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Acht
Kulturen |
ÄgyptenDie ägyptische Kultur entwickelte sich am ungefähr 1000 km langen, 10 bis 20 km breiten fruchtbaren Nil-Tal. Ägypten gilt als Geschenk des Nils. Das zwischen Juli und Oktober heranführende, fruchtbaren Schlamm mit sich führende Hochwasser (Nilschwelle genannt) war von Anfang an Grundlage für die Fruchtbarkeit Ägyptens. Noch in der ur-/vorkulturellen Zeit von Badari, Merimde und Negade erfolgte die Bildung eines oberägyptischen und unterägyptischen Reiches (um 3000). Die beiden Reiche wurden laut Überlieferung unter Narmer und Aha vereinigt, die Hauptstadt Memphis (Weiße Mauer) gegründet. Die folgenreichse Leistung war die Entwicklung der Schrift (vgl. die ägyptische Bilderschrift mit den Hieroglyphen als Bildzeichen) sowie der Staatsverwaltung mit einem Beamtentum. Um 2850 begann die Thinitenzeit (1. und 2. Dynastie) und damit die frühkulturelle Zeit Ägyptens. Der ägyptische Staat isolierte sich allmählich gegenüber anderen Völkern und beseitigte die fremden Einflüsse immer mehr. Von nun an wurden auch die hohen, schmalen, sich nach oben verjüngenden Granitpfeiler (Obeliske) gebaut, die als Zeichen des Sonnengottes entwickelt und meist paarweise am Tempeleingang aufgestellt wurden. Während der 3. Dynastie erfolgte der Bau der Stufenpyramide vom Arzt und Architekten Imhotep für seinen König Djoser, der nach seinem Tod in der Pyramide bestattet wurde, und während der 4. Dynastie wurden z.B. unter Snofru die Pyramiden von Dahschu und Medum, unter Cheops, Chephren und Mykerinos die Pyramiden von Giseh gebaut. Die Verwalter der Gaue wurden von der Zentralregierung, an deren Spitze der Wesir stand, eingesetzt und abberufen. Seit der 5. Dynastie galten die Herrscher als Söhne des Sonnengottes. (Ägyptische Papstweltherrschaft?). Ihre Grabmäler errichteten sie bei Abu Sir. Die 6. Dynastie wurde bei dem Versuch, die oberägyptischen Gaufürsten am Ausbau ihrer erblich gewordenen Machtstellung zu hindern, von dieser abhängig. (Ägyptischer Ständekampf?). Unter der Regierung Pepis II. kam es zu sozial bedingten Unruhen, nach seinem Tod zu einer blutigen Revolution und damit zur ersten Zwischenzeit (2190-2052). In dieser auch Herakleopolitenzeit genannten Zwischenzeit erlangten nur die Gaufürsten von Herakleopolis größere Bedeutung. Die Fürsten von Theben rangen um die Einheit. Ansonsten sorgten die Gaufürsten für ihren Machtbereich und kämpften in wechselnden Koalitionen gegeneinander. (Vgl. abendländische Kultur: Reformation, Bauernkriege, Kämpfe der Fronde u.s.w.). Geistig war diese Periode besonders fruchtbar, weil letzte Fragen nach dem Sinn des Lebens und der Theodizee aufbrachen und dichterisch behandelt wurden. Als die 9. und 10. Dynastie von Herakleopolis auf dem Wege war, die Einheit Ägyptens wiederherzustellen, wurde sie vom inzwischen erstarkten Gaufürstengeschlecht vernichtend geschlagen. Die Fürsten von Theben begründeten die 11. Dynastie, Hauptstadt blieb Theben, die Könige hießen Mentuhotep. Eine den Gaufürsten freundliche Politik sicherte ihnen deren Unterstützung. Die 12. Dynastie (1991-1786) verlegte die Residenz nach Memphis. Durch geschickte Politik gelang es, dem Königtum zu neuem Ansehen zu verhelfen. Die Macht der Gaufürsten wurde am Ende mit Hilfe des städtischen Bürgertums endgültig beschnitten. (Ägyptische Bürgerliche Revolution?). Im Süden wurde Unternubien militärisch besetzt und durch einen Festungsgürtel beherrscht. Also: im 18. Jh. v. Chr. begann die zweite Zwischenzeit, und im 17. Jh. v. Chr. fielen die Hyksos in Ägypten ein und übernahmen die 15. Dynastie, wobei sie Unterkönige, auch einheimische, anerkannten. Mit dem Reich von Kusch in Nubien, das sich nach dem Zusammenbruch der ägyptischen Herrschaft etabliert hatte, schlossen sie ein Bündnis. Ihre Hauptstadt war Auaris im Ostdelta. Der Fürst Kamose von Theben begann den Kampf gegen die Hyksos, den sein Bruder Amosis I. um 1570 vollendete. Amosis I. stellte die Herrschaft Ägyptens auch in Nubien wieder her. Thutmosis I., der etwa von 1506 bis 1493 regierte, machte Ägypten zu einer Großmacht bis zum Euphrat im Norden und bis zum 3. oder 4. Nil-Katarakt im Süden mit weiten Gebietsansprüchen. Nach 22jähriger Herrschaft verschwand die Königinwitwe Hatschepsut, die ihren Sohn Thutmosis III. zur Seite gedrängt hatte, um sich an seiner Statt selbst krönen zu lassen. Sie regierte von 1501 bis 1480. Thutmosis III. zog gegen die verbündeten und mit Mitanni zusammengehenden Fürsten, schlug sie bei Megiddo. In sechzehn weiteren Feldzügen und Expeditionen gegen Asien, wobei er systematisch der Küste entlang nach Norden befestigte Stützpunkte erichtete und dann ins Landesinnere vortrieb, stellte er das Reich seiner Ahnen wieder her und festigte es. Im Süden bildete der 4. Nil-Katarakt die Grenze des von Ägypten kontrollierten Gebietes. Unter Thutmosis III., also von 1480 bis 1448, erhielt Ägypten seine größte Ausdehnung. Die Nachfolger konnten den territorialen Bestand im wesentlichen halten. Unter Amenophis III., der von 1413 bis 1377 regierte, erreichten Wohlstand und luxuriöses Leben in Ägypten ihren Höhepunkt. (Ägyptisches Goldenes Zeitalter?). Thronerbe wurde sein Sohn Amenophis IV., der mit Nofretete verheiratet war, sich ganz der Religion widmete, die Verehrung des Aton (der Sonnenscheibe) einführte, sich selbst nach ihm benannte (Echnaton) und Echetaton (heute: El Amarna) als neue Hauptstadt gründete. Die zentrale Stellung des Königs wurde weiter ausgebaut und religiös begründet. Diese Neu-Religion wurde, nachdem Echnaton (Amenophis IV.) 1358 verstorben war, wieder rückgängig gemacht, ebenso die Verlegung der Hauptstadt. Seine Schwiegersöhne Samenchkare und Tutanchaton kehrten nach Theben zurück. Echnatons Nachfolger Tutanchaton kehrte 1344 v. Chr. wieder zur Amun-Religion zurück und änderte seinen Namen in Tutanchamun. Nach Tutanchamuns Tod bestieg Eje den Thron. Nach ihm erhob sich Haremhab, ein nicht mit dem Königshaus verwandter ehemaliger General unter Echnaton (Amenophis IV.), zum König, kämpfte erfolgreich gegen die Hethiter und schuf durch harte Gesetze Ordnung im Innern. Die religiöse Restauration wurde vollendet und die alten Kulte wieder hergestellt. Seitdem war die Amarna-Zeit des Echnaton (Amenophis IV.) verfemt.Zweite Runde:Sethos I., der zweite König der 19. Dynastie konnte im Kampf gegen die Hethiter Syrien zurückerobern (Schlacht von Kadesch, 1299) und die Verhältnisse wieder herstellen, wie sie vor der Amarna-Zeit geherrscht hatten, nur daß jetzt der Gegner das Hethiter-Reich war. Sethos' I. Sohn Ramses II. verlegte die Residenz endgültig ins Ostdelta, wo er bei Kantir Palast und Wohnanlagen seines Vaters prunkvoll und großflächig ausbauen ließ. Nach unentschiedener militärischer Auseinandersetzung zwischen Ägypten und dem Hethiter-Reich verpflichteten sich beide Seiten in einem 10 Jahre später (1275) abgeschlossenen Friedensvertrag zu gegenseitiger Hilfe beim Angriff eines Dritten und anerkannten den Status quo. Die folgenden friedlichen Jahrzehnte nützte Ramses II. vor allem zum Bauen: Karnak, Luxor, Abu Simbel, das Ramesseum sind nur die besterhaltenen unter den zahlreichen Tempeln dieser Zeit. Ramses' II. Sohn und Nachfolger Merenptah mußte insbesondere die Westgrenze verteidigen, wo sich lybische Stämme zum Angriff auf das Niltal anschickten. Die große 19. Dynastie endete nach seiner Regierung in Wirren, vor allem ausgelöst durch den Seevölkersturm (um 1200). In dieser Zeit ging auch das Hethiter-Reich seinem Ende entgegen, doch Ägypten gelang es immerhin und unter sehr großem Einsatz unter Ramses III., dem wohl bedeutendsten Herrscher der 20. Dynastie, den Angriff der aus Norden einbrechenden Seevölker zu Lande und zur See abzuwehren. Aber die Kraft des Landes war erschöpft. Innere Unruhen, Arbeiterstreiks und Aufstände waren die Folgen. Im 11. Jh. v. Chr. endete mit Ramses XI. die 20. Dynastie und damit das Neue Reich in wirtschaftlicher Not und Zerfall. In der dritten Zwischenzeit (21- bis 24. Dynastie; 1070-715) wurde Ägypten zunehmend in kleinere Herrschaftsbesreiche aufgespalten. Nach dem Zusammenbruch der ägyptischen Vorherrschaft hatte sich in Nubien ein äthiopisches Reich mit Napata als Hauptstadt gebildet, dessen Herrscher sich als rechtmäßige Nachfolger der Pharaonen fühlten und sich vorübergehend durchsetzten. Doch machte sich noch einmal ein Deltafürst, Tefnacht, zum Pharao. Sein Sohn Bokchoris galt den Griechen als großer Gesetzgeber. Diese 24. Dynastie wurde von den Äthiopiern beendet, die nominell als 25. Dynastie bis 664 regierten. Ihr bedeutendster Herrscher war Taharka, der zahlreiche Bauten errichtete und eine neue Ruhezeit heraufführte. 671/667 wurden sie von den Assyrern vertrieben. Psammetich I., der Begründer der 26. (Saitischen) Dynastie, von den Assyrern eingesetzt, betrieb eine eigene nationale Politik und einigte mit friedlichen politischen Mitteln das Land. Unter seinem Sohn Necho II. versuchte Ägypten erneut, seinen alten Einfiuß in Syrien wiederherzustellen. Psammetich II. kam einer erneuten Bedrohung durch die Herrscher von Napata zuvor. Gegen Apries erboben sich die Truppen General Amasis' und machten diesen zum König. Bald nach dem Tod von Amasis, der eine griechenfreundliche Politik betrieben hatte, schlug der Perserkönig Kambyses das ägyptische Heer 525 bei Pelusion und gliederte das Land als Satrapie seinem Reich ein. Die Perserherrschaft (27. Dynastie) wurde nur vorübergebend durch wenig bedeutende einheimische Regenten (28. und 29. Dynastie) unterbrochen. Nur die 30. Dynastie ließ noch einmal in schwachem Abglanz frühere Größe ahnen. Die als 31. Dynastie gezählte zweite Perserherrschaft beendete Alexander d. Gr. 332. Alexander behielt die alte administrative Ordnung Ägyptens bei, traf aber für die politische und wirtschaftliche Sicherung des Landes Maßnahmen zur Dezentralisierung der Verwaltung. Das hellenistische Ägypten übernahm unter den Ptolemäern ebenfalls die althergebrachten Wirtschafts- und Verwaltungsformen einschließlich des einheimischen niederen Beamtenapparates. Die beiden letzten Jahrhunderte ptolemäischer Herrschaft waren durch Neuerwachen des ägyptischen Selbstbewußtseins gekennzeichnet. Seit Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde Ägypten mehr und mehr zum Klienten Roms, dessen Intervention wiederholt der zunehmend verfallenden Dynastie die Herrschaft sicherten. Nach dem Tod von Antonius und Kleopatra VII. und dem Scheitern ihrer Großmachtpolitik im Jahre 30 v. Chr. schuf Oktavian für Ägypten eine Sonderstellung in unmittelbarer Abhängigkeit vom Prinzeps persönlich.Die ägyptische Seele sah sich wandernd auf einem engen und unerbittlich vorgeschriebenen Lebenspfad, über den sie einst den Totenrichtern Rechenschaft abzulegen hatte. Das war ihre Schicksalsidee. Das ägyptische Dasein ist das eines Wanderers in einer und immer der gleichen Richtung; die gesamte Formensprache seiner Kultur dient der Versinnlichung dieses einen Motivs. Sein Ursymbol läßt sich, neben dem unendlichen Raum des Nordens und dem Körper der Antike, durch das Wort »Weg« am ehesten faßlich machen. (). .... Trotzdem gab es eine Kultur, deren Seele bei aller tiefinnerlichen Verschiedenheit zu einem verwandten Ursymbol gelangte: die chinesische mit dem ganz im Sinne der Tiefenrichtung empfundenen Prinzip des Tao. (). Aber während der Ägypter den mit eherner Notwendigkeit vorgezeichneten Weg zu Ende schreitet, wandelt der Chinese durch seine Welt; und deshalb geleiten ihn nicht steinerne Schluchten mit fugenlos geglätteten Wänden der Gottheit oder dem Ahnengrabe zu, sondern die freundliche Natur selbst. Nirgends ist die Landschaft so zum eigentlichen Stoff der Architektur geworden. .... Der Tempelbau ist kein Einzelbau, sondern eine Anlage, in welcher Hügel und Wasser, Bäume, Blumen und bestimmt geformte und angeordnete Steine ebenso wichtig sind wie Tore, Mauern, Brücken und Häuser. Diese Kultur ist die einzige, in welcher die Gartenkunst eine religiöse Kunst großen Stils ist. Es gibt Gärten, die das Wesen bestimmter buddhistischer Sekten widerspiegeln. Aus der Architektur der Landschaft erst erklärt sich die der Bauten, ihr flaches Sich-erstrecken und die Betonung des Daches als des eigentlichen Ausdrucksträgers. Und wie die verschlungenen Wege durch Tore, über Brücken, um Hügel und Mauern doch endlich zum Ziel führen, so leitet die Malerei den Betrachter von einer Einzelheit zur anderen, während das ägyptische Relief ihn herrisch in eine strenge Richtung verweist. »Das ganze Bild soll nicht mit einem einzigen Blick umfaßt werden. Die zeitliche Abfolge setzt eine Folge von Raumteilen voraus, durch die der Blick vom einen zum anderen wandern soll.« (C. Glaser). Die ägyptische Architektur überwältigt das Bild der Landschaft, die chinesische schmiegt sich ihm an; in beiden Fällen aber ist es die Tiefenrichtung, die das Erlebnis des Raumwerdens immer gegenwärtig erhält. .... Man begreift nun, gerade aus dem Unterschied von Dom und Pyramidentempel trotz aller tiefinnerlichen Verwandtschaft, das gewaltige Phänomen der faustischen Seele, deren Tiefendrang sich nicht in das Ursymbol des Weges bannen ließ, sondern von den frühesten Anfängen an über alle Grenzen optisch gebundener Sinnlichkeit hinausstrebt. (). Kann etwas dem Sinne des ägyptischen Staates, dessen Tendenz man als eine erhabene Nüchternheit bezeichnen möchte, fremder sein als der politische Ehrgeiz der großen Sachsen-, Franken- und Staufenkaiser, die am Überfliegen aller staatlichen Wirklichkeiten zugrunde gingen? Die Anerkennung einer Grenze wäre ihnen gleichbedeutend mit der Herabwürdigung der Idee ihres Herrschertums gewesen. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1917, S. 242, 244-245, 255 ). |
IndienIn Indien folgte die auf die neolithische Zeit die zu einer Historienkultur notwendige ur-/vorkulturelle Entwicklung mit der allmählichen Einwanderung der Indogermanen, denn die vom 21. Jh. v. Chr. bis zum 15. Jh. v. Chr. einwandernden indogermanischen Arier (Arya) mußen erst die Harappa-Urkultur beseitigen, die sonst vielleicht an ihrer Statt eine ganz andere Kultur zur Blüte gebracht hätte oder auch nicht. Jedenfalls begann die frühkulturelle Zeit in Indien mit den Veden (); die indogermanischen Arier, die zu dieser Zeit bereits den pferdebespannten Streitwagen kannten, waren den Ureinwohnern (Drawida) jetzt überlegen. Die Veden (vgl. lat. vidi = ich habe gesehen, ich weiß) bedeuten heiliges Wissen und sind das älteste heilige Schrifttum der Menschen in Sanskrit, einer indogermanischen Sprache (). Zunächst bestand die Bauernkultur mit Einzelhöfen, Viehherden und noch wenig Getreidebau weiterhin, doch kam es im Gebiet des Ganges und um Delhi bereits zu einer Ausbreitung derjenigen Formen, die man als typisch indisch bezeichnen kann. Dabei kämpften die arischen Stämme oft untereinander. Um 1500 v. Chr etwa entstanden Rig-Veda, bald danach auch die Sama-Veda, die Yajur-Veda und die Atharva-Veda. Neben der unpersönlichen Macht Rita (Wahrheit) wurden die Götter Varuna (Eidgott) und Mitra (Vertragsgott) verehrt, daneben gab es natürlich als Gottheiten aufgefaßte Naturkräfte: Ushas (Morgenröte), Agni (Feuer), Surya (Sonne) und den Nationalgott Indra. Als wichtigstes Opfer galt das Somaopfer (Trinkfest). Auch gab es den Glauben an ein Fortleben nach dem Tode. Die Auslegung der Veden erfolgte durch Priester als vorwissenschaftliche Wissenschaft in den Brahmana-Texten und durch Priester und Laien in den Upanischaden (mystische Schriften), die in Verbindung mit den Brahmana-Texten stehen und später zur Yogatechnik führten. Im Mittelpunkt dieser Religion steht ein großes Verlangen nach Erlösung: Einheit mit der höchsten Wirklichkeit. Der erreichbare Zustand der Erlösung, der nach Eintritt des Todes eine Wiedergeburt unmöglich macht, ist demzufolge das Nirwana (Erlöschen). Das Kastensystem () ist von Indien nicht wegzudenken. Die Kastenordnung ist eine göttliche Einrichtung - Priester und Gelehrte (Brahmanen), Krieger (Kschatriyas), Händler und Hirten/Bauern (Vaischyas), Unterworfene und Mischlinge (Schudras) -, auch für die Kastenlosen (Parias). Im 8. Jh. v. Chr. begann die hochkulturelle Zeit Indiens; nun tauchten auch die ersten Persönlichkeiten auf, die Großes bewirkten: Gautama Buddha (ca. 560-483), Vardhamana (ca. 540-468) und Bimbisara (ca. 540-490), der Gründer des Reiches von Magadha (im heutigen Bundesstaat Bihar), der seine Macht auf Kosten zahlreicher Kleinstaaten erweiterte. (Indischer Absolutismus?). Seit 512 v. Chr. gehörten für eine gewisse Zeit einige Teile Indiens, z.B. Ghandara und Sind, zum Persischen Weltreich. Die spätkulturelle Zeit begann mit der Nanda-Dynastie (360-320), die von Pataliputra aus ihre Macht bis weit über Magadha hinaus ausübte. Alexander d. Gr. unterwarf von 327 bis 325 einige nordwestliche Teile Indiens, und in der Folgezeit vermittelte das Baktrische Reich zwischen der griechisch-antiken und der indischen Kultur. (Beispiel: Gandhara-Kunst). Seinen Ausgang von Magadha aus nahm auch das erste fast ganz Indien umfassende Reich der Maurja-Dynastie (321-185), das Tschandragupta Maurja gründete. Das Reich des Enkels Tschandraguptas, Asoka, umfaßte den größten Teil von Indien und griff im Nordwesten sogar über Indien hinaus. (272-231). Der danach schnell einsetzende Verfall wurde begünstigt durch die Einteilung des Reiches in 4 Provinzen unter Vizekönigen, die rasch an Unabhängigkeit gewannen. Von Nordwesten her begannen seit etwa 100 v. Chr. die Skythen, Indien zu erobern. Ihnen folgten die Kuschan. Sie versetzten den indogriechischen Königreichen, die sich als Folge der Invasion Alexanders d. Gr. in Nordwest-Indien gebildet hatten, den Todesstoß. Nach einer kurzen Periode parthischer Herrschaft begann um 50 n. Chr. die Bildung eines Großreichs der Kuschan, das unter seinem bedeutendsten König, Kanischka, von Zentral-Asien bis Benares reichte und seine größte Blüte erreichte - Kanischka förderte den Buddhismus () und dehnte im Zusammenhang mit der Mission den Handel aus.Zweite Runde:Um 240 n. Chr. geriet das indische Großreich in Abhängigkeit von den Sassaniden, und wurde entweder durch die Sassaniden im 3. Jh. oder die Guptas im 4. Jh. zerstört. Auch das Gupta-Reich (320-535) nahm von Magadha aus seinen Anfang; es erstreckte sich unter Samudragupta (reg. 325-380) über ganz Nord-Indien. Unter Skandagupta (ca. 455-467) setzte vom Nordwesten her der Hunnensturm ein, der, zunächst abgewehrt, um 500 dem Gupta-Reich ein Ende bereitete. Während der Gupta-Herrschaft kam es zu einer Hochblüte der Sanskrit-Literatur. Mit ihrem Ende zerfiel Nord-Indien bis zum Beginn der islamischen Herrschaft in eine Fülle kleiner Königreiche, die in andauernde Kriege miteinander verstrickt waren. Harschawardhana, dem letzten großen Schirmherrn des Buddhismus (606-647), gelang es von Kanauj aus noch einmal, den größten Teil von Nord-Indien unter seiner Herrschaft zu vereinen. Träger der politischen Macht wurden Ende des 8. Jahrhunderts die Radschputen. Dem Klan der Gurdschara-Pratihara gelang von Kanauj aus eine Machtkonzentration, die lange das Vordringen des Islams nach Indien wirksam verhinderte. Nur die Provinz Sind wurde 712 islamisch. In ständige Kriege verwickelt, zerfiel das Gurdschara-Pratihara-Reich und ging um 1000 endgültig unter. Nord-Indien unter dem Islam: Nach wiederholten Vorstößen (1001-1027) des Mahmud von Ghazni kam es in Nord-Indien zu einer dauerhaften islamischen Besetzung des Landes erst 1192 unter Muhammad von Ghur (reg. 1173-1206). Er setzte in Delhi General Kutub Ad Din Aibak als Statthalter ein, der sich 1206 unabhängig machte und damit das Sultanat von Delhi gründete. Kurz nach 1200 erfolgte ein Vorstoß nach Bengalen, wo die Sena-Dynastie gestürzt und der Buddhismus vernichtet wurde. Aibaks Nachfolger Iletmisch (reg. 1211-36) und Balban (reg. 1266-1287) bauten das Reich weiter aus. Mit Kaikubad ( 1290) endete die Sklaven-Dynastie (stets gelangte ein Sklave des vorhergehenden Sultans auf den Thron), die nur auf einer kleinen Schicht von Muslimen ruhte und nur durch Gewaltherrschaft von Zwingburgen aus das Land unter Kontrolle halten konnte. Der Gründer der nachfolgenden Childschi-Dynastie, Dschalal Ad Din Firus Schah (reg. 1290-1297), wurde von seinem Neffen Ala Ad Din (reg. 1296-1316) ermordet. Ala Ad Din unternahm mehrere Eroberungszüge nach Süden; im Innern führte er anstelle des Lehnswesens, das zu ständigen Rebellionen der Großen des Reiches geführt hatte, eine Besoldung aus der Staatskasse ein. Nach dem Ende dieser Dynastie (1318) begann der Zerfall des Sultanats, das 1398 unter dem Ansturm Timur-Lenks endgültig zusammenbrach. Für mehr als ein halbes Jahrhundert entglitten der Regierung in Delhi die Zügel. Erst unter der Lodi-Dynastie (1451-1526) begann eine erneute Festigung der Herrschaft von Delhi aus über Nord-Indien. Die Macht der Scharki-Sultane von Dschaunpur (1394-1479) im Osten und die des Reiches von Malwa (1401-1531) im Westen wurde gebrochen. Als es innerhalb der Lodi-Dynastie zu Streitigkeiten kam, rief eine Partei den Timuriden Babur zu Hilfe, der 1526 zum Begründer des Mogulreiches wurde. Das nur lose zusammengefaßte Reich Baburs mußte von seinem Sohn Humajun (1508-1556) erneut erobert werden. Unter Akbar wurden die Grenzen des Reiches ausgedehnt: Radschputana kam 1568/69, Gujarat 1572 und Bengalen 1576 zum Mogulreich, wodurch diesem der Handelsweg nach Europa geöffnet wurde. Durch eine tolerante Politik gegenüber den Hindus entstand unter Akbar eine hinduistisch-muslimische Mischkultur. Unter Akbars Nachfolgern Dschahangir, Schah Dschahan (reg. 1628-58) und Aurangsib dehnte sich das Reich durch die Eroberung der Sultanate im Dekhan immer weiter nach Süden aus, verlor aber an innerer Stabilität und konnte nicht wirksam gegen die seit Mitte des 17. Jahrhunderts unabhängigen Marathen verteidigt werden. Das Mogulreich löste sich im Laufe des 18. Jahrhundert nach der Eroberung Delhis durch den Perser Nadir Schah 1739 in einen lockeren Staatenbund auf, bis die Engländer 1858 ihm auch formal durch die Absetzung des letzten Moguls ein Ende bereiteten. Südindien bis zur Kolonialzeit: Rege Handelsbeziehungen bestanden zum Mittelmeerraum und zu China . Die Tamilen beherrschten zeitweise Ceylon. Seit etwa 570 regierte von Badami aus die Tschalukja-Dynastie, die um 750 von Dantidurga Raschtrakuta (um 735-757) gestürzt wurde. Für die nächsten 200 Jahre beherrschten die Raschtrakutas den Dekhan von Malkhed aus, bis noch einmal die Tschalukja-Dynastie von Kaljani aus vom 10. bis 12. Jh. die Oberhand gewann. Ihr Erbe traten im Norden die Jadawas von Devagiri und Danturabad und im Süden die Hoysalas von Dwarasumudra (Halebid) an. Bereits die erste Tschalukja-Dynastie sah sich in vielfache Kriege mit den Pallawas verwickelt. Nach einem Verfall ihrer Macht um 500 gewannen die Pallawas von Kantschi aus ihre alte Machtrolle zurück und eroberten 642 Badami unter der Führung von Narasimhawarman I. Mahamalla (reg. um 625-660). Während der Pallawazeit griff die indische Kultur nach Südost-Asien über und drang tief in den Malaiischen Archipel ein. Unter Radschradscha I. (reg. 985-1012) und Radschendra I. (reg. 1012-1042) unterwarfen die Tscholas von Uraiyur bei Tiruchirapalli aus nicht nur Süd-Indien, sondern dehnten ihre Macht bis nach Bengalen und nach Indonesien aus. Das bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts immer weiter geschrumpfte Reichsgebiet wurde von der Pandja-Dynastie von Madurai übernommen, die so im 13. Jh. zur führenden Macht des Südens wurde. Mit der Invasion Malik Karurs 1311, die alle Reiche des Südens erschütterte, erloschen die Jadawa- und die Hoysala-Dynastie, während die Pandja-Dynastie zu einer Lokaldynastie herabsank. Auf den Trümmern dieser Reiche errichteten die Brüder Bukka, Hakka und Kampa 1336 das hinduistische Großreich von Widschajanagara im südlichen Dekhan, das mit den islamischen Reichen des nördlichen Dekhan zusammenstieß. Bereits unter Muhammad Bin Tughluk (reg. 1325-1351) war im Dekhan die Bahmani-Dynastie mit der Hauptstadt Gulbarga entstanden, die sich 1347-1527 halten konnte. Ständige Kämpfe mit dem Reich von Widschajanagara führten zu einem Zerfall des Reiches in kleinere Staaten. Diese Sultanate des Dekhan wurden bis 1687 vom Mogulreich erobert. Kolonialzeit und Unabhängigkeit: Mit der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama 1498 entstand ein portugiesisches Seereich, dessen indische Stützpunkte Daman, Diu und Goa bis 1961 portugiesischer Besitz blieben. Nach dem Niedergang der portugiesischen Macht rückten seit 1600 die Holländer nach; sie wurden ihrerseits von den Kaufleuten der 1600 gegründeten englischen Ostindischen Kompanie verdrängt, die in Surat 1612, Madras 1639, Kalkutta 1690 und Bombay 1661 Niederlassungen gründeten. Die 1664 gegründete französische Ostindindische Kompanie ließ sich 1674 in Pondicherry und 1688 in Chandernagore nieder, die bis 1954 bzw. 1951 französisch waren. Seit etwa 1740 begannen zwischen Engländern und Franzosen in Süd-Indien bewaffnete Auseinandersetzungen, als sich die Kompanien in Thronfolgestreitigkeiten lokaler Dynastien einmischten. Nach den Niederlagen im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) mit den Schlachten bei Vandivash (1760) und Pondicherry (1761) verlor Frankreich durch den Frieden von Paris 1763 seinen politischen Einfluß in Indien. Im Norden führten Spannungen zwischen den Engländern und dem Nabob von Bengalen, Sirasch-ud-Daula, zum Krieg, der die englische Ostindindische Kompanie zum Herrn Bengalens machte. Damit erlangte sie über die bisherigen Faktoreien hinaus Territorialbesitz und wurde 1765 zum Nabob des Mogulkaisers. Innerhalb der Kompanie kam es zu schweren Mißständen, die zu mehrfachem Eingreifen des englischen Parlaments und zu Reformen unter dem ersten Generalgouverneur von Ostindien, W. Hastings (1773-1785), führten, der die gesamte Verwaltung Bengalens in die Hand der Kompanie überführte. Weitere Kriege brachten der Kompanie beträchtlichen Gebietsgewinn. So wurden in drei Kriegen zwischen 1775 und 1819 die durch ihre Uneinigkeit geschwächten Marathen besiegt. Die 1818 bis 1857 herrschende Pax Britannica führte nach fast 150 Jahren andauernder Kriege zu einer Periode innerer Erholung Indiens. Gebietsgewinne erzielten die Engländer nur noch in den Randgebieten: 1843 wurde Sind annektiert, 1849 das Reich der Sikh im Pandschab erobert, 1886 nach drei Kriegen Birma endgültig (bis 1935) Britisch-Indien angegliedert. So kamen etwa drei Fünftel des Gebiets von Indien unter die Herrschaft der Kompanie, während zwei Fünftel weiterhin durch indische Fürsten, die jedoch in Verträgen ihre Hoheitsrechte auf den Gebieten Außen- und Verteidigungspolitik an die Engländer abgetreten hatten, regiert wurden. Die Engländer führten eine Reihe von Reformen durch. Unter Lord W. H. Cavendish-Bentinck - von 1833 bis 1835 - löste das Englische das Persische als Verwaltungssprache ab, die Witwenverbrennung wurde untersagt. Unter dem Generalgouverneur J. A. B. R. Dalhousie - von 1848 bis 1856 - fanden Telegraf und Eisenbahn in Indien Eingang. Die Furcht vor einer westlichen Überfremdung des Landes war letztlich die Ursache des großen Aufstandes (Mutiny) von 1857-1858, in dessen Verlauf sich nach der Annexion des Fürstentums von Oudh (1856) verschiedene indische Regimenter in Nord-Indien gegen die Engländer erhoben. Mit der Niederwerfung des Aufstandes wurde zugleich das Mogulreich auch formal aufgehoben. Die Kompanie wurde aufgelöst und Indien direkt der englischen Krone unterstellt, die durch den Governor General in Council (meist Vizekönig genannt) vertreten war. In London wurde ein Indien-Ministerium geschaffen und damit die Kontrolle des Parlaments über Indien sichergestellt. Ihren Anfang nahm die indische Unabhängigkeitsbewegung mit der Konstituierung des Indian National Congress, 1885. Die unter G. N. Curzon (1898- 1905) durchgeführten Reformen, besonders die Teilung Bengalens (1905), führten zu weit verbreiteter Unruhe im Lande. Daraufuin räumten die Morley-Minto-Reformen (1909) den Indern eine bescheidene Mitwirkung an der Regierung des Landes ein. In Anerkennung der von Indien während des 1. Weltkriegs getragenen Lasten wurden die Verfassungsreformen durch die Montagu-Chelmsford-Reformen (Montford-Reformen) weitergeführt, durch die den Indern in den Provinzen eine Teilverantwortung an der Regierung gewährt wurde (Dyarchie). Die Ausführung der Reformen wurde jedoch durch die Rowlatt-Gesetze hinausgezögert, die eine Verlängerung des während des Krieges eingeführten Ausnahmerechts erlaubten. Der Protest gegen diese Gesetze ist mit dem ersten Auftreten M. K. Gandhis in Indien verbunden. Nachdem in Amritsar eine Protestversammlung im April 1919 blutig aufgelöst worden war, kam es von 1920 bis 1922 zu einer von Kongreß und Muslimliga gemeinsam getragenen Satjagraha-Kampagne, die jedoch in blutigen Ausschreitungen ohne Ergebnis endete. Ein Teil des Kongresses hatte bereits seit 1921 die Mitarbeit in den nach den Montford-Reformen gebildeten Parlamenten aufgenommen. Da die zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Montford-Reformen gebildete Kommission (1927) nur aus Engländern bestand, bildete sich eine indische Gegenkommission, die bis zum Jahresende 1929 den Dominionstatus für Indien forderte. Nach der Ablehnung dieser Forderung kam es erneut unter Gandhis Führung zu einem Satjagraha-Feldzug - zum Salzmarsch -, der zu den ergebnislosen Round-table-Konferenzen führte (1930-1932). Die letzte Verfassungsreform von 1935 kam ohne eigentliche indische Beteiligung zustande. Die Muslimliga forderte unter M. A. Dschinnah einen eigenen muslimischen Staat. Nach dem 2. Weltkrieg sah sich daher der letzte Vizekönig Lord Mountbatten gezwungen, durch eine rasche Teilung des Landes in Indien und Pakistan den seit August 1946 andauernden bürgerkriegsähnlichen Unruhen ein Ende zu setzen. Nachdem beide Staaten am 15. August 1947 unabhängig geworden waren - Indien bis 1950, Pakistan bis 1956 als Dominion -, wurden die 562 Fürstenstaaten in die Union eingegliedert; nur die Kaschmirfrage blieb offen. Eine Verfassung trat am 26. Januar 1950 in Kraft. Seit den ersten Wahlen von 1951 bzw. 1952 regierte die Kongreßpartei, 1952 bis 1964 unter J. Nehru, 1964 bis 1966 unter L. B. Shastri, 1966 bis 1977 unter I. Gandhi. Bedeutende Anstrengungen galten der Industrialisierung des Landes und der Verbesserung der Ernährungsgrundlage (Grüne Revolution). Die Außenpolitik Nehrus machte I. zu einem führenden Mitglied der blockfreien Staaten. Eine erstrebte Annäherung an China scheiterte an der Tibetfrage, die 1962 zusammen mit Streitigkeiten über den Grenzverlauf (McMahon-Linie) zu einem für China erfolgreichen indisch-chinesischen Krieg führte. Im Dezemner 1971 kam es zu einem weiteren indisch-pakistanischen Krieg, der mit der Bildung von Bangladesch endete. 1975 wurde das frühere indische Schutzgebiet Sikkim 22. Bundesstaat der Indischen Union. Im Februar 1983 kam es in Assam zu blutigen Unruhen (über 1000 Tote), als die einheimischen Hindus den aus Bangladesch eingewanderten Muslims das Wahlrecht absprechen wollten.Während die römischen Juristen und Kultschöpfer die Thermotopie politisch verallgemeinert haben, war es den Brahmanen Indiens um ihre Hypostasierung zu tun. Nach ihnen ist der Weltzusammenhang im ganzen durch den Gestaltwandel des Feuers zu begreifen. Die Tiefen-Effekte des brahmanischen Denkens leiten sich aus dem Umstand her, daß es seiner pyrotechnischen Kompetenzen beim Vollzug der Opfer am Feuer gewiß ist und von diesem scharf abgezirkelten Feld vielfache Metaphorisierungen ableitet. Wie sich das römische Imperium in einigen Jungfrauen an der heiligen Glut, den Vestalinnen, kontrahiert, so die altindische Kultur in den Asketen am Opferfeuer. Ihre letzte Verdichtung erreicht sie in der Figur des Verzichtenden, des samnyasin, der nicht mehr an äußeren Feuern opfert, sondern seine ganze Existenz in einem mentalen Feuer verbrennt, der Flamme des Veda. Daher nimmt der Verzichtende an den gewöhnlichen Garungen, Feuerspenden und Verbrennungen nicht mehr teil; seine Leiche wird nicht wie die der spirituell ungaren Menschen im Feuer bestattet, sie wird beerdigt, weil es unpassend schiene, den innerlich Verbrannten noch einmal zu verbrennen. Im absoluten Thermotop werden nicht nur die Vorteile eines Lebens in der Nähe der Feuerstelle verteilt - es setzt ein ritueller Wettbewerb ein um den Vorteil aller Vorteile: mit der Feuerstelle des Seins selbst eins zu werden. (Peter Sloterdijk, Das Thermotop, in: Sphären III - Schäume, 2004; S. 400-402).Es ist gewiß nicht nur ein Zufall, daß der stärkste Lehrer einer streng deterministischen Verhängnis-Doktrin, der sogenannten niyati-Philosophie, auf indischem Boden ebenjener Maskarin Gosala war, der seinen Zeitgenossen Gautama Buddha zu der einzigen spürbar zornigen Polemik provozierte, die zu dessen Lebzeiten bekannt wurde. Buddha erkannte in den Lehren des Rivalen die gefährlichste Provokation seiner eigenen, ganz auf der Heilsmacht der Eigenanstrengung aufbauenden Predigt und bezeichnete den Determinismus der niyati-Doktrin als ein spirituelles Verbrechen, das ihre Anhänger ins Verderben locke. Aufgrund von Gosalas Ansatz würden die Spaltung der Welt und die Ausgrenzung des rezessiven Subjekts unmöglich, weil ihm zufolge keine Kreatur, auch nicht der heilsuchende Mensch, einen originalen Willen haben kann:
In fast ganz Asien, von Ceylon bis nach Indonesien, von Siam bis China, Tibet, zur Mongolei und Japan, ist das Buddha-Bildnis immer seltsam verwandt. Wo ist die Idealisierung des großen Asketen von Kapilavastu zum erstenmal entstanden ? Wie kam es dazu, daß 600 Jahre nach dem Tode des Gautama im ersten Jahrhundert n. C. griechische und römische Meister gemeinsam mit Indern die ersten Buddha-Skulpturen schufen? (I. Lissner, Die Rätsel der großen Kulturen, 1961, S. 220). Zweck dieser Skulpturen war, den Buddha zu glorifizieren. Es geschah durch Schilderungen von Begebenheiten seines Lebens und seiner früheren Geburten oder manchmal, aber selten, durch Darstellungen aus der folgenden Geschichte der buddhistischen Einrichtungen. Die frühesten Monumente sind von den Geschichten der vorangegangenen Geburten des Buddha, von den Jatakas, beherrscht. Später wandte sich das Interesse den Begebenheiten der letzten Zeit seines irdischen Lebens zu und noch später seinem Bildnis, das schließlich alles andere in der buddhistischen Kunst überstrahlte. (John Marshall, The Buddhist Art of Gandhara, 1960, S. 7).Die seit 1947 existierende Indische Union als größte Demokratie der Welt stellt eine erstaunliche politische Leistung dar. Man braucht dabei nur auf die Massenarmut hinzuweisen, von der trotz seit der 1991 wachsenden technisch-wirtschaftliochen Erfolge immer noch bis zu 80 Prozent der Einwohner betroffen sind. Jährlich begehen über 10000 Bauern aus Verzweiflung und wegen Überschuldung Selbstmord. Jeder kann sich selbst die Frage beantworten, ob in Europa ein demokratisches System mit derartig gravierenden Problemen hätte überleben können. Nun ist Indien mit seinen 18 anerkannten, z.T. mit unterschiedlichen Alphabetsystemen geschriebenen Hauptsprachen, der geographischen Größe und seiner Bevölkerungsmasse nur mit Europa zu vergleichen, keinesfalls mit einem europäischen Einzelstaat. Katastrophale soziale Zustände wie die in Indien würden in Europa mit Sicherheit eines beenden: den anscheinend irreversiblen Weg hin zur EU () in ihrem jetzigen Gewand. Vielmehr würde zur Problemlösung nach dem nächstliegenden gegriffen: Ein Rück-Zerfall in die Nationalstaaten wäre zu erwarten. Wie also ist die Fortexistenz der indischen Demokratie zu erklären, die anders als die Bundesrepublik Deutschland - sieht man von der Notstandsverordnung Indira Gandhis ab - ohne Verfassungsschutz und Parteiverbote auskommt? .... Der von der indischen Bundesregierung in den 28 Bundesstaaten jeweils eingesetzte Gouverneur steht formal an der Spitze des Landes, das normalerweise von dem vom Landesparlament gewählten Ministerpräsidenten geführt wird. Der Gouverneur kann jedoch im Notstandsfall, den man bei Bedarf gezielt herbeiführen kann, durch die Bundesregierung mit der Ausübung der Regierungsbefugnisse beauftragt werden. Das Zentralparlament kann jederzeit einen neuen Bundesstaat schaffen oder die Landesgrenzen neu zuschneiden. Dieses Regierungssystem ist nur zu verwirklichen, indem der Zentralstaat die Verfassungen der Länder vorgibt, was wiederum nur durch Ausschluß von plebiszitären Elementen möglich ist. (Wo plebiszitäre Elemente ausgeschlossen sind, da gibt es keine Demokratie. Ohne Plebiszit keine Demokratie! HB.). Juristisch ist dies der Kern des Kaschmirproblems, für dessen Lösung das Plebiszit der Bewohner über die Zugehörigkeit zu Indien oder Pakistan vorgesehen ist. Ein derartiges Plebiszit könnte jedoch als Präzedens angesehen werden und Signal für Abstimmungen über die Abspaltung weiterer größerer Gebiete sein. Für diese Vermutung spricht die starke Zuwendung zu Regionalparteien: Sie führt im Zentralparlament zu einer Vielzahl von Parteien, die neben die ursprünglich beherrschende Kongreßpartei und die seit 1994 etablierte hinduistische Bharatiya Janata Party (BJP) treten. Im Gegensatz zum bunten Bild auf nationaler Ebene hat sich in den Ländern selbst jeweils ein Zweiparteiensystem durchgesetzt - dem angelsächsischen Mehrheitswahlsystem entsprechend. Für die mögliche Transformation dieser Regionalparteien in Unabhängigkeitsbewegungen würde sprechen, daß sich einige der 28 Länder durch die Unabhängigkeit unmittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil ausrechnen können: Die fünf reichsten Länder Indiens erwirtschaften 40 Prozent des Bruttosozialprodukts und sind erheblichem zentralstaatlichen Umverteilungsdruck zugunsten der fünf Länder ausgesetzt, auf die sich 50 Prozent der Massenarmut konzentriert. (Josef Schüßlburner, Indien, in: Sezession, Oktober 2008, S. 52).Neben der rein formalen Herrschaftsorganisation muß es noch andere Gründe geben, die den Zusammenhalt Indiens als demokratisch regiertes Vielvölkerregime gewährleisten. Diese lassen sich eindeutig in der Religion, dem Hinduismus (), und dem mit diesem verbundenen Kastensystem finden. .... Der Hinduismus ist tendenziell ohnehin ein Konstrukt, das aus politischen Gründen sich widersprechende religiöse Glaubensvorstellungen zusammenfaßt, nämlich im Kern drei an sich unvereinbare Monotheismen (). Zunehmend konnte die ursprünglich mehr von außen kommende Zusammenfassung als »Hinduismus« gesamtindisch zur politischen Selbstdefinition verwendet werden. Dieser politische Ausgangspunkt erklärt den Inklusivismus, der den Hinduismus gegenüber anderen Religionen kaum nach dogmatischen Gesichtspunkten abgrenzen kann, sondern mehr durch eine religiöse Praxis, wie eben durch Beachtung der Kastenregeln. Sollen jedoch Kasten nicht mehr existieren - der Reformhinduismus gesteht zu, daß es sich hierbei um eine Fehlentwicklung handle -, dann muß der Hinduismus, und zwar notwendigerweise politisch, anders definiert werden. Dafür bietet sich dann etwa der Säkularismus an, der auf der Vorstellung gründet, der Hinduismus schließe ohnehin alle Religionen unter Einschluß von Atheismen ein und verschaffe damit als gesamtindischer Nationalismus dem Säkularismus eine religöse Basis. Dieser Inklusivismus ist natürlich nur scheinbar tolerant, weil er andere Religionen auf sein spezifisches Vorverständnis reduziert: Jesus erscheint dann als Avatar einer Hindugottheit, darf aber nicht in seiner christlichen Exklusivität als »eingeborener Sohn« verstanden werden, weil dies »intolerant« wäre. Diese Art von Religiosität, die doch über das hinausgeht, was normalerweise unter »Zivilreligion« verstanden wird, war mit dem indischen »Säkularismus« stillschweigend schon immer verbunden und hat sicherlich, auch und gerade weil sein Inklusivismus Muslime und Christen in eine prekäre Lage zu bringen vermag, zum Überleben der Indischen Union als demokratisch regierter Vielvölkerstaat wesentlich beigetragen. Dem säkularen Staat wurde damit gesamtindisch eine religiöse Ideologie verschafft, die aber Indien zur bislang erfolgreichen Integration der eigenen Moslems gegenüber dem islamischen Pakistan immer noch als säkular erscheinen läßt. Die Indische Union erlaubt instruktive Folgerungen auf die Voraussetzungen des Gelingens eines demokratischen Vielvölkerstaates »Europa«: Neben Relativierung des Demokratieprinzips auf nationaler Ebene, etwa Plebiszitverbot, wären Parallelgesellschaften als Ersatz für ein Kastensystem zu fördern, die einen z.B. in Saarbrücken wandernden Europäer türkischer Abstammung kreieren, zu dessen Gunsten europademokratisch interveniert wird. Der »Europäer« fühlt sich als säkular, indem er unter »Abrahamismus« drei sich widersprechende Monotheismen religionspolitisch zusammenschweißt und dabei zu eindeutige religiöse Glaubensbekundungen als »intolerant« ächtet. Die sozialstaatliche Finanzierung des Ganzen auf kontinentaler Ebene führt dann Massenarmut nach indischem Muster herbei. Trotz voller Anerkennung für die politische Leistung der Indischen Union: Müssen dies die Europäer wirklich nachahmen? (Josef Schüßlburner, Indien, in: Sezession, Oktober 2008, S. 53). |
China / OstasienAuf die neolithische Zeit in China folgte seit dem 21. Jh. v. Chr. die ur-/vorkulturelle Entwicklung der chinesischen Kultur, indem sich ganz allmählich die sagenhafte Hsia-Dynastie etablierte, die bis zum frühen 15. Jh. v. Chr. dauerte. Chinas frühkulturelle Zeit begann mit der Shang-Dynastie, die vom 15. Jh. v. Chr. an herrschte. Das Herrschaftsgebiet beschränkte sich auf Mittel-China. Eine feste Residenz gab es nicht, achtmaI wurde die Hauptstadt verlegt. Die ersten schriftlichen Zeugnisse sind die sogenannten Orakeltexte: auf Schildkrötenschalen oder Knochen wurden zur Erfragung der Zukunft Schriftzeichen eingeritzt. Bekannt waren weiter Bronzeguß, Streitwagen, wallgeschützte Städte und eine Kalenderrechnung. Höchste Gottheit war der Shang-ti, der Ahnengeist der Herrscherfamilie. (Später sollte ti auch Kaiser bedeuten). Der Glaube an ein Fortleben nach dem Tode war verbreitet. Im Mittelpunk stand stets das Tao (), das das geordnete Weltall gesetzmäßig leitende Prinzip (das heißt: den Chinesen leitet beim Wandern die freundliche Natur; auch darum sind Landschaft und Architektur in China bis heute fast identisch). Im Verlauf der ausgehenden Shang-Zeit bildete sich im Tal des Weiho eine Föderation der Sippengemeinschaft der westlichen Chou, die um 1122 die damalige Hauptstadt Yin eroberte und zerstörte. Die neue Dynastie organisierte sich in der Form eines Lehnsstaates. Da die Lehnsherren im Unterschied zum Zentralherrscher des in der Mitte gelegenen Kronlandes imstande waren, ihre Gebiete ständig durch neue Landnahmen (Sublehen) zu erweitern, übertraf ihre Macht die des Königs. Seit 770 kam dem Herrscherhaus der Chou nur noch die Repräsentation und nicht mehr die Ausübung des Mandats des Himmels (T'ien-ming) zu. Seit 770 herrschte die östliche Chou-Dynastie. Durch die Verlegung der Hauptstadt nach Lo-Yang (770) ging ein großer Teil des Königslandes verloren. Die Macht der Könige wurde geringer, weil die Lehnsherren, die an Unabhängigkeit gewonnen hatten, zu so etwas wie Fürsten geworden waren. Es bildeten sich größere Fürstentümer, die sich nur zur Abwehr der Nomaden verbündeten. Die Bauern gewannen an Bedeutung, da sie mittlerweile zu einem entscheidenden Faktor in der Kriegführung geworden waren. Nicht die adeligen Streitwagenfahrer, sondern die Bauern entschieden jetzt die meisten Kämpfe. Der Kaufmannsstand wurde ebenfalls seit dieser Zeit zu einem tragenden Element. Die Chou-Dynastie brachte eine in der späteren chinesischen Geschichte kaum wieder erreichte Hochblüte des Geisteslebens: Laotse (604-520), Konfuzius (552-479), Mo-ti (5. Jh.), Chuang Chou (4. Jh.) seien hier nur stellvertretend erwähnt. Den Übergang von der hochkulturellen zur spätkulturellen Zeit bildete, wie in allen Kulturen, die nochmalige, dieses Mal enorm gestiegene Bedeutung der Städte und darum des Bürgertums (vgl. Bürgerliche Revolution). Die Städte wurden selbstverständlich zu Verwaltungsmittelpunkten ausgebaut, wodurch sich wiederum ein Berufsbeamtentum fest etablieren konnte. Dies alles geschah in China zur Zeit der kämpfenden Staaten, auch: Zeit der streitenden Reiche (Chan-kuo-Zeit). Aus diesen Kämpfen ging etwa seit 250, also gegen Ende der Zeit der kämpfenden Staaten, der Staat Ch'in durch eine Reihe von Reformmaßnahmen (u.a. auch die zentralisierte und militarisierte Staatsführung, Aufstellung von Gesetzen) unter dem Prinzen Cheng als Sieger hervor, und China wurde vereint. König Cheng von Ch'in nahm 221 den Kaisertitel an: Schi Hoang-ti (Erster Erhabener Kaiser des Anfangs). In dem geeinten Staatsgebiet wurde die Vereinheitlichung der Maße, des Geldes und der Schrift durchgesetzt. Die noch bestehenden Lehns- bzw. Fürstendomänen wurden umgewandelt in Bezirke und Kreise, die der Zentrale direkt unterstanden. Die Opposition der Konfuzianer und Vertreter der untergegangenen Gesellschaftsordnung wurde durch die Bücherverbrennung von 213, die der Kanzler Li Sse veranlaßte, und andere Zwangsmaßnahmen unterdrückt. Nach außen wurde das Reich durch Feldzüge nach Norden (Ordosgebiet) gegen die Hunnen (Beginn des Baus der Großen Mauer) und nach Süden vorübergehend bis in die Gegend des heutigen Kanton erweitert. Nach dem Tode des Schi Hoang-ti kam es auf Grund der hohen Fron-Arbeiten und Besteuerungen der Bauern zu Aufständen, die zum Fall der Dynastie führten. Dennoch wurde die von Schi Hoang-ti erstmals realisierte Reichsidee verpflichtende Norm für die folgende chinesische Geschichte. Die Widerstände und Kämpfe gegen die Zentralisierung führten letztlich zur Bildung der (westlichen) Han-Dynastie (206 v. Chr. - 9 n. Chr.), die das Verwaltungssystem der Ch'in übernahm, aber mit der alten Lehnsorganisation der Chou verknüpfte. Unter dem Gründer der Han-Dynastie Liu Pang, einem aus dem Volk aufgestiegenen Heerführer, entstand zunächst eine Art Mischstaat aus Feudaldomänen und staatlichen Verwaltungsgebieten, bis sich ein auf konfuzianischen Schriften beruhendes Prüfungsverfahren für die Beamtenauswahl durchsetzte. Es bildete sich nicht nur eine neue Elite in der Staatsverwaltung, sondern, da die im Amt erworbenen Reichtümer in Land angelegt wurden, auch eine neue Klasse von Großgrundbesitzern. Verfassung und Verwaltung wurden demokratisiert und ein Beamtenstaat gegründet, dem folgende Aufgaben zugeordnet waren: Erhebung von Steuern, Schutz der Grenzen, Verwaltung der Bewässerungsanlagen, Lenkung des Handels und Verkehrs. Unter dem Kaiser Wu-ti (140-86) erfuhr China seine bislang größte Ausdehnung. Kriege gegen die Hunnen endeten mit deren Niederlage. Seit 125 v. Chr. gab es erstmals Kunde von Ländern außerhalb des chinesischen Kulturbereichs. Das Interregnum von Wang-Mang (9-23) und seine Versuche, die Institutionen der Chou-Zeit zu restaurieren, fanden ein rasches Ende durch den Aufstand der Roten Augenbrauen, einer Organisation der durch Verschuldung und Überschwemmungen heimatlos gewordenen Landarbeiter. Die Wiedererrichtung der Han-Regierung, das heißt der (nun östlichen) Han-Dynastie (25-220) gelang Liu Hsiu, einem Abkömmling der (westlichen) Han-Kaiser. China betrieb nun den Überseehandel von Nan-Hai (Kanton) aus und exportierte chinesische Seide bis ins Römische Reich. Am Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. hatte China die alte Machtstellung wie zur Zeit des Kaisers Wu-ti zurückgewonnen: Turkestan wurde erobert, der Persische Golf erreicht und das Papier erfunden (um 100). Ebenfalls im 1. Jahrhundert n. Chr. kam der Buddhismus in China auf.Zweite Runde:In der Folgezeit gab es vor allem innere Kämpfe am Kaiserhof, z.B. Erbstreitigkeiten oder Probleme, die mit der Macht der Kaiserinnen und ihres Anhangs und dem politischen Einfluß der Eunuchen zu tun hatten; sie führten zum Volksaufstand der Gelben Turbane (184), einer Volksbewegung messianischen Charakters. Die Han-Dynastie zerfiel allmählich, vor allem ausgelöst durch den Aufstand der Gelben Turbane. Im Verlauf der Unterdrückung der Aufstandsbewegungen ging die Macht an Heerführer über, die den Staat schließlich aufteilten. Ts'ao Pei zwang 220 den letzten Han-Kaiser zur Abdankung. Es begann das Zeitlater der Drei Reiche Wei, Wa, Shu (220-265). Das Reich löste sich in 3 Staaten auf, von denen der Nordstaat Wei (220-265), zu dem auch der eben erwähnte Ts'ao Pei gehörte, als Träger der legalen Nachfolge galt. Der Norden und Nordwesten gingen durch den Einbruch von Fremdvölkern für das Reich verloren. Während der seit 312 sich vollziehenden Spaltung in eine südliche und nördliche Dynastie (420-589) wurde der Buddhismus unter Zurückdrängung des einheimischen Taoismus nicht nur zur führenden Religion, sondern erhielt durch das in Mönchswesen und die auf dem Klostergelände abgehaltenen Märkte auch eine beherrschende soziale und wirtschaftliche Stellung. Liang Wu-ti, der von 502 bis 550 regierte, förderte den Mahayana-Buddhismus, der sich von nun an über ganz China verbreitete. Nach der kurzlebigen Sui-Dynastie (589-618), in deren Verlauf die Reorganisation der Verwaltung und der Wiederaufbau des Landes in Angriff genommen wurden (u.a. Ausbau des Kaiserkanals), entstand mit der T'ang-Dynastie (618-907), deren Gründer Li Yüan (als Kao-tsu kanonisiert) war, der konfuzianische Bürokratismus, der (sage und schreibe!) bis 1911 bestehen blieb. Die höfische Kultur des Reiches erlebte ihren Höhepunkt und wirkte bis nach Japan als Vorbild. Durch die Verlagerung der militärischen Schwerkraft von der Hauptstadt Ch'ang in die Außenbezirke kam es 755 zum Aufstand des Grenztruppenführers An Lu-shan. Trotz Maßnahmen zur Neuverteilung des Bodens gelang es der Regierung nicht, den Landankauf des Hochadels, der Beamten und Klöster zu beschränken. Die Notlage der unteren Schichten führte zu einem Aufstand unter Huang Ch'ao, im Verlauf dessen die Provinzgouverneure so erstarkten, daß der T'ang-Staat sich praktisch auflöste. Die Sung-Dynastie (960-1280) mußte den chinesischen Raum mit anderen Staaten teilen, von denen der Liao-(Ki-tan-)Staat (907-1125) der bedeutendste war, bis er von dem Chin-(Tschurtschen-)Staat (1115-1234) abgelöst wurde. Der während dieser Dynastie erreichte wirtschaftliche und auch kulturelle Höhepunkt (Verbreitung des Drucks) wurde jäh durch den Einbruch der Mongolen beendet. China wurde Teil des mongolischen Weltreiches. Die Mongolen versuchten ihre Herrschaft über die Chinesen durch Rassenpolitik aufrechtzuerhalten. Die Gefahr einer Vernichtung der chinesischen Kultur wurde erst beseitigt, als der letzte Yüan-Kaiser sich in die Mongolei zurückzog - durch Volksaufstände dazu gezwungen. Die in der Sung-Zeit erreichte Machtstellung der Bürokratie wurde während der Ming-Dynastie (1368-1644) reduziert; der Kaiser übernahm die Kontrolle der Ministerien und errichtete eine absolute Monarchie. Erneute Auseinandersetzungen mit den Mongolen verliefen nicht immer erfolgreich. Übersee-Expeditionen des Eunuchen Cheng Ho führten bis nach Ostafrika. Europäer gelangten an den Kaiserhof (z.B. Matteo Ricci) und verbreiteten die Kenntnis des Christentums und der abendländischen Wissenschaft. Heereseinheiten verschiedener Teilstämme der Mandschuren, eines halbnomadischen Volks und Nachfahren der Tschurtschen, gelang es durch Zusammenschluß unter Nurhatschi (1559-1626) chinesische Gebiete nördlich und nordöstlich der Großen Mauer zu erobern. Gleichzeitig wurde das Reich im Innern durch Aufstände der von Li Tzu-ch'eng (1605-1645) und Chang Hsien-chung (1605-1647) geführten Bauernarmeen erschüttert. Im Jahre 1644 eroberte Li Tzu-ch'eng mit seinen Truppen Peking. Der letzte Ming-Kaiser beging Selbstmord. Durch den Verrat des Ming-Generals Wu San-kuei (1612-1678), der mit seinen Truppen zur Ch'ing-Armee überlief, kam es im Mai 1644 zum Einmarsch der Mandschu in die Hauptstadt und zur Errichtung der Mandschu-Dynastie. Bis zum Ende des Kaiserreiches (1911) stand der Staat China damit unter einer Fremdherrschaft. In den Jahren von 1630 bis 1660 fanden Millionen Menschen in China den Tod. (Die gleiche Bevölkerungszahl, nämlich 150 Mio. für 1600 und 1700; stärkerer Anstieg erst wieder im 18. und 19. Jh.: 1800 wurden über 300 Mio., für 1880 schon 430 Mio. geschätzt). Die Mandschu übernahmen den Verwaltungsapparat im wesentlichen so, wie sie ihn von der Ming-Dynastie vorgefunden hatten. Heiraten zwischen Chinesen und Mandschuren waren verboten, doch in Bezug auf Sitten, Sprache und Nationalcharakter wurden die Mandschuren immer stärker von den Chinesen absorbiert und im Laufe der Zeit sogar völlig sinisiert. In die Regierungszeit von Sheng Tsu (Herrschername K'ang Hsi [1672-1723]), des bedeutendsten Herrschers der Dynastie, fiel der Vertrag von Nertschinsk (1689), ein Vertrag zur Regelung des chinesisch-russischen Grenzverlaufs. Die Annektion Tibets wurde abgeschlossen. Kunst und Wissenschaft erlebten unter K'ang Hsi eine neue Blüte (Kompilierung umfangreicher Enzyklopädien und Lexika). Unter dem Kaiser Kao Tsung (1736-1796) gab es weitere Gebietsausdehnungen in Zentralasien. Birma und Annam wurden 1788 tributpflichtig. Das Reich erfuhr damit die größte territoriale Ausdehnung seiner Geschichte. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs der europäische (abendländische) Einfluß auf die chinesische Kultur. Die einschneidendste Zäsur der chinesischen Geschichte vollzog sich mit der in den 1830er Jahren intensivierten militärisch-ökonomischen Intervention des Westens (des Abendlandes). Die Ausdehnung des von der englischen Ostindischen Kompanie betriebenen Opiumhandels führte zu einer rapiden Verschlechterung der chinesischen Außenhandelsbilanz und dem Abfluß großer Silbermengen ins Ausland. Zur Durchsetzung eines von Kaiser Tao Kuang im Jahre 1839 erlassenen totalen Opiumverbots wurde Lin Tse-hsü nach Kanton entsandt. Durch die waffentechnische Überlegenheit der Engländer wurde jedoch 1842 zu Nangking der erste der Ungleichen Verträge abgeschlossen: Hongkong wurde für immer an Großbritannien abgetreten, fünf Vertragshäfen geöffnet und China eine Kriegsentschädigung von 21 mexikanischen Dollar auferlegt. Im Verlauf neuer Auseinandersetzungen drang eine englisch-französische Flotte nach Norden vor. Die Taku-Forts wurden eingenommen und Truppen marschierten in Peking ein (1860 Plünderung und Zerstörung des Sommerpalastes). Die Ratifikation der Verträge von Tientsin zwang den Chinesen weitere Zugeständnisse ab: die Errichtung ausländischer Gesandtschaften in Peking, die Öffnung weiterer Häfen, Handelsschiffahrt auf dem Jangtsekiang bis Hangkou, Missionsfreiheit für katholische und evangelische Missionare, Handelsfreiheit für englische Kaufleute. Ähnliche Konzessionen wie England wurden auch Frankreich, Rußland und den USA eingeräumt. An Rußland verlor China die Gebiete nördlich des Amur und östlich des Ussuri. Zusätzlich zur ausländischen Aggression wurde das Reich durch schwerste innenpolitische Unruhen erschüttert. Und unter dem Eindruck der Aufteilung Chinas in Interessensphären durch die imperialistischen Mächte England, Frankreich, Deutschland, USA und Rußland im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts (z.B. besetzte das Deutsche Reich 1897 Tsingtao; Pachtvertrag mit China 1898) wurde 1898 unter K'ang Yu-wei eine Reformbewegung ins Leben gerufen. Die 1899 ausgebrochene Boxerbewegung (I-ho-t'uan) war der Aufstand eines fremdenfeindlichen und anfangs auch antidynastischen Geheimbundes. Als er die Interessen der ausländischen Mächte gefährdete, wurde Peking im Herbst 1900 von der Vereinigten Armee der acht Staaten (die damalige G8!) besetzt. Das 1901 unterzeichnete Boxerprotokoll legte China u.a. eine sehr hohe Kriegsentschädigung auf: 450 Millionen Silbertaels. Von 1912 bis 1949 war China Republik. Am 4. Mai 1919 demonstrierten Studenten von Peking, unterstützt durch Solidaritätsstreiks von Arbeitern und Kaufleuten in anderen Städten, gegen die im Friedensvertrag von Versailles beschlossene Übertragung der Privilegien Deutschlands in China an Japan. Die während des chinesisch-japanischen Krieges (1937-1945) gebildete Einheitsfront der Kommunisten und Nationalisten zerbrach im August 1945 nach der bedingungslosen Kapitulation Japans und führte bis 1949 zu einem neuen Bürgerkrieg. Die kommunistischen Truppen eroberten das gesamte Festland. Tschiang Kaischek mußte nach Taiwan fliehen. Nach der am 1. Oktober 1949 von Mao Tse-tung () proklamierten Gründung der Volksrepublik China wurde neben Maßnahmen zur Konsolidisierung der neuen Herrschaft umfassende Bodenreformprogramme eingeleitet. Aber der rote Terror war noch lange nicht zu Ende; es folgten z.B. noch der Große Sprung nach vorn (1958) und die Kulturrevolution (1966-1969). Erst nachdem Mao Tse-tung gestorben war (1976) und die Experimente in anderen kommunistischen Staaten ebenfalls (1989-1991), begann China sich allmählich wieder zu öffnen. Seit der Ingangsetzung der vierten Modernisierung Teng Xia-pings haben sich auch Geisteshaltung und Methodik der chinesischen Streitkräfte von Grund auf verändert, ist auch das junge Offizierskorps Chinas von dem brennenden Ehrgeiz besessen, den immensen technischen Vorsprung der USA einzuholen und wettzumachen, selbst wenn dieser Kraftakt zwei oder drei Jahrzehnte in Anspruch nähme. Ganz Südostasien verändert sich seit dem Ende des 20. Jahrhunderts, denn die chinesische Kultur ist seitdem dabei, mit ihrer Wirtschaft zu boomen und sich neu zu definieren als Sphäre des gemeinsamen Wohlstandes (). |
Antike
Wenn das Ursymbol () der antiken Seele fortan als der stoffliche Einzelkörper, das der abendländischen als der reine, unendliche Raum bezeichnet wird, so darf nie übersehen werden, daß Begriffe das nie zu Begreifende nicht darstellen, daß vielmehr die Wortklänge nur ein Bedeutungsgefühl davon entwickeln können. Jede Kultur hat ihren ganz bestimmten Grad von Esoterik und Popularität, der ihren gesamten Leistungen innewohnt, soweit sie symbolische Bedeutung haben. Das Gemeinverständliche hebt den Unterschied zwischen Menschen auf, hinsichtlich des Umfangs wie der Tiefe ihres Seelischen. Die Esoterik betont ihn, verstärkt ihn. Endlich, auf das ursprüngliche Tiefenerlebnis der zum Selbstbewußtsein erwachenden Menschen angewandt und damit auf das Ursymbol seines Denkens und den Stil seiner Umwelt bezogen: zum Ursymbol des Körperhaften gehört die rein populäre, »naive«, zum Symbol des unendlichen Raumes die ausgesprochen unpopuläre Beziehung zwischen Kulturschöpfungen und den dazugehörigen Kulturmenschen. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 419-420 ). Die Antike war populär, weil nicht esoterisch. Das Abendland ist esoterisch, weil nicht populär.Die olympische Götterwelt ist geschichtslos. Sie kennt kein Werden, keine Epoche, kein Ziel. Faustisch aber ist der leidenschaftliche Zug in die Ferne. Die Kraft, der Wille hat ein Ziel, und wo es ein Ziel gibt, gibt es für den forschenden Blick auch ein Ende. .... Der Faust des zweiten Teils der Tragödie stirbt, weil er sein Ziel erreicht hat. Das Weltende als Vollendung einer innerlich notwendigen Entwicklung - das ist die Götterdämmerung; das bedeutet also, als letzte, als irreligiöse Fassung des Mythos, die Lehre von der Entropie (). ... Auch die Antike starb, aber sie wußte nichts davon. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918, S. 547 ).Solange die Antike sich seelisch aufrecht hielt, bestand die Pseudomorphose () darin, daß alle östlichen Kirchen zu Kulten westlichen Stils wurden. Dies ist eine wesentliche Seite des Synkretismus (). Die persische Religion dringt als Mithraskult ein, die chaldäisch-syrische in den Kulten der Gestirngötter und Baale (Jupiter, Dolichenus, Sabazios, Sol Invictus, Atargatis), das Judentum in Gestalt des Jahwekultes, denn die ägyptischen Gemeinden der Ptolemäerzeit lassen sich nicht anders bezeichnen, und auch das früheste Christentum, wie die Paulinischen Briefe und die römischen Katakomben deutlich erkennen lassen, als Jesuskult. Mögen alle diese Kulte, die etwa seit Hadrian (also seit etwa 117-138) die der echt antiken Stadtgötter völlig in den Hintergrund drängen, noch so laut den Anspruch erheben, eine Offenbarung des einzig wahren Glaubens zu sein - Isis nennt sich deorum dearumque facies uniformis -, so tragen sie doch sämtliche Merkmale des antiken Einzelkultes: sie vermehren deren Zahl ins Unendliche; jede Gemeinde steht für sich und ist örtlich begrenzt, alle diese Tempel, Katakomben, Mithräen, Hauskapellen sind Kultorte, an welche die Gottheit nicht ausdrücklich, aber gefühlsmäßig gebunden ist; aber trotzdem liegt magisches Empfinden in dieser Frömmigkeit. (). Antike Kulte übt man aus, und zwar in beliebiger Zahl, von diesen gehört man einem einzigen an. Die Mission ist dort undenkbar, hier ist sie selbstverständlich, und der Sinn religiöser Übungen verschiebt sich deutlich nach der lehrhaften Seite. Mit dem Hinschwinden der apollinischen und dem Aufblühen der magischen Seele seit dem zweiten Jahrhundert kehrt sich das Verhältnis um. Das Verhängnis der Pseudomorphose bleibt, aber es sind jetzt Kulte des Westens, die zu einer neuen Kirche des Ostens werden. Aus der Summe von Einzelkulten entwickelt sich eine Gemeinschaft derer, welche an diese Gottheiten und Übungen glauben, und nach dem Vorgange des Persertums und Judentums entsteht ein neues Griechentum als magische Nation. (). Aus der sorgfältig festgelegten Form der Einzelhandlung bei Opfern und Mysterien wird eine Art Dogma über den Gesamtsinn dieser Akte. Die Kulte können sich gegenseitig vertreten; man übt sie nicht eigentlich aus, sondern »hängt ihnen an«. Und aus der Gottheit des Ortes wird, ohne daß jemand sich der Schwere dieser Wendung bewußt wäre, die am Orte gegenwärtige Gottheit. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 800-801 ).So sorgfältig der Synkretismus seit Jahrzehnten durchforscht ist, so wenig hat man doch den Grundzug seiner Entwicklung, zuerst die Verwandlung östlicher Kirchen in westliche Kulte und dann mit umgekehrter Tendenz die Entstehung der Kultkirche, erkannt. Infolgedessen erscheint er als formloser Mischmasch aller denkbaren Religionen. Nichts ist weniger richtig. Die Formenbildung geht erst von West nach Ost, dann von Ost nach West. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 801 ). Vgl. auch: Pseudomorphose () am antik-magischen Beispiel ().Es gibt trotz alledem einige Leute, die meinen, die antik-apollinische Kultur sei gar nicht gestorben, sondern sie lebe in der abendländisch-faustischen Kultur weiter. (). Es ist zwar unbestreitbar, daß die abendländische Kultur das Erbe der antiken Kultur in sich trägt, aber ob man sogar soweit gehen kann zu sagen, daß diese beiden verwandten Kulturen lediglich durch eine zwischenzeitliche Fremdherrschaft voneinander getrennt und darum in Wahrheit eine Kultur seien, muß doch sehr bezweifelt werden. Sicher ist, daß die anderen Kulturen eine solche zwischenzeitliche Fremdherrschaft überlebten, mehr oder weniger stark belastet, und China hat sogar eine Religion aus einer fremden Kultur übernommen (nämlich den Buddhismus), ohne an den Infektionen dieses Imports zu sterben, weil das Immunsystem dieser Kultur einfach stark genug war, weil Religion in Ostasien ohnehin nicht den hohen Stellenwert besitzt wie in einer typisch religiösen Kultur (vgl. magische Kultur). Zwei Kulturen können sich von Mensch zu Mensch berühren oder der Mensch der einen die tote Formenwelt der andern in ihren mitteilbaren Resten sich gegenübersehen. Tätig ist in jedem Falle der Mensch allein. Die gewordene Tat des einen kann von einem andern nur aus dessen Dasein heraus beseelt werden. Sie wird damit sein inneres Eigentum, sein Werk und ein Teil seines Selbst. Nicht »der Buddhismus« ist von Indien nach China gewandert, sondern es wurde aus dem Vorstellungsschatz der indischen Buddhisten ein Teil von den Chinesen einer besonderen Gefühlsrichtung angenommen und zu einer neuen Art des religiösen Ausdrucks gemacht, die ausschließlich für chinesische Buddhisten etwas bedeutete. Es kommt nie auf den ursprünglichen Sinn der Form an, sondern auf die Form selbst, in welcher das tätige Empfinden und Verstehen des Betrachters die Möglichkeit zu eigner Schöpfung entdeckt. Bedeutungen sind unübertragbar. Die tiefe seelische Einsamkeit, die sich zwischen das Dasein zweier Menschen von verschiedener Art legt, wird durch nichts gemindert. Mögen sich damals Inder und Chinesen gemeinsam als Buddhisten empfunden haben, sie standen sich innerlich deshalb nicht weniger fern. Es sind dieselben Worte, dieselben Bräuche, dieselben Zeichen - aber zwei verschiedene Seelen, die ihre eigenen Wege gehen. (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1918-1922, S. 620 ). Fast alle nichtwestlichen Kulturen auf der Welt ... haben nachweislich Entlehnungen aus anderen Kulturen so vorgenommen, daß sie ihre eigenen Überlebenschancen verbesserten. China importierte aus Indien den Buddhismus, was jedoch nach Meinung der Forschung keine »Indisierung« Chinas bewirkte. Die Chinesen paßten vielmehr den Buddhismus chinesischen Bedürfnissen an. Die chinesische Kultur blieb chinesisch. Die Chinesen haben bis heute konsequent die heftigsten Anstrengungen des Westens abgewehrt, sie zu christianisieren. Sofern sie irgendwann einmal doch das Christentum importieren sollten, ist zu erwarten, daß sie es auf eine Weise absorbieren und adaptieren werden, die die fortdauernde chinesische Paideuma () stärkt. (S. P. Huntington, Kampf der Kulturen, 1996, S. 110-111). Ob der abendländischen Kultur zukünftig die Stärkung ihrer Paideuma gelingen wird, ist zumindest aus heutiger Sicht sehr fragwürdig. In der Regel ist jede Kultur selbst die Ursache für ihren Tod. Das Beispiel der antik-apollinischen Kultur zeigt, daß nicht die Beziehung zu einer anderen Kultur und auch nicht deren typisch religiöser Charakter der primäre Grund war für den Tod der Antike, sondern die Antike selbst. Und das Beispiel der abendländischen Kultur zeigt ebenfalls, daß nicht die Beziehung zu einer anderen Kultur und auch nicht deren typisch religiöser Charakter der primäre Grund für die Entwicklung des zu dieser Zeit noch sehr jungen Abendlandes war, sondern das Abendland selbst. Der Urgrund aber dafür, daß die Antike und das Abendland zwei unterschiedliche Kulturen sind, ist die Kulturgenetik - die übrigens auch Seelen(bilder) und Ursymbole bestimmt () -, und für die abendländische Kultur waren von Beginn an die Germanen die kulturkybernetischen Kontrollgene, die kontrollierenden Teilungs- und Richtungserzeuger, zu deren Aufgaben natürlich auch gehört, kulturgenetisch bedingte Rollen zu steuern, z.B. die, die in Verbindung mit dem Römerreich und dem Christentum den Gedanken an ein Reich immer wieder durchzuspielen hat: reichskybernetisch (germanisch), reichshistorisch (römisch) und reichsreligiös (christlich). Ohne die Germanen gäbe es keine Abendland-Kultur, kein Europa. Ohne die Germanen hätte sich das Abendland nicht zu einer selbständigen Kultur entwickeln können. Sicher ist auch, daß ohne die Germanen die antik-apollinische Kultur schon viel eher gestorben wäre, denn das Römische Reich war von den Germanen immer abhängiger geworden. Auch in dieser Tatsache steckt eine der Antworten auf die Frage, ob die abendländisch-faustische Kultur nur als die Fortsetzung (d.h. die zweite Runde) der antik-apollinischen Kultur anzusehen sein könnte. Hundertprozentig ist die Frage aber trotzdem nicht zu beantworten. |
Maya / InkaIm tropischen Tiefland entlang der Küste des Golfs von Mexiko wurden erste Zeremonialzentren errichtet, die sich durch pyramidenförmige Bauten aus Stein auszeichneten. Allmählich entwickelte sich seit dem 14. Jh. v. Chr., vor allem im Rahmen der durch die Olmeken repräsentierten politisch-religiösen Zentralgewalt, das ur-/vorkulturelle Mesoamerika. Parallel dazu entwickelten sich Schamanentum und Nahualismo () aus einem noch älteren Substrat. Die Olmeken schufen verschiedene Kunstformen, darunter Bildhauerei und Töpferei; letztere resultierte vermutlich aus Kulturkontakten zum südamerikanischen Raum. Die kulturellen Elemente der Olmeken fanden sukzessiv Eingang in alle späteren Gebiete der mesoamerikanischen Kultur. In der frühkulturellen Zeit, die vom 7. Jh. v. Chr. bis zum 1. Jh. n. Chr. dauerte, traten neben die Olmeken als Hauptakteure auch die Zapoteken. Im 7. Jh. v. Chr. entstand nämlich in der Gegend von Oaxaca (am Pazifik in Südmexiko) ein bedeutendes Zeremonialzentrum: Monte Albán, das Forscher als ehemalige Hauptstadt der Zapoteken betrachten. Die ältesten Spuren dieses Volkes zeigen noch deutliche Züge der Olmeken. Die Zapoteken trugen zur Blüte der Region um Oaxaca bei und verbreiteten kulturelle Elemente von grundlegender Bedeutung, z.B. Schrift und Kalender, in ganz Mittelamerika. Ein Tempel, den die Forscher Tempel J nennen, diente vermutlich als Observatorium. Allmählich stiegen auch zwei weiterere Zentren in Zentralmexiko auf: Cuicuilco und Teotihuacán. Cuicuilco zeichntete sich durch mehrere runde Plattformen aus, und Teotihuacán stand zunächst in dessen Schatten, bevor es sich von einer kleine Bauernstadt zum urbanen Mittelpunkt der Region entwickelte. Am eindrucksvollsten aber waren die Maya im mexikanischen Hochland, die aus den Kulturelementen von Olmeken, Zapoteken und Teotihuacán schöpften und sie durch eigene Errungenschaften erweiterten - Beispiele liefern die Zeremonialzentren von Tres Zapotes, Izapá und Kaminaljuyú. In dieser Zone entstanden, deutlicher noch als zuvor bei den Zapoteken, Bildhauerei, Schrift und Kalenderkunde. Die Maya entwickelten auch eine der ausgereiftesten Systeme in Astronomie und Arithmetik (Zahlordnung mit Nullwerten). Im Tiefland brachten die Maya ihre Kultur zur hochkulturellen Blüte: die alten Zeremonialzentren wandelten sich zu mächtigen Stadtstaaten. Die hochkulturelle Zeit dauerte vom 1. Jh. n. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr.. Im 2. Jh. n. Chr. wurde Cuicuilco durch einen verheerenden Vulkanausbuch in Schutt und Asche gelegt; von diesem Moment an behauptete sich in Zentralmexiko Teotihuacán als Machtzentrum; um 250 hatte sich der Ort beachtlich vergrößert und eine Reihe prachtvoller Sakralbauten dazugewonnen. Er diente vermutlich als wichtigste Kultstätte für den Gott Tlacoc und die Gefiederte Schlange. In der spätkulturellen Zeit, die vom vom 4. Jh. n. Chr. bis zum 8. Jh. n. Chr. dauerte, scheint es auch in der mesoamerikanischen Kultur immer moderner zugegangen zu sein. Vor allem in El Tajín (Küstenregion am Golf von Mexiko) galt z.B. offenbar das Ballspiel als ein Element der Rituale. Man kann davon ausgehen, daß in der Zeit vom 6. Jh. n. Chr. bis zum 8. Jh. n. Chr. auch so etwas wie ein Goldenes Zeitalter erreicht worden ist.Zweite Runde:Im Jahre 725 zerstörte ein Feuer Teotihuacán, und wohl im späten 8. Jh. oder frühen 9. Jh. begann der Niedergang des zapotekischen Zentrums und etwa zur selben Zeit der Herrschaftswechsel in El Tajín durch die Huaxteken. Um 800 wurde Monte Albán schrittweise aufgegeben, und an dessen Stelle gründeten die Mixteken Mitla, eine Verschmelzung aus zapotekischen und mixtekischen Elementen, als neue Hauptstadt der Region Oaxaca. Das im Jahre 725 durch ein Feuer zerstörte Teotihuacán wurde im 10. Jahrhundert endgültig aufgegeben. Überhaupt gab es in dieser Zeit starke Umwälzungen im mesoamerikanischen Raum. Und was die Situation in ganz Amerika angeht, so gilt, daß von nun an Südamerika gegenüber Mittelamerika allmählich aufholte, zumal die Inka, die sich im 1. Jahrtausend mehr oder weniger im Dunkeln entwickelt hatten, jedenfalls im Vergleich zu den Mittelamerikanern, ihr Reich immer weiter ausdehnten, während die Maya von den Tolteken erobert wurden (Halbinsel Yucatán), obwohl diese auch einen neuen Aufschwung bringen konnten (wohl deshalb werden sie auch Maya-Tolteken genannt). Und noch ein gewaltiges Volk machte auf sich aufmerksam: die Azteken. Die Bewohner von Tenochthitlán nannten sich selbst Mexica, andere Völker jedoch bezeichneten sie als Azteken. Dieser Name leitet sich von der weißen Insel Aztlán ab, dem mythischen Ursprungsort des neuen Volkes. In kurzer Zeit unterwarfen die Azteken alle benachbarten Gebiete und schufen ein Imperium, dessen Macht auf einem Dreibund der Städte Tenochthitlán, Tlatelolco und Tacuba beruhte. (1200-1521). Anfang des 16. Jahrhunderts hatte das Azteken-Reich unter Montezuma II. den Höhepunkt seiner Macht erreicht. Die Ankunft der Spanier stoppte eine weitere Ausdehnung: 1521 tötete Hernán Cortés Montezuma II.; anschließend unterstellte er Tenochthitlán und die ihm untergebenen Gebiete der spanischen Krone. In den übrigen Gebieten hatten die Spanier ein eher leichtes Spiel, denn die permanenten Streitigkeiten zwischen rivalisierenden Stämmen und Städten hatten das Maya-Imperium geschwächt. 1524 brachten die Spanier den Quiché-Maya in der Schlacht von Utatlan ihre endgültige Niederlage bei. Das Inka-Reich eroberten die Spanier unter Francisco Pizarro 1533.Zweck der Forschung auf jedem Gebiet ist, wie Lawrence Housman sagte, die Grenzen des Dunkels weiterzurücken. Warum sollte man sich nun gerade mit der Maya- Kultur beschäftigen? Es gibt doch so viele Dunkelheiten selbst auf dem Gebiete der Erforschung des Menschen. Ich glaube, die Antwort lautet so: Die Maya-Kultur brachte nicht nur Genies hervor, sondern schuf sie in einer Atmosphäre, die uns ganz unglaublich erscheint. Wenn man sich mit den Maya beschäftigt, kann man niemals das Selbstverständliche erwarten. Im Unpraktischen leisteten sie Hervorragendes, im Praktischen versagten sie. (John Eric S. Thompson, The Rise and Fall of Maya Civilization, 1954, S. 13).Die archäologischen und schriftlichen Zeugnisse der Maya/Inka belegen ein tiefes Interesse für den Lauf der Zeit und breite Kenntnisse auf dem Gebiet der Astronomie, die bei den Maya ein wirklich erstaunliches Niveau erreichten. Um die Bewegungen der Himmelskörper und die Kalenderdaten richtig berechnen zu können, mußten die Maya mit der Mathematik gut vertraut sein. Bis heute zerbrechen sich Wissenschaftler den Kopf darüber, woher die Maya ihre Kenntnisse bezogen und mit welchen Instrumenten sie gearbeitet haben könnten. Viele Forscher meinen, daß die mesoamerikanischen Völker gezwungen waren, die Himmelsphänomene zu untersuchen oder sogar zu überwachen, weil ihre gesamte Wirtschaft und ihr Reichtum auf den Erträgen der Landwirtschaft beruhten. Es war daher für sie von äußerster Wichtigkeit, Katastrophen wie Dürre oder Überschwemmungen an Hand bestimmter Konstellationen voraussehen zu können. Jedenfalls waren die Maya zweifellos die größten Astronomen und Mathematiker in ganz Mesoamerika. Dies belegen sowohl die Inschriften auf Monumenten als auch Kodizes, die die spanische Konquista überlebten. Die Maya besaßen genaue Kenntnisse über die Sonne, die Mondphasen und die Bewegung einiger Planeten des Sonnensystems, vor allem Jupiter, Venus, Mars, Merkur und Saturn. Übrigens erkannten die Maya die Bedeutung der Zahl Null viele Jahrhunderte vor den alten indischen Mathematikern. |
Persien / Arabien (Morgenland)Es ist aus zwei Gründen besonders schwierig, diese magische Kultur zu strukturieren: einerseits entstand sie mitten in einem Raum zwischen den älteren großen Kulturen, andererseits entstand sie zu einer Zeit, in der diese älteren großen Kulturen in ihrer Entwicklung viel weiter waren, also entweder schon alte und starre, aber erfahrene Zivilisationen (Sumer und Ägypten) oder noch junge, aber aufblühende Kulturen (Indien und Antike). Iranier und Inder waren zunächst eine Einheit (), denn diese beiden indogermanischen Völker waren ursprünglich ein Volk: Indoiranier. Iran bedeutet Land der Arier. Es ist die Hochebene zwischen dem heutigen Irak (damals das Kerngebiet der mesopotamischen Kultur: Sumer, Assyrien, Babylon), und dem Pandschab (damals ein westliches Gebiet der indischen Kultur). Die Einwanderung der Iranier vollzog sich, was für unsere Belange von Wichtigkeit ist, in zwei großen Wellen: 1.) Baktrer und Sogder; 2.) Meder und Perser. Anfang des 10. Jahrthunderts v. Chr. wurde Baktra (Balkh) besiedelt, und dieses Baktrien, die erste historische Landschaft des alten Iran, ist nach meiner Meinung der Raum, in dem die magische Kultur ihre ersten ur-/vorkulturellen Formen seit dem 10. Jahrhundert v. Chr. erhielt. Die persisch-arabische Kultur ist nicht denkbar ohne den Monotheismus () und darf auch deshalb magische Kultur genannt werden: der Prophet Zarathustra (seine Lebensdaten sind nicht genau bekannt: zwischen 1000 v. Chr. und 600 v. Chr.) begründete den Parsismus (Mazdaismus, Zoroastrismus, Zarathustrismus). Zarathustra war ein vor allem in Baktrien wirkender prophetischer Reformator der altiranischen Religion und verstand sich als von seinem Gott Ahura Mazda berufener Verkünder einer monotheistischen Religion. Die magische Religion entstand also in Persien und wurde im Awesta (), der heiligen Schrift der Parsen, in altiranischer Schrift niedergeschrieben. Grundanschauung des Parsismus ist ein doppelter Dualismus von Gut und Böse und von geistiger und körperlicher Wirklichkeit. Dem guten Gott Ahura Mazda steht der böse Gott Ahriman gegenüber. Die parsistische Eschatologie erwartet den Sieg des guten Geistes über den bösen Geist, ein Endgericht und die Verklärung der Welt. Vor dem Weltgericht erwartet man das Kommen eines Heilands (Saoschjant). Für den Kult sind besonders die Reinigungsriten und der Feuerkult bezeichnend. Wegen der Heiligkeit des Feuers dürfen die Parsen ihre Toten nicht verbrennen und setzen sie deshalb auf den Türmen des Schweigens aus, wo sie von Raubvögeln gefressen werden. (). In der von Zarathustra gestifteten Glaubenslehre der alten Iranier wurde also zunächst der weise Herr (= Ahura Mazda oder: Ormuzd, mittelpersich: Ormazd) verehrt, dem dann später der böse Geist (Ahriman oder: Angromainyu) gegenübergestellt wurde. Jenem stehen als sechs gute Geister (Weisheit, Wahrhaftigkeit, Herrschaft, Gesundheit, gute Gesinnung und Langlebigkeit) zur Seite, diesem Trug und Zorn. Die Aufgabe des Menschen ist, Ahura Mazda im Kampf gegen Ahriman bezustehen, wobei der Einzelne für Zarathustra die Verantwortung für sein Tun, d.h. für den richtigen Gebrauch der genannten sechs Tugenden, allein trägt, daher jederzeit Unheil abwenden könne. - 835 v. Chr. erwähnte der Assyrerkönig Salmanasser III. Persien (Parsua) und Medien (Mada) im Zusammenhang mit dem Urmia-See (Nordwest-Iran) - die Meder waren schon früh ein nicht zu unterschätzender Gegner des Neuassyrischen Reiches (883-612), das, wie gesagt, eine der vielen zivilisierten Fortsätze der alt und starr gewordenen mesopotamisch-sumerischen Kultur war. Bis zum 7. Jh. v. Chr. standen die Meder unter der Oberhoheit der Assyrer, bevor sie das Großreich der Assyrer zerstörten. Kyaxares (reg. 625-585) begründete die medische Großmachtstellung, vertrieb die Skythen und Kimmerier aus Medien und vernichtete mit babylonischer Hilfe Assyrien (614 fiel Assur, 612 Ninive). In Kleinasien bildete nun der Halys (heute: Kizilirnak) die Grenze, an der Kyaxares - unter dem Eindruck einer von Thales von Milet (650-570) vorhergesagten Sonnenfinsternis (28.05.585) - den unentschiedenen Kampf mit Alyattes von Lydien abbrach. Gegen Kyaxares' Sohn Astyages erhob sich der persische Vasallenkönig Kyros II. (reg. 559-529) von Anschan, Sohn des Kambyses, aus dem Königshaus der Achämeniden. Kyros II. eroberte das medische Reich (550) und festigte seine Herrschaft im Iran. 546 beseitigte er den Lyderkönig Kroisos, unterwarf die griechischen Städte West-Kleinasiens und führte Feldzüge gegen den Ost-Iran. 539 v. Chr. eroberte er Babylonien und sorgte 538 v. Chr. per Erlaß für das Ende des vom babylonischen König Nebukadnezar II. 587 v. Chr. per Deportation durchgesetzten Babylonischen Exils der Juden, die nun nach Palästina zurückkehren durften. Da Palästina von 539 v. Chr. an zum Perser-Reich gehörte, wurden die Israeliten immer mehr von der Lehre des Zarathustra beeinflußt. Das Judentum, die zweite monotheistische Religion, entwickelte sich also wesentlich aus der Überlieferung der ersten monotheistischen Religion. Am Anfang der israelitisch (jüdischen) Religion stand also nicht Abraham, sondern Zarathustra. - Kambyses II. (reg. 529-522) eroberte 525 Ägypten und stieß bis nach Nubien und Lybien vor. Während seiner Abwesenhait zettelte der Magier Gaumata einen Aufstand an. Der Schwiegersohn Kyros' II., Dareios I. (reg. 521-486), der aus einer Nebenlinie der Achämeniden stammte, tötete Gautama am 16. Oktober 521 v. Chr. und schlug die Aufstände nieder. Dareios I. war der Schöpfer des Persischen Weltreiches. Er unternahm 518 v. Chr. einen Feldzug nach Ägypten, unterwarf 513 v. Chr. das Indus-Gebiet, blieb zwar in einem Feldzug gegen die Skythen über den Bosporus und an die untere Donau erfolglos, erzwang aber die Abhängigkeit Thrakiens und Makedoniens. Von 500 v. Chr. bis 494 v. Chr. konnte er den zunächst erfolgreichen Aufstand der Griechenstädte West-Kleinasiens niederwerfen (Milet wurde z.B. 494 v. Chr. zerstört, seine Bewohner wurden nach Mesopotamien deportiert), doch die Strafexpedition gegen die griechischen Städte mißlang ihm (vgl. Marathon, 490 v. Chr.). Xerxes I. (reg. 486-465) unternahm 480-479 einen Feldzug gegen Griechenland, der allerdings scheiterte. 387 v. Chr. fiel West-Kleinasien jedoch wieder an Persien (vgl. 387: Königsfriede zwischen Athen und Sparta unter Vermittlung des Perserkönigs Artaxerxes II.; reg. 404-363). Seit 330 v. Chr., als Dareios III. (reg. 336-330) von dem Satrapen Bessos ermordet wurde, kam der Iran unter die Herrschaft Alexander d. Gr. - als Teil seines Weltreiches (vgl. Alexander-Reich). Nach Alexanders Tod (323 v. Chr.) ging aus den Machtkämpfen seiner Nachfolger (Diadochen) im vorderasiatischen Raum das Reich der Seleukiden hervor (endgültig nach der Schlacht bei Kurupedion, 281, die Seleukos gewann). Die Herrschaft über den Nordosten des Iran verloren die hellenistischen Seleukiden nach 250 v. Chr. an die dort einfallenden Parther, also an einen iranischen Stamm. (Parther, altpersich: Partawa). Warum die magische Kultur eine so schwere Geburt erlebte (), warum ihre frühkulturelle Zeit (vom 3. Jh. v. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr.) so undurchsichtig blieb, warum sie für so lange Zeit im Schatten besonders der apollinischen Kultur (Antike) blieb, mögen so gegensätzliche Entwicklungen wie die der iranischen Parther und die der iranischen Baktrier, stellvertretend für andere Beispiele, beweisen: Die Parther drangen unter Arsakes I. um 247 v. Chr. von Nordosten her in die seleukidische (also: hellenistische) Provinz Parthien und nannten sich seitdem nach dem eroberten Land Parther. Das Parther-Reich (Hauptstadt Nisa, später Ktesiphon) breitete sich unter der Arsakiden-Dynastie (um 250 v. Chr. - 224 n. Chr.) rasch und bis zum Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. bis zum heutigen China und Indien im Osten und bis zum Euphrat-Bogen im Westen aus, trug zum Ende der Seleukiden-Herrschaft (64 v. Chr.) bei und wurde danach zu einem Hauptgegner Roms. Die Entwicklung der Baktrier war im Vergleich zu der Entwicklung der Parther eher entgegengesetzt: Das von Alexander d. Gr. 329-327 eroberte und später seleukidisch gewordene Baktrien blieb dem seleukidischen Hellenismus eng verbunden, nannte sich seit etwa 230 v. Chr. Hellenobaktrisches Reich, das unter Demetrios Sotor um 180 v. Chr. bis nach Vorder-Indien sogar erweitert werden konnte, 129-128 jedoch zerstört wurde und danach in die Hände der iranischen Tocharer fiel. Während also die Parther ganz wesentlich dazu beitrugen, den Hellenismus, insbesondere den der Seleukiden, zu beenden, halfen die Baktrier, obwohl (wohl eher: weil) sie weiter östlich beheimatet waren als die Parther, den Hellenismus noch zu erweitern. Dieser scheinbar nie endende Geist-Seele-Kulturdualismus () vollzog sich auf dreifache Weise: (1.) zu ungunsten der magischen Kultur vom 3. Jh. v. Chr. bis zum 1. Jh. n. Chr. (diese Zeit entspricht in etwa der ersten frühkulturellen Phase der magischen Kultur; aber sie entspricht auch in etwa der gesamten spätkulturellen Zeit der antiken Kultur!), (2.) offen und unentschieden vom 1. Jh. n. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr. (diese Zeit entspricht in etwa der zweiten frühkulturellen Phase der magischen Kultur), (3.) zu ungunsten der antik-apollinischen Kultur vom 2. Jh. n. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr. (diese Zeit entspricht der dritten frühkulturellen Phase der magischen Kultur). (Vgl. auch: Pseudomorphose). Die Parther brachten in einem der zahlreichen Perserkriege den Römern bei Carrhae (Charran) 53 v. Chr. eine schmachvolle Niederlage bei. In dynastischen Kämpfen aufgerieben, fiel das Parther-Reich 224 n. Chr. in die Hand der Sassaniden, einer verwandten, weil ebenfalls persichen Dynastie (224-651), benannt nach Sassan, dem Großvater des ersten Sassaniden-Herrschers Ardaschir I. (reg. 224-241). Im 3. Jahrhundert entwickelte sich auch der Manichäismus, die Lehre des Persers Mani (216-273), aus iranischen (zarathustrischen), gnostischen, babylonisch-chaldäischen, jüdischen und christlichen Vorstellungen bestehend. Zarathustrisch ist Manis Lehre vom Kampf des Lichtes und der Finsternis, des Guten und des Bösen. Weil aber Mani als Gesandter des wahren Gottes die bisherige Zarathustra-Religion verdrängen wollte, fiel er deren Priesterschaft zum Opfer. Die durch die Gnosis beeinflußte Sittenlehre des Manichäismus gebot strengste Enthaltsamkeit, besonders hinsichtlich Ernährung, Geschlechtsleben, Handarbeit. Trotz anfänglicher Verfolgungen gewann der Manichäismus über das Sassaniden-Reich und später das Abbasiden-Reich hinaus östlich bis nach China, westlich bis nach Spanien und Gallien Einfluß. Augustinus (354-430), der den Manichäismus später heftig bekämpfte, war eine Zeitlang sein Anhänger gewesen. Auch das Christentum ist ja ein Geschöpf der magischen Kultur. So wie das Christentum vom Morgenland auf das Abendland auf religöse Weise wirkte, so das Sassaniden-Reich auf kulturpolitische Weise (über Byzanz), z.B. auf das abendländische Rittertum. Auch wenn das so manchem heute fremd klingen mag: das Byzantinische Reich war Teil der magischen Kultur! Daß es sich hin und wieder als Nachfolger des (West-)Römischen Reiches verstanden wissen wollte, sagt nur etwas über die Machtpolitik aus, aber nichts über die Kulturzugehörigkeit: Griechenland war wie überhaupt der Osten der antiken Kultur schon zur Zeit des Übergangs vom 1. zum 2. Jh. n. Chr. der magischen Kultur anheim gefallen und selbst Rom war seit dem 2. Jh. n. Chr. dabei, alle möglichen Religionsformen aus dem Osten zu übernehmen oder zumindest zu integrieren, weshalb es nach den anfänglich Christenverfolgungen (1. bis 3. Jh.) dann doch, und zwar wegen der antiken Altersschwäche, im Jahre 391 das Christentum problemlos zu einer Staatsreligion machte, weil es nicht anders konnte: Rom war nämlich spätestens im 3. Jh. zum letzten senilen Organ der antiken Kultur geworden (und hätte Rom nicht immer mehr Germanen in immer höhere römische Ämter gebracht, wäre die antike Kultur wahrscheinlich schon im 2. Jh. gestorben). Was aber die magische Kultur mit dem Sterben des (West-)Römischen Reiches endlich erreichte, war ihre hochkulturelle Zeit (4. Jh. bis 8. Jh.). Was von 395 bis 750 zwischen 70° westlicher Länge und 70° östlicher Länge eine Großmacht war, gehörte entweder zur magisch-morgenländischen Kultur (Sassaniden-Reich, Byzantinisches Reich, Omaijaden-Reich) oder schon zur faustisch-abendländischen Kultur (Germanen-Reiche). Die eben erwähnten Christenverfolgungen waren übrigens keineswegs nur auf die Zeit vor dem 3. Jh. und keineswegs nur auf den Westen beschränkt; im persischen Sassaniden-Reich gab es ebenfalls Christenverfolgungen, z.B. eine der gewaltigsten unter Schapur II. (reg. 309-379). Seit dem 5. Jh. wurde für das Sassaniden-Reich die Bedrohung durch innere Feinde und von Osten durch die Hephthaliten (Weiße Hunnen) und dann die Turkvölker immer stärker. Unter Chosrau I. (reg. 531-579) erlebte das Sassaniden-Reich trotz andauernder Kämpfe eine Blüte, die unter Hormisdas (reg. 579-590) und Chosrau II. (reg. 590-628) ihren Höhepunkt erreichte, doch Jasdgrid (reg. 633-651) unterlag den eindringenden Arabern 636-637 bei Kadesia am unteren Euphrat und 642 bei Nahawand (südlich von Hamadan). Während dieser arabischen Eroberung wurde die zarathustrische Bevölkerung Persiens muslimisch; die arabischen Omaijaden unterstellten das Land arabischen Statthaltern. Die arabische Omaijaden-Dynastie (661-750) war über die Wahlkalifen (632-661) an die Macht gekommen. Und die Geschichte der Wahlkalifen hat mit der Geschichte Mohammeds zu tun: Mohammed (um 570 - 632) gehörte zum Stamm der Koreischiten. Diese gaben schon in präislamischen Zeiten den Ton an in dem Umschlags- und Handelsplatz Mekka, wo die verschiedensten Karawanenrouten Arabiens zusammenliefen und die diversen Stammesgottheiten der Halbinsel über ihre Altäre verfügten. Die von Mohammed gestiftete Religion (vgl. Islam), die sich als Vollendung der jüdischen und christlichen Religion versteht, ist der vierte Monotheismus der magischen Kultur und kennt nur unbedingte Ergebung (Kismet) in den Willen Allahs, der als absoluter Herrscher gilt. (Islam = Ergebung [in Gottes Willen]). Die religiösen Glaubenssätze und Pflichten sind genau festgelegt; zu ihnen gehören beispielsweise die 5 Pfeiler: 1.) Glaubensbekenntnis: Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet; 2.) Gebet: 5mal am Tag, kniend auf öffentlichen Anruf hin, in ritueller Reinheit; 3.) Almosen geben - fast bis zur geregelten Steuer ausgebildet; 4.) Fasten: 30 Tage im Monat Ramadan (der 9. Monat des islamischen Mondjahres), von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang; 5.) Wallfahrt (Hadsch) nach Mekka: mindestens einmal im Leben. Im heiligen Buch des Islam (Koran) ist Mohammeds Lehre, die von den Anhängern des Islam als geoffenbarte Wahrheit betrachtet wird, in Suren (d.h. in Abschnitten) niedergelegt. Neben dem Koran bildete sich aus mündlichen Überlieferungen über Mohammeds Entscheidungen und Verhaltensweisen in konkreten Fragen und Situationen die Sunna (überkommene Handlungsweise, Gewohnheit). Die Einschätzung der Wichtigkeit der Sunna neben dem Koran ist das unterscheidende Kennzeichen für die Sunniten (ca. 90% der Moslems) und die Schiiten (ca. 10% der Moslems). (Heute gibt es ca. 1,2 Mrd. Moslems). Seinen Ausgang nahm der Islam in Mekka, wo die Kaaba, das arabische Nationalheiligtum, unter dem Schutz der Koreischiten stand. Dem Stamm also, dem auch Mohammed angehörte. Dem Zugriff der Koreischiten mußte sich Mohammed im September 622 (Beginn islamischer Zeitrechnung) durch die Auswanderung (Hidschra) aus Mekka nach Medina entziehen. (). Von hier aus verbreitete er seine Lehre, und bald konnte er mit kriegerischen Mitteln Mekka zurückgewinnen und die Kaaba zum äußeren Mittelpunkt des Islam machen. Nach dem Tod Mohammeds breiteten seine Nachfolger (Kalifen) in langen Kämpfen den Islam aus. (). Der Kalif Abu Bekr (reg. 632-634) warf die abgefallenen arabischen Stämme nieder und stieß nach Syrien und Persien vor. Omar (reg. 634-644), der Beherrscher der Gläubigen, wandelte den nationalen arabischen Staat in ein theokratisches Weltreich um und baute eine Militärverwaltung auf: der Befehlshaber der arabischen Besatzungstruppen wurde zugleich ziviler Statthalter des Kalifen, religiöses Oberhaupt und weltlicher Richter. Omar eroberte Syrien (635), Palästina (638) und Persien (636-642), sein Feldherr Amr bin Al-As Ägypten (642). Der zum Kalifen gewählte Omaijade Othman (reg. 644-656) setzte die Eroberungspolitik fort: die Araber drangen nach Barka vor (642-645). Der Statthalter von Damskus, Muawija, kämpfte gegen Byzanz; nach der Bedrohung durch eine byzantinische Flotte wurde eine arabische Flotte geschaffen: die Araber wurden Seemacht. Othman begünstigte die Omaijaden und wurde von Widersachern ermordet. Ali (reg. 656-661), der Vetter und Schwiegersohn des Propheten Mohammed, verlegte die Residenz nach dem Kampf (Bürgerkrieg) gegen Mohammeds Witwe Aischa I. und dem Sieg in der Kamel-Schlacht bei Basra (656) nach Kufa: Medina wurde dadurch politisch bedeutungslos. Muawija, der Statthalter von Syrien, wollte den Tod seines Vetters Otman rächen, und nach der Schlacht bei Siffin (657) und dem Schiedsgericht von Adhruch (658), dessen Ergebnis unbefriedigend war (ein Teil der Anhänger verließ Ali: Charidschiten), wurde Ali ermordet (661). Nun begann die Zeit der Omaijaden-Dynastie (661-750). Muawija (reg. 661-680) ließ Alis unfähigen Söhne abfinden. Unter Muawija wurde Damaskus Residenz. Die Angriffe gegen Byzanz scheiterten zwar, doch im Osten wurden Kabul, Buchara und Samarkand erobert. Jazid I. (reg. 680-683) schlug Alis Sohn Hussein und dessen Anhänger bei Kerbela (10.10.680 = Passionstag der Schiiten), das dadurch schiitischer Wallfahrtsort wurde. Abd Al-Malik (reg. 685-705) stellte nach der Niederwerfung der schiitischen und charidschitischen Aufstände und der Beseitigung des Gegenkalifats in Mekka die Reichseinheit wieder her, sicherte die Herrschaft in Nordafrika und eroberte Karthago (698). Er führte auch eine arabische Währung ein. Unter Walid (reg. 705-715) wurde der Höhepunkt der omaijadischen Macht erreicht: Eroberung Transoxaniens, des Indus-Gebietes (711) und Spaniens (711-712). Tarik überschritt die Meerenge von Gibraltar und vernichtete das Heer der Westgoten unter Roderich (711). Die Belagerung Konstantionopels (718) blieb erfolglos. Das weitere Vordringen der Araber im Westen wurde 732 von den Franken unter Karl Martell in der Schlacht zwischen Tours und Poitiers verhindert. (). Während für die abendländische Kultur die frühkulturelle Zeit gerade beginnen konnte (), war für die magische Kultur die hochkulturelle Zeit nun zu Ende. (). Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Krisensituation, die durch die steuerliche Gleichstellung bekehrter Nichtaraber mit Arabern entstand (), die Aufstände der Schiiten und Charidschiten sowie Zwistigkeiten zwischen Omaijaden und Abbasiden führten zum Ende der Omaijaden-Dynastie. Der letzte Omaijade, Merwan II. (reg. 744-750), wurde vernichtend geschlagen in der Schlacht am Zab (Nebenfluß des Tigris). Dem unter den überlebenden Omaijaden angerichteten Blutbad entkam nur Abd Ar-Rahman, der in Spanien das Emirat der Omaijaden von Córdoba begründete (756). Die spätkulturelle Zeit der magischen Kultur begann mit der Abbasiden-Dynastie (750-1258). Auf den 1. Kalifen Abu L'Abbas, der 754 starb, folgte al-Mansur (der Siegreiche), der eigentliche Begründer der Abbasiden-Dynastie, der die Machtgrundlage des neuen Staates mit Hilfe persischer Hilfstruppen schuf (762 Gründung der Residenz Bagdad). Die Vorrangstellung der Araber wurde beendet, die Führung ging an die Perser über. Eingeführt wurde auch das persische Hofzeremoniell, die Leitung des Staates durch Wesire und die Neuorganisation der Verwaltung nach persischem und byzantinischem Vorbild. Der von seinem Hofstaat umschlossene Kalif wurde für die Öffentlichkeit unerreichbar. Unter Harun al Raschid (reg. 786-809), auch bekannt geworden durch Tausend und eine Nacht, kam es noch einmal zu einer Hochblüte des Kalifats. Trotz siegreicher Kämpfe gegen Byzanz begann die politische Auflösung des Reiches: Selbständigkeit erreichten z.B. die Dynastie der Idrisiden in Marokko (788), die der Aghlabiden im tunesischen Kairuan (801), die der Tahiriden im nordostiranischen Chorasan (821 bzw. 872), die der Saffariden und die der Samaniden im heutigen iranisch-turkmenisch-usbekischen Gebiet (866 bzw. 874; endgültig um 900 bzw. 999 und 1005). Im 9. Jh. führten die inneren Zwistigkeiten, schiitische Aufstände, das Emporkommen selbständiger Dynastien zur politischen Entmachtung des Kalifen, der auf die Würde eines geistlichen Oberhauptes aller Gläubigen herabsank, während die Staatsleitung in den Händen des Amir al-Umara (Ober-Emir, Oberbefehlshaber) lag - jedenfalls ab 936. Die Fürsten der unabhängigen Dynastien rissen bald den Titel an sich. Von 940 bis 1258 war das Kalifat der Abbasiden ohne politische Bedeutung. Trotz großer außenpolitischer Erfolge - z.B. der Eroberung des gesamten Mittelmeerraumes und Indiens - setzte seit dem 9. Jh. die Sonderentwicklung auf religiösem (sektiererischem), politischem und völkischem Gebiet ein. Ein wesentlicher Faktor für all diese Reiche mit eigenen Dynastien und despotischer Herrschaftsform war das seit dem 8. Jh. andauernde Einsickern der Turkvölker, die im 9. Jh. Palastgarden an allen islamischen Höfen bildeten, deren Führer oft Statthalter wurden und Macht ausübten. Die Ghasnawiden in Afghanistan z.B. bildeten die erste türkische Dynastie (962-1186). In Spanien, Sizilien und den anderen Mittelmeerländern mußte der Islam immer mehr Verluste hinnehmen. (Vgl. Reconquista, Normannen). Die von den Arabern aus orientalischem und hellenistischem Wissensgut zur Grundlage gemachte islamische Wissenschaft, die im 9. und 10. Jh. ihren Höhepunkt erreichte, beeinflußte vor allem über Spanien das Abendland. Doch die Führung in der islamischen Welt ünernahm bald die türkische Seldschuken-Dynastie (1040-1157). Der Name der Seldschuken geht zurück auf Seldschuk (um 1000), einem Häuptling der Ogusen (Turkvolk). Die Seldschuken konnten bis 1092 ihr Reich bis an den Amu-Darja und über Syrien (mit Palästina) ausdehnen und damit zum mächtigsten Staat im Vorderorient werden. Alp Arslan (reg. 1063-1073), Sultan aus der Seldschuken-Dynastie, dehnte seine Herrschaft von Persien nach Syrien aus, siegte über Byzanz (1071) und brachte den größten Teil Kleinasiens in seine Gewalt. Im 12. Jh. wurden die Seldschuken von Lokalfürsten abgelöst, aber ein Teil der Seldschuken gründete das Reich der Rum-Seldschuken (1134-1308).Zweite Runde:Die türkischen Rum-Seldschuken gründeten im 12. Jahrhundert ein Fürstentum und gewannen Konya als Residenz. 1243 eroberten die Mongolen das Land der Rum-Seldschuken und duldeten sie als Vasallen bis 1308. Um 1300 trat in dem nominell noch zum Byzantinischen Reich gehörenden Bithynien Osman I. Ghasi, der die Osmanen-Dynastie (1300-1922) begründete, als Führer einer Gruppe turkmenischer Glaubenskämpfer auf. Aber einen Staat ähnlich den anderen turkmenischen Fürstentümern schuf erst Orchan (reg. 1326-1359), dessen Truppen 1354 nahe Gallipoli (Gelibolu) den ersten Stützpunkt auf dem europäischen Kontinent errichten konnten. 1361 wurde Adrianopel (Edirne) genommen und wenig später Hauptstadt des Reiches. Das Byzantinische Reich mußte den Status eines tributpflichtigen Vasallen hinnehmen. Als die vereinigten Heere der Balkan-Staaten Serbien, Ungarn, Bulgarien, Bosnien an der Maritza 1371 geschlagen worden waren, kamen auch Thrakien und Makedonien in den Besitz der Osmanen. Nach dem Sieg Murads I. (reg. 1359-1389), der mit Bajasid I. (reg. 1389-1402) als eigentlicher Begründer des Osmanischen Reiches gilt, auf dem Amselfeld 1389 über Serbien und dessen Verbündete wurde Serbien den Osmanen tributpflichtig. Bis 1393 eroberten die Osmanen den größten Teil Bulgariens und Thessaliens. 1394-1397 setzten sie sich auch in Attika und auf der Peloponnes fest. Die Walachei wurde erstmals um 1395 (erneut 1415 unter Mircea dem Alten) tributpflichtig, und 1396 sicherte der Sieg von Widin die neueroberten Gebiete auf dem Balkan. Den Versuch eines Kreuzfahrerheeres, das Byzantinische Reich aus der osmanischen Umklammerung zu befreien, wehrten die Osmanen 1396 bei Nikopolis erfolgreich ab. Bajasid I. stieß 1402 bei Ankara mit Timur-Lenk (Tamerlan) zusammen, der die osmanische Armee vernichtend schlug und den Sultan gefangennahm; doch blieb das Osmanische Reich in seinem Grundbestand erhalten. Murad II. (reg. 1421-1451) gelang die völlige Wiederherstellung der osmanischen Macht; zudem eroberte er den größten Teil Griechenlands. Weitere Expansionen scheiterten an dem von dem ungarischen Reichsverweser J. Hunyadi organisierten Widerstand. Ein letzter Kreuzzug zur Rettung des Byzantinischen Reiches brach 1444 in der Niederlage bei Warna zusammen. Nachdem 1448 auch Hunyadi geschlagen worden war, konnte Mehmet II. (reg. 1451-81) das restliche Byzantinische Reich annektieren; er eroberte Konstantinopel am 29. Mai 1453 und machte es zur Hauptstadt des Osmanischen Reiches. In den folgenden 100 Jahren erlangte das Osmanische Reich seine größte Macht und Ausdehnung. Die Voraussetzungen hatte noch Mehmet II. gelegt, als er 1454/55 Serbien, 1461 Trapezunt, 1463 Bosnien annektierte und 1466/67 den Aufstand des Skanderbeg in Albanien niederwarf. Der Krieg mit Venedig (1463-1479) brachte den Osmanen vor allem die Peloponnes und Athen ein und sicherte ihre Herrschaft über Albanien. Das Osmanische Reich stieg zur beherrschenden Seemacht im östlichen Mittelmeer auf und war im Seekrieg gegen Venedig (1499-1503) erfolgreich. Der Khan der Krimtataren mußte die Oberhoheit der Osmanen anerkennen. In Anatolien wurde 1468 Karaman, 1474 Kleinarmenien besetzt. Versuche, in Unteritalien (1480 Fall Otrantos) Fuß zu fassen, mußten 1481 aufgegeben werden. 1482 wurde die Herzegowina, 1484 Bessarabien besetzt, 1504 die Moldau tributptlichtig. Ost-Anatolien wurde bis zum Wan-See osmanisch; 1516/17 wurden Syrien und Ägypten besetzt. Der Sultan, der seit 1517 auch den Kalifentitel trug, wurde auch zum Schutzherrn der heiligen Stätten des Islams in Mekka und Medina. Sulaiman I. (reg. 1520-66), der Prächtige, vertrieb 1522 die Johanniter aus Rhodos, 1521 überschritt er die Donau, besetzte Belgrad und nach der Schlacht von Mohacs (1526) große Teile Ungarns. 1529 drang er bis Wien vor. Chair Ad Din, der Herr von Algier, stellte sich 1519 in den Dienst des Sultans und wurde Großadmiral der osmanischen Flotte. 1551 kam Tripolitanien, 1570 Zypern, 1574 Tunesien unter osmanische Herrschaft. Die Periode äußerer Ausdehnung brachte auch den inneren Ausbau des Staates. Die Verwaltung wurde zentralisiert. Die neue Oberschicht, die sich aus den verschiedensten Völkern des Reiches zusammensetzte, löste die zum Zivildienst ausgebildeten Sklaven der Pforte ab und verdrängte schließlich auch die alte türkische Stammesaristokratie. Die nichtmuslimischen Religionsgemeinschaften (Millet) erhielten zwar eine gewisse Autonomie zugebilligt, blieben aber von der Mitwirkung an politischen Entscheidungen ausgeschlossen. Als der Unterhalt der Armee nicht mehr durch die bei den Eroberungen gemachte Beute gesichert war, wurden den Untertanen (Rajah) harte Steuerlasten auferlegt. Im 6. Türkisch-Venezianischen Krieg (1645-1669) wurde bis 1669 Kreta erobert, im Krieg mit Polen (1672-1676) Podolien und die polnische Ukraine. Mit dem Vorstoß bis Wien 1683 und dessen vergebliche Belagerung war die Kraft der osmanischen Armee jedoch erschöpft. Der folgende Große (2.) Türkenkrieg (1683-1699) mit der Heiligen Liga von 1684 endete mit den Friedensverträgen von Karlowitz und Konstantinopel (1699 bzw. 1700), in denen vor allem die Peloponnes und Athen, das westliche Dalmatien, Ungarn, der größte Teil von Kroatien mit Slawonien, Siebenbürgen, Podolien, die polnische Ukraine und Asow abgetreten werden mußten. Im 3. Türkenkrieg (1716-1718) gingen dem Osmanischen Reich im Frieden von Passarowitz (1718) weitere Gebiete verloren. Dann wurde Rußland, das aus den Kriegen mit Schweden (vgl. Nordischer Krieg, 1700-1721) erstarkt hervorgegangen war, zum Hauptgegner der Osmanen, die es in den Friedensschlüssen von Küçük Kaynarci (1774) und Jassy (1792) zwang, alle Gebiete im Norden des Schwarzen Meers bis zum Dnjestr aufzugeben - weitere Gebietsverluste bis zum Pruth folgten dem Russisch-Türkischen Krieg von 1806-1812. Salim III. (reg. 1789-1807) leitete eine Periode von Reformen ein, die Mahmud II. (reg. 1808-1839) fortsetzte. Infolge der 1826 erfolgten Beseitigung der traditionellen Militärmacht der Janitscharen durch die neuen Truppen war das Reich jedoch seinen inneren und äußeren Gegnern nahezu hilflos ausgeliefert; die an der Peripherie gelegenen Provinzen machten sich selbständig. England, Frankreich und Rußland setzten die Unabhängigkeit der Griechen durch, nachdem sie am 20. Oktober 1827 bei Navarino die türkisch-ägyptische Flotte vernichtet hatten. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg von 1828-1829 mußte der Sultan im Frieden von Adrianopel (1829) und im Londoner Protokol1 (1830) die Autonomie Serbiens, der Moldau und der Walachei, die Unabhängigkeit Griechenlands anerkennen und kaukasische Gebiete an Rußland abtreten. Auch Ägypten suchte seine Macht auf Kosten des nunmehr als Kranker Mann am Bosporus bezeichneten Osmanischen Reiches zu vergrößern. Erst die Quadrupel-Allianz von London (1840) zwischen England, Rußland, Österreich und Preußen zwang Ägypten zum Rückzug aus Syrien und zur Wiederanerkennung der Oberhoheit des osmanischen Sultans. Der Krimkrieg (1853-1856) zwang das Osmanische Reich zu so hoher Verschuldung, daß im Jahre 1875 die Zahlungsunfähigkeit erklärt werden mußte. Trotz aller Reformbemühungen wurde die Schwäche des Reiches zunehmend größer. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg von 1877-1878 erhielten Serbien, Montenegro und Rumänien (Moldau und Walachei) auf dem Berliner Kongreß 1878 die volle Unabhängigkeit, Bosnien und die Herzegowina wurden unter österreichische Verwaltung gestellt, Zypern wurde England zugesprochen. Frankreich das 1830-1870 bereits Algerien annektiert hatte, besetzte 1881 Tunesien, England 1882 Ägypten. Wachsende innere und äußere Schwierigkeiten führten zur Absetzung von Abd Al-Hamid II. (reg. 1876-1909) durch die Jungtürken (1909). Sein Nachfolger Mehmet V. (reg. 1909-1918) verlor die politische Macht endgültig an die Jungtürken, die unter der Führung von Enwer Pascha und Talat Pascha standen. Deren Politik war jedoch keineswegs erfolgreicher. Bereits 1908 hatte Bulgarien mit Ost-Rumelien seine Unabhängigkeit erklärt, Österreich hatte Bosnien und die Herzegowina annektiert, Kreta war griechisch geworden. Der Italienisch-Türkische Krieg (1911-1912) endete mit dem Verlust von Tripolis, der Cyrenaika und des Dodekanes; in den Balkankriegen von 1912-1913 gingen die verbliebenen europäischen Besitzungen fast ganz verloren; der Kriegseintritt an der Seite der Mittelmächte am 1. November 1914 verhinderte Ansätze einer inneren Erneuerung. Im 1. Weltkrieg gingen die arabischen Teile des Reiches verloren (1917 Irak, 1918 Palästina und Syrien). Im Vertrag von Sevres vom 10. August 1920 mußte Sultan Mehmet VI. (reg. 1918-1922) auf alle Gebiete außerhalb Kleinasiens bis auf einen Zipfel des europäischen Festlandes verzichten. Die Türkei kam unter alliierte Militär- und Finanzkontrolle. Die Griechen besetzten 1919-1922 Izmir; Istanbul und die Meerengen kamen 1918-1923 unter alliierte Verwaltung. Türkisch-Armenien wurde vorübergehend selbständig. Die von den Siegern geforderte vollständige Demobilisierung wurde von Mustafa Kemal Pascha (Kemal Atatürk) verhindert, der sich 1919 in Anatolien an die Spitze der nationalen Widerstandsbewegung stellte. Als die Griechen versuchten, weitere Teile West-Anatoliens zu besetzen, stellte er neue Armee-Einheiten auf und vertrieb die Griechen aus den von ihnen besetzten Gebieten (Griechisch-Türkischer Krieg, 1919-22). In dem am 24. Juli 1923 in Lausanne unterzeichneten neuen Friedensvertrag gewann die Türkei Teile Ost-Thrakiens sowie die uneingeschränkte Kontrolle über Anatolien zurück. Am 29. Oktober 1923 wurde die Republik ausgerufen; Mustafa Kemal Pascha, ihr erster Präsident, erhielt 1934 den Beinamen Atatürk (Vater der Türken). Mehmet VI. war 1922 als Sultan abgesetzt worden, das Amt des Kalifen bestand bis zu seiner Aufhebung am 3. März 1924 weiter. Kemal Atatürk bemühte sich, die Türkei zu einem europäisch-orientierten, säkularen Nationalstaat zu formen (vgl. auch: Kemalismus). Außenpolitisch suchte er die Türkei durch den Ausgleich mit den Siegermächten sowie durch Verträge mit den Nachbarstaaten abzusichern. Nach Atatürks Tod am 10. November 1938 wurde I. Inönü zum Staatspräsidenten gewählt. Er hielt das Land im 2. Weltkrieg neutral. Die Kriegserklärung an Deutschland und Japan im Februar 1945 war Voraussetzung für die Aufnahme in die UN. 1952 wurde die Türkei Mitglied der NATO, 1955 schloß sie mit dem Irak den bald erweiterten Bagdadpakt, der 1959 zur Central Treaty Organization (CENTO) umgewandelt wurde. Nach 1945 waren neben der regierenden Republikanischen Volkspartei weitere politische Parteien zugelassen worden; die von M. C. Bayar, M. F. Köprülü und A. Menderes gegründete Demokratische Partei gewann 1950 die Wahlen. Bayar wurde Staatspräsident, Menderes Ministerpräsident. Als Menderes infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Unterstützung des Parlaments verlor, hielt er sich durch Unterdrückung der Opposition an der Macht, was zu seinem Sturz am 27. Mai 1960 durch Militärputsch führte. Nach Verabschiedung der Verfassung durch Volksabstimmung wurde General C. Gürsel zum Staatspräsidenten gewählt. Die Wahlen von 1965 brachten die konservative, in der Nachfolge der Demokratischen Partei gegründeten Gerechtigkeitspartei an die Macht; ihr Führer S. Demirel verfolgte als Ministerpräsident eine Politik enger Anlehnung an den Westen. Die ungelöste Zypernfrage und die seit dem Beginn der 1970er Jahre wachsenden innenpolitischen Spannungen, die sich in blutigen Studentenunruhen und einer Vielzahl von Terrorakten entluden, gaben dem Militär erneut Anlaß, in die Politik einzugreifen. Demirel wurde 1971 zum Rücktritt gezwungen. Die folgenden rechtsgerichteten Koalitionsregierungen unter militärischer Vormundschaft konnten die politische Lage nicht stabilisieren. Mehrmals wurde der Ausnahmezustand verkündet. Unter dem sozialdemokratisch orientierten B. Ecevit kam 1974 wieder die Republikanische Volkspartei an die Macht. Ecevit mußte aber eine Koalition mit der islamisch-fundamentalistisch ausgerichteten Nationalen Wohlfahrtspartei eingehen, deren Ziele den seinen vielfach entgegengesetzt waren. Trotz der Verschärfung der Spannungen mit Griechenland wegen des Streits um Ölbohrrechte in der Ägäis wie auch der Landung türkischer Truppen am 20. Juli 1974 nach einem Staatsstreich in Zypern und der Besetzung des Nord-Teils der Insel konnte sich Ecevit nicht halten und wurde im März/April 1975 wieder von Demirel abgelöst. Politisch und religiös-ethnische Kämpfe, Zustände eines Bürgerkriegs, ständige Verletzungen der Menschenrechte - trotz und wegen des mehrfachen verhängten Kriegsrechts - prägen seit den 1970er Jahren das Bild der Türkei. Wird die Türkei auch in der Zukunft ein zerissenen Land () bleiben? |
Abendland
Den Kampf der Kulturen prophezeite schon Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832). Nach ihm rissen die Beschäftigungen mit diesem Thema nicht mehr ab, auch wenn es im Schatten anderer Leitthemen stand. Vollends ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt wurde dieses Thema 1917, als Oswald Spengler im Untergang des Abendlandes () , den er bekanntlich mittels der vergleichenden Methode auch mit dem Untergang der Antike () konfrontierte, für das Abendland die schon Ende des 18. Jahrhunderts (Industrialisierung, Bürgerliche Revolution u.s.w.) begonnene kulturelle Vollendung - den Zivilisationsprozeß - und den damit verbundenen (zunächst aber noch schleichenden) Synkretismus (siehe oben: 18-24 Uhr) diagnostizierte und dessen Bekämpfung durch das Abendland in der Phase des Cäsarismus (22-24 Uhr) prognostizierte. Daß es einen Kampf oder Zusammenprall der Kulturen geben wird, war also schon seit Goethe klar - lange vor Huntingtons Buch Clash of Civilizations (1996). Schon vor Huntingtons Thesen über den weltweiten Kampf der Kulturen. war auch der militante Aufbruch islamischer Religiosität erkennbar, jedenfalls für die Eingeweihten .... (Peter Scholl-Latour, Weltmacht im Treibsand, 2004, S. 50). Das Abendland ist immer noch immens reich, aber es ist schwach. Ihm fehlt die moralische Substanz zur dezidierten Selbstbehauptung. Kurzum, alle Prämissen eines fatalen »Untergangs« sind gegeben. So unrecht hatte Oswald Spengler wohl nicht. (Peter Scholl-Latour, Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?, 2002, S. 48). Wahrscheinlich hat Huntington auch die Friktionen () von Carl Philipp Gottfried von Clausewitz (1780-1831) beachtet, denn er sieht in den Zusammenstößen, Reibungen, Konflikten zwischen den großen Kulturkreisen auf der Basis unterschiedlicher Religionen und divergierender Weltbilder die Hauptrolle künftiger Auseinandersetzungen. (Hans-Ulrich Wehler, Konflikte zu Beginn des 21. Jahrhunderts, 2003, S. 61). Daß die Herrschaft des Volkes nicht in den Kosmopolitismus, sondern in den Provinzialismus führt, hat auch Huntington als das demokratische Paradoxon bezeichnet. (Norbert Bolz, Das konsumistische Manifest, 2002, S. 30). Was, wie und wieviel Huntington aus Spenglers Werken abgeschrieben haben könnte, ist weniger entscheidend, mehr entscheidend ist, daß er von Spengler inspiriert wurde!Lange vor Huntington hatte auch Toynbee () an Spengler angeknüpft, und weil Spengler von Nietzsche und Goethe inspiriert worden war (), gibt es eine kulturphilosophische Linie von Goethe und Schopenhauer über Nietzsche und Spengler zu Toynbee und Huntington.Der ... Kampf der Kulturen () ist tatsächlich entbrannt - in der westlichen Welt und an ihren Grenzen. Im Konflikt erst wird wieder deutlich, welche voraussetzungsreiche geistige Disposition das Lebensmodell der westlichen Demokratie überhaupt erst möglich macht. Es muß nämlich das Prinzip der Gewaltenteilung verinnerlicht worden sein. .... Die Gewaltenteilung regelt nicht nur das Miteinander, sondern wird darüber hinaus ins Individuum verlegt. .... Aber täuschen wir uns nicht: Das komplizierte System der Gewaltenteilung am eigenen Leibe ist eigentlich eine Zumutung für die Menschen, die gerne ein Leben aus einem Guß führen möchten ohne den Widerstreit verschiedener Wertsphären innerlich austragen zu müssen. Darum merkt man erst an den umkämpften Konflikt- und Bruchlinien die Fragilität des westlichen Lebensmodells, das vielleicht doch zu voraussetzungsreich ist, um als globales Paradigma der Vergesellschaftung gelten zu können. Gleichwohl lohnt es sich für uns, die Nutznießer, dieses Modell zu verteidigen, auch und gerade wenn man sich eingesteht, daß Demokratie mit Glaubens- und Meinungsfreiheit, mit Gewaltenteilung und Trennung von Religion und Politik ein eher seltenes Gewächs in der menschlichen Geschichte ist und wenig dafür spricht, daß es global triumphieren könnte. (Rüdiger Safranski, Wieviel Globalisierung verträgt der Mensch?, 2003, S. 59ff.). Wer sich dabei einfach nur den diffusen Thesen der Meinungsmacher anschließt, dem wird nicht nur der Verteidigungswille, sondern überhaupt der Verstand geraubt (). Viele Nutznießer wissen ja heute schon nicht mehr, was man so außer sich noch verteidigen könnte. Ihnen fehlt der Verstand zum Urteil, zur Entscheidung für den Gemeingeist (). Wofür entscheiden? Für die Menschheit? Ja!!! Für die Kultur? Ja!! Für Land oder Volk als Nation? Ja! Der Forderung des spanischen Historikers Josep Fontana ist daher zuzustimmen, daß jedes Land nach seiner eigenen Entwicklung zu beurteilen sei; es sei verfehlt, die allgemeine Geschichte so zu deuten, als wenn alles auf das System der angloamerikanischen Regierungsform hinauszulaufen habe. Der aggressive Egoismus, das »pursuit of happiness«, der westlichen Gesellschaften habe sich festgelaufen und kulturell wenig Überlebenschancen. Es ist leider eine Tatsache, daß die waffentechnische Überlegenheit des Westens seine abnehmende kulturelle und moralische Substanz nicht auszugleichen vermag. Erst heute zum Beginn des 21. Jahrhunderts wird spürbar, wie richtig das Empfinden des 19. Jahrhunderts war, zwischen Kultur und Zivilisation zu unterscheiden. (Ehrhardt Bödecker, Preußen und die Wurzeln des Erfolgs, 2004, S. 49).Überall
dort, wo die Menschen zu schreiben und zu lesen |
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Noch einmal zum Verständnis: |
Nur abendländische Menschen konnten mit ihrem faustischen Wissens- und Forschungswillen auf die Idee kommen zu behaupten, nur der Unendliche Raum sei das, mit dem ein Faust alles erklären könne (): Der Unendlichkeitsraum begann unendlich klein und wird unendlich groß und unendlich alt werden. Das anthropische Prinzip () bestätigt diesen Glauben und verleiht ihm noch mehr Subjektivität: Es muß mindestens einen Beobachter (Menschen) geben, um mit den Mitteln der Wissenschaft zu beweisen, daß es einen Beobachter (Menschen) überhaupt geben kann. Gott ist während der abendländischen Geschichte mehr und mehr dem Subjekt namens Faust gewichen. Für Menschen der magischen Kultur mit ihrem strengen Monotheismus ist so etwas Gotteslästerung. Für sie zählt nur der eine Gott, und für sie ist es eine Sünde, Gott wissenschaftlich erforschen oder erklären zu wollen. Für Morgenländer ist nämlich das, was die Abendländer den Unendlichen Raum nennen, Gottes Gesetz und nicht ein Naturgesetz, hinter dem ja doch nur wieder das Gesetz eines Menschen steht oder eine wie auch immer von ihm naturwissenschaftlich konstruierte Selbstorganisation. Aber alle Menschen scheinen einverstanden zu sein mit der These, daß es so etwas wie ein Baumeister (ob Natur, Gott, Selbst oder einfach nur ein Prinzip u.s.w.) gewesen sein muß, der als Haupt-Techniker nicht nur alle Schrauben, sondern die Technik überhaupt und alle anderen Techniken so eingestellt hat, daß es das Universum, das Leben und uns Menschen überhaupt geben kann.
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