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Wohnen   SAKRALBAU   Zygote

Beispiele:
TEMPEL und KLOSTER

Hülle TEMPEL (auch u.a.: Zikkurat, Pyramide, Stupa, Pagode, Pantheon, Synagoge, Moschee, Kirche, Kapelle, Dom)

Der Tempel ist ein aus dem Profanen ausgegrenzter Bau oder Bezirk, der dem sakralen Kult vorbehalten ist. Er ist also ein heiliger Ort, gilt auch als Haus oder Wohnung der Gottheit, oft auch als Abbild des Kosmos.

Blase „Welt“ Mesopotamien Mesopotamien

Tempel in Uruk
Tempel in Uruk
1) Sanktuarium,
2) Cella,
3) Eingang
4) Nebeneingang
Tempel-Bezirk
in Dur-Scharrukin
= Tempel
Tempelbezirk in Dur-Scharrukin
In Mesopotamien (Sumer) entstanden aus einfachen vorgeschichtlichen Rechteck-Räumen gleich mehrere Tempeltypen, die meist nur in Grundmauern erhalten sind - Beispiele: die tempelförmigen Innenräume mit seitlichen Raumgruppen der Tempel von Uruk (ca. 4. Jahrtausend v. Chr.) und die Herdhaus-Tempel des Osttigrislandes der Ischtar-Tempel von Assur. Aus dem Langraum-Tempel mit Zugang von der Schmalseite entwickelte sich der assyrische Tempel mit einem vorgelagerten Breitraum an der Eingangsseite. Die babylonischen Tempel bestanden seit dem Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. aus einer ummauerten Raumgruppe mit Innenhof, an den sich ein Breitraum mit Kultnische axial anschließt. Die Zirkurrats sind stufenförmige Podeste, auf denen kleine Hochtempel standen. Die hethitischen Tempel sind gekennzeichnet durch Torbauten und Innenhöfe, von denen aus die Kulträume nur durch mehrere Vorräume in wechselnder Richtung zugänglich sind. (Übrigens: die hethitsiche Kunst war in ihren ältereren Formen bis auf den nur am Anfang zu spürenden ägyptischen Einfluß ziemlich selbständig und übernahm nur in ganz wenigen Punkten mesopotamische Elemente, was sich erst später änderte, denn erst in ihren späteren Formen übernahm sie mehr von Assyrien.). Die sumerische Baukunst bedient sich fast ausschließlich des an der Luft getrockneten Lehmziegels, dessen Formen in den einzelnen Perioden wechseln. Der Tempel ist ein Breitraum, oft mit ihm verbunden findet sich der Tempelturm (Zikkurat), der später von der babylonischen und assyrischen Kunst übernommen wurde und also für die gesamte Dauer der mesopotamischen Kultur eine für sie typische Form bleiben konnte. Gotik (definiert nach Spengler)

Blase „Welt“ Ägypten Ägypten

Pyramiden und Obeliske
Die ägyptischen Tempel gewannen,
seit sie mit den Obelisken und den
Pyramiden bereichert wurden,
noch mehr an Eindruckskraft.
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Horustempel in Idfu
A) Allerheiligstes
Tempel des Horus in Idfu

Die wohl erste Form des ägyptischen Tempel war noch eine Schilfhütte mit geschweiften Dächern und einem vorgelagerten Hof, an dessen Eingang zwei Stangen mit je einem dreieckigen Tuch standen. Das Haus des Gottes war schon in der Frühzeit durch eine Dreigliederung gekennzeichnet. Die rechteckige oder quadratische Kapelle enthielt den Schrein mit dem Götterbildnis. Hier wurden aber auch die Kultsymbole wie Götterstab, Keule oder die oft tragbare Götterbarke aufbewahrt. Um das Allerheiligste gruppierten sich noch Nebenkapellen, für die Beigötter. Je mehr sich die Tempelräume von dem Allerheiligsten entfernten, desto weiter und höher wurden sie, desto mehr öffneten sie sich dem Licht. Die Pylonen (turmartige Bauten; paarweise am Eingang der Tempel) wurden als Isis und Nephtys bezeichnet, die „den Sonnengott emporheben, der am Horizonte erstrahlt“. Der ganze Tempel gilt als steinernes Symbol der gesamten Welt. Der untere Teil versinnbildlichte die Erde, aus der drei Pflanzen (Papyrus, Lotos und Palme in Säulenform) hervorsprießten. Die Decke bildete das Himmelsgewölbe und war deshalb mit Sternen und Göttervögeln bemalt. Vor und in der Zeit des Alten Reiches liegen die Wurzeln aller späteren Kunstschöpfungen, sie werden meist nur modifiziert, es treten wenige neue Erschienungen hinzu. Der ägyptische Tempel hat aber wahrscheinlich erst seit der Zeit des Neuen Reiches axial angeordnete Tempelgebäude; sie setzen sich aus den Prozessionsweg, den Pylonen, dem Säulenhof, dem Säulensaal, mehreren Vorsälen und der Kammer für das Kultbild zusammen (z.B. in Karnak, Luxor, Idfu u.s.w.). Die Felsentempel von Nubien (z.B. Abu Simbel) und die Totentempel der Könige, häufig mit einem Göttertempel (Reichsgott Amun) verbunden, übernehmen diese Abfolge. Ohnehin schon sehr eindrucksvollen, gewannen die ägyptischen Tempel, seit sie mit den Obelisken und den Pyramiden bereichert wurden, noch mehr an Eindruckskraft. Zu den Pyramiden gehören ein Tempel zum Empfang des Leichenzugs per Schiff und ein Totentempel bei der Pyramide selbst. Ein Paar von Obelisken standen oft seitlich des Tempeleingangs. Hauptmerkmal von Religion und Kunst ist der Glaube an eine Fortexistenz nach dem Tode. Die Erhaltung des menschlichen Körpers ist wesentlich, wodurch sich auch der hohe Stellenwert bis hin zu höchster professioneller Qualität der Mumifizierung erklärt, auch das Abbild als Statue, die Grabbaukunst u.v.a; riesige Grabbauten (Pyramiden) und Tempel wurden dem König Pharao als göttlicher Erscheinung erbaut. Wie schon erwähnt: Auf den grandiosen, mächtigen und unkomplizierten, aber sehr eindrucksvollen Kunstformen des Alten Reiches bauten alle weiteren künstlerischen Schöpfungen auf. m bleiben konnte. Gotik (definiert nach Spengler)

Blase „Welt“ Indien Indien

In Indien hat der (hinduistische) Tempel eine Cella mit einem Steinplattendach, manchmal dazu auch eine Vorhalle mit Pfeilern. Dieser Schrein wurde auf eine Plattform (später mit Terrassen) gestellt, um ihn herum wurde ein Umgang gelegt; der Schrein erhielt mehrere Stockwerke und wurde zum Turm. Nebenkapellen und später auch Kulthallen entstanden. Von allen Religionen ist der Hinduismus in seiner Ikonographie am anschaulichsten wegen seines Glaubens, daß die allen Erscheinungsformen zugrundeliegende Quelle auch in allen Erscheinungen gegenwärtig ist (Indien). Brahman („Wachsen“, „Ausdehnung“) ist der eine höchste, alles durchdringende Geist der des impersonalen Absoluten ohne Attribute, das der Ursprung und Träger des sichtbaren Universums ist. Dieses neutrale Nomen Brahman (oder Brahma) ist von der maskulinen Form Brahmã zu unterscheiden, dem persönlichen Schöpfergott in der Hindu-Trias von Brahmã, Vishnu und Shiva. Natürlich werden die Götter auch „illustriert“, allerdings immer nur in dem Sinne, daß die „Realpräsenz“ göttlicher Wesen im Kosmos - und somit auch im Material, das der Künstler benutzt - durch diese künstlerische Darstellung zu den Gläubigen durchdringen kann. Der Tempel ist das hauptsächlichste Betätigungsfeld und der stärkste Ausdruck der hinduistischen Kunst. Seine Form war ursprünglich immer ein Quadrat, dazu bestimmt, Kraft zu bekommen. Über dem Schrein befindet sich der Turm (Sikhara, Symbol des Weltenberges), der die Gottheit in den Schrein und zum Gläubigen lenkt und der die Kraft auch nach oben verströmt. Aus der Form des Tempels erwuchsen Abkömmlinge wie Skulpturen (um die Gottheiten oder Geister anzulocken), Tanz, Handschriften und Textilschmuck. Der Tempel reicht so durch den entsprechenden Schmuck des Hauses und des Körpers in den Alltag hinein. Deshalb wird die Schöpfung der klassischen Musik, des Rãga, als das „Erbauen eines Tempels“ verstanden: „Bei den improvisierten Stücken beginne wie bei der Errichtung eines Tempels. Du legst die Grundmauern, dann baust du das Gebäude allmählich auf, dann bringst du die Schmuckmittel wie Malerei und Skulpturen an. Schließlich schaffst du die Gottheit in diesen Tempel.“ Indische Kunst ist somit die Manifestation des Realen und Wahren, das schon der Garant aller Erscheinungen ist: Sie ist die Bindung der Erscheinung an die Wahrheit: „Der Hindu-Tempel ist die totale Zusammenfassung architektonischer Riten, die auf der Grundlage der Mythen durchgeführt werden. Der Mythos ist die Grundlage und der Plan, aus dem sich der Bau erhebt.“ (S. Kramisch, Der Hindu-Tempel, 1976)

Der Stupa („Hügel“, „oberer Teil des Kopfes“), das erste große Sakralbauwerk Indiens, wie wir es z.B. in Sanchi noch in seiner vollkommenen Form Ausprägung sehen können, besteht aus mehreren Teilen. Hauptteil ist der halbkugelige, Andra („Ei“) genannt, der das Universum als kosmisches Ei symbolisiert. Er ruht auf auf einer mehr oder weniger hohen, gestuften Basis. Die Andra-Kuppel trägt einen kastenförmigen Aufsatz, Harmika, den Reliqienschrein, der in Sanchi von einem Steinzaun umgeben ist. In der Mitte ragt ein unten bis zum Boden reichender Schaft mit drei oder mehr steinernen Schirmen (auch Scheiben oder Ringen) empor, Chartra genannt, das Herrsherzeichen. Den Stupa umgibt in der Runde ein Steinzaun, der an den vier Kardianlpunkten von Toren durchbrochen ist. Jeder Stupa enthält eine Reliquie: Teile der Asche von Buddhas Leichnam, der Verbrennung entgangene Knochenstücke - 84000 soll es einst gegeben haben - oder aber heilige Texte, die Lehre in Worten, oder buddhistische Formeln. Der Stupa ist das allerheiligste Monument des Buddhismus und sein Symbol: ein unzugänglicher Kultbau. Um dem Buddha die Ehrerbietung zu erweisen, umwandelt man ihn in Art einer Prozession. Der Stupa kann das geistige und bauliche Zentrum einer Tempel- oder Klosteranlage sein, kann aber auch als Gedächtnismal einzeln stehen.

Die buddhistische Kunst entstand nicht aus solch tiefen theoretischen Überlegungen wie die hinduistische. Sie entwicklete sich aus dankbarer Anerkennung dafür, da Buddha den Weg zur Beendigung des Dukkha (das „Nicht-Wohlbefinden“, denn das Gegenteil von Dukkha ist Sukkha, das „Wohlbefinden“) gelehrt hatte. Er wird deshalb im Laufe der Zeit in der Kunst immer häufiger mit den Merkmalen ausgestattet, die seine Stellung oder das Erlangen des Nirwana durch ihn hervorheben. Gewöhnlich ist er in gelassener Haltung dargetellt, oft auf einem Lotos-Blatt sitzend, aber es gibt auch Beispiele, die einen abgemagerten Buddha zeigen, geprägt von seiner harten Askese auf der langen Suche nach Erleuchtung.

Vom Stupa zur Pagode
Großer Stupa von Sanchi, Ruvanweli-Dagoba in Audradhapura, Streckung zur chinesischen Form, Felsentempel von Dunhuang

Blase „Welt“ China China

Ein wesentliches Merkmal der größeren Baueinheiten in China, zu denen die Tempel neben Paläste und Grabanlagen gehören, ist die axiale Anordnung von Breithallen im Wechsel mit Torbauten. Selten begegnet man dem Gewölbebau. Fast immer ist auf steinernem Sockel ein hölzerner Pfostenbau errichtet, der im Norden Chinas oft ein geknicktes, im Süden ein geschwungenes Dach trägt oder mehrere Dächer übereinander aus farbig glasierten Ziegeln mit Dachreitern an First und Ecken. Die eigens für das Vorkragen der Dächer entwickelten Holzformen wurden auch im Stein- und Ziegelbau nachgeahmt (vgl. Pagode). Da die meisten sehr alten Tempel aus Holz gebaut waren, sind sie für uns heute - leider - nicht mehr erhalten, doch die sehr frühen Architekturdarstellungen in Gestalt von Steingravierungen oder Felsreliefs beweisen aber, daß sich die Bauart seit der Zeit der sehr alten Tempel bis heute kaum verändert hat.

Die chinesiche (auch die japanische) Pagode ist ein umgebildeter indischer Stupa, dessen Ursprünge wiedrum auf halbkugeligen Erdhügel zurückgehen, die man in Indien über der Asche von Königen und anderen bedeutenden Persönlichkeiten aufhäufte und mit einer Stange oder einem Schirm als einer Art Ehrenschirm bekrönte. Die Verwandlung der Halbkugelform begann bereits in Indien selbst im ersten vorchristlichen Jahrhundert, wurde zum Beispiel in der Glockenform thailändischer Stupas fortgesetzt und führte in China zu den hochgestreckten Pagoden, grob gesehen über folgende Stufen (vgl. AbbildungAbbildung (vom Stupa zur Pagode)): Zunächst wuchs die Basis in die Höhe, aus den Stufen wurden Stockwerke mit einer Pilastergliederung, und die Halbkugel erhielt die Form einer umgekehrten hohen Schale. Dann vermehrten sich die Stockwerke - immer in ungerader Zahl -, wurden höher und durch gegliederte vorkragende Gesimse deutlicher voneinander abgesetzt. Schließlich bildeten diese sich zu überhängenden, mit glasierten Ziegeln bedeckten, typisch chinesischen Dächern aus. Die Spitze über den ringartigen Ehrenschirmen, ebenfalls stets in ungerader Zahl, bildet eine baldachinartige Scheibe und als Abschluß die Cintamani-Perle - das Juwel, das alle Wünsche erfüllt. Ein Grundrißwandel kam noch hinzu: Chinesische Pagoden sind nicht rund, sondern polygonal oder quadratisch (vgl. AbbildungAbbildung (vom Stupa zur Pagode)). Diese Pagode läßt keine Ähnlichkeit mehr mit dem Stupa von Sanchi (und der orthodoxen Form von Sri Lanka) erkennen, und doch handelt es sich um das gleiche Bauwerk. Es muß Einflüsse gegeben haben, die zu diesem Formwandel führten. Vielleicht haben die in China so beliebten Wachtürme, von denen Modelle und auf Ziegel geprägte Bilder in Gräbern der späten Han-Zeit gefunden wurden, diese Veränderung mitbewirkt. Seit mehr als einem Jahrtausend ist die Pagode das einzige wirklich hohe chinesische Bauwerk. Die immer gerade Zahl der polygonalen Seiten und die immer ungerade Zahl der Stockwerke scheinen die Chinesen mit ihrer kosmisch bezogenen Zahlenmystik in Verbindung gebracht zu haben. Dem Oktogon zum Beispiel entsprechen die vier Hauptrichtungen und die vier Nebenrichtungen. Nimmt man noch Sternbilder und Mondstationen hinzu, so ergeben sich 16 Seiten, die nicht selten bei chinesischen Pagoden anzutreffen sind, so daß sie sich schon fast der Kreisform nähern. Den ungeraden entsprechen als Korrelat die geraden Zahlen im Sinne des Yang-Yin-Prinzips.

Zu den geistigen Strömungen des klassischen China: Der Taoismus ist ein chinesisches philosophisches und religiöses System, das viele verschiedene Formen angenommen hat, in seiner Hauptrichtung von Laotse (Lao-tse; 604-520) begründet wurde und großen Einfluß auf andere philosophische und religiöse Systeme, insbesondere den Buddhismus ausübte. Laotse heißt „Alter Meister“, und sein Leben wurde zur Legende. Tao (Dao) bedeutet „Weg“, „Bahn“ und bezeichnet den nach gewissen Ordnungsprinzipien verlaufenden, nie abreißenden Prozeß des Weltalls und all seiner Geschöpfe, alles Wachsen und Gedeihen, Blühen und Vergehen. Es ist der Urgrund allen Seins und Nichtseins und eigentlich nicht faßbar. Möglich werden die Geschehensabläufe in der Welt durch die einander entgegengesetzten, aber, da sie sich ergänzen, als Einheit aufzufassenden Kräfte Yang und Yin: einerseits das Männliche, Starke, Helle, Aktive, Himmel und Sonne, andererseits das Weibliche, Schwache, Dunkle, Passive, Ruhige, Erde und Mond. Das Symbol für das Yang-Yin-Prinzip ist ein Kreis, der s-förmig in eine helle und eine dunkle Hälfte gestellt ist und soll zeigen, daß beide Kräfte einander bedingen. Der Begriff des Tao liegt allen philosophischen und religiösen Vorstellungen der Chinesen zugrunde, wird also auch im Konfuzianismus - von Konfutse (Kung-fu-tse; Meister Kong; Konfuzius; 552-479) begründet - vorausgesetzt. Ergänzt wird diese Auffassung vom kosmischen Geschehen durch die Lehre von den Fünf Elementen (Feuer, Erde, Wasser, Holz, Metall). Die Geister oder Gottheiten dieser Fünf Elemente gelten als die Fünf Alten, die wiederum als die Gottheiten der Fünf Planeten angesehen werden. Diese Lehre erfuhr noch viele Erweiterungen.

So wurde also auch der Buddhismus ins Chinesische umgedeutet. Im Gegensatz zum indischen Stupa, dem thailändischen Chedi und der lankanischen Dagoba ist die chinesische Pagode zugänglich. Sie enthält meist im Erdgeschoß das Hauptbuddhabildnis und in der Mitte der übrigen Stockwerke Figurengruppen oder eine von unten bis oben durchgehende Säule, in die Reliquien eingemauert sind (derartige Säulen finden sich auch in den Höhlentempeln). Auf der Galerie eines jeden Stockwerks kann man die Säule oder die Bildnisse umwandeln. Im Innern können auch noch weitere Bildnisse aufgestellt sein, etwa vier an die Säule gelehnt und in die vier Himmelsrichtungen blickend oder in Nischen stehend. Auch an der Außenseite finden sich Nischen mit Reliefs oder Statuen des stehenden oder sitzenden Buddha sowie rundum aus der Fläche hervortretende Lotosblütenblätter: der buddhistische Geist soll in die Welt strahlen. Chinesische Pagoden sind im allgemeinen aus Holz oder Ziegelmauerwerk errichtet, letzteres mit behauenem Stein verkleidet, der in Architekturformen gegliedert und mit Reliefs verziert sein kann.Manche Pagoden haben jedoch auch eine Außenhaut aus glasierten Keramikplatten. Die Pagodenformen und architektonischen Gliederungen sind höchst vielfältig und von Region zu Region unterschiedlich.

Blase „Welt“ Antike Antike

Tempel des Zeus in Olympia
Zeustempel in Olympia
1) Opisthodomos
2) Kultbild
3) Cella (Naos)
4) Vorhalle (Pronaos)
5) Ringhalle

Die Ursprünge des griechischen Tempels liegen in im helladischen Megaronbau, dem Saalhaus mit Opferherd für Kultversammlungen und kapellenartigen Schreinen (für ein Kultbild) mit Mittelstützen unter dem Dach. Daraus entstanden der langgestreckte Tempel aus Cella, Zwischenstützen zum Vorraum sowie Anten, die Gliederung der Cella in Adyton (das „Unzugängliche“, also Allerheiligste) und Opisthodom (hinter der Cella bzw. dem Kultbild) mit inneren Säulenreihen und der Säulenumgang, der in verschiedenen Grundrißtypen auftritt. Der griechische Tempel ist nur „Wohnhaus des Gottes“, also nicht etwa Versammlungsraum wie später die christliche Kirche. Die ältesten griechischen Tempel bestanden noch zumeist aus Holz und Lehm und mußten auch noch ohne die von Säulen getragene Ringhalle auskommen, die nämlich erst im 8. Jahrhundert aufkam. Allmählich setzte sich die Entwicklung hin zu einer monumentalen Architektur durch. Kern des Tempels ist die fensterlose und ihr Licht vom Eingang empfangende Cella (Naos), oft mit Götterbild ausgestattet und durch Säulenreihen in zwei, später meist drei Schiffe geschieden. Über dem Ganzen erhebt sich ein Satteldach, dessen flache Dreiecksgiebel Gelegenheit zur Anbringung von Bildwerken (Giebelgruppen) boten.

Tempelarten
Antentempel, Doppelantentempel, Prostylos, Amphiprostylos, Peripteros, Dipteros, Pseudoperipteros Pseudodipteros, Tholos (mit Varianten), Momopteros.

Es bildeten sich schon bald verschiedene Tempeltypen heraus, die jedoch zeitlich nicht zu scheiden sind. Ergeben die vortretenden Fortsetzungen der Langwände die Vorhalle, spricht man von einem Antentempel. Ergibt sich das gleiche Bild auch auf der Rückseite, spricht man von einem Doppelantentempel. Ist eine Säulen tragende Vorhalle an der vorderen Schmalseite vorgelegt, heißt dieser Tempel Prostylos. Ergibt sich das gleiche Bild auch auf der Rückseite, heißt dieser Tempel Amphiprostylos. Ein Tempel mit einer rings umlaufenden Säulenhalle ist der Peripteros. Ein Tempel mit zwei rings umlaufenden Säulenhallen ist der Dipteros. Wenn nur die Vorhalle Vollsäulen hat, die das Gebälk wirklich trgen, alle übrigen der Cella nur vorgeblendete Halbsäulen sind (römische Baukunst), nennt man diesen Tempel Pseudoperipteros. Wenn von den beiden umlaufenden Säulenreihen die innere fehlt, nennt man dieseen Tempel Pseudodipteros. Und wenn es sich um einen Rundbau mit Säulenumgang handelt, wird dieser Tempel Tholos und bei der seltenen Form ohne Cella Monopteros genannt. Darüber hinaus, aber immer im Rahmen der Logik dieser Typen bleibend, gibt es noch Mischformen.

Dorische SäulenordnungIonische SäulenordnungKorinthische Säulenordnung
Dorische Säulenordnung Ionische SäulenordnungKorinthische Säulenordnung

Die Säulenordnung, d.h. die Ordnung für Säule, Gebälk und Giebel des antiken Tempels und der von diesem abgeleiteten Bauformen, besagt ganz wörtlich, daß durch die gleichförmige oder auch rhythmische Reihung von Säulen (auch von Pilastern [Wandsäulen]) Ordnung in den Bau gebracht wird. Obwohl ursprünglich nur tektonisch gedacht, ist die Säulenordnung oft rein dekorativ verwendet wordem. Am Anfang - um 650 v. Chr. - stand die dorische Säule, die einen kannelierten Schaft ohne Basis, ein wulstförmig abgeschrägtes Kapitell und eine einfache quadratische Deckplatte hat. Die Herkunft der dorischen Säule ist noch nicht ganz geklärt, doch dürfte sie auf die mykenische zurückgehen, im Einzelnen jedoch abgeändert worden sein. Die ionische Säule, deren Merkmale zwei große nach den Seiten auladende Voluten am Kapitell sowie Kanneluren mit Stegen sind, geht auf das äolische Volutenkapitell zurück; sie ist seit etwa 570 v. Chr. nachzuweisen. Das korinthische Kapitell entstand frühestens um 440 v. Chr. und ist mit seinen Reihen von Akanthusblättern viel dekorativer als die anderen Formen.

Tempel „Jupiter Optimus Maximus Capitolinus“ in Rom
Jupitertempel in Rom
1) Cella
2) Vorhalle

Das griechische Festland entwickelte die dorische Säulenordnung, Insel- und Ost-Ionien die ionische Säulenordnung, dann wiederum das griechische Festland die korinthische Säulenordnung. Plastischer Schmuck zierte, Metopen und beim ionischen Tempel das Gebälk. Der römische Tempel ist aus dem italisch-etruskischen Tempel, einem Podium-Tempel mit einer Fronttreppe und einer Säulenvorhalle durch Verschmelzung mit griechischen Bauformen entstanden - am häufigsten mit der korinthischen Säulenordnung-, meist aber ohne Hinterhalle und nicht selten mit dem Altar in der Treppe. Als Forumstempel ist er eng mit dem öffentlichen Leben verbunden. Das korinthische Kapitell wurde in der römischen Kunst in den verschiedensten Umbildungen verwendet; wenn es aus ionischen und korinthischen Einzelheiten zusammengestellt ist, so heißt es Kompositkapitell (römische Ordnung). Auch die tuskische Säule wurde von der römischen Kunst übernommen; sie ist eine in Etrurien geschaffene Variante der dorischen Säule, die sich von dieser durch die Basis unterscheidet. Der römische Tempel hat eine eindeutig axiale Richtung. An der Vorderseite führt eine breite Freitreppe, von Mauerzungen flankiert, auf ein Podium mit Säulen-Vorhalle. Dahinter befindet sich die Cella, nur nach vorn geöffnet. Die Wände der Cella werden in der Regel von Halbsäulen gegliedert (Pseudoperipteros), also wird die Cella nur selten allseitig von Säulen umschlossen (Peripteros). Im Innern ist die Decke flach oder tonnengewölbt; den Wänden vorgestellte Säulen tragen die Gewölbegurte. Die Tempelrückseiten sind, weil keine Schauseiten, meist bedeutungslos.

Die Römer entwicklten also immerhin eine eigene Baugesinnung, und obwohl sie ja die Säulenordnung der Griechen modifiziert übernahmen, kopierten sie nicht einfach die griechische Architektur und also auch den griechischen Tempelbau, sondern unterwarfen ihre Baumeister eben dieser römischen Baugesinnung, die aufs Praktische sieht, auf Repräsentation und später auch auf Dokumentation. „Die griechische Architektur war vom tektobischen Prinzip des Ausgleichs stehender (tragender) und liegender (lastender) Bauteile gekennzeichnet. Wichtigstes Bauglied war die Säule. In der römischen Naukunst gewinnt dagegen die Mauer als Raumschale Vorrang.“ (Wilfried Koch, Baustilkunde, 2000 [22. Auflage], S. 31).

Blase „Welt“ Maya / InkaMaya / Inka

Tempelpyramide in Chichén Itzá
Tempel-Pyramide
- Beispiel aus Chichén Itzá -
= Cella

In Mesoamerika sind die Tempel kleine Hoch-Tempel auf Stufenpyramiden, die einzeln oder in Gruppen stehen. In den Zentralanden und an der Küste sind Tempel auf großen Plattformen verbreitet. Im 14. Jh. v. Chr. kündigte sich die noch werdende Maya-Kultur bereits an. Im Mittelpunkt der aus Lehm und Stroh erbauten Hüttensiedlungen errichtete man pyramidenartige Bauten aus Vulkangestein, die als Tempel dienten. Bei diesen Gebäuden handelt es sich um die ältesten architektonischen Zeugnisse Mittelamerikas, die Bauten der frühen olmetischen Form. Das Dorf versammelte sich um die für Kulthandlungen errichteten großen Stufenpyramiden, von Fachleuten als „Zeremonialzentren“ bezeichnet. Der Gesamtkomplex unterschied sich aber noch deutlich von denjenigen „Städten“, die im 1. Jh. n. Chr. bei den Maya aufkamen. Die bedeutendsten Zeremonialzentren der Olmeken, die bis heute gefunden wurden, befinden sich in San Lorenzo, La Venta, Tres Zapotes und Laguna de Los Gerros. Bald entstanden im gesamten Kulturraum viele Zeremonialzentren. Da Kult und Religion in dieser Kultur eine sehr bedeutende Rolle spielten, entstanden viele Sakralbauten. Auch die Vertreter der weltlichen Macht wurden als gottgleich angesehen. Die Tempel hießen in der Mayasprache ch’ul na, in Nahuatl, der Sprache der Azteken, teocalli. Sie bildeten das Herz der Zeremonialzentren.

Die Tempel auf den Pyramiden überragten alle großen mesoamerikanischen Zentren, von Monte Albán über Teotihuacán, Palenque und Tikal bis hin zu El Tajín und Chicgén Itzá. Einige von ihnen erreichten gewaltige Ausmaße, da sie das Gebirge verkörpern sollten, auf dessen Gipfel die Sterblichen den Göttern nahe kamen. Die Berge selbst wurden in uralten Kulthandlungen verehrt, die nicht nur aus Mesoamerika, sondern auch aus dem Gebiet der Inka in Südamerika bekannt sind. Große Masken mit weit aufgerissenen Mäulern bildeten den Eingang verschiedener Tempel. Auf diese Weise sollte der Eindruck entstehen, der Gläubige betrete eine Höhle und damit einen seit alters als magisch bekannten Ort. Andere Tempel, wie die spitz zulaufende Pyramide von La Venta, symbolisierten aller Wahrscheinlichkeit nach einen Vulkan.

Die eigentliche Kultstätte befand sich also auf dem Gipfel der Pyramide und war über eine steile Treppe erreichbar. Hier vollzogen die Priester und die Angehöriegn der Oberschicht ihre Opferrituale, während das einfache Volk die Zeremonien vom Fuße der Pyramide aus verfolgte. In eingen Fällen sind die Spuren einstmals bedeutender Tempel verschwunden, weil sie aus verderblichen Material bestanden hatten. Viele Herrscher, darunter der berühmte Pacal von Palenque, wählten den Tempel als Grabstätte, um ihren sterblichen Überresten einen friedvollen Schlaf in heiliger Umgebung zu sichern. In den großen Arealen der Zeremonialzentren und der Städte nahmen die Tempel keineswegs eine isolierte Position ein. Sie fügten sich vielmehr in einen architektonischen Gesamtkomplex ein, der aus Plätzen, Ballstadien und einer Reihe von Prachtbauten bestand. Deren Bauweise und Funktion stand zweifellos im Zusammenhang mit den Aufgaben des Tempels. Auch hatten die Baumeister der Zeremonialzentren die Standorte der einzelnen Gebäude nicht zufällig gewählt, sondern richteten sie stets nach den Himmelsrichtungen aus. Einige Pyramiden, wie zum Beispiel die Nischenpyramide in El Tajín, dienten nicht religiösen Zwecken, sondern waren der Zeit- und Kalenderrechnung vorbehalten. Wieder andere folgten präzisen, mit dem kosmogonischen Mythos verknüpften Vorgaben. So ziehen sich der Tempel I von Tikal und der Tempel der Inschriften in Palenque über neun Ebenen empor, die den Bereichen des Jenseits entsprachen. In einigen besonders wichtigen Zeremonialzentren stießen Archäologen auf Gebäude, die als Observatorien genutzt wurden. Zu den bekanntesten gehören der Tempel J in Monte Albán, das „Caracol“ in Chichén Itzá, der „Turm“ des Palastes von Palenque und das „Haus des Gouverneurs“ in Uxmál. Sternbeobachtung und -deutung spielten in dieser Kultur eine wichtige Rolle und waren stets sehr eng mit Religion und Mythos verbunden. In diesem Sinne galten auch die Observatorien als Sakralbauten. Und so finden sich in einigen Kodizes Bilder und Texte zu heute verschwundenen Observatorien der Azteken und Mixteken. In der Aztekenhauptstadt Tenochtitlán lagen neben den Tempeln zumeist Wohnhäuser des Klerus sowie Schulgebäude für die Erziehung zum Priester. Im Unterschied zu den öffentlichen Schulen fanden hier Angehörige der Oberschicht Aufnahme. Priester und Priesterinnen unterwarfen die Knaben und Mädchen einer jahrelangen rigiden Erziehung, danach konnten diese auf eigenen Wunsch auf die Ehe verzichten und in die Priesterkaste eintreten.

Im Kontext der Sakralarchitektur darf der Ballspielplatz nicht fehlen, auf dem das rituelle Ballspiel, später von den spanischen Eroberern pelota genannt, stattfand. Ziel des Spiels war, einen schweren Kautschukball im gegnerischen Feld aufkommen zu lassen, ohen daß er den Boden des eigenen Feldes berührte. Die Spieler durften den Ball nicht mit Händen oder Füßen berühren, sondern nur den Kopf, die Hüften und die Knie einsetzen. Gefütterte Hirschledergurte schützten diese Körperpartien vor dem Aufprall des bis zu sieben Kilogramm schweren Balls. Die Spielregeln variierten von Region zu Region, doch erzielte eine Mannschaft in der Regel besonders viele Punkte, wenn sie den Ball genau in der Mitte des gegnerischen Feldes plazieren konnte. Von Bedeutung ist der Sport in erster Linie, weil er sich in einem bestimmten religiösen Kontext situierte. Die Bewegungen des Balles wurden mit denen der Sonne verglichen. Die Spieler schüzten somit symbolisch die Sonnenscheibe auf ihrem Lauf und durften den Ball daher niemals fallen lassen. Das Spiel konnte sich über mehrere Tage hinziehen. Die Verlierer wurden meistens enthauptet, hatten sie doch gezeigt, daß sie nicht in der Lage waren, der Sonne den nötigen Halt zu bieten. Bei den Maya stand das Ballspiel in engem Zusammenhang mit den Menschenopfern. Während der klassischen Periode ersetzten zuweilen Kriegsgefangene oder Sklaven die eigentlichen Spieler. Am Ende der Partie wurden sie gefesselt und zusammengeschnürt, ehe man sie als lebende Bälle die Treppe hinunterwarf. Nicht weniger makaber waren die Sitten bei den Maya der nachklassischen Periode: Die Sieger des Ballspiels köpften eigenhändig die Verlierer und steckten deren Schädel auf speziell dafür angefertigte Gestelle, die tzompantli. Forscher fanden in Mesoamerika unzählige Ballplätze, die sich in Struktur und Größe stark voneinander unterscheiden. Außerdem stießen sie auf steinerne Kopien von Ballspielattributen wie Joche, Äxte, Schlägel. Insbesondere in der Gegend von Veracruz war das Ballspiel über viele Jahrhunderte von fundamentaler Bedeutung; die Zahl der Stadien läßt darauf schließen, daß zu den dortigen Wettkämpfen Menschen aus allen Nachbargebieten strömten.

Laut vieler Forscher bildeten also die mesoamerikanischen Tempel Gebirge nach. Gebirge galten als heilig, weil sich beim Besteigen die Distanz zwischen Menschen und Göttern verringerte. Den Gipfel der Pyramiden bilden die Tempel, die selbst eine Pyramide darstellen, deren höchste Stelle das Heiligtum einnahm, hinter dem sich oft ein Dachkamm erhob. Alle Gebäude waren leuchtend bunt gemalt oder mit farbigem Stuck verziert.

Übrigens gilt es noch zu erwähnen, daß nach heutigem Forschungsstand kein einziges mesoamerikanisches Volk Rundbögen verwendete und alle heute noch vorhandenen Gewölbe mit der Technik des „falschen Gewölbes“ erbaut wurden. Dieses „falsche Gewölbe“ besteht aus zwei spitz zulaufenden Mauern und wird oben durch quer liegende Steine geschlossen.

Blase „Welt“ Morgenland Morgenland

Die persische Kunst als die noch vom Parsismus gekennzeichnete ist eine Mischkunst, die jedoch nicht eigener Züge entbehrt. Für den Parsismus ist das Awesta die Heilige Schrift, und die ist durch einen ethisch orientierten Dualismus gekennzeichnet. Die Architektur der Tempel ist eine Mischung aus assyrischer Kunst (vgl. Mesopotamien) und griechischer Kunst (vgl. Antike). In den Detailformen hat besonders in der Kannelierung der Säulen und auch in der Bildung der Kapitelle und Basen die ionische Form der griechischen Kunst das Vorbild geliefert. Sie hat auch auf den Reliefstil eingewirkt. Doch macht sich eine Nachwirkung der assyrischen Kunst bemerkbar.

Die jüdische Kunst bewegt sich dialektisch zwischen den starken Verboten der Herstellung von Bildern oder Abbildern lebender Geschöpfe und der Zelebrierung der Kunstfertigkeit bei der Erbauung des Tempels und bei seinem Zubehör. Die Synagogenarchitektur erfuhr im Laufe der Zeit viele verschiedene Stile in Form von Hallen oder anderen angemessenen Bauten. Abgesehen von der Notwendigkeit, Frauen von Männern (in orthodoxen Synagogen zu trennen, besteht die Hauptaufgabe darin, die Torarolle einen herausragenden Platz (und Schutz) zu geben und eine Knazel zum Lesen der Schrift zur Verfügung zu stellen.

Die christliche Kunst und Architektur, die ihren Anfang in einfachen Wahrzeichen der Identität und Ergebenheit (z. B. das Zeichen eines Fischs, weil das griechische Wort für „Fisch“ ichthys ist, dessen Buchstaben für Jesus [i] Christus [ch], Sohn Gottes [th(eu) y(os)] und Heiland [s], stehen) nahm, entwickelte sich zu einer enormen Vielfalt von Ausdrucksformen. Die Kirche ist zwar die Institution als Christenheit, doch die Lehre Jesu und seiner Überlieferung hat nicht unmittelbar einen spezifischen Kultraum geschaffen. Die frühen christlichen Gemeinden kamen in Privatbauten, in der Zeit der Verfolgungen in Grabbauten, den Katakomben, bei größeren Versammlungen in römischen Gerichtshallen, der Basilika, zusammen. Der Typus der Basilika wurde im oströmischen (= byzantinischen, griechisch-orthodoxen) Bereich als Zentralbau mit kühnen Wölbungen bis zur Großartigkeit der Hagia Sophia weiterentwickelt. Die Darstellungen biblischer Szenen und des Jüngsten Gerichts waren sichtbare Hilfen bei der Unterweisung der zum größten Teil illiteraten oder ungebildeten Bevölkerung. Aber die solchen Präsentationen innewohnende Kraft führte unmittelbar zur Entstehung von Ikonen - und schließlich zur Auseinandersetzung darüber, bis zu welchem Umfang sie, wenn überhaupt, götzendienerisch waren/sind.

Die muslimische Kunst unterliegt der Kontrolle durch den Hadit, der berichtet, wie Mohammed eines Tages zu seinem Zelt zurückkehrte und dort seine Lieblingsftau Aischa antraf, die ein Satreltuch nähte. Als er sah, daß sie es mit menschlichen Figuren schmückte, warf Mohammed sie und das Tuch aus dem Zelt. Er sagte, als sie nach dem Grund fragte: „Gib dem Leben, was du geschaffen hast“ - d.h. es steht allein Gott zu, Leben zu schaffen.
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Das Werk des Künstlers oder Architekten im Islam ist deshalb auf die Arbeit beschränkt, Gott (Allah) zu loben oder der Ergebenheit (Islam) ihm gegenüber Ausdruck zu verleihen. Hauptsächlich kann man dies in der Moschee-Architektur sehen, die sehr einfach sein kann - nicht mehr als eine Hütte - oder von klassischer Eleganz und Kühlheit. Man braucht im lnneren nur die Nische, die die Gebetsrichtung nach Mekka anzeigt, und die Kanzel, um die Predigt (Jjutba) zu halten, und außen das Minarett, von dem die Gläubigen zum Gebet gerufen werden. Aber sie dient auch zur Erinnerung an den bestimmenden Einfluß des Koran auf das Leben, wobei seine Textstellen eingraviert werden. Dies wie auch das Abschreiben von Kopien des Koran waren die Ursachen für die charakteristischste der islamischen Ausdrucksformen der Kunst, für die Kalligrapbie.

Blase „Welt“ Abendland Abendland

Der Typus der Basilika wurde im Abendland (West- und Mitteleuropa) als Haus für den Gottesdienst weiterentwickelt. Mosaiken und Wandmalereien wurden in Kirchen noch durch Buntglas verstärkt. Aber die Kirchengebäude selbst faßten die christlichen Wahrheiten und Glaubensinhalte in ihrer Anlage zusammen: So wurde die weltliche Basilika oder Versammlungshalle übernommen, um die Aufmerksamkeit auf die Feier der Eucharistie und auf die Rolle des Bischofs bei der Leitung zu richten. Der basilikale Raum des gestreckten Rechteckes blieb im Abendland die Grundform des Kirchenbaus mit den verschiedensten Abwandlungen, z.B. in der Karolingik, der Romanik, der Gotik. Er entsprach der ständischen Ordnung, dem Ablauf der Liturgie, den konstruktiven Möglichkeiten mit den zur Verfügung stehenden Baumaterialien. Der Kirchenraum war nicht nur wohldurchdachtes, etwa ästhetisch gemeintes Bauwerk, sondern symbolisierte zudem das „himmlische Jerusalem“. Erst die in der Renaissance einsetzende Säkularisierung ließ (in der gleichzeitigen Verbindung zur Technik) von der Ratio bestimmte Räume entstehen. Die Festsäle des Barock schließlich schwangen als Zentralräume frei nach allen Richtungen aus, wenngleich durch die Liturgie bestimmt die Längsachse weiterhin dominierte. Dazu kam noch das Dekorative des Rokoko. Seit etwa den 1760er Jahren begann für den Kirchenbau eine neue Epoche mit Klassizismus und Romantik. Beide gehören als Gegensätze zusammen. Gemeinsam ist ihnen gegenüber den früheren einheitlichen Stilepochen der Mangel an eigenständiger schöpferischer Kraft mit dem Primat der Form. Die fortschreitende Entleerung des sakralen Kultes im Zeitalter der neuen Wissenschaft und Technik, die fast zur Pose gewordene liturgische Handlung bedeutete für den Neuen Kirchenbau den Versuch, Lösungen in Form-Problemen zu suchen, einerseits in der Imitation früherer Stile als Historismus (bis hin zum Historizismus) und Eklektizismus, andererseits in der Verwendung neuer technischer Lösungen und Baumaterialien, die weitgehend vom Ingenieurbau bestimmt sind. Den Gipfel all dieser Entwicklungen nenne ich Globalik.

Den 1. Gipfelpunkt setzten die gotische Dome, die die Form der Basilika auf die eines Kreuzes erweiterten, die Unendlichkeit des Raumes und die riesige und rätselhafte Unerkennbarkeit Gottes betonten, dem man sich nur in Buße und Lobpreisung nähern kann. Im Gegensatz dazu kehrten viele moderne Kirchen zur Hervorhebung der Zusammengehörigkeit des Gottesvolkes zurück, indem der Altar oder Tisch mitten unter die Leute gebracht wurde, und verminderten die Akzentuierung dessen, was der Dichter Philip Larkin (*1922) „das heilige Ziel“ nannte und ich den 2. Gipfelpunkt, den die globalischen Dome setzen.

Der Dom (abgekürzt aus lat. dominus dei, „Haus Gottes“) ist die im Abendland und hier besonders im Gebiet des Deutschen übliche Bezeichnung für die Bischofskirche, die Kathedrale, gleichbedeutend mit der oberdeutschen Bezeichnung Münster (aus lat. monasterium, „Kloster“).

Kirchen bzw. Dome

Abendländische Kunst ist mehr als nur christliche Kunst, und die „christliche Kunst kann nicht einfach komprimiert werden: Sie beruht häufig auf einer strengen gestalterischen Regelung (wie auch auf den sich herausbildenden Systemen von Förderung und Beauftragung von geistlicher und weltlicher Seite aus), und sie ist im besten Falle eine bewußte Erweiterung des Werkes des Heiligen Geistes, um aus Chaos und Häßlichkeit Ordnung und Schönheit zu entwerfen. Im schlimmsten Fall ist sie die Erläuterung eines Textes, manchmal verbunden mit geistlicher Vergewaltigung, die gelegentlich ein Merkmal des christlichen Missionseifers sein kann. Doch sogar auf der Ebene der Illustration kann die künstlerische Arbeit (wie etwa die illuminierten Handschriften, um nur ein Beispiel zu geben) sowohl inspiriert wie inspirierend sein; und im Fall der Musik stellte der christliche Text eine Herausforderung für den Komponisten dar, die zu einigen sehr berühmten und die Zeit überdauernden Kompositionen führte.“ (John Bowker [Hrsg.], Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen, 1999, S. 581).

Gotik

Die wohl großartigste Sakralbaukunst des Abendlandes war m.E. die Gotik. Nach heutiger Auffassung umfaßt die Gotik den Zeitraum zwischen 1200/1250 und 1450/1500, obwohl sie in manchen Ländern früher begann und früher endete. Ursprünglich war die Gotik der Ausdruck für die gesamte Kunst, die zeitlich zwischen Antike und Neuzeit anzusiedeln war: die Kunst der Goten. Demnach wäre aber auch die eindeutig pseudomorphe Spätantike selbst als magisch oder christlich-germanisch zu bezeichnen. (Vgl. Synkretismus). Nach Spengler umfaßt die Gotik den Zeitraum zwischen etwa 900 und 1500, die Ottonik und Romanik also miteinschließend (Gotik (definiert nach Spengler)). Die Baukunst der Gotik ist die wohl mathematischste aller Künste: ihre Raum-, Konstruktions- und Einzelformen bilden ihr Rückrat. Gerade hierdurch ist die Gotik am ehesten von den anderen Künsten zu unterscheiden. Die Anfänge nahm die Gotik in der Normandie, d.h. in einem germanisch stark durchsetzten Gebiet Frankreichs. Für den Bau der Kirche Ste-Trinité in Caen wurden bereits um 1077 gotische Elemente verwendet. Dann entwickelte Burgund, eine ebenfalls stark germanisch durchsetzte Landschaft, diese Ansätze weiter. Die Hauptländer der Gotik sind Frankreich und Deutschland. Durchzusetzen begann sie sich im Ursprungsland Frankreich bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts, in Deutschland in den 1230er Jahren. Im Unterschied zum romanischen Baustil und seinen Summen von Einzelräumen entwickelte der gotische Baustil den Innenraum zu einem Einheitsraum. Das Querschiff ist kürzer als das der romanischen Kirchen. Dadurch entsteht der Eindruck einer engeren Verschmelzung mit dem Langhaus. Der ganze Kirchenraum ist scheinbar von einem einzigen Zuge beherrscht. Die gotischen Bauherrn setzten an die Stelle des Rundbogens den Spitzbogen: ein Ausdruck der steileren Haltung des Baues und wichtig für die Konstruktion, weil sein Seitenschub wesentlich geringer ist als der des Rundbogens.

Bei gotischen Bauten kommt alles darauf an, die Mauer zu entlasten, denn sie ist dünn und leicht und muß breiten und hohen Fenstern möglichst viel Fläche überlassen. Das kann sie aber nur, wenn sie dem Schub des Gewölbes nicht standzuhalten braucht. Um diesen abzufangen, bedurfte es eines komplizierten inneren und äußeren Gerüstes: die Gewölbe sind mit Rippen (Kreuzrippen) unterlegt, die von steinernen Wandvorlagen (Diensten) getragen werden. Dieses innere Strebewerk zieht sozusagen alle architektonischen Energien aus der Wand, um sie auf sich zu vereinigen. Das äußere Strebewerk besteht aus Strebepfeilern, die den ganzen Bau umstellen. Von ihnen aus schwingen Strebebogen sich zu den Wänden hinüber und stemmen sich an die statisch besonders zu sichernden Stellen an. Streben und Wände aus Glas erwecken den Eindruck, als wolle der gotische Bau ohne Horizontale auskommen und dem Boden entkommen, unter Betonung aller vertikalen Gliederungen, die schließlich in dem Riesenturm oder den Riesentürmen der Westfassade ihre letzte Steigerung finden. Bei gotischen Bauten weiß man nie genau, ob sie noch Kontakt zum Boden haben. Wer ihr Streben verfolgt, verfolgt den Weg in den unendlichen Raum, zum Ursymbol der abendländischen Kultur.

 

Hülle KLOSTER

Kloster im Himalaja in Bhutan
Taksang-Kloster im Himalaja in Bhutan
Ein Kloster - das Wort geht zurück auf das lateinische Wort claustum („verschlsossener Raum“) - ist ein gegenüber der gesamten Außenwelt abgeschlossener Lebens- und Kultbezirk des organisierten Mönchtums. In nichtchristlichen Religionen ist das Kloster vor allem im Buddhismus, im Shintoismus und im Lamaismus verbreitet, aber auch im chinesischen Taoismus, im Judentum und in der islamischen Mystik anzutreffen. In klosterähnlichen Bezirken lebten auch die aztekischen Priester in Mexiko.
Mönche am Schreibpult im Kloster
Im Christentum wird unterschieden zwischen den besonders in den orthodoxen Kirchen (= Ostkirchen) verbreiteten idiorhythmischen Klöstern und den westlichen zönobitischen Klöstern - insbesondere seit 529, als Bonifatius das Kloster Monte Cassino gegründet und die Benediktinerregel Verbreitung gefunden hatte. Das Kloster wurde das erste abendländische Kulturzentrum. Die Benediktinerregel, z.B. die Verpflichtung zu Eigentumsverzicht, Keuschheit, Gehorsam und Ortsbeständigkeit, sollte sich wie ein roter Faden durch die weitere abendländische Geschichte ziehen. Die ersten europäischen Klosterschulen entstanden nach der Gründung des Benediktinerordens. Spätestens aber nach der Gründung des Klosters Sankt Gallen, 719, und der Einführung der Benediktinerregel im gesamten Frankenreich, 743, lebten in den abendländischen Klöstern eine große Anzahl von Mönchen in dauernder räumlicher Gemeinschaft unter einheitlicher Führung zusammen. Der Abt war und ist der Vorsteher einer Gemeinschaft von Mönchen und Leiter einer Abtei, ausgestattet mit Gewalt einer Jurisdiktion und damit unabhängig von den Bischöfen.
Klosteranlage nach Idealplan von Sankt Gallen
Der nie ausgeführte Idealplan von Sankt Gallen (um 820) besteht aus den wesentlichen Elementen der abendländischen Klosteranlage. Zentrum des Klosters ist die Kirche, an die sich (meist südlich) um einen Hof der Kreuzgang anschließt, um den sich die weiteren Klostergebäude bzw. -räume gruppieren: Dormitorium (Schlafraum), Refektorium (Speisesaal), Küche, Wärmeraum und Kapitelsaal (diese Elemente gehören zur sogenannten Klausur), Abtshaus, Hospital, Wirtschaftsgebäude und - vor allem seit der Karonlingik und oft als eigener Baukörper - die Bibliothek. Das funktionale Schema der Klosteranlage ließ sich gut mit den jeweiligen abendländischen Baustilen verbinden. Rechtstellung, Errichtung, Veränderung und Aufhebung von Klöstern sind im katholischen Kirchenrecht durch besondere Vorschriften geregelt. Ein Kloster kann Abtei (von einem Abt geleitet), Priorat (von einem Prior geleitet) oder Stift (Chorherren-Kloster) sein; bei den Bettelorden spricht man von Kollegium. Im Protestantismus (Luthertum, Calvinismus u.ä.) spielte das Kloster kaum eine Rolle. Ihre größte Zeit hatten die Klöster beim Aufkommen des Protestantismus ohnehin schon hinter sich. Die Klöster waren als Missionsstationen, Forschungsinstitute, Schulen und landwirtschaftliche Musterbetriebe wichtige Kulturträger und oft Ausgangspunkte bedeutender innerkirchlicher Reformen.

 

NACH OBEN Anmerkungen:

Mesopotamien und Ägypten standen „»in der gleichen menschheitsgeschichtlichen Situation. Beide ›äußern‹ sich in Formen, die auf den ersten Blick verwandt scheinen. Bei näherem Zusehen aber entdeckt man, daß die scheinbare Gleichheit in Wahrheit eine Polarität ist. Die gewaltigsten Bauwerke, die das Zweistromland hervorgebracht hat und der Nachwelt, wenn auch nur in verwitterten Resten, hinterlassen hat, sind die Zikkurats, diese sich emporstufenden Heiligtümer .... Wenn die ägyptische Pyramide sich nach außen vollkommen abschließt in ihrer spiegelnden Glätte und ihr geheimnisvolles Leben in den tief verborgenen und unbetretbaren Gängen und Kammern in ihrem Innern liegt, den ganzen ungeheuren Aufwand nur um dieser verhältnismäßig so geringen Räume willen macht - so ist es bei der Zikkurat genau umgekehrt. Die Rolle der Gänge übernehmen hier die Treppen, die außen von Stufe zu Stufe emporführen, die Rolle der Grabkammern aber übernimmt das kleine Heiligtum, das auf der obersten Plattform der Zikkurat stand und wo das Heilige Mahl und die ›Vermählung‹ mit der Gottheit gefeiert wurde. Die Zikkurat war um dessentwillen da, was an ihrer Außenseite geschah.« (Gottfried Richter, Ideen zur Kunstgeschichte).  –  Zusammengefaßt: Die Wege der Pyramide führten in ihre Tiefe - in die Erde hinein. Dagegen führen die Wege der Zikkurats außen entlang und nach oben - dem Himmel entgegen.“ (Thomas R. E. Lentze, Die Zukunft ist männlich, 27.03.2012 Lentze).

Das Ursymbol des Abendlandes und das Ursymbol der Antike sind gegensätzlich: Unendlicher Raum und Einzelkörper; ihre Seelenbilder ebenfalls: faustisch und apollinisch. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel „Parallelenaxiom“ deutlich werden kann: Euklid hat in seinen „Elementen“ (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.

Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. (Vgl. Spengler, 1922, S. 847f.).

Römisch-katholische Interpretationen attestieren dem Abendland zumeist, daß in ihm die Dominanz des Christlichen überwiege. Diese Meinung teilen vor allem kirchliche und vornehmlich christlich orientierte Vertreter. Theodor Heuss (31.01.1884 - 12.12.1963) soll einmal gesagt haben, daß Europa von 3 Hügeln ausgegangen sei: von der Akropolis, von Golgatha und vom Kapitol. Diese Sichtweise würde eher, wenn vielleicht auch nicht beabsichtigt, auf eine Dominanz der Antike verweisen. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß aus einem antik-apollinischen Einzelkörper und einer magisch-seelengeistigen Welthöhle ein abendländisch-faustischer Unendlichkeitsraum entstehen kann, dann muß unbedingt ein dritter Faktor hinzukommen, den ich die Kulturpersönlichkeit nenne: das Germanentum. Ohne das Germanentum versteht man die Willensdynamik eines Faust nicht, und ohne das germanische Element ist die Raumtiefe, aber auch die in jeder Hinsicht sowohl ins Mikrokosmische als auch ins Makrokosmische gehende Unendlichkeit nicht als distinktives Merkmal der abendländischen Kultur zu identifizieren. Diese Merkmale treffen auf keinen antiken Menschen zu, aber insbesondere auf die Abendländer, die germanischen Ursprungs sind. Scharfe Gegensätze, wie die zwischen Antike und Abendland, sind zwar unbedingt ein Indiz für Verwandtschaft, weil beide Kulturen so auffallend gegensätzlich sind: aktiv und reaktiv. Offenbar hat die Antike auf das Abendland aber nicht persönlichkeitsstiftend gewirkt und konnte auch erzieherisch nicht tätig werden, weil sie so früh verstarb. Die Biogenetik und Sozialisation geraten nicht selten so weit auseinander, wenn ein Elternteil früh verstirbt, d.h. nicht wirklich erlebt wird. Dem Abendland scheint es auch so ergangen zu sein. Die Auseinandersetzungen mit der magischen Mutter hat beim Kind jedoch zu einer enormen, fast schon verdächtigen Erinnerung bis hin zur Vergötterung des antiken Vaters Beitrag geleistet. Aber liegt deshalb immer auch schon ein Vaterkomplex vor?  Es bleibt zunächst festzuhalten, daß auch kulturell zwischen Genetik und Sozialisation, zwischen Anlage und Umwelt, zwischen angeboren und anerzogen ganz klar unterschieden werden muß. Dazwischen bewegt sich die Persönlichkeit. Man kann sie nicht isolieren, folglich auch nicht isoliert betrachten, aber man kann sie beschreiben, und ich beschreibe die Kulturpersönlichkeit des Abendlandes als germanisch, weil dieser Raum zwischen Anlage und Umwelt für die Kulturpersönlichkeit zwanghaft unendlich werden muß, wenn sie die verlorene Vaterkultur zurückholen will. Der unendliche Raum und Wille sind auch deshalb Ursymbol und Urwort des Abendlandes. Wenn der Mensch eine Grundlage von etwa 60 Billionen Zellen hat und einer Umwelt von praktisch unendlicher Vielfalt ausgesetzt ist, so gilt für eine Kultur, daß sie Völker, Staaten oder Nationen zur Grundlage hat und einer Umwelt von unendlichen Möglichkeiten, aber auch gähnender Leere gegenübersteht. Mit dem Germanentum fiel eine faustische Entscheidung zugunsten der unendlichen Möglichkeiten. Die Eltern des Abendlandes waren also antik-magisch, ihre gentragenden Chromosomen römisch-christlich, aber die Kontrollgene germanisch. (Vgl. 22-24).

 


 

 

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