteimäßige Schuld oder Unschuld unterliegen und ihrer Unterschiedlichkeit
nicht entkleidet werden dürfen, die aber dem selektiven Moralismus und den
politischen Instrumentalisierungen in den Kämpfen der Gegenwart entzogen
werden sollten.Ernst
Nolte, im Gespräch mit der JF, 03.07.1998 |
Ich schrecke vor der These nicht zurück, daß das Überschießen
oder der Extremismus des Guten nicht weniger schlimm sein kann als das Überschießen
oder der Extremismus des Schlechten.Ernst
Nolte, im Gespräch mit der JF, 03.07.1998 |
Wer,
um nur ein Beispiel zu nennen, die Beschreibung der Deportation von Kulakenfamilien
in den Jahren 1930 bis 1932 liest, und nicht die Ähnlichkeit mit den späteren
Deportationen von Juden erkennen will, dem fehlt etwas. Und wer sich, wenn er
die beiden Geschichten kennt, weiterhin ausschließlich auf den einen Schrecken
konzentriert und den anderen ausblendet, der denkt weder historisch noch ist er
moralisch.Ernst
Nolte, im Gespräch mit der JF, 03.07.1998 |
Die
verspätete und heute ungefährliche Gegnerschaft zum Nationalsozialismus
ist ein Religionsersatz. An die Stelle des absoluten Guten, das Gott war, ist
das absolute Böse getreten: eine historisches Phänomen. Wenn nun jemand
dieses »absolute Böse« auch nur im Ansatz verstehbar, nachvollziehbar
machen will, dann hat das für einen Gläubigen etwas Entsetzliches. Für
einen Gläubigen hat das etwas Entsetzliches. Die neue Pseudoreligiosität
ist aber zu leicht durchschaubar, als daß ich großen Respekt davor
hätte.Ernst
Nolte, im Gespräch mit der JF, 03.07.1998 |
Liberismus
.... Dieser Begriff sucht ein bestimmtes Entwicklungsstadium dessen zu fassen,
was ich das »liberale System« genannte habe. »Liberismus«
ist ein Entwicklungsmoment dieser vielpoligen Gesellschaft, mit dem der Liberalismus
in gewisser Weise totalitär wird. Aber der totalitäre Liberalismus weist
grundsätzlich andere Merkmale auf als andere Totalitarismen: er ist hedonistischer
Individualismus und damit die Verneinung des Begriffs der Pflicht. Insofern ist
der liberale Totalitarismus von präzendenzloser Art. Darüber nachzudenken,
wird Aufgabe Ihrer Generation sein. Ich will mir nicht anmaßen, einen Endpunkt
anzugeben, obwohl eine solche Gesellschaft einen Endpunkt darstellen könnte.
Das ist cura posterior.Ernst
Nolte, im Gespräch mit der JF, 03.07.1998 |
Die
Geschichte geht notwendigerweise in die »Nachgeschichte« über,
aber es könnte weit mehr an »Geschichte« in der Nachgeschichte
erhalten bleiben, als die Lobredner einer harmonischen und konfliktfreien »Weltzivilisation«
sich vorstellen.Ernst
Nolte, Die Frage nach der historischen Existenz, 2001, (33) |
In
der reinen Weite der Nachgeschichte könnte es für den Menschen kälter
werden als je zuvor.Ernst
Nolte, Die Frage nach der historischen Existenz, 2001, (33) |
Konzeption
des Zweiten Dreißigjährigen Krieges ....Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 109 |
Von
einer überwältigenden Erfahrung ausgehend und von machtvollen Tendenzen
in aller Welt unterstützt, hat die Konzeption von der weltgeschichtlichen,
aber in der deutschen Geschichte begründeten Einzigartigkeit von Auschwitz
- die ursprünglich alles andere als populär war und nicht von einem
Vertreter der neuen Sozialgeschichte zuerst entwickelt wurde - einen solchen Vorrang
gewonnen, daß sich ein Tabu gebildet hat, das weitaus stärker ist als
irgendeins der Tabus, die sich früher im Grenzbereich von Politik und Geschichtswissenschaft
gebildet hatten. Sogar eine Frage wie etwa »Ist Auschwitz ein Problem?«
begegnet dem größten Mißtrauen und setzt sich dem Verdacht aus,
eine »Verharmlosung« zu intendieren, die seit 1994 unter Androhung
einer sehr schweren Strafe verboten ist, wenngleich eine Ausnahmeklausel für
»wissenschaftliche Forschung« im Strafgesetzbuch nicht fehlt. Aber
die Frage nach den »Problemen«, die sich mit einer geschichtlichen
Gestalt oder einem historischen Phänomen verbinden, ist die Grundfrage der
Geschichtswissenschaft überhaupt, der Geschichtswissenschaft in ihrer weitesten
Bedeutung, und der Historiker sieht sich durch das praktische Verbot der Problematisierung
vor das größte Problem gestellt, dem er begegnen kann. Allem zuvor
ist nämlich festzustellen, daß es sehr gute Gründe für diese
Tabuisierung gibt.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 183 |
Jeder
Mensch, der die Zeit des »Dritten Reiches« mit wachem Bewußtsein
erlebt hat, erinnert sich nur allzu gut, welchen Angriffen und Herabsetzungen
nicht etwa bloß die eingewanderten »Ostjuden«, sondern auch
die jüdischen Staatsbürger einschließlich der ehemaligen und oftmals
hochdekorierten Frontkämpfer unterlagen. Niemand, der Augenzeuge war, kann
die Erinnerung an die Nacht vom 9. zum 10. November 1938 mit ihren Inbrandsetzungen
von Synagogen, Verwüstungen von Geschäften und der Verhaftung von vielen
Tausenden jüdischer Mitbürger aus seinem Gedächtnis verdrängen.
Aber das Ziel aller dieser Vorgänge war die Emigration, die jeder Einzelne
betreiben konnte, und grundsätzlich war die Rechtssicherheit noch nicht in
Frage gestellt. Einen qualitativen Umbruch bedeutete nicht so sehr der Kriegsbeginn
im September 1939, der bekanntlich für die meisten der deutschen Emigranten
in Frankreich und Großbritannien und wenig später für die japanischstämmigen
Staatsbürger der USA die Internierung nach sich zog, sondern der Ausbruch
des deutsch-sowjetischen Krieges, dessen - höchst strittige - Kennzeichnung
als »Präventivkrieg« zu den kleineren Tabus der deutschen Geschichtsschreibung
gehört.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 183-184 |
Es
springt ins Auge, daß dieser »absolute Humanismus« mörderischer
sein muß als jede »Unmenschlichkeit«. Man muß vor Vorurteilen
blind sein, wenn man nicht wahrnimmt, welche Art des Fanatismus die ursprüngliche
und authentische ist.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 201 |
So
wird die kollektivistische Schuldzuschreibung, die als unzulässige Generalisierung
einer der wichtigsten Anfänge des radikal-Bösen war, umgedreht und zu
einer Waffe des Guten gemacht, und gerade dadurch bestätigt sich ihr böser
Charakter.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 213-214 |
In
der Tat dürften diese Menschen auch die Tatsache als positiv werten, daß
die Fertilitätsrate der Ehen ... auf 1,3 Kinder abgesunken ist, d.h. zur
Selbsterhaltung längst nicht mehr ausreicht. Das wiederum ist die Folge eines
weltgeschichtlich völlig neuartigen Tatbestandes: eines der zahllosen Lebewesen
hat sich infolge seiner Ausstattung mit Vernunft und bestimmter geschichtlicher
Umstände so weit von dem »Gattungscharakter« entfernt, der alles
individuelle Leben beherrscht, daß für zahlreiche Einzelne die egoistische
»Selbstverwirklichung« zum obersten Ziel wird. Jenes »humanistische«
Konzept und diese Wirklichkeit eines neuen »Liberismus« verstärken
einander wechselseitig, und das Resultat ist zwingend: in spätestens 200
Jahren wird es die Nationen der Deutschen, der Franzosen und der Italiener nicht
mehr geben, und Europa wird von einer gewiß recht heterogenen »Bevölkerung«
bewohnt sein, für die der Begriff der »europäischen Kultur«
ein Fremdwort ist - es sei denn, die fernliegende, aber nicht völlig auszuschließende
Möglichkeit habe sich verwirklicht, daß eine einflußreiche Minderheit
der Nachkommen von Chinesen, Ghanaern und Indonesiern ein näheres Verhältnis
zu Goethe und Hegel, zu Beethoven und Schubert, zu Dante und Manzoni entwickelt
hätte als die zu bloßen Supermarktkunden herabgesunkenen »Alteinwohner.«Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 269-270 |
Der
Mensch, der die Modernität verkörpert, ist wie ein Atom, das jederzeit
bereit wäre, sich im Wandel der Bedingungen mit anderen Atomen zu neuen Molekülen
zusammenzuschließen, welche sich wieder auflösen, sobald sie die jeweilige
Aufgabe erfüllt haben.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 294 |
Erst
mit der Unterscheidung von »theoretischer« und »praktischer«
Transzendenz ist, wie ich meine, die angemessene Dimension für die Bestimmung
von »Modernität« erreicht. Es ist nicht richtig zu sagen: Modernität
ist Transzendenz. Modernität ist die bisher klarste Erscheinungsform von
praktischer Transzendenz, aber Transzendenz als solche und gerade ihre früheste
und beständigste Gestalt, die theoretische Transzendenz, liegt der Modernität
voraus, macht Modernität überhaupt erst möglich. Mit einfachen
Worten: der Mensch ist nicht weltoffen, weil er modern ist, sondern er kann nur
modern sein, weil er von jeher schon weltoffen ist. Weltoffenheit, Transzendenz,
ist nicht vom Menschen hervorgebracht, sondern sie ist die Bedingung der Möglichkeit
allen Hervorbringens; sie ist, so könnte man sagen, das Geschenk der Welt
an eins ihrer Wesen, und dieses Geschenk ist als solches nicht erforschbar, weil
alles Forschen auf ihm beruht.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 299 |
Die
Diskursethik kann ... als das Sprachrohr einer machtvollen Zeittendenz angesehen
werden. .... Aber mit ihrer Qualität als realer und anwendungsbezogener Ethik
ist es schlecht bestellt. .... Man wird feststellen müssen, daß immer
nur ein »strategisches« Reden vorliegt, welches man als die »Fortsetzung
des Krieges mit anderen Mitteln« definieren könnte und daß jene
»strategiefreien«, nur der Eruierung der Wahrheit gewidmeten Diskurse
sogar in einer Wissenschaft längst nicht mehr selbstverständlich sind,
die mehr und mehr von kommerziellen Erwägungen oder von politisch-moralischen
Zwecksetzungen bestimmt wird.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 314 |
Und
wo läßt sich zu bedrängenden Fragen des Alltagslebens in der Diskursethik
eine eindeutige Antwort finden? Wer sind z.B. die »Betroffenen«, deren
Interessen konsensuell gewahrt werden sollen, bei der Frage der Abtreibung? Gehört
nicht in allererster Linie der Embryo dazu, dessen ... Leben durch die »diskursive«
Konnivenz von zwei vielleicht höchst egoistischen Personen, nämlich
seiner Eltern, vernichtet wird? Was wird das angeblich konsensuelle Resultat eines
intensiven Diskurses zwischen den Insassen eines bereits überladenen Rettungsbootes
sein, dem sich ein Schwimmer, mithin ein anderer Betroffener, mit der Bitte um
Aufnahme nähert, die doch das Leben aller Insassen in Gefahr bringt? Zeigt
die Diskursethik auf einleuchtende Weise irgendeinen gangbaren Weg, wenn ein Wissenschaftlerteam
eines Tages ein Mittel entdeckt, das die Lebensdauer der gegenwärtigen Generation
um das dreifache verlängert und eben dadurch eine junge Generation zum Nichtsein
oder zur Überflüssigkeit verdammt, so daß einige Anhänger
einer »materialen Ethik« das Tun der menschenfreundlichen Forscher
als ein »Menschheitsverbrechen« singulärer Art qualifizieren
würden?Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 314-315 |
Und
müssen nicht gegen die Diskursethik sogar als solche schwere Einwände
erhoben werden? Kann der ganze Aufwand wohlmeinender Intentionen die Tatsache
überspielen, daß sich die Diskursethiker bei ihrem Kampf für eine
»postkonventionelle« Moral häufig und positiv auf us-amerikanische
Wissenschaftler beziehen, welche die These aufstellen, höchstens 5% der us-amerikanischen
erwachsenen Bevölkerung seien bis zu der Stufe der eigentlichen Ausbildung
dieser Moral gelangt? Ist nicht die Diskursethik die Konzeption einer »wissenden
Minderheit«? Und ist es zufällig, daß meines Wissens weder von
Habermas noch von Apel jemals die Frage gestellt wurde, ob das Scheitern des Progressivismus
in Gestalt des Marxismus-Leninismus nicht auf die »überschießende«
Aktivität einer »wissenden Minderheit« zurückzuführen
war, die das Überschießen der Gegenkraft, nämlich des reaktionären
und dennoch auf seine Weise und in seinen verschiedenen Erscheinungsformen gleichwohl
progressiven Faschismus, überhaupt erst hervorrief?Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 315 |
Wer
»Interessen« als individuelle oder kollektive Neigungen versteht,
wird niemals eine konsensuelle, nicht-strategische und eben dadurch ethische Übereinstimmung
auch nur zwischen einer größeren Zahl von Individuen, geschweige denn
zwischen »allen« erzeugen. Die einzige Möglichkeit wäre
dann gegeben, wenn alle diese Individuen so sehr gleich wären, daß
es zwischen ihnen keine Differenzen der Interessen, Neigungen sowie Überzeugungen
und damit keine Herausbildung alter oder neuer Erscheinungsformen von Macht und
Autorität gäbe. So muß vor dem Auge derjenigen, welche die Konzeption
der Diskursethik zu Ende zu denken versuchen, das Schreckbild einer klonierten
Menschheit auftauchen. .... Diskursethiker ... übersehen, daß nicht
nur die bisherige Geschichte voller Verkehrungen und Paradoxien war, sondern daß
aller Vermutung nach auch die mögliche Nachgeschichte, zu deren Vorkämpfern
sie sich machen, davon nicht frei sein wird.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 315-316 |
Es
wäre keine größere Ungerechtigkeit, kein schlimmeres Unglück
vorstellbar, als ... wenn überall die Weltzivilisation der »Nachgeschichte«
im Hochgefühl ihres Triumphes alles vorstieße, was sie für »antimodern«
oder »archaisch« erklärt.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 344 |
Die
Geschichte des europäischen Adels ist voll von Persönlichkeiten, denen
gegenüber die Politiker der Gegenwart als dürftige Figuren erscheinen
....Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 344 |
Und
wo wären jene Kritiker, wenn es diesen Okzident im ganzen nicht gegeben hätte,
der so etwas wie Kritik und Selbstkritik, ja auch Weltgeschichte überhaupt
erst ins Dasein gerufen hat?Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 345 |
Daß
man heute zum »Kampf gegen rechts« aufruft und sich nicht mit der
Forderung begnügt, die Schutzpflicht des Staates gegenüber allen Einbwohnern
und Besuchern mit größerer Energie wahrzunehmen, ist in hohem Grade
verdächtig. .... Der systemgerechte Lösungsversuch ist das gerade Gegenteil
der in Vorschlag gebrachten Verbotsstrategie: das Wirken einer radikalen rechten
Partei - wie das in Italien bereits der Fall ist - als einen notwendigen Bestandteil
des vollständigen, des nicht-amputierten Parteienssystems anzuerkennen und
sie in Darstellung und Auseinandersetzung nicht anders zu behandeln als die radikale
Linkspartei.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 364 |
In
totalitären Staaten ... sind auch die Meinungen strikt reguliert.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 370 |
Das
Gesetz gegen die sogenannte »Auschwitz-Lüge« bedroht eine Meinung
mit Strafe, sobald sie geäußert wird, obwohl Äußerung zum
Begriff der Meinungsfreiheit hinzugehört.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 371 |
Weil
der Kommunismus unrecht hatte, das historische Recht zu beanspruchen, muß
auch der eigentümlichen Gegenbewegung ein historisches Recht zuzuschreiben
sein: das begrenzte Recht »des Partikularen gegen das Universale, des Volkes
gegen die Klasse, des Nationalen gegen das Internationale« (F. Furet, a.a.O.,
S. 43). Da aber der Glaube, daß der Kommunismus den Universalismus in seiner
Reinheit verkörpere, nichts anderes als eine Illusion ist, steht der Faschismus,
obwohl die zeitliche und inhaltliche »Priorität des Bolschewismus«
(ebd., S. 38) unbestreitbar ist, doch auf der gleichen Stufe, nämlich als
die »Pathologie des Nationalen«, die sich der »Pathologie des
Universalen« (ebd., S. 43) entgegenstellt. Wer das 20. Jahrhundert begreifen
will, der muß »die beiden großen Ideologien« ins Auge
fassen und »die Neuartigkeit der Revolutionen« dieser Epoche herausarbeiten;
sonst unterwirft er sich weiterhin trotz verbaler Vorbehalte jener Illusion, welche
die ältere und stärkere Ideologie des Jahrhunderts und doch nur ein
Teil seiner vollständigen Realität war - er bleibt Parteimann und wird
nicht zum Historiker, schon gar nicht zum Geschichtsdenker.Ernst
Nolte, Der kausale Nexus, 2002, S. 389-390 |
Der
»Westen« oder »der Okzident« oder »Europa«
bildete nicht länger das »liberale System« aus unterschiedlichen
religiösen oder ideologischen Kräften, welches die moderne Entwicklung
hervorgebracht hatte, sondern er repräsentierte nun einen »Liberismus«,
in dem der frühere Liberalismus, von einigen Restbeständen der Vergangenheit
abgesehen, zur Alleinherrschaft gelangt war und den zuvor immer eingeschränkten
Individualismus zum Höhepunkt geführt hatte.Ernst
Nolte, Der heutige Islam, 2004 |
Ich
glaube, wenn ich nicht Heidegger begegnet wäre, dann wäre ich ein politisch
interessierter Studienrat geworden und geblieben.Ernst
Nolte, Einblick in ein Gesamtwerk, 2005, S. 101 |
Ich
habe schon früh in Heidegger den eigentlichen Begründer der »grünen«
Bewegung gesehen, denn er war ja zumindest auch ein Philosoph des Umweltschutzes
oder der Umweltbewahrung.Ernst
Nolte, Einblick in ein Gesamtwerk, 2005, S. 101 |
Der
englische Historiker Niall Ferguson hatte etwas ganz Ähnliches im Sinn, als
er feststellte: »Wir Engländer haben es im 1. Weltkrieg ganz falsch
gemacht, die Deutschen zu bekämpfen und mit Hilfe der USA zu besiegen; denn
hätten die Deutschen gesiegt, dann wäre die gegenwärtig sich vollziehende
Einigung Europas schon vierzig oder fünfzig Jahre früher eingetreten.Ernst
Nolte, Einblick in ein Gesamtwerk, 2005, S. 101 |
Der
Nationalsozialismus fiel ja nicht vom Himmel, und er kam auch nicht aus der Hölle.Ernst
Nolte, Religion vom absoluten Bösen, 2006 |
Wenn
man ein Phänomen offiziell nur schwarz auf schwarz beschreiben darf, dann
muß jeder Versuch, ein paar Grautöne beizumischen, sofort als Apologie
verstanden werden. Das mußte ich in Kauf nehmen. Damals setzte sich allmählich
durch, die Nationalsozialisten zum absoluten Bösen zu erklären. Mit
Geschichtswissenschaft hatte das nichts zu tun, eher mit dem Entstehen einer neuen
Religion ....Ernst
Nolte, Religion vom absoluten Bösen, 2006 |
Es
geht darum, den Menschen als denkendes und damit über sich selbst hinausgehendes
Wesen zu begreifen. Schon die Frühmenschen haben die theoretische Transzendenz
gekannt, indem sie die Sonne, den Mond nicht einfach zur Kenntnis genommen haben,
sondern vom Mondgott, vom Sonnengott sprachen, zu dem man in Beziehung treten
kann. Das ist die theoretische Transzendenz, ohne die es eine praktische Transzendenz
als Ausweitung der menschlichen Wirkungsmöglichkeiten auf der Erde nicht
geben könnte. Transzendenz bringt keinen automatischen Fortschritt, sie ist
das Hauptkennzeichen des endlichen Menschen und, wie ich einmal formuliert habe,
zugleich »sein Thronsessel und sein Marterholz«. Man könnte diese
Wendung ein Heideggersches Einsprengsel in meiner Arbeit nennen. Aber dahinter
steht die Überlegung: Könnte Transzendenz, die Fähigkeit zur Selbstüberschreitung,
eine Gefahr für den Menschen selber werden? Diese Frage hängt zusammen
mit einem uralten philosophischen Konzept, daß nämlich ein endliches
Wesen, das durch Transzendenz gekennzeichnet ist, also durch die Möglichkeit
der Unendlichkeit, diese seine Endlichkeit im Streben nach Unendlichkeit zerstört.
Der Mensch will Gott werden. Wenn man das säkular denkt, nicht mystisch,
könnte man sagen, die Auszeichnung durch die Transzendenz könnte zur
Katastrophe des endlichen Wesens Mensch werden.Ernst
Nolte, Religion vom absoluten Bösen, 2006 |
Im Kern ging es mir immer um diese Frage der Transzendenz und damit verbunden
um die Frage, ob sich der Mensch, indem er sich überschreitet, am Ende selber
abschaffen könnte.Ernst
Nolte, Religion vom absoluten Bösen, 2006 |
|