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- Kulturenvergleich -
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Urdenker | Vordenker | Frühdenker | Hochdenker | Spätdenker | Nachdenker | Enddenker |
Hoch-Denker |
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- Hochdenker sind Denker jugendlicher Art -Die Hochdenker verdanken den Frühdenkern () die in den Raum gespielte Steilvorlage, durch die dem Denken ein stark offensiver Charakter aufgezwungen wird. Der von den Frühdenkern hoch in den Raum gespielte Denkball verlangt von den Philosophen einen Höhenflug, den sie zu dieser Zeit aber auch sehr gut beherrschen. Wenn die Wissenskugel jedoch in den tiefen Raum gespielt wird, wird offenbar, daß hier noch die Erfahrung fehlt und der Denkgegner leichtes Spiel zu haben scheint. Weil aber der von den Elternkulturen vorgedachte eigene Strafraum mittlerweile so gut bekannt und für den Gegner zur Abseitsfalle geworden ist, kann auch im Mittelfeld sicher aufgespielt, d.h. hochgedacht werden. Der gegnerische Strafraum scheint jedoch immer noch ein relativ fremder Raum zu sein, in dem man sich erst einmal orientiern muß, bevor die Wende vom primären Defensivdenken zum primären Offensivdenken, die Umstellung von Verteidigung auf Angriff, vollzogen werden kann. Erst wenn dies klappt, ist die Wende endgültig und das Spiel zur hochdramatischen Denkbühne geworden. Das Denken wird ab jetzt immer mehr zu einem jugendlichen Abenteuer, manchmal an Jugendwahn grenzend. Auf einem scheinbaren Höhepunkt angekommen, denkt man sich sogar als absolutes Zentrum aller Geschehnisse. Als zentriertes Denksubjekt gestaltet man das Spiel aus dem Mittelfeld heraus und versteht sich als Regisseur. Dieser Mittelfeldregisseur kann nicht nur das Spiel an sich reißen, sondern auch und gerade durch seinen überragenden Individualismus das Spiel gestalten. Er wähnt sich, beim Selbstdenken für alle anderen Mitspieler mitzudenken. Weil aber auch er Fehler macht und niemand da zu sein scheint, der die Patzer völlig ausgleichen kann, wird erste Kritik nicht nur an ihm, sondern am gesamten eigenen Spielsystem laut. Der Kritizismus verlangt nach Auswechslung. Ab jetzt wird assoziiert und bei Eigenverantwortlichkeit auch an Selbstverschuldung und Unmündigkeit gedacht. Ob eine solche aufgeklärte Spielethik zu mehr Erfolg führen kann oder ob sie den Denkern eher Anlaß gibt, nach dem Denkhebel zu verlangen, mit dem man das Spiel ideenreich noch einmal herumreißen kann, ist bereits eine Frage an den Idealismus der Spätdenker (). Zur Rationalistik:Frühes HochdenkenDas
Prinzip Wasser als Beginn exakten Wissens in der antiken Philosophie? |
Hohes HochdenkenDas
Prinzip der Elemente und Atome als exaktes Wissen in der antiken Philosophie? |
Die fünf pythagoräisch-platonischen Urkörper (aus Keplers Harmonices Mundi libri V, 1619) sind regelmäßige Vielflächler, ihre Ecken liegen auf einer Kugel. (vgl. sfaira = Kugel, Sphäre). Sie entsprechen dem Weltganzen und den vier Elementen (Feuer, Erde, Luft, Wasser). (). Nicht nur bei Pythagoras, sondern auch bei Johannes Kepler hatten Zahlen und geometrische Figuren sinnbildlichen Charkater. Keplers Lehre von den Planetenschalen verdankt sich noch der mathematischen Mystik: er griff auf die fünf platonischen Urkörper zurück. Ein Brief Keplers aus dem Jahre 1608 definiert dann aber, wohl zum ersten Male in der abendländischen Kulturgeschichte, die Grenze zwischen dem Symbolischen und Rationalen:Auch ich spiele ja mit Symbolen, ich habe ein kleines Werk angelegt, 'geometrische Kabbala'; es handelt von den Ideen der Naturdinge in der Geometrie. Allein ich spiele so, daß ich dabei nie vergesse, daß ich spiele. Denn mit Symbolen wird nichts bewiesen. ().Was aber wird nicht alles im Spiel gewonnen? Das Spiel ermöglicht psychische Ganzheit, Integration und Zentrierung durch Projektion. Nach Carl Gustav Jung (Psychologie und Alchemie, 1944) projiziert z.B. der Alchemist seinen Individuationsprozeß durch die Symbolisierung von Zerstörung, Auflösung und Neugestaltung in die chemnischen Wandlungsvorgänge.Alles ist Zahl - das war die Devise des Pythagoras, der in Kroton (Unteritalien) einen Bund für sittlich-religiöse Lebensform gründete und wegen seiner exklusiv aristokratisch-konservativen Einstellung verfolgt wurde. Er suchte das Geheimnis der Welt nicht in einem Urstoff, wie alle seine Vorgänger, sondern in einem Urgesetz, dem Urgesetz der zahlenmäßigen Beziehungen der Weltbestandteile. Für Pythagoras war die Welt ein harmonisches Ganzes, ein ewiges, lebendiges göttliches Wesen: der Kosmos. Die Weltharmonie war für ihn musikalisch. Pythagoras hatte erkannt, daß Zahlenverhältnisse für den harmonischen Zusammenhang der Töne sorgen. Bei dem Monochord, einem altgriechischen Instrument mit einer Saite über einem Resonanzkörper mit beweglichem Steg, ergibt sich bei der Halbierung der Saitenlänge ein um eine Oktave höherer Ton. Für die Oktave ist also das Verhältnis der Saitenlängen 1:2, für die Quinte 3:2 und die Quarte 4:3. Pythagoras gründete auch die soziale Harmonie auf Zahlenverhältnisse und identifizierte sogar Tugenden mit bestimmten Zahlen. Er stellte sich die Zahlen als geometrische Figuren vor, die die Welt erst zur Welt, zu einer Ordnung machten. Er erforschte die Geometrie der vollkommenen festen Körper, der fünf Urkörper, die wir heute als die fünf platonischen Urkörper kennen. Es handelt sich hierbei um konvexe Polyeder, die von regelmäßigen, untereinander kongruenten Vielecken begrenzt werden und in deren Ecken jeweils gleich viele Kanten zusammenstoßen.Pythagoras und nach ihm Platon (427-347) meinten, die mathematisch-geometrischen Körperformen entsprächen der Form der Seele, so daß Wahrnehmung und Erkenntnis durch Passung zustande kämen. Die Mathematik würde dann zugleich die Prinzipein im Aufbau der Seele und der Objektwelt erfassen. Erkennen hieße dann, wie der für seine Unschärferelation und seinen Versuch einer Weltformel berühmte Physiker Werner Heisenberg (05.12.1901 - 01.02.1976) erklärte: das sinnlich Wahrnehmbare außen mit den Urbildern innen vergleichen und es damit als übereinstimmend zu beurteilen. Heisenberg stellte 1925-1927 fest, daß sich die Elementarteilchen durch weitere Teilungen nicht mehr in weitere (z.B. kleinere) Teilchen, also Körperformen zerlegen lassen, sondern lediglich und für kurze Zeit in mathematisch-geometrische Formen, die nicht lokalisierbar sind und dann wieder in ihre ursprüngliche Teilchenform übergehen. Sein Fazit war, daß man keine exakten Vorhersagen mehr machen könne und statt dessen auf Wahrscheinlichkeiten der Wahrscheinlichkeit angewiesen sei. Heisenberg beeinflußte mit seinen fundamentalen Beiträgen zur Atom- und Kernphysik die Entwicklung der modernen Physik sehr. (). |
Pythagoras steht heute noch Pate bei der String-Theorie, die behauptet, die Bauelemente des Kosmos seien winzige Fädchen aus Energie - wie Saiten (strings) unaufhörlich vibrierend. Aus ihren Schwingungen bestünden dann alle Elementarteilchen und physikalischen Kräfte. Die Strings brächten das Universum wie eine riesige Äolsharfe zum Klingen. Auch Pythagoras meinte, die bewegten Himmelskörper tönten in Intervallen (Sphärenharmonie); diese Harmonie sei aber nicht wahrnehmbar, weil sie unaufhörlich auf uns einwirke.Über die wissenschaftliche Tätigkeit des Pythagoras sagte Heraklit (544-483), Pythagoras habe am meisten von allen Menschen sich mit Forschung befaßt; er fügte allerdings hinzu, Pythagoras habe sich daraus eine Vielwisserei und Afterkunst zurecht gemacht, denn Heraklit ließ außer sich niemand gelten. Die Unterrichtsgegenstände der Pythagoräer waren hauptsächlich Gymnastik, Heilkunde und Mathematik, zu der sie die Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik rechneten: diese Einteilung blieb die ganze antike Geschichte hindurch kanonisch. Ihre große Geistestat bestand eben darin, daß sie die Astronomie und Musik als eine Art angewandte Mathematik erkannten. Sie entdeckten, daß die Tonabstände Quart, Quint und Oktave durch die einfachen Zahlenverhältnisse 3:4, 2:3, 1:2 ausdrückbar sind, und von da an gelangten sie zu der tiefen, schon in der späteren Antike nicht mehrverstandenen Erkenntnis, daß alles Musik, Harmonie und Zahl sei. (Vgl. oben). Nach dem Prinzip des Geraden und Ungeraden stellten sie eine Art Tafel der Weltkategorien auf, wobei die 1 als die gerad-ungerade Urzahl galt, die die beiden Reihen aus sich heraus erzeugt. Das Ungerade ist das Begrenzte, das Gerade ist das Unbegrenzte (weil es ins Unendliche teilbar ist), wobei nach echt griechischer Auffassung das Begrenzte als das Vollkommenere gilt, und diesem Dualismus entsprechen nun sämtliche Gegensätze im Weltall: Eines und Vieles, rechts und links, Männliches und Weibliches, Licht und Dunkelheit, Gutes und Böses und alle übrigen. Ferner ist der Punkt das Prinzip der Einheit, die Linie (da sie von zwei Punkten bestimmt wird) das der Zweiheit, die Fläche der Dreiheit, der Körper die Vierheit: aus 1,2,3,4 besteht die ganze Körperwelt. Aber auch die ganze Zahlenwelt, denn 1+2+3+4 sind 10, alle folgenden Zahlen nur Wiederholungen der ersten Zahlenreihe. Die ungeraden Zahlen erweisen sich auch darin als die vollkommeneren, daß sie alle aus Differenzen von Quadraten zusammengesetzt sind: 3=2²-1², 5=3²-2², 7=4²-3², 9=5²-4² u.s.w., und daß die Summen der aufeinander folgenden Ungeraden immer wieder Quadrate ergeben: 1+3=2², 1+3+5=3², 1+3+5+7=4², 1+3+5+7+9=5² u.s.w.. Nach diesen wenigen Proben wird man sich vielleicht schon ungefähr vorstellen können, worauf der Pythagoräismus hinaus wollte. Im Grunde war sein Kardinalprinzip kein anderes als das Galileische: Das Buch des Universums ist in mathematischen Lettern geschrieben und überhaupt das der ganzen modernen Naturwissenschaft, die z.B. die völlige Verschiedenheit so vieler aus denselben Bestandteilen zusammengesetzter Stoffe auf die Ungleichheit der Atomzahlen zurückführt und die Vielfältigkeit der Farben auf bloße Unterschiede der Schwingungszahlen. Nur daß der Pythagoräismus noch viel weiter ging, indem er die Mathematik einen Bund mit der Mystik schließen ließ. Auch dies erscheint nur auf den ersten Blick paradox; denn bloß die niedere Mathematik ist rational, die höhere eine Art Zauber und ein Pfad zum Absoluten. Vielleicht sollte deshalb später einer der größten deutschen Neumystik-Frühromantik-Vereiniger, der Dichter Novalis (1772-1801), sagen: Echte Mathematik ist das eigentliche Werkzeug des Magiers; das höchste Leben ist Mathematik; das Leben der Götter ist Mathematik; reine Mathematik ist Religion. Und in der Tat war der Pythagoräismus eine Religion, die sich sehr nahe mit der Orphik berührte: auch die Pythagoräer lehrten die Seelenwanderung; daher wohl auch die bedeutende Rolle, die die Frauen spielten - ein ungriechischer Zug! Einer seiner sonderbarsten Glaubenssätze aber war die Lehre von der paliggenesia, der ewigen Wiederkunft, die aber einer mathematischen Weltanschauung nicht allzu fern lag.Die Pythagoräer waren also nicht nur Mathematiker, sondern auch religiös motivierte Politiker. Die Anhänger der Philosophie des Pythagoras waren nämlich im engeren Sinne Mitglieder der von diesem gegründeten religiös-politischen Gemeinschaft in Kroton. Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. wurden die der Aristokratie nahestehenden Pythagoräer aus Unteritalien mit Ausnahme von Tarent vertrieben, und bald nach 350 v. Chr. gab es in Unteritalien keinen Bund der Pythagoräer mehr. (Vgl. 18-20). Pythagoras kann man aufgrund der politischen Motive durchaus mit Oliver Cromwell (1599-1658) vergleichen, vom geistigen Standpunkt her gesehen mit Francis Bacon (1561-1626) und Thomas Hobbes (1588-1679). Wenn er aber auch mit Leibniz (1646-1716) zu vergleichen ist, dann hätte er Philosoph, Mathematiker, Physiker, Diplomat, Historiker, Erfinder, also Universalgenie sein müssen, denn Leibniz war wohl der universalste und schöpferischste Gelehrte des Abendlandes. Irgendwie hatte er doch auch etwas Einzelgängerisches, ja Monadisches.Auch Heraklit (544-483) war einzelgängerischer Philosoph und Politiker, für den es nur einen Urgrund gab: das Feuer als die Weltvernunft schlechthin. Das Feuer war für ihn der Urstoff, der Logos als das Urfeuer, das sogar über den Göttern thront. Heraklit war ein Verächter der Masse: von Volkssängern lasse sie sich leiten, sie wisse nicht, daß die Mehrheit schlecht und nur die Minderheit gut sei, die meisten liegen da, vollgefressen wie das liebe Vieh. Aber auch die über die Menge Emporragenden konnten es ihm nicht recht machen: Vielwisserei bildet den Geist nicht, sonst hätte sie den Hesiod belehren müssen und den Pythagoras, den Xenophanes und den Hekataios (den Vater der Geographie, der auch als der erste Geschichtsschreiber gilt). Homer und Archilochos hätten verdient, ausgepeitscht zu werden, meinte Heraklit. Für seine eigene Philosophie, die er mit dem tiefen Satz charakterisierte: Ich habe mich selbst gesucht, rechnete er auf kein Verständnis: Die Hunde bellen jeden an, den sie nicht kennen, und der Pöbel greift alles an, was ihm neu ist, für den Logos, obgleich er immer da ist, haben die Menschen keinen Sinn, weder bevor sie von ihm gehört haben noch nachdem sie von ihm gehört haben, wie Taube sind sie, anwesend sind sie abwesend. Zweifellos war die gedankenschwere, überkomprimierte Aphosristik Heraklits eine bewußt gewählte Stilform und ihre Rätselhaftigkeit beabsichtigt; von ihr gilt, was er vom Delphischen Orakel sagte: Es spricht nicht und verbirgt nicht, sondern deutet an. Heraklits Sentenzen sind von schärfstem Schliff, reinstem Glanz und wuchtiger Fassung, messerhart und tausendstrahlig wie Diamanten: Die Zeit ist ein spielendes Kind, das Brettsteine hin und her schiebt, Der Seele Wissen kannst Du nicht ausfinden, auch wenn du jeglichen Weg abschrittest, so tief ist ihr Wesen (), Dem Menschen ist sein Ethos sein Dämon,Der Mischtrank zersezt sich, wenn er nicht geschüttelt wird. Der berühmte Ausspruch Heraklits: In dieselben Flüsse steigen wir hinab und nicht hinab, wir sind es und sind es nicht, denn in denselben Strom vermag man nicht zweimal zu steigen, will besagen, daß alles Irdische einem ewigen Wandel unterworfen, daß das ganze Dasein ein solcher Fluß ist. Noch weiter ging der Herakliteer Kratylos (5. Jh.), der später Platons Lehrer wurde. Kratylos erklärte, in denselben Fluß zu steigen vermöge man nicht einmal einmal, und später redete er überhaupt nicht mehr, sondern beschränkte sich darauf, mit dem Finger den Kreislauf des ewigen Fließens anzudeuten, womit er wahrscheinlich meinte, daß das Werden so flüchtig und unfaßbar sei, daß die Fixierung durch das Wort es bereits fälschte. Heraklit klagte die Dinge des entgegengesetzten Betrugs an wie der Eleate Parmenides (540-480): daß sie uns ein beharrendes Sein vorspiegeln. Für Heraklit entsteht der Schein des Beharrens, wenn zwei gegensätzliche Kräfte sich das Gleichgewicht halten. Ein jegliches Ereignis ist das Ergebnis einer Selbstentzweiung und Wiederversöhnung, der Krieg der Vater der Dinge, der Streit (Kampf) der Pulsschlag der Welt. Bekanntlich beruht auf dem Grundgedanken, daß das Treibende in der Weltentwicklung der Widerspruch und dessen Auflösung sei, auch Hegels Philosophie. (Vgl. Dialektik). Ganz wie bei Hegel trug schon bei Heraklit jeder Zustand seinen Übergang in den entgegengesetzten, somit diesen selbst in sich: Die Menge, sagt er höhnisch, sucht Belehrung bei Hesiod, er, meint sie, wisse am meisten, der nicht einmal Tag und Nacht kennt, denn er weiß nicht, daß beide eins sind. Die Nacht gebiert den Tag, der Tag die Nacht, also ist die Nacht latenter Tag, der Tag potentielle Nacht. Aus Totem wird Lebendiges, aus Lebendigem Totes, aus Wachen Schlaf, aus Schlaf Wachen, und ebenso verhält es sich mit den Jahreszeiten, mit Hunger und Sättigung, Gesundheit und Krankheit, Anstrengung und Erholung, jung und alt. Aus dem Gegensatzpaar des Männlichen und Weiblichen entsteht das Leben, aus dem ebenfalls antipodischen Vokalen und Konsonanten die Sprache, aus den hohen und tiefen Tönen die Harmonie. Diese Harmonie durchwaltet alles, und gegen die, welche einwenden, daß sie nicht wahrnehmbar sei, setzte Heraklit das Orakelwort: die unsichtbare Harmonie ist gewaltiger als die geoffenbarte. In dieselbe Richtung zielt auch sein tiefsinniges Gleichnis, das Platon im Symposion überlieferte: Die Einheit entzweit sich und söhnt sich wieder mit sich aus, wie die Harmonie des Bogens und der Leier. Der scharfsinnige Heraklit (der wegen seines Tiefsinns auch der Dunkle genannt wurde) meinte wohl ganz einfach das Phänomen der Spannung, eine von ihm genial erahnte Weltrealität. Aus alledem folgt aber, daß vor der Gottheit alles gleich schön, gut und gerecht ist, nur die Menschen halten das eine für unrecht, das andere für recht. Diese Welt, die von jeher war und immerdar sein wird, ist ein ewiglebendes Feuer, das nach Maßen sich entzündet und nach Maßen wieder verlischt. Feuer ist die alles durchwaltende und durchwärmende Weltseele, die alles erleuchtende Weltvernunft. (Vgl. Feuer und Sprache). Wenn Heraklit sagte, daß alles Feuer ist, so meinte er damit, daß alles belebt ist. Die exakte, nicht etwa bloß symbolische Analogie zwischen dem Leben und einer Flamme hat die moderne Naturwissenschaft enthüllt. Die kohlenstoffhaltige Nahrung gelangt im Organismus zur Verbrennung, indem sie mit dem eingeatmeten Sauerstoff oxydiert wird, und das Endprodukt ist Kohlensäure. Ferner herrscht in einer Flamme ein ununterbrochener sehr rascher Stoffwechsel, und auch dies empfahl sie zum Weltprinzip des Heraklitismus. Und mit seiner Lehre vom ewigen Kreislauf antizipierte dieser ebenfalls eine der Grundideen der heutigen Naturwissenschaft. Heraklits Vernunft, den Logos (das Feuer bzw. Urfeuer als Welt- oder Urvernunft), zu erkennen als Feuer, das in allem waltet, alles durch alles steuert, ist weise; weise ist es, sich dieser Vernunft zu beugen und zu fügen. Nur durch Unterwerfung unter die Gesetze der Vernunft, die in der Ordnung der Natur zum Ausdruck kommen, kann der Mensch die Heiterkeit der Seele gewinnen, die sein höchstes Glück ausmacht. Heraklit wirkte weit über seine Zeit hinaus und war in etwa das für die Antike, was Descartes (1596-1650) für das Abendland war: ein von der Souveränität der Vernunft Überzeugter. Descartes begründete bekanntlich den von der philosophischen Souveränität der Vernunft überzeugten Rationalismus. Der Cartesianismus steht ja nicht nur für ihn selbst, sondern vor allem für die Philosophie seiner Anhänger und Fortbildner in Frankreich, Deutschland, Holland und Italien, die sich in vier verschiedene Richtungen entwickelten; eine davon ist der Okkasionalismus. Der Cartesianismus ist gekennzeichnet durch den Ausgang von der Selbstgewißheit des Bewußtseins ([Ego] cogito, ergo sum), durch den strengen Dualismus von Leib und Seele () und durch die rationalistische mathematische Methode. Descartes erreichte so eine außerordentliche Wirkung. Wo Methode und Evidenz die Oberhand gewonnen hätten, dort müßten bewaffneter Glaubenseifer und Positionsanmaßung das Feld räumen, folgerte er in seiner Abhandlung über die Methode (Discours de la méthode, 1637). Seit Descartes konnte sich das Denken viel vorbehaltloser als zuvor öffnen für die Epochenaufgabe: Maschinenbau. (). Für Descartes waren Tiere Maschinen (Automaten) ohne Seele. Seine Metaphysik des Maschinenbaus stellt den Versuch dar, alles Seiende in kleinste Teile zu zerlegen und die Regeln für deren Zusammensetzung bekanntzumachen. Descartes verpflichtete das Denken auf das Hin und Her von Analysis und Synthesis und machte so die Vernunft selbst ingenieursförmig. Descartes war deshalb ein Ingenium (Scharfsinniger, Erfinder) wie der ingeniöse Heraklit, für den Vernuft Feuer war:Das Weltall hat weder der
Götter noch der Menschen einer gemacht, sondern es war immer und ist und
wird immer sein ein ewig lebendiges Feuer; |
Keplersche Gesetze1.) |
Planet |
Mittlere Entfernung von der Sonne in AE |
Umlaufzeit in Jahren |
Quadratzahl der Umlaufzeit |
Kubus der mittleren Entfernung |
Merkur Venus Erde Mars Jupiter Saturn |
0,387 0,723 1,000 1,524 5,203 9,539 |
0,241 0,615 1,000 1,881 11,868 29,461 |
0,058 0,378 1,000 3,538 140,849 867,978 |
0,058 0,378 1,000 3,540 140,852 867,951 |
Die Keplersche Gleichung ist die mathematische Verknüpfung der mittleren mit der exzentrischen Anomalie (bezogen auf das 1. Keplersche Gesetz: Planetenbahn als Ellipse um sein Zentralgestirn in einem der beiden Brennpunkte). Sie lautet: E-e sin E = M . Dabei ist E die exzentrische, M die mittlere Anomalie und e die numerische Exzentrizität der Bahn. Die Keplersche Gleichung stellt eine sehr wichtige Funktion für die Bahnberechnung von Himmelskörpern dar.Die 3 Keplerschen Gesetze, die auch aus dem fast 70 Jahre später von Newton erstellten Gravitationsgesetze abgeleitet werden können, gelten nur näherungsweise. Sie wären nur dann exakt gültig, wenn die Massen der Planeten gegenüber der Sonnenmasse als vernachlässigbar klein betrachtet und die Anziehungskräfte der Planeten untereinander vernachlässigt werden könnten.
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René Descartes (1596-1650) erfaßte die Ebenen und den Raum durch Koordinatensysteme und ermöglichte die Grundlegung der analytischen Geometrie, in der die Zuordnung von rein mathematischen Gebilden (etwa algebraischen Gleichungen) und geometrischen Formen (Geraden, Kurven, Flächen u.s.w.) ihren exakten Ausdruck gefunden hat. Diese methodische Leistung Descartes', die Erfassung der Mannigfaltigkeit von Raumformen durch abstrakte Symbole des algebraisch-analytischen Denkens, kann in ihrer ontologischen Tragweite kaum hoch genug eingeschätzt werden.Koordinaten (die Zugeordneten) sind die grundlegenden Bestimmungstücke einer Gegebenheit, in der Mathematik Zahlen, die die Lage eines Punktes bestimmen. Sie werden oft durch Strecken veranschaulicht. So wird z. B. die Lage eines Punktes P im Inneren eines Würfels mathematisch bestimmt durch seinen Abstand von der linken, der unteren und der hinteren Würfelfläche. Fällt man Lote vom Punkt P auf diese 3 Flächen und nennt man die Fußpunkte A, B und C, so entsteht in der linken hinteren Ecke des Würfels ein Quader mit den folgenden Eckpunkten: A-C1-C-P-A1-0-B1-B. Die Strecken 0-A1, 0-B1, 0-C1 sind dann die Koordinaten des Punktes P (vgl. Bild). Die vom Punkt 0 (Nullpunkt) ausgehenden Geraden x, y, z sind die Koordinaten-Achsen (die man sich über die Würfelkanten hinaus verlängert zu denken hat). Sie stehen in diesem Falle senkrecht aufeinander und bilden daher ein orthogonales oder kartesisches Koordinatensystem. Zur Definition der kartesischen Koordinaten eines (n-dimensionalen) Raumes muß zuerst von einem beliebigen Punkt 0 dieses Raumes aus ein Satz von n zueinander senkrechten Einheitsvektoren abgetragen werden; dadurch wird in ihm ein rechtwinkliges oder kartesisches Koordinatenssystem festgelegt. Der Punkt 0 ist der Ursprung (Nullpunkt, Koordinatenanfangspunkt), und wie gesagt: die durch 0 gehenden Geraden sind die zueinander senkrechten Koordinaten-Achsen. Die Zuhilfenahme von Koordinaten zur Beschreibung geometrischer Sachverhalte in der Ebene (n = 2) und im gewöhnlichen euklidischen Raum (n = 3) ist das Hauptkennzeichen der analytischen Geometrie. Es wird dabei unterschieden zwischen rechtwinkligen oder kartesischen und krummlinigen oder (seit Gauß, 1777-1855) Gaußschen Koordinaten (). |
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1 | 1 | |||||||||||||
1 | 2 | 1 | ||||||||||||
1 | 3 | 3 | 1 | |||||||||||
1 | 4 | 6 | 4 | 1 | ||||||||||
1 | 5 | 10 | 10 | 5 | 1 | |||||||||
1 | 6 | 15 | 20 | 15 | 6 | 1 | ||||||||
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In dem Pascalschen Dreieck sind die Binominalkoeffizienten in Form eines gleichschenkligen Dreiecks angeordnet. Jede Zahl dieser Anordnung ist die Summe der unmittelbar rechts und links darüber stehenden Zahlen; in der n-ten Zeile stehen die Koeffizienten des Polynoms (a + b)n - 1. Der binomische Lehrsatz ist eine Regel zur Entwicklung einer beliebigen Potenz eines Binoms (Beispiel: a +b) in eine Reihe (deshalb: Binominalreihe); die auftretenden Koeffizienten bezeichnet man als Binominalkoeffizienten.
- Deus sive natura -In Amsterdam geboren, von aus Portugal ausgewanderten Juden abstammend und mit dem sakralen Namen Baruch versehen, wurde Benedictus de Spinoza (1632-1677) im Jahre 1656 wegen schrecklicher Irrlehren aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen . Spinoza wendete bei der Abfassung seines Hauptwerks, der Ethik (1677), in rigoroser Weise die von Descartes (1596-1650) geschaffene Methode an und behauptete: Nur die mathematische Denkweise führt zur Wahrheit. Je mehr der Mensch weiß, desto besser erkennt er seine Kräfte und die Ordnung der Natur, desto leichter kann er sich selbst leiten, sich Regeln geben und sich von nutzlosen Dingen zurückhalten. Die Seele ist selbst nur ein Teil der Natur, der Substanz, die sich uns in zwei Attributen offenbart: Ausdehnung und Denken, Materie und Geist; alle Dinge, alle Ideen sind Modi, Daseinsweisen dieser einzigen, ewigen, unendlichen Substanz, außer der es kein Selbst gibt und keinen Gott: Deus sive natura, (Gott oder Natur), die Natur selbst ist Gott. Je mehr wir die Einzeldinge erkennen, um so mehr erkennen wir Gott. Je mehr und je besser wir Gott kennen, um so mehr lieben wir ihn, und diese intellektuelle Liebe zu Gott ist ein Teil der unendlichen Liebe, womit Gott sich selbst liebt. In dieser Erkenntnis und Liebe Gottes besteht unser Heil. Spinoza vertrat einen strengen Determinismus. Die Menschen, so meinte er, hielten sich für frei, weil sie sich ihrer Determiniertheit nicht bewußt seien. Die Lehre Spinozas fand zunächst wenig Anklang. Doch später, nämlich durch den Streit von F. H. Jacobi (1743-1819) mit Moses Mendelsohn (1729-1786) über den Spinozismus, sollte das Interesse an Spinoza allgemeiner und durch J.G. Herder (1744-1803) und J. W. Goethe (1749-1832) sogar zu hohem Ansehen gelangen.
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Spätes HochdenkenDas Prinzip
der Sophistik und Maieutik als Ende exakten Wissens in der antike Philosophie
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Das platonische Denken entwickelte sich vor dem Horizont einer doppelten Krisensituation: zunehmender Zerfall des Gemeinwesens und Verlust der Verbindlichkeit mythischer Weltbilder. Der Mythos bot keine lebendige Orientierung mehr. Er war zum formelhaften Ritual erstarrt und zum Spielball inhaltloser und nur noch auf Überredung angelegter Rhetorik (der Sophisten) geworden. Das Schlimmste daran war für Platon, daß kein Bewußtsein darüber vorhanden war. Hier, bei der Bewußtseinsbildung, wollte Platon eingreifen. Die Methode seines Helden Sokrates besteht darin, zunächst einmal ein Bewußtsein für das Gute bzw. für das Schlechte bei seinen Gesprächsteilnehmern zu wecken, indem er ihnen z.B. zeigt, daß sie nicht wissen, wovon sie reden, wenn sie Gerechtigkeit, Tapferkeit, Besonnenheit u.s.w. im Munde führen. Die Verbindlichkeit ihrer Rede zerfällt in dem Maße, in dem Sokrates als ihren Grund private Interessen und Willkür erweist. Ihrer schützenden ideologischen Haut entledigt, muß die Gewalt letztlich ihr wahres Gesicht zeigen: sie muß den Sokrates vernichten. Insofern gehörte der Tod des Sokrates (399) mit zu seiner Beweisführung. Sein Tod war geradezu der letzte Beweis dafür, daß er Recht hatte.Platon bestimmte die Philosophie als Einüben ins Sterben. Für ihn war Philosophie die Erkenntnis des Seienden oder des Ewigen und Unvergänglichen. Er definierte: Philosophen sind die, welche mit dem, was sich für ewig als dasselbe unwandelbar verhält, in Berührung kommen wollen. Es gelingt ihnen durchs Denken, d.h. durch die Begriffe. (Vgl. Ideenlehre und Meta-Sprache) - (). Wir sind gewiß weiter als Hippokrates (460-370), der griechische Arzt; wir dürfen kaum sagen, daß wir weiter seien als Platon (427-347). Nur im Material wissenschaftlicher Erkenntnisse, die er benutzt, sind wir weiter. Im Philosophieren selbst sind wir vielleicht noch kaum wieder bei ihm angelangt. ().Aber auch Mythos und Religion standen Pate bei Platons Ideenlehre. Die Idee, so Platon, im Timaios, ist gewissermaßen der Vater oder das Original eines Dings, das, wie das Kind, mit dem Namen des Vaters benannt wird. Die Mutter ist der abstrakte Raum, in dem die Zeugung der Dinge, d.h. der Kinder des Vaters, stattfindet und in dem sich die Dinge dann auch bewegen. Jede Art oder Rasse besitzt nur eine Form oder Idee. Im Staat (Politeia) heißt es: Gott hat also nur jenes eine wesentliche Bett hergestellt. Zwei dieser Art oder noch mehr wurden weder von Gott erschaffen, noch werden sie je von ihm erzeugt werden; auch wenn er zwei einzelne schüfe und nicht mehr, dann würde doch ein weiteres zutage treten, nämlich die eine gemeinsame Form, die sich in beiden darstellt. Sie, und nicht jene beiden, wäre dann das wesentliche Bett. Die Ähnlichkeit der Dinge ist ihrer Idee verdankt, ihrem Ursprung, wie die Ähnlichkeit der Kinder ihrem Vater. Harte Dinge haben an der Idee der Härte teil, weiße an der Idee des Weißen. Sie haben an jenen Ideen teil im gleichen Sinne, in dem die Kinder an den Besitztümern und Gaben der Väter Anteil haben. Platons Ideenlehre ermöglicht Wissen, das sich auf die veränderlichen Dinge anwenden läßt, von denen sich, weil sie sich ständig verändern, eigentlich nichts Bestimmtes aussagen läßt. Platon nahm an, daß es innere Kräfte, unwandelbare Wesenheiten der wahrnehmbaren Dinge gibt, und von denen ist wahres Wissen möglich. (Vgl. dagegen: Kant). Die Ideenlehre ermöglicht eine Theorie der Veränderung und des Verfalls. Die Ideen sind Urbilder, die selbst durch Verfall (Degeneration) der höchsten Idee entstehen. Entsprechend ist die historische Tendenz der Gesellschaft die des Zerfalls und der Degeneration. Außerdem bietet die Ideenlehre den Weg zu einer Sozialtechnik, zur Herstellung des besten, idealen Staates, der sich nicht verändert und nicht zugrunde gehen kann, und zwar durch Anhalten der politischen Veränderung und Rückkehr zum idealeren Anfang, der alten Stammesfrom des sozialen Lebens (Stammesaristokratien). Platons Philosophie, die er selbst auch Weltverabschiedung und Einübung ins Sterben nannte, lehrt die Notwendigkeit einer zweiten Geburt, insbesondere seine Lehre von der Umkehr durch Ausstieg aus der Höhle (Höhlengleichnis). Durch die natürliche, die physische Geburt gelangen wir aus einer Höhle (der Uterus-Höhle der Mutter) ans Licht der (sichtbaren) Welt. Aber diese Welt ist nach Platons Meinung nur Schein, nur vituell. Wir bedürfen einer zweiten metaphysischen Geburt, um aus der Scheimwelt in die wirkliche (unsichtbare) Welt der Ideen zu gelangen. Für diese zweite Geburt ist der Philosoph der Geburtshelfer. |
Platons Schriftwerke:
Apologie Euthyphron Gorgias Kratylos Menon Phaidon Symposion Politeia Phaidros Theaitetos Parmenides Sophistes Nomoi Timaios |
Die Zeit der Hochdenker, der rationalistischen Philosophen, legte auf dem Gebiet
der exakten Wissenschaften den Grund für eine Neu-Theologie, namentlich:
Naturwissenschaft (und Technik). Hatte sich die Philosophie gerade von der Theologie
getrennt, so bahnte sich schon die nächste Trennung an. Im Abendland war
aus der gerade gekrönten Philosophie Wissenschaft geworden, aus dem Siegerpokal
ein Wanderpokal. In der Antike, wo sich die Philosophie gerade von
der Theologie, dem theurgisch-mythologischen Mysterienkult, gelöst hatte,
blieben Philosophie und Wissenschaft als Synonyme ein Einzelkörper,
z.B. als die nach der Natur Forschenden. ().
In einer die Statik
bevorzugenden Kultur ist eine (abendländisch verstandene) Wissenschaft im
Nachteil, aber die Antike war (und ist! )
in der Philosophie, im statischen Hochdenken, unschlagbar. Im Abendland,
wo sich die Philosophie gerade von der Theologie, dem päpstlich-christologischen
Bevormundungskult, gelöst hatte, blieben Philosophie und Wissenschaft in
ihrem hyperonom-hyponomen Beziehungsraum,
z.B. als die nach der Sprache zur technischen Naturbeherrschung Forschenden.
().
In einer die Dynamik
bevorzugenden Kultur ist eine (antik verstandene) Philosophie im Nachteil, aber
das Abendland war (und ist! )
in der Wissenschaft, im dynamischen Hochdenken, unschlagbar. ().
Hier wurden viele Philosophen und andere Forscher zu Wissenschaftlern, und auch
nachdem sich die ersten wissenschaftlichen Disziplinen von der Philosophie getrennt
hatten, blieben die Verbindungen größtenteils bis in die Spätdenkerzeit
bestehen. ().
Allerdings ist zu berücksichtigen, daß
die Wissenschaft selbst immer mehr zu einer Philosophie bzw. Neu-Theologie wurde
(man glaubte fest an die Wissenschaft), während die Philosophie, die ja die
abtrünnigen Wissenschafler zuvor selbst gestellt hatte, sich neue Aufgaben
suchen mußte. Die neuen Aufgabenfelder entpuppten sich am Vorabend der Spätdenker
als solche der Ethik und als solche der Suche nach endlich abschließenden
Systemen im Unendlichen,
d.h. nach dem (abendländisch) Unmöglichen im scheinbar Möglichen.
Gleiches geschah in der Antike, nur suchte man hier lieber nach dem (antik) Möglichen
im scheinbar Unmöglichen.
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Tabelle |
1) Ionische Naturphilosophen Urstoff seit -650/-600 2) Eleaten Seinsphilosophie/Rationalismus seit -550 3) Pythagoräer Rel.-pol.-arist. Rationalismus seit -550 4) Subjektivisten Elemenekinetik; Heraklit u.a. seit -520 5) Atomisten Naturph.; Leukipp/Demokrit, .. seit -490/-460 6) Sophisten Anthropologie/Aufklärung seit -475/-450 7) Sokratiker Sokrates, Maieutiker seit -440 8) Megariker Eristiker (Streiter) Euklid v. Megara seit -430 9) Kyrenäiker Aristippos von Kyrene, Hedoniker seit -400 10) Kyniker (Autarkisten) Antisthenes, Diogenes seit -400 11) Platoniker Platon, Alte Akademiker seit -385 | 1) Naturwissenschaft/Heliozentrik
seit 1500/1550 2) Empirismus/Rationalismus Mechanik seit 1600 3) Pol.-rel. Empirismus Polit. Rationalismus seit 1600 4) Subjektivismus Rationalismus; Descartes u.a. seit 1630 5) Atomismus Monaden/Infinitesimal., Leibniz seit 1660-90 6) Aufklärung seit 1685 (1700) 7) Naturalismus-Subjektivismus seit 1710 8) Naturalismus/Deismus Freidenker seit 1720 9) Sensualismus Positivisten/Materialisten seit 1750 10) Früh-Romantik Sturm-und-Drang seit 1760 11) Kantianer Transzendental-Idealismus, Kant seit 1770 |
24) Orientalistische
Renaissance seit - 8. / - 7. Jh.; Wende 25) Reformation (Orphiker) Renaissance seit - 7 Jh.; Wende 26) Dionysos als letzter Gott im Olymp; seit - 7. Jh.; Wende 27) Zeus-Götterwelt; Theogonie von Hesiod; seit - 7. Jh.; Wende 28) Gegenreformation (6) Zeus-Götterwelt seit - 7. / - 6. Jh. |
24) Humanistische Renaissance seit 14. / 15.
Jh.; Wende 25) Reformation (Luther) Renaissance seit 15. / 16. Jh.; Wende 26) Neuscholastik (5) Reformation seit 15. / 16.Jh.; Wende 27) Neumystik (4) Paracelsus, Franck u.a. seit 16. Jh.; Wende 28) Neuscholastik (6) Gegenreformation seit 16. Jh. |
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Hochdenker sind die denkenden Hochöfen der
absoluten Kulturfabrik, |
Hylozoismus (von griech. 'ule, Holz, Wald, Stoff, Material, Vorrat und zwh, Leben), auch Hylopsychimus, ist diejenige philosophische Richtung, welche alle Materie von Haus aus als belebt (besseelt) betrachtet; die Anschauung, daß die Materie nie ohne Geist, der Geist nie ohne Materie existiert und wirksam sein kann (Goethe). Hylozoisten waren bereits die ionischen Naturphilosophen (Thales, Anaximander, Anaximenes, Diogenes von Apollonia u.a.). (Vgl. dazu: Hylemorphismus).Hylemorphismus (von griech. 'ule, Holz, Wald, Stoff, Material, Vorrat und morfh, Gestalt, Form) ist die neuscholastische Bezeichnung der von Aristoteles begründeten Lehre, daß alle körperlichen Substanzen aus dem Stoff (der an sich nur Möglichkeit ist) und der Wirklichkeit verleihenden Form bestehen. Hyle war für Aristoteles der noch nicht zu realen Dingen geformte Urstoff, der als bloße, noch nicht verwirklichte Möglichkeit die einzige Eigenschaft der Formbarkeit besitzt. (Vgl. Hylozoismus).Seelenbild der Antike und Seelenbild des Abendlandes sind gegensätzlich: apollinisch und faustisch; ihre Ursymbole ebenfalls: Einzelkörper und Unendlicher Raum. Wie ein Dogma gegenüber aller Erfahrung, gelten auch Seelenbild und Ursymbol allgemein als unbeweisbar, deshalb sei hier darauf hingewiesen, daß der Unterschied zwischen Antike und Abendland sogar am Beispiel Parallelenaxiom deutlich werden kann: Euklid hat in seinen Elementen (um 312 v. Chr.) die mathematische Entsprechung für das antike Beispiel gegeben und Gauß ca. 2112 Jahre später (um 1800) die für das abendländische. Sie stehen - wie unzählige andere Beispiele auch - für einen metaphysischen Mittelpunkt, um den eine Kultur kreist, während sie von Seelenbild und Ursymbol angetrieben und angezogen wird. (Vgl. Oswald Spengler, 1917, S. 155, 227ff., 234, 390). Vgl. dazu auch das Germanentum.Das Seelenbild der magischen Kultur ist ein dualistisches: Geist und Seele, ihr Ursymbol die Welthöhle. (Vgl. Spengler, 1922, S. 847f.).Sfaira (griech: Kugel), Sphäre. Zu diesem Thema eine Literauturempfehlung: Peter Sloterdijk; Sphären, I) Blasen (1998), II) Globen (1999), III) Schäume (2004).Die Zahl 1 als mathematischer Einzelkörper - ganz antik, ganz apollinisch! (Vgl. Ursymbol).Maieutik (Geburtshilfe) ist die Hebammenkunst des Sokrates, durch geschicktes Fragen und Antworten die in einem Menschen liegende richtige Erkenntnis herauszuholen.Eine abendländische Alternativ könnte lauten: KEIN DER NUMISMATIK UNKUNDIGER SOLL DIESEN ORT BETRETEN. (Es möge sich fernhalten, wer unwillig ist, die Geschichte wie eine Goldmünzezu hüten ). Eine Braunsche Röhre ist in meinem Bruneschen Sinne ein Gleichrichtereffekt und eine Erweiterung des kleinsten Zwanges mit bahnbrechender Entwicklung auf dem Gebiet der Funktechnik.Zum Beispiel Aristoteles (383-322), der darauf hinwies, daß der das Wasser des Thales als Ursprung und Erklärungsgrund der Welt und ihrer Phänomene an den die Welt umfließenden mythischen Urstrom und an den Totenfluß Styx erinnere. Jedenfalls erlosch spätestens mit dem Prinzip Wasser der alte, der vorige Glaube an die im Kosmos herrschenden Götter (heidnische Astrotheologie). Dazu leistete sicherlich auch die orientalisierende (mesopotamische) Renaissance ihren Beitrag - und natürlich die vielen Reisen des Thales von Milet (650-570), der dadurch vielfältige Kenntnisse erwarb.Aristoteles (383-322); vgl. Ältere und Jüngere Aristoteliker (Peripatetiker) und Aristotelische Stoa. Dieser antike Universalgelehrte bestimmte mit seinen Klassifikationen und Begriffsprägungen die gesamte nachfolgende Philosophie, dominierte insbesondere die Scholastik. (Vgl. auch: Früh-Denker). Die sich auf Aristiteles stützende Art des Philosophierens, der Aristotelismus, wurde später auch von den Arabern (z.B. Averroes, 1126-1198) und Juden (z.B. Maimonides, 1135-1204) gepflegt und beherrschte insbesondere seit dem 13. Jh. das philosophische Denken des Abendlandes, vermittelt vor allem durch Albert dem Deutschen (den Großen, 1193-1280) und Thomas von Aquino (1225-1274), allerdings mit wesentlichen, durch das Christentum bedingten Änderungen. Dieser oft auch Thomismus genannte Aristotelismus wurde (als Neuthomismus) die Grundlage der katholischen Neuscholastik (bis heute!). In der Zeit der Renaissance wurde der Aristotelismus in unscholastisch-humanistischer Art von nach Italien gelangten byzantinischen Gelehrten neu belebt: in Deutschland fußten also sowohl die protestantische Neuscholastik (z.B. durch Melanchthon, 1497-1560) als auch die katholische Neuscholastik (z.B. durch Suárez, 1548-1617) auf dem Aristotelismus. Aristoteles, der für seinen Sohn Nikomachos die Nikomachische Ethik geschrieben hatte, blieb für die Entwicklung der abendländischen philosophischen Ethik richtungsweisend bis Kant (!). (Vgl. Tabelle).Johannes Faust (um 1480 - um 1540), deutscher Arzt, Astrologe und Schwarzkünstler, war nach seinem Theologiestudium in Heidelberg u.a. in Erfurt (1513), in Bamberg (1520), in Ingolstadt (1528) und in Nürnberg (1532). Er stand in Verbindung mit humanistischen Gelehrtenkreisen und hatte anscheinend Kenntnisse auf dem Gebiet der Naturphilosophie der Renaissance (magia naturalis). Schon zu seinen Lebzeiten setzte die Sagenbildung ein, besonders durch Übertragung von Zaubersagen auf ihn, in denen er vor allem als Totenbeschwörer auftrat. Sein plötzlicher (gewaltsamer?) Tod gab Anstoß zu Legenden, der Teufel habe ihn geholt. Diese Stoffe wurden Grundlage eines Volksbuches. Das erste Faustbuch erschien 1587 bei J. Spies in Frankfurt (Main). Mit einer um 1575 niedergeschriebenen Wolfenbüttler Handschrift des Faustbuches geht diese Fassung auf eine gemeinsame, nicht erhaltene Vorlage zurück. Das Spies'sche Faustbuch wurde 1599 in Hamburg neu bearbeitet von G. Widmann, dessen Fassung später (1674) von J. N. Pfitzer gekürzt wurde. Das älteste überlieferte Faust-Drama ist The tragical history of Doctor Faustus (entstanden 1588) von C. Marlowe. Es schließt sich eng an das Spies'sche Faustbuch an. Den Anfang bildet der Faustmonolog, ein nächliches Selbstgespräch des Faust, in dem dieser die einzelnen Universitätswissenschaften, einschließlich der Theologie gegeneinander abwägt, sie alle verwirft und sich der Magie verschreibt. Dieser Faustmonolog wurde ein festes Bauelement fast aller späteren Faustdramen. Faustspiele waren bei den englischen Komödianten in Deutschland (zuerst 1608 in Graz bezeugt) und später den deutschen Wandertruppen beliebt, worauf dann das Puppenspiel vom Doktor Faust, das seit 1746 bezeugt ist, fußt. (Vgl. Volksbuch vom Dr. Faust und z.B. auch Lessing und Goethe sowie Seelenbild).Auf die Hominiden folgte der Homo sapiens sapiens, auf den Humanismus folgt der Hominismus. Damit schließt sich vorerst der Kreis. Schon im 13. Jahrhundert sollen Alchimisten erste Experimente unternommen haben, um einen künstlichen Menschen im Reagenzglas zu erzeugen. Goethe ließt im 2. Teil des Faust den Famulus Wagner einen Homunkulus nach Anleitung des Paracelsus erzeugen. Heute scheinen sich die Möglichkeiten zur Erschaffung des Menschen nach eigenen Wünschen konkretisiert zu haben. (Vgl. hierzu: 22-24).Die Prädestination wurde vom Calvinismus, anfangs ein antischolastischer Humanismus, zu seinem Inhalt und Mittelpunkt gemacht. Diese Prädestination, die man auch Prädetermination nennt, meint die Vorbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschbaren Willen, und zwar entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit ohne Verdienst oder als Prädamnation zur Verdammnis ohne Schuld. Sie wurde schon von Augustinus (354-430) gelehrt und nach ihm von Luther (1483-1546), Zwingli (1484-1531), Calvin (1509-1564) und dem Jansenismus (nach Cornelius Jansen, 1585-1638). Auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus, besonders aber dem aus ihm entwickelten Puritanismus, und dem modernen Kapitalismus der abendländischen Kultur hat vor allem Max Weber (1864-1920) hingewiesen.Die Prädestination, die man auch Prädetermination nennt, meint die Vorbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschbaren Willen, und zwar entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit ohne Verdienst oder als Prädamnation zur Verdammnis ohne Schuld. Sie wurde schon von Augustinus (354-430) gelehrt und nach ihm von Luther (1483-1546), Zwingli (1484-1531), Calvin (1509-1564) und dem Jansenismus (nach Cornelius Jansen, 1585-1638). Prädestination wurde vom Calvinismus zu seinem Inhalt und Mittelpunkt gemacht. Auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus, besonders aber dem aus ihm entwickelten Puritanismus, und dem modernen Kapitalismus der abendländischen Kultur hat vor allem Max Weber (1864-1920) hingewiesen.Der Puritanismus ging aus der Reformation, insbesondere aus dem Calvinismus hervor. Der Calvinismus, anfangs ein antischolastischer Humanismus, machte die Prädestination zu seinem Inhalt und Mittelpunkt. Diese Prädestination, die man auch Prädetermination nennt, meint die Vorbestimmung des Menschen schon vor bzw. bei seiner Geburt durch Gottes unerforschbaren Willen, und zwar entweder als Gnadenwahl zur Seligkeit ohne Verdienst oder als Prädamnation zur Verdammnis ohne Schuld. Sie wurde schon von Augustinus (354-430) gelehrt und nach ihm von Luther (1483-1546), Zwingli (1484-1531), Calvin (1509-1564) und dem Jansenismus (nach Cornelius Jansen, 1585-1638). Auf einen engen Zusammenhang zwischen dem Calvinismus, besonders aber dem aus ihm entwickelten Puritanismus, und dem modernen Kapitalismus der abendländischen Kultur hat vor allem Max Weber (1864-1920) hingewiesen. (). Die Puritaner (die Reinen) sind die Vertreter einer Reformbewegung, die besonders in England seit etwa 1570 die Reinigung der englischen Kirche von katholisierenden Elementen in Verfassung, Kultus und Lehre betrieben. Strenger Biblizismus, eine Gewissenstheologie und die konsequente Sonntagsheiligung beeinflußten das englische Geistesleben bis in die Gegenwart. Die Puritaner brachten eine ausgedehnte Erbauungs- und Predigtliteratur hervor. 1604 wurden sie durch die Ablehnung ihrer Millenary Petition enttäuscht, wandten sich der politischen Opposition zu oder emigrierten in großer Zahl nach Nord-Amerika. Mit dem Sieg Oliver Cromwells (1599-1658) 1648 zur Herrschaft gelangt, beseitigten die Puritaner das Common Prayer Book und das Bischofsamt, vertrieben anglikanische Pfarrer, entfernten die Orgeln aus den Kirchen u.a.. Nach der Restauration der Stuarts wurden die Puritaner ihrerseits rigoros aus dem öffentlichen Leben zurückgedrängt - bis zur Toleranzakte von 1689. Die englischen Puritaner waren und sind also Vertreter eines speziellen Puritanismus. Diesen Insel-Puritanismus der Engländer kann man auch Angelsachsen-Puritanismus nennen. Für den Puritaner ist das genaue Gegenteil der Weltfreude charakteristisch. Die Weltfremdheit gehört zu den wichtigsten Charakterzügen des Puritanismus. Max Webers Beispiele zeigen alle das eine: »der Geist der Arbeit«, des »Fortschritts« oder wie er sonst bezeichnet wird, dessen Weckung man dem Protestantismus zuzuschreiben neigt, darf nicht, wie es heute zu geschehen pflegt, als »Weltfreude« oder irgendwie sonst im »aufklärerischen« Sinn verstanden werden. Der alte Protestantismus der Luther, Calvin, Knox, Voët hatte mit dem, was man heute »Fortschritt« nennt, herzlich wenig zu schaffen. Zu ganzen Seiten des modernen Lebens, die heute der extremste Konfessionelle nicht mehr entbehren möchte, stand er direkt feindlich. Soll also überhaupt eine innere Verwandtschaft bestimmter Ausprägungen des altprotestantischen Geistes und moderner kapitalistischer Kultur gefunden werden, so müssen wir wohl oder übel versuchen, sie ... in seinen rein religiösen Zügen zu suchen. (Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, 1904, S. 37-38). Laut Weber ist im Abendland nämlich vor allem die Frömmigkeit (der Pietismus) das rein religiöse Glied - als Berufung (Beruf) - zwischen dem alten Protestantismus bzw. Puritanismus und dem modernen Kapitalismus: Abendländischer Kapitalismus ist laut Weber nämlich eigentümlich, hat ein eigentümliches Ethos. Allgemein ist Kapitalismus kein Charakteristikum einzelner (Historien-)Kulturen, sondern der Menschen-Kultur überhaupt: Aber eben jenes eigentümliche Ethos fehlte ihm ... In der Tat: jener eigentümliche, uns heute so geläufige und in Wahrheit doch so wenig selbstverständliche Gedanke der Berufspflicht: einer Verpflichtung, die der Einzelne empfinden soll und empfindet gegenüber dem Inhalt seiner »beruflichen« Tätigkeit, gleichviel, worin sie besteht, gleichviel insbesondere, ob sie dem unbefangenen Empfinden als reine Verwertung seiner Arbeitskraft oder gar nur seines Sachgüterbesitzes (als »Kapital«) erscheinen muß: - dieser Gedanke ist es, welcher der »Sozialethik« der kapitalistischen Kultur charakteristisch, ja in gewissem Sinne für sie von konstitutiver Bedeutung ist. - ... - Arbeit als Selbstzweck, als »Beruf«, wie sie der Kapitalismus fordert ... Die kapitalistische Wirtschaftsordnung braucht diese Hingabe an den »Beruf« des Geldverdienens: sie ist eine Art des Sichverhaltens zu den äußeren Gütern, welche jener Struktur so sehr ädaquat, so sehr mit den Bedingungen des Sieges im ökonomischen Daseinskampfe verknüpft ist .... (Max Weber, ebd., 1904, S. 43, 45, 53, 61). Innerweltliche Askese bedeutet bei Max Weber die Verwendung der durch Ablehnung der religiösen Askese frei gewordenen Energie in der Berufsarbeit, wie eben besonders gefordert und gefördert durch den Puritanismus.Beruf (NHD; aus MHD: beruof, Leumund) - die neuhochdeutsche Bedeutung hat Martin Luther (1483-1546) geprägt! In der Bibel benutzte er es zunächst als Berufung durch Gott für klesis (griech.) bzw. vocatio (lat.), dann auch für Stand und Amt des Menschen in der Welt, die schon Meister Eckhart (1250-1327) als göttlichen Auftrag erkannt hatte. Dieser ethische Zusammenhang von Berufung und Beruf ist bis heute wirksam geblieben, wenn das Wort jetzt auch gewöhnlich nur die bloße Erwerbstätigkeit meint. Nun ist unverkennbar, daß schon in dem deutschen Worte »Beruf«, ebenso wie in vielleicht noch deutlichere Weise in dem englischen »calling«, eine religiöse Vorstellung: - die einer von Gott gestellten Aufgabe - wenigstens mitklingt und, je nachdrücklicher wir auf das Wort im konkreten Fall den Ton legen, desto fühlbarer wird. Und verfolgen wir nun das Wort geschichtlich und durch die Kultursprachen hindurch, so zeigt sich zunächst, daß die vorwiegend katholischen Völker für das, was wir »Beruf« (im Sinne von Lebensstellung, umgrenztes Arbeitsgebiet) nennen, einen Ausdruck ähnlicher Färbung ebenso wenig kennen wie das klassische Altertum, während es bei allen vorwiegend protestantischen Völkern existiert. Es zeigt sich ferner, daß nicht irgendeine ethnisch bedingte Eigenart der betreffenden Sprachen, etwa der Ausdruck eines »germanischen Volksgeistes« dabei beteiligt ist, sondern daß das Wort in seinem heutigen Sinn aus den Bibelübersetzungen stammt, und zwar aus dem Geist der Übersetzer, nicht aus dem Geist des Originals. Es erscheint in der lutherische Bibelübersetzung zuerst an einer Stelle des Jesus Sirach (11,20,21) ganz in unserem heutigen Sinn verwendet zu sein. (Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, 1904, S. 66). Seit Luther also gibt es das Wort Beruf in der noch heute gültigen Bedeutung: die hauptsächliche Erwerbstätigkeit des Einzelnen, die auf dem Zusammenwirken von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten beruht (also auf Bildung bzw. Ausbildung) und durch die er sich in die Volkswirtschaft eingliedert. Der Beruf dient meist der Existenzbasis. Es war vor allem der Protetestantismus mit seiner Askese (vgl. Puritanismus), der die sittliche Leistung der Arbeit stark betonte und den Beruf zum Gebot der Pflichterfüllung steigerte. Diese Haltung hat sich als Berufsethos, als innere, enge Verbundenheit des abendländischen Menschen mit seinem Beruf erhalten. Moderne Antriebe zur Verweltlichung gingen vom Deutschen Idealismus aus, der im Beruf das Postulat der Persönlichkeitsentfaltung entdeckte.Es ist bewunderungswürdig, mit welcher Sicherheit der englische Instinkt aus der ... ganz doktrinären und kahlen Lehre Kalvins sein eignes religiöses Bewußtsein formte. Das Volk als Gemeinschaft der Heiligen, das englische insbesondere als das auserwählte Volk, jede Tat schon dadurch gerechtfertigt, daß man sie überhaupt tun konnte, jede Schuld, jede Brutalität, selbst das Verbrechen auf dem Wege zum Erfolg ein von Gott verhängtes und von ihm zu verantwortendes Schicksal - so nahm sich die Prädestination im Geiste Cromwells und seiner Soldaten aus. Mit dieser unbedingten Selbstsicherheit und Gewissenlosigkeit des Handelns ist das englische Volk emporgestiegen. (Oswald Spengler, Preußentum und Sozialismus, 1919, S. 41 ). Wenn in England die Tat oder die Arbeit für sich und daher der persönliche Erfolg als göttliches Zeichen der Erlösung heilig ist, so in Preußen die Tat oder die Arbeit für andere. So formuliert es Ehrhardt Bödecker. Die Bezeichnung Pietismus, ursprünglich ein akademischer Spitzname für Streber und Pedanten, haben die Calvinisten in Halle von den orthodoxen Lutheranern in Leipzig erhalten. (Ehrhardt Bödecker, Preußen und die Wurzeln des Erfolgs, 2004, S. 113). Halle fiel 1680 an Brandenburg-Preußen (), August Hermann Francke (1663-1727) wurde zum Hauptvertreter des Pietismus in Halle und dadurch auch in Brandenburg-Preußen - seit der Königskrönung (1701) hieß es nur Preußen. Nicht der englische Kapitalismus, sondern der preußische Pietismus - der soziale Gemeingeist - führte zur modernen Sozialversicherung. Nicht England mit seinem eigenbrötlerischen Parlamentarismus, sondern Deutschland mit seinem sozialen Gemeingeist hatte die weltweit erste soziale Versicherungsgesetzgebung. Was wir heute als Soziale Marktwirtschaft oder etwas ungenau als Rheinischen Kapitalismus bezeichnen, ist nur sekundär rheinisch und primär preußisch (), also insgesamt als deutsch zu bezeichnen: Deutscher Kapitalismus ist Deutsche Marktwirtschaft, weil sozial! Gerechtigkeit ohne Gemeingeist gibt es nicht.Johann Wolfgang Goethe (1749-1832): Urfaust (1772-1775); Faust (Teil I), 1806, S. 27, Faust (II), 1831, S.113ff.Explikationsbedingte Neueinführungen rufen tatsächlich oft den Eindruck hervor, als seien aggressive neue Mitbewohner ins »Haus des Seins« eingezogen, für die kein angemessener Raum zur Verfügung stand, woraufhin sie sich gleichsam mit Gewalt einquartierten. Kein Wunder, wenn dies zuweilen als »revolutionäre« Turbulenz beschrieben wurde. Es besteht, um an eines der grellsten Einführungsdramen zu erinnern, kein Zweifel daran, daß die Explikation der Schrift durch den Druck mit beweglichen Lettern die gesamte Ökologie der europäischen Zivilisation nach 1500 durcheinandergeworfen hat. Man kann so weit gehen zu sagen, die nach-Gutenbergsche Welt stelle den Versuch dar, die für den ersten Blick harmlosen Neuankömmlinge, die in den Setzereien unter der Gestalt kleiner Bleistücke auftraten, in eine erträgliche Kohabitation mit den übrigen Kulturtatsachen, insbesondere den religiösen Überzeugungen der Menschen, einzubeziehen - Beweis durch Gelingen: die neuzeitliche Literatur und das Schulwesen der Nationalstaaten; Beweis durch Mißlingen: die verhängnisvolle Rolle der Druckerpressen als Träger der nationalistischen Bewußtseinsdeformation, als Alliierte sämtlicher ideologischen Perversionen und als Verbreiter und Beschleuniger der kollektiven Hysterien. Gabriel Tarde bezeichnete die Wirkungen des Buchdrucks zu Recht als eine »erstaunliche Invasion«, die der Illusion Vorschub leistete, »Bücher seien die Quelle der Wahrheit«. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 212-213; vgl. Sloterdijks Deutung der Vesal-Revolution).Was eine »Revolution« wirklich bedeutet, läßt sich am ehesten im Blick auf die Durchbrüche der Anatomen im 16. Jahrhundert erläutern, die sich vorgenommen hatten, das menschliche Körperinnere durch Schnitte zu öffnen und mittels deskriptiv adäquater Abbildungen zu publizieren. Mag sein, daß die vesalische »Revolution« für die Selbstverhältnisse westlicher Menschen viel folgenreicher war als die seit langem überzitierte und mißdeutete kopernikanische Wende. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S.70; vgl. Sloterdijks Deutung der Gutenberg-Revolution).Den eigenen Leib-Innenraum von der Möglichkeit seiner anatomischen Veräußerlichung her verstehen: dies ist das primäre kognitive »Revolutions«resultat der Neuzeit - vergleichbar nur mit der weltbildverändernden Gewalt der ersten Erdumsegelung durch Magellan und del Cano. (Peter Sloterdijk, Sphären III - Schäume, 2004, S. 72; vgl. Sloterdijks Deutung der Gutenberg-Revolution).Mystik (zu Myste, zu [griech.] myein, sich schließen [Lippen und Augen schließen]) war ursprünglich ein in die kultischen Geheimnisse der antiken Mysterien Eingeweihter und durch Weihen Aufgenommener. Ansonsten bedeutet Mystik eine weitverbreitete Sonderform religiösen Verhaltens, die einen bestimmten Frömmigkeitstypus hervorbrachte. Vgl. Ur-Mystik, Früh-Mystik, Hoch-Mystik, Spät-Mystik und Neu-Mystik und ihre Mündung in Idealismus und Romantik.Der Neuthomismus, der Kern der Neuscholastik seit Beginn der Gegenreformation bis heute, entwickelte sich aus dem Thomismus. Er gehört zu den bedeutendsten philosophischen Bewegungen der Gegenwart (Spätdenker), ist am stärksten in Frankreich und Belgien entwickelt, aber in fast allen Ländern vertreten. Das heute wichtigste Studienzentrum ist das von Kardinal D. Mercier (1851-1926) begründete Institut superiéur de philosophie an der UniversitäLöwen. Der Neuthomismus beschäftigt sich auch heute noch hauptsächlich nit Metaphysik (), Naturphilosophie (), Geist (), Erkenntnis (), Gott (), Ethik ().Neuthomistische Metaphysik beinhaltet z.B. die Akt-Potenz-Lehre: passive Potenz besagt reale Begrenzung des Aktes. Das Dasein ist der Akt des Soseins. Fas Werden ist ein Übergang von Potenz zu Akt. (Vgl. Neuthomismus).Neuthomistische Naturphilosophie beinhaltet z.B. den Hylemorphismus: die Hyle (Urstoff) verhält sich zur Form wie die Potenz zu Akt (); Ordnung des Seienden nach der Seinsfülle (tote Körper, Pflanze, Tier, Mensch). (Vgl. Neuthomismus).Neuthomistisches Thema Geist, z.B. mit den beiden Grundfunktionen Erkennen und und Wollen. (Vgl. Neuthomismus).Neuthomistisches Thema Erkenntnis: grundlegende Unterscheidung zwischen sinnlicher und geistiger Erkenntnis. (Vgl. Neuthomismus).Neuthomistisches Thema Gott: das Dasein aller Dinge hängt vom freien Willen Gottes ab; endliches Sein ist auf Gott als Seinsfülle ausgerichtet. (Vgl. Neuthomismus).Neuthomistisches Thema Ethik:: Glückseligkeit des Menschen ist nur durch letzte Hinordnung auf das reine und vollkommene Sein erreichbar. (Vgl. Neuthomismus).Rationalismus ist der Verstandes- bzw. Vernunftsstandpunkt, die Gesamtheit der philosophischen Richtungen, die irgendwie die Vernunft (lat. ratio), das Denken, den Verstand subjektiv, die Vernünftigkeit, die logische Ordnung der Dinge objektiv in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellen. Sowohl die Antike als auch das Abendland durchliefen eine Phase der Rationalisierung, des Rationalismus und der ihm völlig dienenden Aufklärung. Eine Systematisierung erfuhr der abendländische Rationalismus im 17. und 18. Jahrhundert durch Descartes (1596-1650), Spinoza (1632-1677), Leibniz (1646-1716) und Wolff (1679-1754). Für Rationalismus und Aufklärung gab es nur vorläufige Probleme, nicht aber grundsätzlich unlösbare Probleme. In der abendländischen Phase des Rationalismus entstand der neue Begriff der Wissenschaft, der gleichbedeutend wurde mit dem der Mathematik und der Naturwissenschaften. Wissenschaftlich heißt seither: in mathematisch-naturwissenschaftlicher Sprache darstellbar. Ferner entstand der Begriff der wertfreien Wissenschaft, die besagt, daß die Wissenschaft sich nicht darum zu kümmern habe, ob die Gegensätze und namentlich auch die Ergebnisse ihres Forschens ethisch wertvoll oder wertwidrig sind, ob sie Heil oder Unheil in sich tragen. Der Platz für die Metaphysik wurde durch den Rationalismus immer enger.Subjektivismus (im abendländischen Sinne), die durch Descartes (1596-1650) eingeleitete Wendung zum Subjekt, bedeutet, daß das Bewußtsein das primär Gegebene sei und alles andere Inhalt, Form oder Schöpfung des Bewußtseins. Den Höhepunkt dieses Subjektivismus bewirkte George Berkeley (1684-1753). Als gemäßigter Subjektivismus kann der Kantianismus betrachtet werden. Im eigentlichen Sinn ist Subjektivismus die Lehre von der durchgängigen Subjektivität der intellektuellen Wahrheit sowie der sittlichen und ästhetischen Werte, die Leugnung absoluter Geltungen. Beispiel: Homo-mensura-Satz - Mensch-Maß-Satz - wird der Satz des Protagoras (480-410) genannt: Der Mensch, und zwar jeder einzelne, ist das Maß aller Dinge, der seienden, daß sie sind oder nicht sind und wie sie sind. Im Extrem führt der Subjektivismus theoretisch zum Solipsismus, ethisch (praktisch) zum Egoismus.Cartesianismus ist eine philosophische Richtung, die sich zwar an Descartes (latinisiert: Cartesius) orientierte, aber weniger seine Philosophie als die seiner Anhänger und Fortbildner (v.a. in Frankreich, Deutschland, Holland, Italien) bedeutet. Sie entwickelten sich in evrschiedene Richtungen, z.B. auch in den Okkasionalismus. Der Cartesianismus ist gekennzeichnet durch den Ausgang von der Selbstgewißheit des Bewußtseins([Ego] cogito, ergo sum), durch den strengen Dualismus von Leib und Seele und durch die rationalistische mathematische Methode.Okkasionalismus ist die Lehre von den gelegentlichen Ursachen und geht aus von der Zweiheit zwischen Leib und Seele, weshalb Leib und Seele nicht wechselseitig aufeinander wirken können (wie Descartes annahm), sondern von Gott erzeugt werden, un zwar bei Gelegenheit von leiblichen Bewegungen die seelischen Empfindungen, bei Gelegenheit von Willensakten die Muskelbewegungen. (). Leibniz löste das Problem durch seine prästabilisierte Harmonie. (Vgl. auch: Psychophysischer Parallelismus).Die Eleaten - z.B. Xenophanes (ca. 580-485), Parmenides (ca. 540-470), Zenon (ca. 490-430), Melissos (5. Jh.) u.a. -, sowie Pythagoras (ca. 580-500) und seine Pythagoräer - z.B. Alkmaion (6. Jh.), Philolaos (5. Jh.) u.a. -, aber auch die Einzelgänger-Philosophen, z.B. Heraklit (544-483), Anaxagoras (500-428), Empedokles (483-424) und Leukipp (5. Jh. v. Chr.), sind in etwa zu vergleichen mit den barocken Philosophen und Naturforschern des Abendlandes, z.B. Francis Bacon (1561-1626), Galileo Galilei (1564-1642), Johannes Kepler (1571-1630), Jakob Böhme (1575-1624), Thomas Hobbes (1588-1679), Renè Descartes (1596-1650), Otto von Guericke (1602-1686), Jacob Thomasius (1622-1684), Blaise Pascal (1623-1662), Christiaan Huygens (1629-1695), John Locke (1632-1704), Benedictus Spinoza (1632-1677), Isaac Newton (1643-1727), Gottfried Wihelm Leibniz (1646-1716), Christian Thomasius (1655-1728), Edmond Halley (1656-1742), Christian Wolff (1679-1754) u.a.. Von ihnen allen waren die meisten auch großartige Mathematiker und Naturwissenschaftler.Das Huygenssche Prinzip ist eine von Christiaan Huygens (1629-1695) 1690 formulierte, auf mechanischer Grundlage beruhende Theorie der Lichtausbreitung in einem von unvorstellbar kleinen Kügelchen erfüllten Äther. Das Licht breitet sich in Form einer räumlichen (Stoß-) Welle aus, die im Äther durch mechanische Stöße übertragen wird. Mit Hilfe des Hugensschen Prinzips lassen sich Brechung und Reflexion von Wellen anschaulich deuten. Unter Einbeziehung der Interferenz wurde später das Huygensche Prinzip so modifiziert, daß auch die Huygens noch unbekannten Beugungserscheinungen gedeutet werden konnten (Huygens-Fresnelsches Prinzip). Mit dem von Thomas Young (1773-1829) aufgestellten Youngschen Interferenzprinzip gelang es, verschiedene Beugungserscheinungen, die Farben dünner Plättchen sowie die Newtonschen Ringe zu deuten und damit die Wellentheorie des Lichtes zu erhärten. 1817 schlug Young die Transversalität der Lichtwellen zur Erklärung der Polarisation vor. Im 19. Jahrhundert schienen die Experimente zur Interferenz, Beugung und Polarisation des Lichtes und die von James Clerk Maxwell (1831-1879) und Ludwig Boltzmann (1844-1906) formulierte elektromagnetische Lichttheorie eindeutig die Wellenvorstellungen zu bestätigen. Boltzmann begründete 1884 zusätzlich das von seinem Lehrer Josef Stefan (1835-1893) auf empirischem Wege gefundene Gesetz über die Gesamtstrahlung des schwarzen Körpers (Stefan-Boltzmannsches Gesetz). 1887 gelang Heinrich Hertz (1857-1894) die Erzeugung und damit der Nachweis der elektromagnetischen Wellen sowie deren Übertragung von einem Schwingkreis auf einen anderen. Weitere experimentelle Untersuchungen führten Hertz zu einer weiteren Entdeckung: den Photoeffekt. Die Situation zweier konkurrierender Vorstellungen über das Wesen des Lichtes entstand erneut zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die 1900 eingeführte Lichtquanten- oder Photonenhypothese von Max Planck (1858-1947) und (1905) Albert Einstein (1879-1955), mit der dem Licht wieder korpuskulare Eigenschaften zugesprochen wurden. Im Rahmen der Quantentheorie von Max Planck interpretierte Niels Bohr (1885-1962) 1927 beide Vorstellungen als komplementäre Seiten derselben physikalischen Realität. (Vgl. Chronik: Huygens bis Planck).Ein Meridian ist (in der Astronomie) der Großkreis, der durch den Zenit, den Nordpunkt am Horizont, den Nadir, den Südpunkt am Horizont und wieder zurück zum Zenit verläuft. Ein Meridian geht durch den nördlichen und südlichen Himmelspol. Alle Gestirne erreichen im Meridian ihre größte Höhe (obere Kulmination) und niedrigste Höhe bzw. Tiefe unter dem Horizont (untere Kulmination). Durch Feststellung des genauen Zeitpunktes des Meridiandurchgangs eines Gestirns wird seine Rektaszension (auf dem Himmelsäquator gemessener Bogen zwischen dem Frühlingspunkt und dem durch ein Gestirn gehenden Deklinationskreis; allgemein von Westen nach Osten im Zeitmaß 0 h - 24 h, seltener von 0°-360°, gezählt) als die eine Koordinate im Äquatorsystem bestimmt. Die Deklination eines Gestirns, d.h. der Winkelabstand eines Gestirns vom Himmelsäquator, kann aus einer Winkelmessung der Höhe des Gestirns über dem Horizont bei bekannter Polhöhe des Beobachtungsorts abgeleitet werden. Für einen nördlich des Äquators gelegenen Himmelskörper wird die Deklination (d) positiv angegeben.F = Betrag der Anziehungskraft, m1 und m2 = Masse der beiden Körper, r = Abstand der Massenmittelpunkte beider Körper, G = Gravitationskonstante 6,672 10 -11 m3 / kg s2 . In Worten bedeutet das Gravitationsgesetz: Zwei Körper ziehen sich mit einer dem Produkt ihrer Massen proportionalen Kraft und dem Quadrat ihres Abstandes umgekehrt proportionalen Kraft an. Das Newtonsche Gravitationsgesetz ist die Grundlage der Himmelmechanik. Streng gilt das Gesetz nur für Massenpunkte. In der Praxis können aber auch ausgedehnte Himmelskörper, wie Sterne und Planeten, mit diesem Gesetz erfaßt werden. Abweichungen ergeben sich in unmittelbarer Nähe dieser Himmelskörper, besonders bei einer deutlichen Abweichung von der Kugelgestalt. So muß für die Berechnung der Bahn eines Erdsatelliten z.B. auch die Abplattung der Erde berücksichtigt werden. Unsere Erde hat ja die Form oder Gestalt einer Birne. Gravitation (Schwerkraft) ist die universelle Eigenschaft aller materiellen Objekte, sich gegenseitig anzuziehen. Das oben erwähnte, von Isaac Newton (1643-1727) 1666 gefundene Gravitationsgesetz beschreibt die Kraft, mit der sich zwei Massen anziehen. Newton formulierte sein Gravitationsgesetz, wie auch seine 3 Axiome der Mechanik (Newtonsche Axiome), in dem 1687 erschienenen Hauptwerk Philosophiae naturalis principa mathematica. Die Anwendung seiner theoretischen Mechanik und der allgemeinen Massenanziehung auf die Bewegung machten ihn zum Begründer der Himmelsmechanik. Die von Newton geschaffene Grundlage der Mechanik wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die Quantentheorie (1900) vom Max Planck (1858-1947) - z.B läßt sich das Plancksche Strahlungsgesetz nicht aus der klassischen Physik herleiten, sondern erfordert die Annahme quantenhafter Emission und Absorption elektromagnetischer Strahlungsenergie durch den Schwarzen Strahler in Energiequanten der Größe hv - und durch die Relativitätstheorie (1905 bzw. 1916) von Albert Einstein (1879-1955) modifiziert. Einsteins Relativitätstheorie ist also, weil sie aus der Quantentheorie, d.h. aus der fundamentalen Innovation der Physik hervorging, primär Plancks Verdienst, denn Planck war es, der mit revolutionärer Kühnheit für den endgültigen Abschied der Physik von der Absolutheit des Wissens sorgte. (Vgl. Grenzdenken und Relativitätsprinzip).Edmond Halley (1656-1742) beobachtete 1676 bis 1678 erstmals den Südhimmel und einen vollständigen Merkurdurchgang (woraus er die auf Venusdruchgänge ausgedehnte Methode zur Bestimmung der Sonnenparallaxe entwickelte). 1688 schuf er eine erste meteorologische Generalkarte, 1701 eine Karte der magnetischen Deklination. Halley war ein enger Freund von Isaac Newton (1643-1727), den er zur Ausarbeitung der Principia anregte, die Newtons Hauptwerk wurde (Philosophiae naturalis principia mathematica) und 1687 erschien (u.a. mit den 3 Axiomen der Mechanik, die auch Newtonsche Axiome heißen). Auf deren Grundlage bestimmte Halley die Bahnelemente von 24 Kometen und entdeckte die Identität der Kometen von 1531, 1607 und 1682 (Halleyscher Komet).Epoche (Anhalten; Haltepunkt in der Geschichte) ist: 1.) ein bedeutender Abschnitt des hostorischen Entwicklungsablaufes. 2.) Teilperiode = Teil anthropiner Perioden (Prähominisierung, Hominisierung, Sapientisierung, Historisierung), die wiederum zu einer Periodik namens Menschheitsperiodik (= Menschwerdung, Menschen-Kultur o.ä. Bezeichnungen) gehören. Vgl. dazu: Tafel und Text.Otto von Guericke (Gericke; 30.11.1602 - 21.05.1686), Naturforscher und Staatsmann, wurde nach juristischen und mathematisch-technischen Studien 1626 Ratsherr und 1630 Bauherr der Stadt Magdeburg, trat 1631 nach ihrer Zerstörung als Ingenieur in schwedische, dann in kursächsische Dienste und war nach seiner Rückkehr 1646-78 einer der vier Bürgermeister von Magdeburg, dessen Interessen er zwischen 1642 und 1666 als Gesandter vertrat, z.B. bei den Friedensverhandlungen in Osnabrück (Westfälischer Friede) und auf dem Reichstag in Regensburg (1656). Seine öffentlichen physikalischen Demonstartionsversuche machten ihn weithin berühmt.Spinozismus ist die Lehre und die philosophiesche Weiterbildung der Lehre Spinozas (1632-1677). In Deutschland entwickelten besonders im 18. Jahrhundert Lessing (1729-1781), Herder (1744-1803), Goethe (1749-1832), Jacobi (1743-1819), Schleiermacher (1768-1834) u.a. einen Spinozismus, dessen Gott-Natur-Symbol viel weniger rationalistisch gestaltet war, als Spinozas Deus-sive natura. Ähnliche Witerbildungen in emotional-voluntaristischer Richtung erfuhr der Spinozismus bei Fichte (1762-1814), Schelling (1775-1854), Schopenhauer (1788-1860), Fechner (1801-1887), Wundt (1879-1963) u.a.. Der Spinozismus war eine der wirkungsvollsten Strömungen in der Zeit der Deutschen Bewegung. Lichtenberg (1742-1799) sagte damals: Wenn die Welt noch eine unzählbare Zahl von Jahren steht, so wird die Universal-Religion geläuterter Spinozismus sein, womit er vornehmlich Spinozas Pantheismus meinte. Der Pantheismus war z.B. für Schleiermacher die heimliche Religion der Deutschen.Schon Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), nach ihm Johann Gottfried Herder (1744-1803) und Wilhelm von Humboldt (1767-1835) vertraten die Idee des Angeboren (Nativismus). An Leibniz' Rationalismus, Herders Sprachzentrierung, Humboldts Neu-Idealismus (Neuhumanismus) orientierte sich offenbar Noam Chomsky (*07.12.1928), um zu der Logistik eines angeborenen Spracherwerbsmechanismus zu kommen (Language Acqusition Device). Vgl. Noam Chomsky, Syntactic Structures, 1957, Besprechung von Skinner, 1959, Aspekte der Syntaxtheorie, 1965. (Vgl. 22-24 und Sprachphilosophie).Sprachliche Arbitrarität oder Willkürlichkeit (auch: Beliebigkeit, Konventionalität, Unmotiviertheit) ist eine grundlegende Eigenschaft der sprachlichen Zeichen, die besagt, daß zwischen dem Bezeichnenden (Lautbild, Zeichengestalt) und dem Bezeichneten eine beliebige, nicht notwendigerweise, d.h. abbildende Beziehung besteht. Je nach sprachtheoretischen Ausgangspunkt bezieht sich diese Willkürlichkeit entweder auf das Verhältnis von sprachlichen Zeichen und außersprachlicher Realität oder auf das Verhältnis von sprachlichem Zeichen und seiner Bedeutung. Der Schweizer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure (26.11.1857 - 22.02.1913) bezog 1916 Arbitrarität auf das Verhältnis von Lautbild (image acoustique) und Vorstellung (concept) und belegte die Beliebigkeit dieser Verbindung durch die Tatsache, daß dasselbe Objekt der Realität von Sprache zu Sprache verschieden benannt wird. Arbitrarität bedeutet nicht, daß der einzelne Sprecher nach freier Wahl bei der Konstruktion sprachlicher Ausdrücke verfahren kann: unter dem Aspekt des Spracherwerbs und der Kommunikation erfährt der Sprecher den Zusammenhang zwischen Zeichen und Bedeutung als eine gewohnheitsmäßige, obligate Verbindung. Der Arbitrarität des sprachlichen Zeichens entspricht seine prinzipielle Nichtmotiviertheit, die allerdings in der Wortbildung, z.B. in Zusammsetzungen wie Schreibtisch, dreizehn sowie in onomatopoetischen Ausdrücken wie kikeriki und bums relativiert ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von sekundärer Motiviertheit. (Vgl. Nativismus).Der Geniekult und die Geniezeit waren ein typischer Ausdruck dieser Phase, des Perfektionismus und der Pedanterie, und zwar in dem schon oben beschriebenen Sinne, daß eine spätjugendliche Kultur endlich erwachsen sein will, aber, um es zu sein, noch ein wenig warten muß. (Vgl. 18-20).Urphänomen ist nach Goethe das empirische Phänomen, das jeder Mensch in der Natur erkennen kann und das durch Versuche zum wissenschaftlichen Phänomen erhoben wird, indem man es unter anderen Umständen und Bedingungen und in einer mehr oder weniger glücklichen Folge darstellt, so daß zuletzt das reine Phänomen als Resultat aller Erfahrungen und Versuche dasteht. Es ist ideal als das letzte Erkennbare, real als erkannt, symbolisch identisch mit allen Fällen, weil es alle Fälle begreift. (Vgl. Urpflanze).Urpflanze ist ein Begriff aus der Naturbetrachtung Goethes für das Urbild (Idee, begriffliche Urgestalt), nach dem alle anderen Pflanzenarten durch Abwandlungen entstanden sein sollen. Goethe suchte die Urpflanze in der Natur als eine noch unbekannte Art, oder auch etwa in der Grundgestalt eines Blattes oder eines Stammes zu finden, während Schiller in einem Gespräch mit ihm darüber auf den platonischen Ideencharakter der Urpflanze hinwies. (Vgl. Urphänomen).Giovanni Battista Vico (1668-1744), Geschichts- und Rechtsphilosoph, war ab 1697 Professor der Rhetorik in Neapel und ab 1734 Historiograph des Königs Karl von Neapel. Vicos Werke u.a.: De antiquissima Italorum sapienta ... (1710); Von dem einen Ursprung und Ziel allen Rechtes (1720); Grundzüge einer Neuen Wissenschaft über die gemeinschaftliche Natur der Völker, original (ital.): Principi di una scienza nuova intorno alla commune natura delle nazioni, 1725 (Prima Scienza Nuova) und 1744 (Seconda Scienza Nuova). Das von Vico entworfene Drei-Stadien-Gesetz, die Aufeinanderfolge der drei Zeitalter - der Götter, der Heroen, der Menschen -, hat Ähnlichkeit mit vielen später entwickelten Modellen oder Theorien, z.B. mit den von Auguste Comte (1798-1857) behaupteten drei Stadien: der Theologie, der Metaphysik, des Positiven (Positivistischen, Erfahrungswissenschaftlichen). Die von Vico behauptete Parallele zwischen Völkern spiegelt sich auch in der später von Comte angenommenen Parallele zwischen den Gesellschaften und den Erkenntnissen wider, noch mehr jedoch in der von Oswald Spengler (1880-1936) behaupteten Parallele zwischen den Kulturen. (). Man könnte auch ein Drei-Stadien-Gesetz annehmen (wie ich es vorschlage), das die Entwicklung zum Leben meint und etwa aus den folgenden drei Zeitaltern besteht: Universum ohne Leben (meinetwegen auch Zeitalter der Götter genannt), Leben ohne Menschen (meinetwegen auch Zeitalter der Heroen genannt) und Leben mit Menschen (das einem Vier-Stadien-Gesetz folgt: Prähominisierung bzw. Vor-/Urmenschen; Hominisierung bzw. Frühmenschen; Sapientisierung bzw. Altmenschen; Historisierung bzw. Jetztmenschen). Was die Zukunft bringen wird, ist nicht gewiß, aber es wird in Zusammenhang stehen mit der Frage, ob die Menschwerdung, die ja noch nicht beendet ist, auch zukünftig in verschiedenen Kulturen (ich nenne sie Historienkulturen) gespalten sein wird oder nicht. (). Was Vico wohl dazu gesagt hätte? Vier Vorbilder bestimmten sein Denken: Mit Plato erkennt er in der Idee den Maßstab. Mit Tacitus schildert er in den beschränkten Zwecken des menschlichen Eigennutzes die Wirklichkeit. Mit Bacon besinnt er sich auf die Einheit der wissenschaftlichen Welt. Mit Grotius faßt er die gesamte Philosophie und Theologie in das System eines allgemeinen Rechtes, in eine Überphilosophie, in die »Neue Wissenschaft«: d.h. Bestand der reinen Idee und geschichtlicher Wandel verbunden im Ziel der Wahrheit und begriffen in einem System. (R. Wisser). Vico beeinflußte auch Herder, seinen Entdecker, Goethe und überhaupt die weitere Geschichtsphilosophie. Schon um 1600, also lange vor Vico, hatte schon Bacon festgestellt, daß Kulturen altern wie Menschen und Phasen bzw. Auf-und-Ab-Stufen durchleben: In der Jugend der Völker und Staaten blühen die Waffen und die Künste des Krieges; im reifen männlichen Alter der Völker und Staaten Künste und Wissenschaften; dann eine Zeit lang beide zusammen, Waffenkunst und Musenkünste; endlich im Greisenalter der Völker und Staaten Handel und Industrie, Luxus und Mode. (Francis Bacon, De dignitate et augmentis scientiarum, 1605; IV, 2, 114).Zum Zyklus von Aufstieg und Verfall sowie ewiger Wiederkehr vgl. darum auch: Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), Karl Vollgraff (1792-1863), Ernst von Lasaulx (1805-1861), Heinrich Rückert (1823-1875), Friedrich Nietzsche (1844-1900), Oswald Spengler (1880-1936) und die Spenglerianer - z.B. Arnold Joseph Toynbee (1889-1975), August Winnig (1878-1956), Fritz Schachermeyr (1895-1987), Henry Kissinger (*1923), Samuel Phillips Huntington (1927-2008), Patrick Buchanan (*1938) - sowie Peter Sloterdijk (*1947).Begriff wird in der Logik verstanden als einbfachster Denkakt im Gegensatz zu Urteil und Schluß. Urteil meint einen Akt der Bejahung oder Verneinung, in dem 2 Begriffe (Subjekt und Prädikat) in Beziehung zueinander gesetzt werden. Im Urteil bezieht das Denken einen Begriff auf einen Gegenstand und setzt diesen zugleich mitsamt seinen Prädikaten, und zwar durch die Kopula ist, die stets auf absolute Geltung des behaupteten Sachverhalts abzielt. Der Schluß (conclusio) ist das formale logische Verfahren, aus mehreren Urteilen (als Voraussetzungen oder Prämissen) ein einziges Urteil, die Schlußfolgerung, begrifflich abzuleiten. (Vgl. Syllogismus bei Aristoteles).Ding an sich ist das Ding, wie es unabhängig von einem erkennenden Subjekt für sich selbst besteht, das wahre Sein, dessen Erscheinungen die empirischen Dinge sind, auf welches eben die Erscheinungen hinweisen. Wir erkennen ein Ding als Gegenstand unserer Wahrnehmung nur so, wie es uns - eingekleidet in den Ausbauungsformen von Raum und Zeit, in den Kategorien und Verstandesgesetzen - so erscheint. Wie es an sich beschaffen ist, werden wir niemals erfahren. (Frei nach: Kant, Kritik der reinen Vernunft, 1781).Beispiel Freiheit: der menschliche Wille als Ding, das in den Handlungen erscheint, ist nicht frei. Was erscheint, ist immer notwendige Wirkung von vorlaufenden Ursachen im Sinne von Naturkausalität. (Vgl. Phainomenon). Aber als Ding an sich könnte der Wille frei, d.h. nicht der Naturkausalität unterworfen sein. (Vgl. Noumenon).Ethik meint hier die Sittenlehre als praktische Philosophie, die nach einer Antwort sucht auf die Frage: was sollen wir tun? Beide Kulturen - Antike und Abendland - suchten die Antwort zunächst im Selbst bzw. in der Selbsterkenntnis. Aber dieser Subjektivismus hatte in der Antike wegen des Seelenbildes (und Ursymbols) eine andere, entgegengesetzte, Richtung als im Abendland. Die Antike suchte auch ethisch die Antwort am Außen des Körpers (in der begrenzten Äußerung), weil es für sie kein Geheimnis im Innen geben durfte; das Abendland suchte im Innen des faustischen Willens und kategorischen Imperativs (im Raum der unendlichen Verinnerlichung), weil es hier nur Geheimnisse gab. In beiden Fällen stelle man sich in den Dienst einer sozialanthropologischen Ethik. Ein Angebot, das man auch Hilfe zur Selbsthilfe (Selbsterkenntnis) nennen könnte. Wie kann ich dienen? ist eine typische Frage der dienerischen Phase (16-18). (Vgl. auch: Kant).Der kategorische Imperativ oder Imperativ der Sittlichkeit wurde von Kant folgendermaßen formuliert: Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. 785 schrieb Kant in seiner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten: 1.) Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte. 2.) Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest. (). Ob ein Mensch als Persönlichkeit das prinzipiell wollen kann oder nicht auch (oder vielleicht eher) etwas Eigenes in seinem Verhalten liegt, sollten später die Kritikpunkte an Kants Imperativ sein, z.B. von Nicolai Hartmann (1882-1950; vgl. 20-22): Sofern das besagt, daß wirklich die jedesmalige »Maxime« der Handlung ihre Richtschnur daran hat, ob sie zugleich allgemeines Gesetz sein könnte oder nicht, so liegt darin offenkundig etwas, was der Mensch als Persönlichkeit nicht prinzipiell wollen kann. Er muß vielmehr zugleich wollen, daß über alle Allgemeingültigkeit hinaus noch etwas Eigenes in seinem Verhalten sei, was an seiner Stelle kein Anderer tun sollte oder dürfte. Verzichtet er hierauf, so ist er eine bloße Nummer in der Menge, durch jeden Anderen ersetzbar, seine persönliche Existenz ist vergeblich, sinnlos.Immanuel Kant (1724-1804), Werke ():1) 1747-1758: Dominanz der Naturwissenschaften: -
Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte (1747) - Untersuchung der Frage, ob die Erde in ihrer Umdrehung um die Achse einige Veränderungen seit den ersten Zeiten ihres Ursprungs erlitten habe (1754) - Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels (1755) -
Geschichte und Naturbeschreibung der merkwürdigsten Vorfälle des Erdbebens
(1756) - Von den Ursachen der Erderschütterungen (1756) - Entwurf und Ankündigung eines Collegii über die physische Geographie nebst ... Betrachtung über die Frage, ob die Westwinde in unseren Gegenden darum feucht sind, weil sie über ein großes Meer streichen (1757) - Neuer Lehrbegriff der Bewegung und Ruhe (1758)
2) 1758-1781: Von der Wollfschen zur kritischen Metaphysik: -
Versuch einiger Betrachtungen über den Optimismus (1759) - Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren (1762) - Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes (1763) - Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen (1763) - Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764) - Versuch über die Krankheiten des Kopfes (1764) - Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral (1764) - Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik (1766) - Von dem ersten Grunde des Unterschieds der Gegenden im Raume (1768) - Über Form und Grundlagen der Wahrnehmungs- und der Vernunftwelt (1770) - De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis (1770) - Rezension der Schrift von Moscati über den Unterschied der Struktur der Tiere und Menschen (1771) - Von den verschiedenen Rassen der Menschen (1775) 3)
1781-1793: Kants kritische Philosophie: - Kritik der
reinen Vernunft (1781) - Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik (1783) - Über Schulz' Versuch einer Anleitung zur Sittenlehre (1783) - Ideen zur einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht (1784) - Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) - Rezension von Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (1785) - Über die Bestimmung des Begriffes einer Menschenrasse (1785) - Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) - Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786) - Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte (1786) - Über Hufelands Grundsatz des Naturrechts (1786) - Was heißt: sich im Denken orientieren? (1786) - Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien in der Philosophie (1788) - Kritik der praktischen Vernunft (1788) - Kritik der Urteilskraft (1790) - Über Schwärmerei und die Mittel dagegen (1790) - Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche der Theodizee (1791) - Über die von der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für das Jahr 1791 ausgesetzte Preisaufgabe: Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibniz' und Wolffs Zeiten gemacht hat? (1791) - Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793) - Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis (1793) 4) 1793-1804:
Kants nachkritische Phase (Bindeglied zwischen Kants Kritizismus
[]
und Deutschem
Idealismus) - Über Philosophie überhaupt
(1794) - Etwas über den Einfluß des Mondes auf die Witterung (1794) - Das Ende aller Dinge (1794) - Zum ewigen Frieden (1795) - Zu Sömmering über das Organ der Seele (1796) - Ausgleichung eines auf Mißverstand beruhenden mathematischen Streits (1796) - Metaphysik der Sitten (1797): I) Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre II) Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre - Über ein vermeintliches Recht, aus Menschenliebe zu lügen (1797) - Der Streit der Fakultäten (1798) - Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798) - Erklärung in Beziehung auf Fichtes Wissenschaftslehre (1799) u.a. Kants 3 Kritiken: Kritik der reinen Vernunft (1781), Kritik der praktischen Vernunft (1788), Kritik der Urteilskraft (1790).Deutscher Idealismus meint - fußend auf Leibniz und vorbereitet u.a. durch Lessing und Herder - die Entwicklung der deutschen Philosophie von Kant (um 1780) bis Hegel (um 1830), aber auch die philosophische Grundhaltung der deutschen Romantik (Jenaer Frühromantik-Kreis um die Brüder Schlegel und Heidelberger Romantik um Brentano, Görres, Grimm u.a.). Bei Schiller strahlte z.B. der Menschenbildungs-Idealismus ganz besonders - wie ein Stern. Schelling z.B. stand auf dem Boden des Deutschen Idealismus, war mit Fichte und Hegel zusammen dessen Hauptvertreter und bildete den Übergang des Idealismus zur Romantik. Er wurde wegen seiner steten Wandlung auch der Proteus der Philosophie genannt. Im Anschluß an Kant und Fichte entwarf Schelling eine spekulative Naturphilosophie der Hierarchie der Naturkräfte (Potenzen), die schließlich in eine Identitätsphilosophie mündete: Die Gegensätze von Subjekt und Objekt, von Realem und Idealem, Natur und Geist lösen sich für ihn im Absoluten auf als Identität von Idealem und Realem. Nach Schelling ist dieses Absolute unmittelbar erfaßbar durch die intellektuelle Anschauung und in der Kunst. (Vgl. Tabelle [Idealismus]).Aufheben bedeutet in der Dialektik Hegels, der Mehrdeutigkeit des Wortes entsprechend, sowohl emporheben als auch bewahren, als auch vernichten (negieren). Das in der Thesis Gesetzte wird in der Antithesis aufgehoben, d.h. negiert, und dann durch Negation der Negation von neuem gesetzt, jetzt aber auf einem erhöhten, über den Ausgangspunkt der dialektischen Bewegung emporgehobenen Niveau. Daraus ergibt sich die Synthesis, die die Thesis in erhöhter Form in sich bewahrt, d.h. aufhebt. (Vgl. Dialektik).Carl Friedrich Gauß (1777-1855) veröffentlichte seine nicht-euklidischen Geometrien nicht, weil er das Geschrei der denkfaulen, schwerfälligen und unkultivierten Menschen fürchtete. Er nannte sie Böoter, weil die Einwohner dieser antiken Landschaft (Hauptstadt: Theben) von den Einwohnern anderer Griechenstädte als denkfaul und schwerfällig beschrieben worden waren. Gauß meinte zu Recht, daß man die Menschen nicht wirklich würde überzeugen können. Die erste der nichteuklidischen Geometrien entdeckte Gauß nach Vollendung seines Hauptwerkes Disquisitiones arithmeticae (1801), durch deren in sich widerspruchslose Existenz bewiesen wurde, daß es mehrere streng mathematische Arten einer dreidimensionalen Ausgedehntheit gibt, die sämtlich a priori gewiß sind, ohne daß es möglich wäre, eine von ihnen als die eigentliche Form der Anschauung herauszuheben. (Vgl. 18-20).Die abendländische Philosophie sei eine Reihe von Fußnoten zu Platon, behauptete der Philosoph und Mathematiker Alfred North Whitehead (1861-1947), einer der wichtigsten Vertreter des Neurealismus, auf den er eine kritische Naturphilosophie gründete, die er später durch eine konstruktive Metaphysik ergänzte.Kant und Platon (vgl. Fußnoten) sind, wie Abendland und Antike, Gegensätze und nur auf analoge Weise zu vergleichen, denn auch antike abendländische Philosophie sind Gegensätze. Antike Philosophie ähnelte immer auch einem geschlossenen Einzelkörper (z.B. einer Kugel = sfaira, Sphäre), aber abendländische Philosophie eher einem offenen Unendlichkeitsraum. In der Antike schloß man sich einem philosophischen System auch mit dem ganzen Körper an; im Abendland schließt man sich einem philosophischen System allenfalls geistig an, ansonsten schließt man sich lieber von ihm aus: jeder verliert sich mit seiner eigenen Philosophie im Philosophie-Universum. Antike Philosophie war Wissenschaft im Sinne einer eher statischen Liebe zur Weisheit oder Epistemologie (antike Wissenschaftslehre). Eine Wissenschaft, wie sie das Abendland kennt, spielte in der Antike kaum eine Rolle. Abendländische Wissenschaft ist Philosophie im Sinne einer eher dynamischen Empiriologie oder Historiotechnik (abendländische Wissenskunst). Eine Philosophie, wie sie die Antike kannte, spielt im Abendland kaum eine Rolle. (). Aus diesen Gründen kann man Platon und Kant nicht gegeneinander aufrechnen. Die Philosophie ist eine antike Größe (wie der Name schon verrät) und deshalb von anderen Kulturen so kaum erreichbar. Die technologische Wissenschaft ist eine abendländische Größe und deshalb von anderen Kulturen so kaum erreichbar. Für das Abendland scheint folgender Satz Gültigkeit zu haben: Was aus zwingenden Gründen von jedermann anerkannt wird, das ist damit eine wissenschaftliche Erkenntnis geworden, ist nicht mehr Philosophie, sondern bezieht sich auf ein besonderes Gebiet des Erkennens. (Karl Jaspers, Einführung in die Philosophie, 1950).Zynismus (heute): Vgl. Sloterdijk, Kritik der zynischen Vernunft, 1983. Sloterdijk behandelt 6 Kardinalzynismen - militärisch, staatlich (vormachtlich), sexuell, medizinisch, religiös, wissenschaftlich - und 2 Sekundärzynismen - informativ (sensationsjournalistisch), tauschartig (kapitalgesellschaftlich). Für alle 8 Zynismen gibt es nach Sloterdijk auch korrespondierende Kynismen. Die Religion könne z.B. zynisch als Herrschaftsinstrument mißbraucht werden und zugleich kynisches Medium der Emanzipation sein.Römisch-katholische Interpretationen attestieren dem Abendland zumeist, daß in ihm die Dominanz des Christlichen überwiege. Diese Meinung teilen vor allem kirchliche und vornehmlich christlich orientierte Vertreter. Theodor Heuss (31.01.1884 - 12.12.1963) soll einmal gesagt haben, daß Europa von 3 Hügeln ausgegangen sei: von der Akropolis, von Golgatha und vom Kapitol. Diese Sichtweise würde eher, wenn vielleicht auch nicht beabsichtigt, auf eine Dominanz der Antike verweisen. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß aus einem antik-apollinischen Einzelkörper und einer magisch-seelengeistigen Welthöhle ein abendländisch-faustischer Unendlichkeitsraum entstehen kann, dann muß unbedingt ein dritter Faktor hinzukommen, den ich die Kulturpersönlichkeit nenne: das Germanentum. Ohne das Germanentum versteht man die Willensdynamik eines Faust nicht, und ohne das germanische Element ist die Raumtiefe, aber auch die in jeder Hinsicht sowohl ins Mikrokosmische als auch ins Makrokosmische gehende Unendlichkeit nicht als distinktives Merkmal der abendländischen Kultur zu identifizieren. Diese Merkmale treffen auf keinen antiken Menschen zu, aber insbesondere auf die Abendländer, die germanischen Ursprungs sind. Scharfe Gegensätze, wie die zwischen Antike und Abendland, sind zwar unbedingt ein Indiz für Verwandtschaft, weil beide Kulturen so auffallend gegensätzlich sind: aktiv und reaktiv. Offenbar hat die Antike auf das Abendland aber nicht persönlichkeitsstiftend gewirkt und konnte auch erzieherisch nicht tätig werden, weil sie so früh verstarb. Die Biogenetik und Sozialisation geraten nicht selten so weit auseinander, wenn ein Elternteil früh verstirbt, d.h. nicht wirklich erlebt wird. Dem Abendland scheint es auch so ergangen zu sein. Die Auseinandersetzungen mit der magischen Mutter hat beim Kind jedoch zu einer enormen, fast schon verdächtigen Erinnerung bis hin zur Vergötterung des antiken Vaters Beitrag geleistet. Aber liegt deshalb immer auch schon ein Vaterkomplex vor? Es bleibt zunächst festzuhalten, daß auch kulturell zwischen Genetik und Sozialisation, zwischen Anlage und Umwelt, zwischen angeboren und anerzogen ganz klar unterschieden werden muß. Dazwischen bewegt sich die Persönlichkeit. Man kann sie nicht isolieren, folglich auch nicht isoliert betrachten, aber man kann sie beschreiben, und ich beschreibe die Kulturpersönlichkeit des Abendlandes als germanisch, weil dieser Raum zwischen Anlage und Umwelt für die Kulturpersönlichkeit zwanghaft unendlich werden muß, wenn sie die verlorene Vaterkultur zurückholen will. Der unendliche Raum und Wille sind auch deshalb Ursymbol und Urwort des Abendlandes. Wenn der Mensch eine Grundlage von etwa 60 Billionen Zellen hat und einer Umwelt von praktisch unendlicher Vielfalt ausgesetzt ist, so gilt für eine Kultur, daß sie Völker, Staaten oder Nationen zur Grundlage hat und einer Umwelt von unendlichen Möglichkeiten, aber auch gähnender Leere gegenübersteht. Mit dem Germanentum fiel eine faustische Entscheidung zugunsten der unendlichen Möglichkeiten. Die Eltern des Abendlandes waren also antik-magisch, ihre gentragenden Chromosomen römisch-christlich, aber die Kontrollgene germanisch. (Vgl. 22-24).
© Hubert Brune, 2001 ff. (zuletzt aktualisiert: 2014). |