Auch wenn es
darum geht, zu umschreiben, wann wer auf wessen Kosten endlich die Reife
erreicht, ist Wirtschaft der zutreffende Begriff für den umfassenden Bereich
menschlichen Lebens, obwohl dazu auch Wirtswechsel geeignet wäre,
denn der Wirt,
der in der Biologie ein Lebewesen bezeichnet, das einem bestimmten Parasiten
als Lebenstätte dient und ihn ernährt, ist ja für viele der Parasiten
entweder einer der Zwischenwirte, wenn die Parasiten ihre Jugendstadien
durchlaufen, oder ein Endwirt, wenn die Parasiten durch ihn endlich
ihre Geschlechtsreife erreichen. Den Übergang von einem Wirtsorganismus auf
einen anderen nennen die Biologen auch Wirtswechsel.Ökonomie
ist Wirtschaftlichkeit - genauer: Häuslichkeit, Verwaltung und Rechtlichkeit
(recht-/sittliche Gesetzlichkeit). Ökonomie und Ökologie wurzeln im
Haushalt (oikoV
= Haus, Wohnung), die Ökonomie im Haushalt und im Hüter
(nomia = Hüter, Verwalter u.s.w.)
oder im Nomos (nomoV = Gesetz, Regel,
Sitte, Rechtsordnung, -vorschrift, Satzung, Vorschrift, Brauch, Herkommen, Weide,
Wohnsitz, Bezirk, Provinz, Landstrich, Melodie, Lied, Tonart, Hirte u.s.w.),
die Ökologie im Haushalt und im Logos (logoV
= Rede, Vernunft, Kunde, Darlegung, Erzählung, Vortrag, Beschreibung
u.s.w.). Der oikonomoV bezeichnet den Hausverwalter,
den Verwalter, den Wirt, der oikonomew
das Hausverwalter-Sein, das Verwalten, die Anordnung, die
Haushaltung, die Verwaltung. DernomeioV
bezeichnet - wie der nomoV - den Hirten,
nomaV bedeutet auf der Weide befindlich,
weidend, umherschweifend, das Verb nomeuw
meint weiden, hüten, nomisma ist
die Münze, das Maß, nomikoV
heißt das Gesetz betreffend, gesetzlich, rechtskundig, nomizw
bedeutet als Sitte anerkennen, als Brauch haben, gewohnt sein, nomoqetikoV
meint gesetzgeberisch, nomoqetikh bzw.nomotesia
bedeutet Gesetzgebung, der nomofulakeV
ist der Gesetzeshüter. Für die sogenannte klassische
(einschließlich neoklassische) Schule ( )
ist Wirtschaftlichkeit - im Unterschied zu Rentabilität (Erfolg eines Unternehmens)
und Produktivität (volkswirtschaftliche Ergiebigkeit) - die Erfolgskategorie,
das Kriterium der wirtschaftlichen Beurteilung des Betriebes, gemessen an der
gesamten Betriebsleistung. d.h. an der aufgewendeten menschlichen Arbeit und dem
Kapitaleinsatz, wobei unter Leistung der Wirkungsgrad der auf eine bestimmte Aufgabe
gerichteten Tätigkeit zu verstehen ist. Wirtschaftlichkeit ist das Ergebnis
eines innerbetrieblichen Vorganges, bei dem Aufwand und Ertrag, Kosten und Leistung
im Hinblick auf ein optimales Verhältnis beider Größen zueinander
in Beziehung gesetzt werden. Die Schwierigkeit liegt natürlich in der Messung!
Außerdem muß das nicht zu leugnende Faktum berücksichtigt werden,
daß gerade wieder einmal die sogenannten Experten bis heute
das Wirtschaften immer noch nicht richtig verstanden haben ( ).
Vgl. hierzu auch den Text zur Wirtschaftswissenschaft.-
Ökonomisches Prrinzip - (Maximalprinzip
und Minimalprinzip) Das Wirtschaftlichkeitsprinzip (modern-ökonomisches
Vernunftprinzip) ist das Streben, mit einer gegebenen Menge an Produktionsfaktoren
den größtmöglichen Güterertrag zu erwirtschaften oder für
einen gegebenen Güterertrag die geringstmögliche Menge an Produktionsfaktoren
einzusetzen.- Mikroökonomie / Mikroökonomik
-Die Mikrooökonomie bzw. Mikroökonomik ist die Betrachtung
und Untersuchung solcher Zusammenhänge, die sich auf die einzelnen Unternehmungen
bzw. Betriebe und Haushalte beziehen.- Makroökonomie / Makroökonomik
-Die Makrooökonomie bzw. Makroökonomik ist die Betrachtung
und Untersuchung gesamtwirtschaftlicher Größen, die sich also nicht
auf die einzelnen Unternehmungen bzw. Betriebe und Haushalte, sondern auf die
Volkswirtschaft als Ganzes beziehen.-
Konjunktur -Die (zyklischen)
Schwankungen des Produktionsvolumens einer Volkswirtschaft durch zusammenwirkende
Veränderungen bestimmter ökonomischer Größen nennt man Konjunktur
(zu lat. coniungere, verbinden), weil sie eine sich aus der
Verbindung verschiedener Erscheinungen ergebende Lage bezeichnen. Davon zu unterscheiden
sind Saisonschwankungen und Sonderbewegungen einzelner Wirtschaftszweige. Meist
wird von der Vorstellung einer mehr oder weniger zyklischen Bewegung, dem Konjunkturzyklus,
ausgegangen. Der Verlauf eines solchen Zyklus wird unterteilt in TIEF (Depression,
Stagnation), AUFSCHWUNG (Wiederbelebung, Expansion), HOCH (Boom,
Hausse) und ABSCHWUNG (Rezession, Krise, Kontraktion). Ähnlichkeiten
mit dem Kulturzyklus
sind kein Zufall: Der älteste
Ansatz zur Erklärung des Konjunkturzyklus ist die auf den schweizerischen
Ökonom und Historiker Simonde de Sismondi (1773-1842) zurückgehende
Unterkonsumtionstheorie (Erklärung der Wirtschaftskrisen aus einer nicht
hinreichenden Nachfrage nach Konsumgütern), wonach der Absatz wegen zu geringen
Konsums der Arbeiter ins Stocken gerät. Ähnlich erklärte auch Karl
Marx (1818-1883) die Zyklen mit dem Fall der Profitrate, dem die Kapitalisten
durch eine Akkumulation, die zu einer die Absatzmöglichkeiten übersteigenden
Produktion führe, zu begegnen suchen. |
| Nach
verschiedenen anderen Theorien, die als Ursache z.B. Ernteschwankungen (Agrartheorie),
Veränderungen des Geld- und Kreditvolumens (monetäre Konjunkturtheorie)
oder auch psychologische Strukturen annahmen, erklärte der sogenannte Keynesianismus
den Konjunkturzyklus mit Schwankungen der effektiven Nachfrage ( ).
In vielen Ländern übernimmt der Staat die Aufgabe, die Konjunkturschwankungen
zumindest zu mildern, indem er seine eigenen Ausgaben und über geldpolitische
und finanzpolitische Maßnahmen auch die Ausgaben der Privaten im Rahmen
einer antizyklischen Konjunkturpolitik so vermindert oder erhöht,
daß den zyklischen Schwankungen gegengesteuert wird. Ziele und Mittel der
Konjunkturpolitik sind z.B. in Deutschland vor allem im Stabilitätsgesetz
verankert. (Vgl. Wirtschaftskreislauf
/ Polyzyklen).-
Besitz und Eigentum -Besitz ist im
Rechtssinne die tatsächliche Verfügungsmacht einer Person über
eine Sache, Eigentum ist im Rechtssinne die im Rahmen der gesetzlichen
Einschränkungen nach Belieben ausübbare Herrschaft einer Person über
eine Sache. Laut § 9 BGB kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht
das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit derselben nach Belieben verfahren
und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Eine vom
Eigentum als Basis des Wirtschaftens ausgehende Theorie liefert Gunnar
Heinsohn (*1943): Die Basis des Wirtschaftens liegt aber weder im Kapital
noch im Markt, sondern im Eigentum. Das kann man nicht sehen, riechen, schmecken
oder anfassen, weil es ein papierener Rechtstitel ist. .... Die Unterscheidung
zwischen Besitz und Eigentum ist für das Verständnis des Wirtschaftens
fundamental. Ökonomie wird so schlecht verstanden, weil die Gelehrten Besitz
und Eigentum für ein und dieselbe Sache halten. .... Gesellschaften ohne
Eigentum haben kein Geld, also keine zinsbelasteten Schulden und bleiben eben
deshalb ohne nennenswertes Wachstum. .... An einem Stück Ackerland läßt
sich die wirtschaftliche Potenz des Eigentums über das bloße besitzbasierte
- und ewige - Produzieren hinaus besonders leicht nachvollziehen. .... Zur geschäftlichen
Verwendung eines Ackers - also zum Wirtschaften mit ihm - kann es erst kommen,
wenn zum Besitzrecht noch ein Eigentumstitel hinzutritt. Man kann sagen, daß
mit dem Acker produziert, mit dem Zaun, der ihn umgibt, jedoch gewirtschaftet
wird, wobei er den Eigentumstitel symbolisiert und nicht nach Draht und Pfosten
betrachtet wird, die es auch in reinen Besitzgesellschaften geben kann ( ).
Während der Bauer einer Eigentumsgesellschft seine Feldmark - durch
eigenen Gebrauch oder durch Verpachten - als Besitzer nutzt, kann er mit dem Eigentumstitel
an ihr gleichzeitig und eben zusätzlich wirtschaften. Er kann diesen Titel
für das Leihen von Geld - Mark z.B. - verpfänden, oder er kann
ihn für die Besicherung des von ihm selbst emittierten Geldes - wiederum
Mark - belasten. (Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht,
2003, S. 88-91 ).
- Geld
und Zins -
Geld gilt allgemein als Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel. Als
Wertaufbewahrungsmittel dient Geld der Wertsicherung insofern, als
daß ihm Vertrauen entgegengebracht werden kann, z.B. dadurch,
daß es einen Gegenwert hat (Gold, Silber o.a.), den z.B. eine
durch nichts gedeckte Währung wie der US-Dollar seit 1971 nicht
hat. Als Tauschmittel ist Geld - eben wegen seiner Funktion, gegen
alle Waren austauschbar zu sein - in einer arbeitsteiligen Wirtschaft
unentbehrlich für die Vermittlung der Tauschakte. Diese Funktion
setzt voraus, daß das jeweilige Geld auch allgemein als Zahlungsmittel
anerkannt ist. Doch anscheinend reicht die Definition für Geld
als Tausch- bzw. Zahlungsmittel ebenso wenig aus wie die für
Zins als Preis bzw. Einkommen aus Kapitalbesitz: Die auf Eigentum
basierenden Gesellschaften (
)
können auch zahlenmäßig größere Völker
übertreffen, weil Eigentum für die Schaffung von Geld
belastet und für das Borgen von Geld in einem Kredit verpfändet
werden kann. Der Geldschaffer verliert durch diese Belastung während
des Kreditzeitraumes die Freiheit seines Eigentums, kann es nicht
noch einmal belasten und auch nicht verkaufen oder verschenken.
Dafür gewinnt er die Zinszusage seines Schuldners. Und eben
für dieses Immer-Mehr aus niemals länger werdenden
Jahresfristen, muß erfinderisch gewirtschaftet werden. Gesellschaften
ohne Eigentum haben kein Geld, also keine zinsbelasteten Schulden
und bleiben eben deshalb ohne nennenswertes Wachstum. .... Daß
der Zins als entscheidende Zugkraft des Wirtschaftens am Eigentum
haftet, ist zwar ganz allgemein schlecht verstanden. Aber nur die
Marxisten schreiten seit 1917 zu seiner regelrechten Abschaffung.
Sie versprechen - wenn man so will - den Menschen für ihr Auto
eine noch höhere und überdies pannensichere Geschwindigkeit,
wenn man nur den Motor ausbaue. Diese Heilung der Tuberkulose durch
Entfernung der Lunge hat an die 100 Millionen Menschen das Leben
gekostet. .... - Die Geldnote - ob auf Metall oder Papier gedruckt
- ist ... ein Eingriffsrecht in das Eigentum ihres Emittenten und
kommt nur durch Schuldenmachen in die Welt. Auch das auf fast wertlosem
Material notierte Geld ist wertvoll, weil hinter ihm besicherndes
und zusätzlich verpfändetes Eigentum steht. Wo jemand
Geld emittiert, tut er diese für einen anderen, der ihm mindestens
im selben Wert Eigentum verpfändet sowie Tilgung und Zins zusgesagt
hat. Der in die Zirkulation gelangten Geldnote entspricht mithin
ein zweites notifiziertes Dokument. Das ist der Kreditkontrakt,
in dem der geschaffene Betrag als mit Eigentum des Leihers besicherte
und zu verzinsende Schuld niedergeschrieben ist. Erst wenn der die
Schuld getilgt hat, kann die zum Verleiher heimgekehrte Geldnote
vernichtet und der Kreditkontrakt zerrissen werden. Sind die Noten
aus Metall oder ist das Papier noch gut, können sie bei einer
neuerlichen Emission wieder verwendet werden. .... Als Verwender
von Geld, das immer jemand - nämlich der im geldschaffenden
Kreditkontrakt Benannte - schuldet, entwickeln Mitglieder von Eigentumsgesellschaften
einen ganz anderen Blick auf die Welt als Menschen aus reinen Besitzgesellschaften,
also aus Stämmen oder aus Feudalgesellschaften, werden diese
nun durch Adelkasten oder »Avantgarden einer Arbeiterklasse«
dirigiert. Geldschuldner suchen immer nach Wegen, aus der prinzipiell
unveränderlich gleich langen Zeit eines Jahres oder eines Monats
das Zusätzliche herauszuholen, das sie für den Zins aufbringen
müssen. Eben dafür erzeugen sie Märkte. Auf diesen
versucht man Schuldendeckungsmittel, also Geld zu erlangen. Dessen
Existenz geht dem Markt somit voraus, während die Marktwirtschaftler
glauben, daß erst die Märkte da seien, auf denen es dann
für eine Tauscherleichterung erfunden werde. (Gunnar
Heinsohn, Söhne und Weltmacht, 2003, S. 89-92 ).
|
Erleben |
Handeln |
Erleben |
Ae => Ee
Wahrheit
Werte |
Ae => Eh
Liebe |
Handeln |
Ah => Ee
Eigentum/Geld
Kunst |
Ah => Eh
Macht/Recht |
Vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der
Gesellschaft, 1997, S. 336.
|
Gemäß Niklas Luhmann entstand
Geld vermutlich nicht im Hinblick auf seine Tausch vermittelnde
Funktion, sondern als Zeichen für unausgeglichene Leistungsverhältnisse,
zuerst wohl in Haushaltswirtschaften. Noch im 18. Jahrhundert war
Staatsverschuldung das primäre Instrument der Geldschöpfung,
und auch »Bank«noten waren zunächst als (übertragbare)
Schuldscheine konzipiert. Aber dann mußte man immer wissen,
wer der Schuldner war und ob man seiner Zahlungsfähigkeit trauen
konnte oder nicht. Erst in jüngster Zeit ist diese Einschränkung
aufgegeben worden. Schuldner ist dann, wenn man diese Bezeichnung
überhaupt noch brauchen darf, die Wirtschaft selbst, die sich
das Geld schuldet, das sie zirkulieren läßt. Zahlungsfähigkeit
kann nicht mehr anders als in der Form einer Garantie der Verwendbarkeit
des Geldes, also in Form der Autopoiesis des Wirtschaftssystems
gewährleistet werden. Die Funktion des symbolisch generalisierten
Kommunikationsmediums Geld ist derart unwahrscheinlich, daß
sie nie als die Evolution ermöglichender Faktor hätte
dienen können, sondern erst in einer schon funktionierenden
Geldwirtschaft sichtbar wird. (Niklas Luhmann, Die Gesellschaft
der Gesellschaft, 1997, S. 348-349 ).
Sowohl Wahrheit als auch Geld neutralisieren die gefährliche,
konfliktnahe Machtkommunikation, indem sie Ego nur Erleben zumuten
(vgl. in der Tabelle; HB), und Sozialutopien
benutzen daher gern die Vorstellung, die Gesellschaft lasse sich
allein durch Wahrheiten oder allein durch den Markt steuern. Das
hieße jedoch auf wichtige Ordnungsmöglichkeiten verzichten,
nämlich auf all das, was über konditionierte Willkür
an langen Handlungsketten organisiert werden kann. Denn weder Wahrheit
noch Geld können festlegen, was der Empfänger mit dem
Empfangenen tut - und genau dies ist die Funktion von Macht.
(Ebd., S. 356-357 ).
Und: Zu einer vollen Entfaltung der symbolisch generalisierten
Kommunikationsmedien (gemäß Tabelle:
Wahrheit, Werte, Liebe, Eigentum/Geld, Kunst, Macht/Recht; HB)
kommt es erst unter der Voraussetzung einer funktionalen Differenzierung
des Gesellschaftssystems; denn nur dann können die Medien als
Katalysatoren dienen für die Ausdifferenzierung von Funktionssystemen
der Gesellschaft. (Ebd., S. 358 ).
Noch einmal Luhmann: Geld muß knapp gehalten werden,
um Güter im Überfluß erzeugen zu können, während
in Wirklichkeit das Umgekehrte der Fall ist. (Ebd., S. 374
).
Geldmenge,
Hortneigung und PreiseGütermenge
je Periode (G) | Geldmenge | Gehortete
Geldmenge | Nachfragewirksame Geldmenge
(M) | Preis (Preisniveau) | Kaufkraft
(= G/M) | 1000 | 1000
GE | - | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 | 1000 | 1000
GE | 1000 GE | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 | 1000 | 3000
GE | 2000 GE | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 | 1000 | 4000
GE | 3000 GE | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 |
|
Geldmenge,
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und PreiseGütermenge
je Periode (G) | Geldmenge | Umlaufgeschwindigkeit des
Geldes | Nachfragewirksame Geldmenge
(M) | Preis (Preisniveau) | Kaufkraft
(= G/M) | 1000 | 1000
GE | 1 | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 | 1000 | 1000
GE | 1/2 | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 | 1000 | 3000
GE | 1/3 | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 | 1000 | 4000
GE | 1/4 | 1000
GE | 1,- GE | 1,00 |
| Die
Beschleunigung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wirkt sich wie eine Vermehrung
der Geldmenge aus, und die Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
wirkt sich wie eine Verminderung der Geldmenge aus.Der Geldwert hängt
einseits von der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ab, andererseits aber bestimmt
der erwartete Geldwert die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes; und noch weiter:
wenn die Wirtschaftssubjekte steigende Preise erwarten, realisieren sie die höheren
Preise tatsächlich durch ihr Verhalten, indem sie die Umlaufgeschwindigkeit
des Geldes erhöhen; wenn sie fallende Preise erwarten, realisieren sie die
niedrigeren Preise, indem sie die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes vermindern.Bezeichnet
man die in einer Volkswirtschaft umlaufende Geldmenge mit Gn, die Giralgeldmenge
mit Gg, die Umlaufgeschwindigkeit des Notengeldes mit Un,
die des Giralgeldes mit Ug, die gesamte angebotene Gütermenge
(Handelsvolumen) mit H und das Preisniveau mit P, so gilt:Die
Unterscheidung in Noten- und Giralgeld ist notwendig, weil die Umlaufgeschwindigkeit
des Giralgeldes regelmäßig größer als die des Notengeldes
ist. Der Wert des Geldes, augedrückt im Preisniveau, ist dann:Die
Verkehrsgleichung kann aber nur dann von gewissem Wert sein, wenn man nicht die
tatsächliche in der Volkswirtschaft vorhandene Geldmenge, sondern nur die
zu Zahlungen verwendete Geldmenge berücksichtigt, also: das Hortgeld abzieht.
Unter diesen Bedingungen läßt sich sagen: | Erhöht
sich die Geldmenge bei gleicher Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und nicht in
gleichem Maße steigendem Güterangebot, muß das Preisniveau steigen,
also: der Geldwert sinken. | | Erhöht
sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bei gleicher Geldmenge und nicht in
gleichem Maße steigendem Güterangebot, muß das Presiniveau steigen,
also: der Geldwert sinken. | | Sinkt
bei gleicher Geldmenge und gleicher Umlaufgeschwindigkeit des Geldes das Güterangebot,
muß das Preisniveau steigen, also: der Geldwert sinken. | Diese
Sätze gelten auch in ihrer Umkehrung.Kleinere Veränderungen
der Geldmenge und/oder der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bewirken aber keineswegs
immer und überall zugleich Änderungen des Priesniveaus.Übrigens:
Von 1971, als Nixon die Einlösungspflicht des Dollars in Gold auflöste
(seitdem also der Dollar eine durch NICHTS gedeckte Währung ist),
bis 2001 - also innnerhalb von 30 Jahren - hat sich die Gütermenge vervierfacht
und die Geldmenge vervierzigfacht! Vermehrung der Geldmenge gegenüber
der Gütermenge bedeutet Inflation! Und Inflation bedeutet Geltentwertung!
Wechselkurse:
Setzen wir eine normale Nachfrage- und Angebotsreaktion voraus, so steigt die
Nachfrage nach ausländischen Zahlungsmitteln bei fallenden Kursen bzw. fällt
mit steigenden Kursen; steigende Kurse bedeuten ein erhöhtes Angebot an ausländischen
Zahlungsmitteln, fallende Kurse ein sinkendes Angebot. Bei
steigenden Kursen geht der Import und damit die Nachfrage nach ausländischen
Zahlungsmitteln zurück. Bei fallenden Kursen nimmt der Import und damit die
Nachfrage nach ausländischen Zahlungsmitteln zu.Bei
steigenden Kursen nimmt der Export und damit das Angebot ausländischer Zahlungsmittel
zu. Bei fallenden Kursen nimmt der Export und damit das Angebot ausländischer
Zahlungsmittel ab.Steigt
das inländische Preisniveau schneller als das ausländische, nimmt der
Außenwert des Geldes ab. Steigt das ausländische Preisniveau schneller
als das inländische, nimmt der Außenwert des Geldes zu. |
| Export- bzw. Importübeschüsse
bleiben nicht ohne Rückwirkung auf das Preisniveau im In- und Ausland. Exportüberschüsse
erhöhen den inländischen Geldumlauf, weil die Exporteure ihre ausländischen
Zahlungsmittel bei den Banken in inländisches Geld umtauschen, um ihre Arbeitskräfte
und Lieferer bezahlen zu können. Ist die Wirtschaft vollbeschäftigt,
ist mit Preissteigerungen zu rechnen. Importüberschüsse bedeuten eine
Verminderung des inländischen Geldumlaufs, weil die Importeure bei den Banken
ausländische Zahlungsmittel gegen inländisches Geld kaufen, um ihre
ausländischen Lieferer bezahlen zu können. Daher ist zumindest mit einer
Stabilisierung des inländischen Preisniveaus zu rechnen. | Deutsches
Geldvermögen in Milliarden € (Ende 2007) ** | Spar-,
Sicht-, Termineinlagen und Bargeld | 1621 |
Geldanlagen
bei Versicherungen | 1205 |
Das sind 186,51% des BNE
(2007): |
|
|
Nie
zuvor hatten die Deutschen mehr Geld auf der hohen Kante liegen als gegen Ende
2007: 4,564 Billionen € Geldvermögen - der letzte neue Höchstwert.
Die Deutschen sparen, wo sie nur können, selbst an der Rendite. So liegt
der Großteil des Geldvermögens relativ sinnlos in niedrig verzinslichen
Sparformen wie Spar-, Sicht-, Termineinlagen und Bargeld mit rund 1,621 Billionen
€ (35,5% des Geldvermögens) und rund 1,205 Billionen € in Geldanlagen
bei Versicherungen. Dagegen gingen Investitionen in festverzinsliche Wertpapiere
zurück; sie lagen zum Ende des Jahres 2007 bei 333 Milliarden €; und
das entspricht einem Anteil von 7,3% am Geldvermögen. Aktieninvestitionen
machten 8,6% aus, also immerhin 393 Milliarden €. Das gesamte Geldvermögen
umfaßte - wie schon gesagt - zum Ende des Jahres 2007 4,564 Billionen €
(4564 Milliarden €). Allerdings ging das Wachstum des Geldvermögens
gegenüber den vergangenen Jahren deutlich zurück und betrug nur noch
0,8%, während es in den Vorjahren deutlich darüber lag. Im Jahr 2006
hatte das Wachstum gegenüber 2005 noch bei 5,2% gelegen. | Anteile
am Vermögen (ohne Sachvermögen) in Milliarden € (Ende 2007) ** | Geldvermögen
der Deutschen | 4564 |
Sonstiges
Vermögen (ohne Sachvermögen) der Deutschen |
5436 |
Summe:
Vermögen (ohne Sachvermögen) der Deutschen | 10000 |
Das sind 408,66%
des BNE
(2007): |
|
|
Das
Vermögen der Deutschen betrug Ende 2007 ungefähr 10 Bio. € (ohne
Sachvermögen!), der prozentuale Anteil des Geldvermögens daran betrug
also 45,64%. Nach Abzug der den Deutschen durch die Politik der Globalisten aufgezwungenen
Kreditschulden (ohne die ebenfalls aufgzwungenen Reparations-Zahlungen
für die beiden letzten Weltkriege) in Höhe von 1,5 Billionen €
bleibt ein Nettovermögen von über 8,5 Bio. € (wobei
die eben erwähnten Reparations-Zahlungen und andere unrechtmäßig
aufgezwungene Zahlungen nicht berücksichtigt sind). Knapp zwei Drittel der
Kreditschulden betreffen Immobilienkredite. Nicht erfaßt ist - wie schon
mehrfach erwähnt (in Klammern) - das Sachvermögen, wozu z.B. Personenkraftwagen,
Wohnungseinrichtungen, private Kunstsammlungen oder Schmuck zählen. Sichere
Anlagen werden unter den deutschen Anlegern bevorzugt.
Im
gegenwärtigen Finanzuniversum hängt alles mit allem zusammen! Private
Haushalte haben es ganz plötzlich mit Finanzinvestoren zu tun und wissen
nicht warum! Die haben die Kredite aufgekauft und die Zinsen erhöht ! Da
leihen US-Banken Hauskäufern Zehntausende Dollar, obwohl deren Einkommen
kaum zum Leben reicht. Da bekommen private Finanzinvestoren, sogenannte Private-Equity-Gesellschaften,
von Banken Hunderte Millionen Dollar Kredit, um angeschlagene Firmen zu kaufen.
Da versorgen Geldhäuser Hedgefonds mit Milliardenkrediten, obwohl die schon
bei kurzzeitigen Verlusten von zehn Prozent pleite gehen können. Warum machen
Banken so riskante Geschäfte? Zum einen, weil sie das Leihgeld lange sehr
billig von den staatlichen Zentralbanken bekommen .... Ein zweiter Grund macht
die Verlockung noch größer: die Banken müssen die heiklen Darlehen
nicht behalten, sondern sie verkaufen sie weiter (siehe Graphik). Käufer
solcher Kredite sind vor allem Hedgefonds, übersetzt »Absicherungsfonds«.
.... Das eigentliche Problem ist, daß niemand mehr genau weiß, wieviel
Kredit gerade bei wem und mit welchen Risiken zu Buche steht. Denn Hedgefonds
und Private-Equity-Unternehmen handeln nahezu ohne jede Aufsicht oder Kontrolle
(!!!). Unter tätiger Mithilfe von Banken haben sie eine gigantische Geldbombe
gelegt, vor deren Explosion Altkanzler Helmut Schmidt, Ex-Citibank-Boß Sandy
Weill und auch die europäischen Notenbanken warnen. Jetzt, da immer mehr
Kredite platzen (!), wird die Lage auch auf anderen Märkten explosiv: die
Aktienbörse von New York über Frankfurt bis Tokio verloren rund zehn
Prozent an Wert - binnen zwei, drei Wochen. Die neue Geld-Welt ist gefährlich
und undurchschaubar. (Frank Donovitz & Joachim Reuter, Geld zerstört
die Welt, in: Stern, 09.08.2007, S. 49). Insgesamt verwalten die weltweit
ca. 9000 Hedgefonds ungefähr 1,6 Billionen Dollar Kredit! Und was die Gehälter
angeht, so war 2006 der 69jährige James Simons, Doktor der Mathematik und
Chef des sechstgrößen Hedgefonds der Welt, Spitzenreiter: Simons strich
1,7 Milliarden Dollar ein - mehr als das Hundertfache des Gehalts von Josef Ackermann,
Chef der Deutschen Bank. Simons bekommt bei acht Stunden täglicher Arbeit
und einer Sieben-Tage-Woche einen Stundenlohn von 580 000 Dollar (420 000
Euro). Für Hedgefonds gibt es ein gutes Dutzend an Strategien, wie Donovitz
und Reuter berichten: Gemeinsam ist allen, daß zusätzlich zum
Kundenkapital auch geliehenes Geld investiert werden kann. Diese Möglichkeit
unterscheidet Hedgefonds von Investmentfonds. Und ein weiteres: Schon bei kurzfristigen
Verlusten von mehr als zehn Prozent droht Hedgefonds die Totalpleite - weil die
Anleger massenhaft ihr Geld abziehen. Hedgefonds ist jeder Deal erlaubt,
der an den Weltfinanzmärkten angeboten wird. Sie handeln jedoch ganz selten
direkt mit Aktien, Zinspapieren, Devisen, Rohstoffen oder Immobilien. Sie spekulieren
mit von solchen Basiswerten abgeleiteten Wertpapaieren (»Derivaten«).
Nur sehr selten geraten sie in die Schlagzeilen, wie zum Beispiel die durch die
Beteiligung an der Deutschen Börse AG. Die allermeisten Hedgefonds arbeiten
mit Hilfe ausgefeilter Computerprogramme still und leise und verdienen umso mehr,
je stärker Märkte, etwa Aktienbörsen oder Rohstoffpreise, ausschlagen,
egal ob nach oben oder nach unten. (Frank Donovitz & Joachim
Reuter, Geld zerstört die Welt, in: Stern, 09.08.2007, S. 50). Prozentuale
Veränderungen (gegenüber 1992) des durchschnittlichen Nettoeinkommens
pro Kopf in Deutschland. | Der
expandierende Heuschrecken-Komplex beschleunigt die soziale Umverteilung auf der
nationalen und auf der globalen Ebene. Im Jahre 2005 hat sich die Zahl der Reichen
(Finanzvermögen von mehr als einer Million Dollar) um 6,5 Prozent vermehrt,
die der Superreichen (mehr als 30 Millionen Dollar) um 10,2 Prozent. Zahlreiche
Untersuchungen bestätigen die landläufige Meinung, wonach die Reichen
reicher werden und die Kluft zwischen den Reichen und dem Bevölkerungsdurchschnitt
- nicht nur der Armen - immer breiter wird. Die asymmetrische Polarisierung spiegelt
sich bei den Großbanken wider .... Selbst bei den Heuschrecken gibt es eine
»Klassenstruktur«: die großen US-Gesellschaften wie KKR, Blackstone
und TPG sammeln im Jahr bis zu 1,5 Milliarden Dollar für ihre Fonds ein,
während sich mittlere, zumeist regionale Private-Equity-Fonds in Europa mühen,
ihre Töpfe zu füllen. Das Geld, mit dem die renditehungrigen Finanzinvestoren
die Traumrenditen erzielen, kommt sowohl von den Wohlhabenden als auch von der
Durchschnittsbevölkerung. Doch die Profite fließen nur zu einem geringen
Teil an jene, die ohne es zu wissen mit ihrem Geld an den Investitionen beteiligt
sind, wie die Arbeiter bei General Motors, die Prämienzahler von Lebensversicherungen
oder die Sparer von Wertpapieren. Wenn eine von Heuschrecken übernommene
Firma massiv Stellen abbaut, sollte der Arbeitnehmer erkennen, daß er womöglich
mit seinen Ersparnissen mitgeholfen hat, seinen Arbeitsplatz zu vernichten. Die
aggressiven Finanzinvestoren sind Teil eines Ausbeutungssystems, das auch deshalb
so effektiv ist, weil sich die neuen Herren weder vor der Belegschaft noch vor
der Offentlichkeit für ihre Entscheidungen rechtfertigen müssen. Die
Dimension des sozialen Unrechts und der Bereicherung zeigen folgende Beispiele:
2005 haben die US-Amerikaner James Simons (Renaissance Technologies) und T. Boone
Pickens (HP Capital Management) jeweils rund 1,5 Milliarden Dollar erhalten. Damit
hat jeder der beiden Hedge-Fonds-Manager mehr Geld bezogen - von »verdienen«
läßt sich dabei wohl nicht mehr sprechen - als Mauretanien oder die
Mongolei als Volkseinkommen erzielen. Der Großspekulant George Soros hat
im selben Jahr 840 Millionen Dollar bekommen. Bei solchen obszönen Einkommen
brauchen die Finanzinvestoren die Folgen ihrer riskanten Finanzakrobatik nicht
zu fürchten, zumal die übernommenen Unternehmen und die Banken die Hauptlast
tragen. Selbst bei einem von ihnen ausgelösten Kollaps der Finanzmärkte
wären die Fondsmanager die Gewinner. Als größter Markt in Europa
ist Deutschland mit seiner neoliberalen Politik für die Heuschrecken besonders
ergiebig, zumal es immer noch viele unterbewertete Firmen gibt. Die Investoren
fallen aber weltweit über die Wirtschaft her. Der texanische Finanzinvestor
Lone Star hat beispielsweise mit faulen Krediten zuerst in den USA und dann in
Japan und Südkorea Traumrenditen erwirtschaftet. Deutschland-Chef Karsten
von Köller sagt ganz unverblümt: »Die Karawane zieht nach einer
Abarbeitungsphase von drei bis vier Jahren weiter.« Und sie kommt wieder,
wenn es erneut etwas abzugrasen gibt. In Schweden und vor allem in Großbritannien
sind die Privat-Equity-Investitionen 2005 noch größer gewesen als in
Deutschland. In Frankreich, dessen Regierung das Land vor fremdem Kapital schützen
will, ist der Anteil ausländischer Investoren an den 40 größten
Unternehmen des Landes deutlich gestiegen. Auch in den USA beschleunigt sich die
Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Das Vermögen der 400 reichsten
US-Amerikaner ist innerhalb des Jahres 2005 um 120 Milliarden auf 1,25 Billionen
Dollar angewachsen. Selbst Mitglieder der US-Regierung sorgen sich mittlerweile
um die potentiellen Folgen der wachsenden sozialen Ungleichheit. In allen kapitalistischen
Staaten wird die soziale Schieflage dann zum Problem werden, wenn sie nicht mehr
durch die Konjunktur verdeckt wird und wenn die staatlichen Sozialetats überfordert
werden. Weltweit wächst das Bruttoinlandsprodukt deutlich stärker als
die Löhne. Die Billigkonkurrenz aus den Schwellenländern drücken
auf die Löhne, gleichzeitig profitieren die Wohlhabenden von den Finanzinvestitionen,
die den Druck auf die Löhne verstärken. Die soziale Ungleichheit könnte
schon bald eine Größenordnung erreichen, die sich nicht mehr mit der
klassischen liberalen Beschwichtigungsformel von der Gleichheit der Chancen kaschieren
läßt. Dann hätte das politische Systern seine Legitimität
verloren. (Alfred Mechtersheimer, Zur Strategie der Heuschrecken,
2007, S. 9-10). Exponentieller
Anstieg der Milliardäre. Zum Beispiel: 1998 waren es 230, und 2004 waren
es 587, und 2007 waren es 946. Allein in diesen neun Jahren stieg die Zahl um
311,3 %! |
Auf
dem Kapitalmarkt können Gewinne heute sehr viel schneller mitgenommen werden
als früher, sagt z.B. der Wirtschaftsberater Mathias Bucksteeg. Die
Reichen werden immer reicher! Die Zahl der Milliardäre nimmt seit den 1990er
Jahren exponentiell zu (siehe Abbildung)! Die Tendenz sieht so aus, daß
der Abstand zu den Weniger-Reichen bald unüberbrückbar wird.
Das würde, meint der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser,
unser Wirtschaftssystem in Europa aus den Angeln heben. Denn das ist angelegt
auf eine relativ breite Verteilung des Wohlstands. Relativ! Tatsache, ist,
daß z.B. die USA ein Wirtschaftssystem mit sehr geringer Verteilung des
Wohlstands haben ( ),
daß sie, wenn unser Wirtschaftssystem aus den Angeln gehoben
würde, wie Abelshauser sagt, das erreicht hätten, was sie immer schon
wollten: Deutschland und also auch Europa wirtschaftlich vernichten! Mathias Bucksteeg,
der unter der rot-grünen Bundesregierung im Kanzleramt arbeitete, sieht eine
zusätzliche Gefahr am Horizont: Der Kapitalismus wird einfältig,
weil er keine Ziele mehr entwickelt, nichts mehr erfindet, nur Profit machen will.
Also: Superreichtum als Killer der Innovation, oder? Nicht ganz! In einigen Wirtschaftszweigen
ist das Geld der Milliardäre immer für Ideen gut, z.B. bei den Werften:
wenn die Superreichen ihre Jachten nicht mehr nur mit Hubschrauber-Landeplätzen,
sondern auch mit Raketen-Abwehrsystemen ausgestattet haben wollen, dann benötigt
man für den Bau hohe Ingenieurskunst. Trotzdem: Globalkapitalisten geht es
nicht um Arbeitnehmer, sondern um kurzfristig erreichbare finanzielle Interessen,
und sie fallen über die Unternehmen her wie die Heuschrecken.
Vor allem viele Arbeitnehmer und auch nicht wenige Arbeitgeber sind in diesem
Globalspiel die Verlierer. Das Wirtschaftsergebnis wird mit immer weniger Arbeitskräften
erreicht bzw. - umgekehrt - das BIP
pro Arbeitskraft steigt laufend. Viele Unternehmer werden vernichtet bzw.
- umgekehrt - wenige Globalkapitalisten werden in immer mehr beschleunigtem Maße
reicher. Einige dieser Milliardäre haben bereits so viel Reichtum angesammelt,
daß sie mehrere Armeen besitzen können.Die
Reichen sind gegenwärtig noch eine Klasse und keine Spezies, aber könnten
es werden, wenn man nicht aufpaßt. Es dürfte gegenwärtig auf der
Erde rund zehn Millionen Menschen in der Millionärs- und Multimillionärskategorie
geben, dazu schon über tausend Milliardäre. Aus diesen Vermögenseliten
bildet sich ein neues abstraktes Übervolk, das dieselben Eigenschaften aufweist,
die man vom alten europäischen Adel kannte: Sie denken kosmopolitisch, sie
reisen viel, sie leben mehrsprachig, sie sind gut informiert und beschäftigen
die besten Berater, sie reden ständig über Beziehungen, Sport, Kunst
und Essen. Beim Volksthema Sex bleiben sie diskret. .... Jeremy Rifkin hat vor
ein paar Jahren ein Buch (»Access - Das Verschwinden des Eigentums«)
vorgelegt, das indirekt die Entstehung des neofeudalen Systems behandelt: Wir
ersetzen, so seine These, heute Grundbesitz durch Zugang zu privilegierten Gütern,
zu wertvollen Informationen, zu Luxusobjekten, zu elitären Adressen, zu exquisiten
Kanälen und machtnahen Korridoren. Zugangskompetenz ist heute das Schlüsselgut,
nicht Grundeigentum. Wir beobachten eine rasante Refeudalisierung auf überterritorialem
Niveau. Und naturgemäß lebt niemand feudaler als jemand, der innerhalb
des neuen Metavolks, des Zehn-Millionen-Volkes der Reichen, von gleich zu gleich
kommuniziert. (Peter Sloterdijk, Unruhe im Kristallpalast, in: Cicero;
Januar 2009, S. 116-118).Werden aus der Finanzkrise Lehren gezogen? Wenn
ja, welche? Welche Möglichkeiten gibt es denn? Ich nenne hier vier:(1) | Die
Notenbanken richten ihre Geldpolitik an der Geldmenge aus. Die Bundesbank ist
damit immer gut gefahren: Wenn die Geldmenge stieg, erhöhte sie die Zinsen
und verhinderte so einen Kassenüberschuß in der Wirtschaft. (Übrigens
war es ja auch kein Zufall, daß der frühere Bundebankchef Pöhl
genau in dem Moment von seinem Amt zurücktrat, als er erfahren hatte, daß
die damals noch zu gründende EZB eine im Vergleich zur Bundesbank nicht mehr
verantwortbare extrem schlechte und böse Geldpolitik betreiben würde.
)
Heute sind die einzelnen Wirtschaften bereits viel zu eng miteinander verflochten,
um die daraus resultierenden Beschränkungen der Unabhängigkeit einer
jeden Zentralbank wieder gefahrlos rückgängig machen zu können.
Wenn z.B. die us-amerikanische Fed (Federal Reserve, Notenbank
der USA) auch weiterhin eine laxe Geldpolitik betreibt und trotz ständig
steigenden Geldumlaufs ständig die Zinsen senkt (je länger die Niedrigzinspolitik
Bestand hat, desto mehr scheut die Notenbak vor der Notwendigkeit zurück,
die Kredite endlich zu verteuern, und macht darum weiter wie bisher, alles noch
schlimmer - der Fluch des billigen Geldes!), kann z.B. die EZB dann kaum etwas
dagegen unternehmen, wenn sie nicht eine massive Verwerfung der Wechselkure in
Kauf nehmen will. Die USA werden ihre zutiefst kriminelle Inflationspolitik wohl
nicht aufgeben. Ich empfehle dringend das Deutsche System ( )
als Lösung! | (2) | Die
Rückkehr zu festen Wechselkursen, wie sie am 22.07.1944 in Bretton Woods
vereinbart wurden. Sie koppelten ihre Währungen an den US-Dollar, der wiederum
in Gold eingetauscht werden konnte. Das System scheiterte Ende der 1960er Jahre,
als die USA den Goldstandard immer weiter aushöhlten und schließlich
- am 15. August 1971 (Nixon-Schock) - aufgaben, um ihren Vietnam-Krieg
weiter zu finanzieren. Aber auch feste Wechselkurse lösen die Probleme nicht,
sondern verlagern sie lediglich auf eine Zentralbank - die der Leitwährung
-, und wenn deren Geldpolitik zu lax ist, importieren die angekoppelten Staaten
die Inflation unweigerlich ins eigene Land. Thorsten Polleit kam angesichts dieser
Probleme zu dem Schluß, daß mit der heutigen Finanzkrise das staatliche
Papiergeldsystem gescheitert sei. Er forderte deshalb - wie auch Jörg Guido
Hülsmann und Joseph Salerno - eine Rückkehr zum Goldstandard. In einem
solchen System, so Polleit, könne der Staat den Preis des Geldes nicht
mehr beliebig nach unten manipulieren. Eine kalte Enteignung der Bürger
über die Ausweitung der Geldmenge und die damit verbundene Inflatiuon seien
ausgeschlossen. Problematisch ist die Wiedereinführung des Goldstandards
aber dennoch; denn um die derzeitige Geldmenge mit Gold zu decken, müßte
sich der Preis des Edelmetalls auf einen Schlag - und quasi per staatlichem Dekret
- vervierzigfachen. | (3) | Der
Inflationsbegriff wird neu definiert und umfaßt dann auch Vermögenswerte,
z.B. von Aktien und Immobilien. Dann würden auch die Zinsen steigen, wenn
sich Blasen bilden, und die Spekulation würde gebremst. Doch
der Preis dafür wäre sehr hoch, denn wer mit höheren Zinsen z.B.
die Immobilienpreise um 15 Prozent drücken will, muß damit rechnen,
auch das Wachstum um 5 Prozentpunkte zu drosseln. | (4) | Status
quo. Aber ein Fortführen der Politik des billigen Geldes wird irgendwann
unweigerlich zu einem Kollaps des Goldsystems führen. | Vielleicht
ist das ja die eigentliche Schwäche des Kapitalismus: daß er sich in
Normalbetrieb selbst nicht grundlegend reformieren kann und folglich ein- bis
zweimal pro Jahrhundert in einer Weltwirtschaftskrise endet. Jedes andere System
müßte daran gemessen werden, wie lang die Abstände zwischen seinen
Katastrophen sind.Für die heutige globale Finanzkrise
gibt es nur einen Ausweg (auch und gerade dann, wenn er mit viel Neid als Sonderweg
bezeichnet wird): das Deutsche System - ob man es
nun die Deutsche Marktwirtschaft, die Ökologische Marktwirtschaft,
die Soziale Marktwirtschaft, die Ökosoziale Marktwirtschaft,
den Deutschen Kapitalismus, den Deutschen Sozialismus, den Rheinischen
Kapitalismus, den Rheinischen Sozialismus, den Preußischen
Kapitalismus, den Preußischen Sozialismus, die Deutschland
AG oder sonstwie nennt -, gemeint ist hier die Deutsche Wirtschaftsform,
Teil der Deutschen Gesellschaftsform, die auch Deutsche Kulturnation
oder Deutsche Technik- und Wissenschaftsnation (Land der Dichter
und Denker) genannt wird, die erfolgreichste der Welt.  -
Kapitalismus (Klassik),
Marktwirtschaft (Neoklassik), Geldwirtschaft
(Monetärkeynesianismus), Eigentumswirtschaft
- Der Beginn der abendländischen Moderne
ist auch der Beginn der abendländischen Wirtschaftsmoderne,
deren Kennzeichen ein abendländischer Kapitalismus bzw. eine abendländische
Marktwirtschaft ist: freier Wettbewerb (freie Konkurrenz u.s.w.), durch Bindungslosigkeit
und ein Mindestmaß an staatlichen Eingriffen. Wirtschaftliches Ziel der
Marktwirtschaft ist, durch ein möglichst hohes Maß an freier Preisbildung
diejenige Ordnung der Wirtschaft und damit auch der Gesellschaft (Sozialordnung)
zu schaffen, die gewährleistet, was Jeremy Bentham (1748-1832) das
größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl
nannte. Adam Smith (1723-1790) und die Klassische
Schule vertraten den Glauben, daß das in der Marktwirtschaft verwirklichte
freie Spiel der Wirtschaftskräfte die beste Vorbedingung für
die Wirtschafts- und Sozialordnung sei, daß sich im freien Verkehr (Wirtschaft
als Mechanismus mit Selbststeurung) die Harmonie der Interessen von selbst herstelle.
Aus den Erfahrungen des späten 18. und vor allem des 19. Jahrhunderts hatte
man jedoch einiges gelernt, denn freie Konkurrenz und Gewinnstreben sind tatsächlich
einander entgegenwirkende Kräfte und Kosten- und Marktprinzip bewirken tatsächlich
nicht immer den nötigen Ausgleich, wofür z.B. ruinöse Konkurrenz,
unlauterer Wettbewerb und Kartellbildung der beste Beleg sind. Das klassische
Idealmodell einer freien Marktwirtschaft existierte (in diesem idealtypischen
Sinne jedenfalls) ebenso wenig wie das gegensätzliche Modell einer Planwirtschaft.
Die Funktionsmechanismen einer freien Marktwirtschaft führen selbst zur Beseitigung
ihrer Grundlagen, z.B. durch eben jenes Entstehen wirtschaftlicher Machtgruppen,
die die Wettbewerbsordnung zumindest partiell in ihrer Wirkungsweise zu beeinträchtigen
imstande sind. Dies war zugleich einer der ausschlaggebenden Hintergründe
für das von der um 1930 entstandenen neoliberalen Freiburger Schule
(Eucken, Böhm, Grossmann-Doerth u.a.) und anderen Nationalökonomen des
Ordoliberalismus entwickelte Modell einer Sozialen Marktwirtschaft, das später
auch dem Wiederaufbau in der Bundesrepublik Deutschland als Ordnungsprinzip zugrunde
lag. In diesem Modell, das in leicht abgewandelter Form in Deutschland
immer noch gilt, kommt dem Staat die Aufgabe zu, sozial unerwünschte Ergebnisse
der Marktwirtschaft zu korrigieren. Besonders hat der Staat den freien Wettbewerb
gegen seine Gefährdung, z.B. durch die eben erwähnten Kartelle, zu sichern,
die Einkommens- und Vermögensverteilung im Interesse der nicht am Wirtschaftsprozeß
beteiligten Gruppen zu korrigieren, die Möglichkeiten der Privatinitiative
übersteigende Aufgaben zu übernehmen (z.B. Strukturpolitik, Bildungspolitik
u.a.) sowie Konjunkturschwankungen durch seine Konjunkturpolitik zu dämpfen.
(Vgl. Konjunktur).
Von Kritikern dieser Sozialen Marktwirtschaft wird - unter Hinweis auf ökonomische
Ineffizienz, wie sie sich z.B. in Arbeitslosigkeit äußert - ein weitergehendes
Eingreifen des Staates in das Wirtschaftsgeschehen für erforderlich gehalten.
Nicht wenige Kritiker dieser Sozialen Marktwirtschaft wollen deren Probleme allerdings
auch wieder über den umgekehrten Weg lösen. Jedenfalls steigt seit dem
Ende des 20. Jahrhunderts die Anzahl derer, für die Markt pur
zu einem poltischen Schreckenswort oder sogar zu einem moralischen Verdikt geworden
ist, denn für sie gilt Marktwirtschaft als soziale Kälte
und erscheint politisch allenfalls als Soziale Marktwirtschaft zumutbar. Soziale
Marktwirtschaft stellen sie sich als eine Art Verschnitt zwischen Wettbewerbswirtschaft
und sozialistischen Wohlfahrtsstaat vor. So aber hat es Ludwig Erhard (1897-1977)
nicht gemeint. Ich meine, schrieb er an Friedrich Hayek, daß
der Markt an sich sozial ist, nicht daß er sozial gemacht werden muß.
... Je freier die Wirtschaft, desto sozialer ist sie auch, und nur der Markt
könne Wohlstand gerechtverteilen ( ).
Daß der Markt tatsächlich gerecht ist und sozial funktioniert, wenn
der Staat aufpaßt, damit der Markt nicht Gruppen anheimfällt, die seine
Dynamik blockieren wollen - diesen einfachen Sachverhalt verstehen die Kritiker
der Marktwirtschaft nicht. Hilfe für Notleidende, die sich selbst nicht helfen
können, wird nicht von der Marktwirtschaft, aber von der Politik bestimmter
Staaten ausgeschlossen. Wo es an Gerechtigkeit und Sozialverträglichkeit
mangelt, da mangelt es auch an Markt, aber nicht an Staat. Denn der Staat, der
sich überall immer mehr einmischt, nennt sich meistens Sozialstaat,
ist in Wirklichkeit ein Vormundschaftsstaat, also eine Diktatur (!),
und zerstört dadurch die Freiheit der Menschen, die Gerechtigkeit und Sozialverträglichkeit,
den Markt, die Gemeinschaft, besonders die Familie und damit die Nachkommen, zuletzt
- wenn man ihn läßt - sich selbst. Sehr alt wird nur der schlanke
Staat. Und weil uns noch 90-99% der vor kurzem erst angebrochenen Phase des Globalismus
bevorstehen, wird sich das erwähnte leicht abgewandelte Modell der
Sozialen Marktwirtschaft noch mehr abwandeln, und zwar immer mehr zu einer angloamerikanischen
Form. Was das bedeutet, dürfte klar sein. Auch an der seit Ende des 20. Jahrhunderts
betriebenen Reform-Politik in Deutschland ist dieser Trend ja schon
leicht erkennbar. Daran wird wohl auch eine Ökologische Marktwirtschaft,
die wie die Soziale Marktwirtschaft ihre Wurzeln in Deutschland hat, nicht viel
ändern, weil auch sie von den Herrschenden aus Wirtschaft und Politik zu
stark mißbraucht wird.Hajo Riese
(*1933), der Begründer der monetärkeynesianischen Berliner Schule,
charakterisiert die gleiche Ökonomie, die in der Klassik
»Kapitalismus« und in der Neoklassik
»Marktwirtschaft« heißt, in bewußter Verwerfung dieser
beiden Bezeichnungen als »Geldwirtschaft«. Wichtig für Riese
ist nun, daß die jeweiligen Werttheorien unterschiedliche Normen
abbilden, weil sie unterschiedlichen Prinzipien folgen, denen wiederum verschiedene
Interpretationen des Phänomens »Wirtschaften«, von Ökonomie
und ihrer Kohärenz also, zugrunde liegen. Die klassische Ökonomie
folgt dem Prinzip der Reproduktion; daraus folgt für sie die Norm
der Kostendeckung bzw. der Akkumulation für den Fall der erweiterten
Reproduktion. Die neoklassische Ökonomie folgt dem Prinzip der Bedürfnisbefriedigung;
aus ihm ergibt sich die Norm der Effizienz, der optimalen Allokation. Die
monetärkeynesianische Ökonomie schließlich pocht auf das
Prinzip der Vermögenssicherung; daraus resultiert die Norm des Knapphaltens
von Geld. Nach Riese liefert dabei die neoklassische die Verallgemeinerung
der klassischen und die monetärkeynesianische die Verallgemeinerung der neoklassischen
Theorie - und zwar in dem Sinne, daß die jeweils allgemeinere Theorie die
Schwächen der spezielleren aufhebe. Die Schwächen der klassischen
Werttheorie, nach der Preise über Kosten erklärt werden, liegen nach
Riese darin, daß sie als Ökonomie der Reproduktion nicht zeigen kann,
wie und auf Grund welcher Kalküle der Markt funktioniert, der die einzelnen
Wirtschaftssubjekte zu einer sich reproduzierenden Gesamtwirtschaft zusammenschweißt.
Dabei unterläuft ihr die bekannte - vor allem von Marx thematisierte Dichotomie
zwischen Tauschwert und Gebrauchswert, das sogenannte Wertparadoxon. Es besagt,
daß Güter von hohem Gebrauchswert einen niedrigen Tauschwert und Güter
von niedrigem Gebrauchswert einen hohen Tauschwert haben können. Die neoklassische
Werttheorie, die Preise über Grenznutzenverhältnisse auf Märkten
erklärt, löst dieses Paradox, indem sie über das Zweite Gossensche
Gesetz die Maximierung des Gesamtnutzens auf dem Wege des Grenznutzenausgleichs
postuliert. Damit vermag sie den Wert nicht beliebig reproduzierbarer, das heißt
knapper Güter zu erklären. Dadurch kann die Neoklassik zugleich das
wenig überzeugende Postulat der Unterauslastung nicht-reproduzierbarer Ressourcen,
also von Arbeit und Boden, aufheben, das in der klassischen Werttheorie für
die Bestimmung der Preise durch die Kosten unverzichtbar ist. Die neoklassische
Lösung für das werttheoretische Problem der Klassik, die sie dazu geführt
hat, die Preisbildung nicht einseitig über Kosten, sondern auf Märkten
zu erklären, enthält allerdings die Schwäche, daß sie nur
für das individuelle Verhalten von Wirtschaftssubjekten auf Einzelmärkten
funktioniert. .... Die Neoklassik zeigt ... lediglich die formale Möglichkeit
eines allgemeinen Marktgleichgewichts, keinesfalls jedoch, welche Kräfte
die Marktwirtschaft zusammenbinden. Die Lösung dieses Kohärenzproblems
beansprucht nach Riese die monetärkeynesianische Werttheorie, indem sie Geld
an den Anfang ihrer Überlegungen stellt. Dieses Geld wird als Medium aufgefaßt,
das nicht nur rechtlich, sondern auch ökonomisch als allgemeingültiger
Ausweis der Erfüllung von Kontrakten dient. .... Die Schwierigkeit des Monetärkeynesianismus
besteht darin daß er ein Zinsangebot dezisionistisch einführt, um mit
ihm bis dato außerökonomisch umlaufendes Geld in profanes ökonomisches
zu verwandeln bzw. es knapp zu halten. Der wirkliche Grund für die in der
Eigentumswirtschaft unabdingbare Knappheit von Geld - das zu blockierende Eigentum
- bleibt dabei unerhellt. (Gunnar Heinsohn / Otto Steiger, Eigentum,
Zins und Geld, 1996, S. 326-329 ).
Nur in Eigentumsgesellschaften muß der in Geld verschuldete
Produzent für seine monetär ausgepreisten Güter Kaufkontrakte einwerben.
Es ist diese Operation, die den Markt konstituiert. Damit sind nur die von der
Schuldsumme her ihren Geldpreis erhaltenden Güter Waren. Wettbewerb muß
nun dadurch entstehen, daß verschuldete Produzenten mit ihresgleichen um
Kaufkontrakte werben, aus deren Gelderlös sie die Kreditkontrakte zu erfüllen
haben. Je sicherer ihre Aussicht auf Kaufkontrakte ausfällt, desto besser
können sie ihr Eigentumsposition halten oder ausbauen. Je weniger Geld die
Käufer im Kaufkontrakt abtreten, desto größer wird die Aussicht
des Verkäufers, seinen Warenpreis erzielen, also seinen Gläubiger bedienen
zu können. Konkurrenz ist mithin an verschuldete Produzenten gebunden
und nicht an gütertauschende Produzenten oder Konsumenten. Sie muß
also fehlen, wo Güter - wie in Stamm und Feudalismus ( )
- aus anderen Gründen als Verschuldung produziert werden, also keine Waren
sind. Da die zu erzielende Geldpreissumme mindestens der Geldschuldsumme entsprechen
muß, können Preise keine relativen Preise als Gütertauschraten
sein. Solche Preise machen nur in der fiktiven Gütertauschgesellschaft Sinn,
von der Klassik und Neoklassik sowie - mit Einschränkung - auch der Monetärkeynesianismus
handeln. In der Eigentumswirtschaft gibt es nur absolute, also als Geldsumme ausgedrückte
Preise - Geldpreise. (Gunnar Heinsohn / Otto Steiger, Eigentum,
Zins und Geld, 1996, S. 343 ).Die
Basis des Wirtschaftens liegt ... weder im Kapital noch im Markt, sondern im Eigentum.
(Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht, 2003, S. 88 ).
Laut Heinsohn haben alle Wirtschaftswissenschaftler - außer Steiger und
Heinsohn - und alle Wirtschaftsnobelpreisträger nichts verstanden. Sie
schauen alle auf den Markt und glauben, am Markt sei etwas schief gegangen. Man
kann den Markt nicht am Markt heilen. Denn der ist etwas Nachgeordnetes. Ich kann
auf einem Markt nur etwas für 100 Euro anbieten, wenn vorher diese 100 Euro
geschaffen worden sind in einem Kreditkontrakt, in dem ein Eigentümer Eigentum
besichert, um Geld zu schaffen, weil ein anderer Eigentümer Eigentum verpfändet,
um den Kredit zu besichern, über den er das Geld bekommt. .... Und wenn wir
den Finanzsektor, von dem der Markt ein »Kind« ist - der Kaufkontrakt
ist ein »Kind« des Kreditkontrakts -, wenn wir den Kreditkontrakt
nicht verstehen, dann können wir nicht den Markt verstehen. .... Das größte
systemische Risiko ist bis jetzt, daß das System nicht verstanden wird.
(Gunnar Heinsohn, in: Das Philosophische Quartett, 25.10.2009 ).
Besonders die Megakrisen wie die Weltwirtschaftskrisen von
1857 (Beginn: 04.01.1857 ),
1929 (Beginn: 24.10.1929 )
und 2008 (Beginn: 15.09.2008 )
zeigen doch deutlich, daß bisher alle ökonomischen Experten
wie Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsnobelpreisträger nichts von
der Wirtschaft verstanden haben. Die Krisen von 1929 und von 2008 sind beide
noch nicht verstanden. Bei der Bekämpfung werden aber unterschiedliche Fehler
gemacht. Und die aktuell gemachten Fehler, also den Zins jetzt fast aller wichtigen
Zentralbanken auf Null zu setzen, sind heftigere Fehler als die von 1929 bis 1933.
.... Die achtzig Nobelpreise für Ökonomie sind auf eine Lehre gefallen,
die das Wirtschaften nicht versteht. (Ebd.). Die globale Finanzkrise 2008
hat offenbar Steiger und Heinsohn nachträglich Recht gegeben. So sieht es
auch Peter Sloterdijk: Ein Gutes hat die Krise ja: sie führt zu einem
rapiden Vertrauensverlust in die Standardtheorien der Volkswirtschaft, wir wie
sie seit 200 Jahren gekannt haben. Ich habe noch nie so viele offene Bankrotterklärungen
für kursierende Theorien gelesen wie während des letzten Jahres. Ich
muß zugeben: ich habe die immer mit Genugtuung gelesen, weil ich zweifellso
nicht der einzige Konsument dieser Theorien bin, der seit langem von dem Gefühl
begleitet worden ist, daß ... - in diesen 200 Jahren, die wir Volkswirtschaftstheorien
betreiben - ... wir überhaupt noch nicht zur Sache gekommen sind. Weswegen
ich ja auch immer wieder auf dieses Buch (Eigentum, Zins
und Geld, 1996 )
von Otto Steiger und Gunnar Heinsohn hinweise, wo ich das Gefühl habe: da
kippt die Theorieszene in eine schlüssige Figur um, die offenbar das Zeug
dazu hat, ein stabiles Modell zu liefern, an dem man sich in Zukunft orientieren
kann. (Ebd.).

Bonität*
(2008-2009) | |
Wettbewerbsfähigkeit (2008) | Rang (2009) | Staat | Rangveränderung
von 09/2008 bis 03/2009 | Index
März 2009 | Veränderung gegenüber
September 2008 | Rang | Staat | Index | September
2008 | März 2009 | 1 | Schweiz | 1 | 1 | 94,0 | 2,4 | 1 | USA | 5,67 | 2 | Norwegen | 3 | 2 | 93,8 | 2,1 | 2 | Schweiz | 5,62 | 3 | Luxemburg | 2 | 3 | 93,7 | 2,6 | 3 | Dänemark | 5,55 | 4 | Deutschland | 4 | 4 | 92,6 | 2,2 | 4 | Schweden | 5,54 | 5 | Niederlande | 5 | 5 | 92,5 | 2,5 | 5 | Deutschland | 5,51 | 6 | Finnland | 7 | 6 | 92,3 | 2,6 | 6 | Finnland | 5,49 | 7 | Dänemark | 9 | 7 | 92,1 | 2,6 | 7 | Singapur | 5,45 | 8 | Kanada | 6 | 8 | 91,6 | 3,0 | 8 | Japan | 5,43 | 9 | Frankreich | 11 | 9 | 91,5 | 2,6 | 9 | Großbritannien | 5,41 | 10 | Schweden | 8 | 10 | 91,3 | 3,5 | 10 | Niederlande | 5,40 | * Bonitätsindex:
100 = ohne Risiko. Quelle: Institutional Investor, 2009 | Quelle:
World Economic Forum, 2009 | -
Zins als Nachteil für mindestens 80% und Vorteil für
höchstens 10% der Menschen -Der
Zins hat einen ganz gravierenden Nachteil, weil er in die Schuldenfalle führt,
vor allem dann, wenn die Geldschöpfungsmacht nicht beim Staat, sondern bei
den Banken und also Privatpersonen liegt. Weil Geld nicht nur eine Tauschmittel-,
sondern auch eine Hort- bzw. eine Spekulationsfunktion hat und letztere durch
Zins und Zinseszins zu exponentiellem Schuldenwachstum - auch trotz Wirtschaftswachstum,
weil dieses nicht exponentiell, sondern linear verläuft - führt, sind
Schuldenfalle, Ausbeutung bis hin zur völligen Versklavung vorprogrammiert.
Zu Beginn eines solchen Prozesses ist das Schuldenwachstum zwar geringer als das
Wirtschaftswachstum, aber schon bald sind die Schulden so enorm angewachsen, daß
jede noch so große, noch so globale, noch so universale Volkswirtschaft
ihnen hoffnungslos unterlegen ist. (Vgl. Graphik). Diesem Schrecken ohne Ende
ist nur durch ein Ende mit Schrecken, also einer Katastrophe oder einem kastrophenähnlichen
Ereignis beizukommen.Bernd Senf zufolge ist der Zins eine Art Erpressung.
Diejenigen, die Geld übrig haben und es dem Wirtschaftskreislauf entziehen
können, erpressen jene, die das Geld dringend benötigen und die auf
diese Erpressung wohl oder übel eingehen müssen. .... Zinsen sind bekanntlich
völlig legal. Aber sie sind eben auch absurd. Stellen Sie sich mal vor, es
würden sich Leute auf eine Straßenkreuzung setzen und den Verkehrsfluß
blockieren: Alles käme ins Stocken. Viele sind aber auf den fließenden
Verkehr angewiesen und würden die Blockierer fragen: Wieviel Geld möchtet
ihr haben, damit wir wieder weiterfahren können? Das würde der Logik
unseres Zinssystems entsprechen. Geldbesitzer werden mit Zinsen dafür belohnt,
daß sie den Geldfluß nicht blockieren. .... Die Zinslasten wuchern
wie ein Tumor im wirtschaftlichen Organismus. .... Um ... zu den Gewinnern des
Zinssystems zu gehören, müßte man jährlich Zinserträge
erzielen, die ein Drittel der Konsumausgaben pro Jahr übersteigen. Und das
trifft in Deutschland gerade mal auf etwa 10 Prozent der Einkommensbezieher zu.
Bei weiteren 10 Prozent halten sich Zinserträge und unsichtbare Zinslasten
ungefähr die Waage. Aber die restlichen 80 Prozent der Einkommensbezieher
zahlen tagtäglich drauf. Auf diese Weise sorgen sie dafür, daß
sich die Geldvermögen jener oberen 10 Prozent immer weiter vergrößern.
Zugleich ächzen Teile der Wirtschaft, die Privathaushalte und der Staat unter
der steigenden Schuldenlast. Das meine ich mit dem Bild eines wachsenden Tumors.
 Schon
vor Jahren forderte Bernd Senf, innerhalb der Gewaltenteilung die drei Gewalten
Exekutive, Legislative, Judikative und die ihnen angeblich bereits angeschlossene
vierte Gewalt Medikative mit einer fünften Gewalt, der Monetative,
zu ergänzen - es könnte sich dabei aber auch um die sechste Gewalt handeln,
denn wahrscheinlich forderte ich die Generative als fünfte Gewalt
früher als Bernd Senf die Monetative. Da aber im Abendland die Gewaltenteilung
der Gleichschaltung untergeordnet worden ist, bleibt für die (mindestens!)
80% der Menschen wohl nur noch, auf ein Ende mit Schrecken, also eine Katastrophe
oder ein kastrophenähnliches Ereignis zu hoffen.-
Zwei Seiten des Handelns - (Politik und Wirtschaft)
Politik und Wirtschaft lassen sich im Leben nicht trennen, weil sie zwei
Seiten desselben Lebens darstellen - wie beispielsweise die zwei Seiten einer
Münze:
Wappen (als Ausdruck der Politik) und Zahl (als Ausdruck
der Wirtschaft[lichkeit = Ökonomie]). Aus Sicht eines Kybernetikers oder
Nautikers könnte man auch sagen, daß Politik und Wirtschaft sich verhalten
wie die Führung eines Schiffes und die Bestimmung der Fracht
(Oswald Spengler): an Bord ist der Kapitän die erste Person, nicht der Kaufherr,
dem die Ladung gehört. Aber in modernen Zeiten - und ganz speziell seit der
Phase des Globalismus
- scheint der Eindruck vorzuherrschen, die Wirtschaft sei mächtiger als die
Politik, ja sogar mächtiger als die gesamte Kultur - als ob die Erde um den
Mond und nicht der Mond um die Erde kreise! ( ).
Wir haben eine Hinwendung zu einer Form der Wirtschaftsbeherrschung, der
Beherrschung der Politik durch die Wirtschaft, die meiner Ansicht nach erschreckend
ist, sagte Peter Scholl-Latour im März 2004 gegenüber dem TV-Sender
Phoenix und erläuterte: Die Wirtschaftsmanager - ich meine natürlich
nicht alle - sind Leute, die ihre Riesensummen kassieren, ihr Unternehmen durch
Riesenfusionen kaputtmachen, ihre Riesensummen kassieren und dann ihre Angestellten
in die Arbeitslosigkeit entlassen. Das ist wirklich ein Skandal! - .... - Der
Shareholder ist wichtiger als der Bürger. Das hatte Spengler uns schon
1917 prophezeit! Außerdem gab es ja schon vorher Anzeichen für eine
solche Entwicklung. Wenn heute der Eindruck vorherrscht, daß die Wirtschaftsführung
das mächtigere Element ist, so liegt das daran, daß die politische
Führung der parteimäßigen Anarchie verfallen ist und die Bezeichnung
einer wirklichen Führung kaum noch verdient. In der Geschichte, solange sie
»in Form« verläuft und nicht tumultuarisch und revolutionär,
ist der Wirtschaftsführer nie Herr der Entscheidungen gewesen. Er fügte
sich den politischen Erwägungen ein, er diente ihnen mit den Mitteln, die
er in Händen hatte. Ohne eine starke Politik hat es niemals und nirgends
eine gesunde Wirtschaft gegeben, obwohl die materialistische Theorie das Gegenteil
lehrt. Adam Smith (1723-1790), ihr Begründer, hatte das wirtschaftliche Leben
als das eigentliche menschliche Leben behandelt, das Geldmachen als den Sinn der
Geschichte, und er pflegte die Staatsmänner als schädliche Tiere zu
bezeichnen.  -
Haushalt -Haushalt ist die einer Lebensgemeinschaft
dienende häusliche Wirtschaft. Häusliche, also
innere Wirtschaftsgemeinschaft, z.B. der Familie, des Paares, des
Singles (wirklich auch des Singles?) - Beispiele der kleineren Gemeinschaftssysteme
-, aber auch z.B. der Gemeinde, des Volkes, der Nation, der Kultur, der Menschheit
(wirklich auch der Menschheit?) - als Beispiele der größeren
Gemeinschaftssysteme. Wirtschaftlich handelt es sich um ein System der Einnahmen
und Ausgaben bzw. der betreffenden wirtschaftlichen Entscheidungen. Die Kategorie
Haushalt bedeutet in jedem Fall, daß wirtschaftliche Entscheidungen über
die Beschaffung (Einkommen) und Verwendung (Konsum) von Mitteln nicht individuell,
sondern im Zusammenhang mit und in teilweiser oder völliger Abhängigkeit
von der Bedarfslage und den gemeinsamen Vorstellungen und Zielen der Mitglieder
des betreffenden Gebildes erfolgen. Wie schon erwähnt: Ökonomie und
Ökologie haben ihre Wurzeln im Haushalt (oíkos = Haus; nomíã
= Hüter, Verwalter; nomoV = Gesetz,
Regel, Recht; logos = Rede, Vernunft), und Ökonomie ist Wirtschaftlichkeit
( ).
Im Zuge der Entwicklung zu moderner Industriegesellschaft ( )
und Marktwirtschaft ( )
haben die autonomen, marktunabhängigen, agrarisch fundierten Haushalte der
in einer sozialen Einheit sowohl produzierenden als auch konsumierenden Familien
an Bedeutung verloren. Haushalt ist seitdem immer privater geworden,
genauer gesagt: die Haushaltsabhängigkeit der privaten Wirtschaftsmenschen
hat sich seitdem auf gemeinsame Probleme von Wohnen
und Konsum reduziert. Doch es gibt ja auch jene Futurologen, die für die
Zukunft einen positiven Trend prophezeien: Kaum etwas wird unsere Wirtschafts-
und Sozialordnung in den kommenden Jahren tiefgreifender verändern als die
sich wandelnde Rolle der Familie und des Privathaushaltes. .... Der Privathaushalt
- und sein Kern, die Familie - wird in wachsendem Umfang Arbeitgeberfunktionen
übernehmen. Schon heute ist er der wichtigste Arbeitgeber in der Schattenwirtschaft.
Wenn es gelingt, das Arbeits- und Sozialverhältnis zu trennen, wird er als
Arbeitgeber aus dem Schatten in die Legalität treten können. .... Vor
allem im Dienstleistungsbereich und im Bereich von »Wissensarbeit«
werden sich um Privathaushalte Satelliten arbeitsteilig organisierter Produktion
bilden. Sie werden kaum etwas mit der Heimarbeit der Anfänge der Industrialisierung
oder der heutigen Heimarbeit zu tun haben. .... Wir haben in Deutschland gegenwärtig
die höchste Zahl von Ein- und Zweipersonenhaushalten unserer Geschichte.
Im Zuge der Individualisierung unserer Gesellschaft hat sich die Bevölkerung
förmlich atomisiert. Man ist auseinandergerückt und hat auf diese Weise
seine Selbständigkeit begründet. Dies gilt für Singles, die Jugend
wie die Alten. .... Nirgends sind die Fixkosten einer angemessenen Lebensführung
höher als im Einpersonenhaushalt. Vieles spricht deshalb dafür, daß
nach einer gewissen Erschöpfung des Triebes zur Selbständigkeit und
Vereinzelung die Haushaltsgrößen wieder zunehmen werden. .... Allerdings
lassen sich die heutigen Erfahrungen nicht einfach auf künftige Entwicklungen
übertragen. Denn unsere gegenwärtiges Sozialsystem hat die Familie weitgehend
ihrer wirtschaftlichen und sozialen Funktionen beraubt. Gelingt es uns, die soziale
Ordnung zu erneuern, indem wir mehr Freiheit wagen - und damit mehr Gestaltungsmöglichkeiten
-, wird auch der Privathaushalt gewinnen. Wir befreien die Familie aus der sozialpolitischen
Vormundschaft, in die sie unser Sozialsystem zunehmend einbezogen hat. .... Die
Familie wird zudem die unmittelbare Gegenüberstellung von Individuuum und
staatlichem Gewaltmonopol durch ihre Funktion als kleiner Lebenskreis mildern
und mediatisieren. Denn das Gesetz ihrer Zuständigkeit ist die Subsidiarität.
In einer Gedenkrede auf den Sozialphilosophen Oswald Nell-Breuning hat sich Helmut
Schmidt vor einiger Zeit wieder zu diesem Gesetz bekannt, Peer Steinbrück
hat es ihm kürzlich gleichgetan. Das ermutigt. Subsidiarität verbietet
es dem Staat, und damit auch dem Sozialstaat, ohne zwingenden Grund in die gelebte
Ordnung der Familie einzugreifen. Die Regelung der Frage zum Beispiel, ob die
Frau oder der Mann die Möglichkeiten des Elterngeldes in Anspruch nehmen
und in welchem Verhältnis, ist kein zwingender Grund. Sie gleichwohl staatlich
vorzugeben und von der Berücksichtigung der Vorgabe die Bezahlung des Eltrengeldes
abhängig zu machen ist deshalb unzulässg. Der Gesetzgeber würde
damit nicht nur das Subsidiaritätsprinzip verletzen. Er würde der Familie
den besonderen Schutz verweigern, zu dem die Verfassung ihn verpflichtet. Denn
der Schutzauftrag des Artikels 6 GG ist keine sozialpolitische Ermächtigung
zur Vormundschaft, sondern der Auftrag, die Familie vor ebendieser Vormundschaft
zu schützen und ihr so den Raum zu sichern, in dem sie Freiheit wagen kann.
... Familie und Haushalt sind der letzte unverletzbare Schutzraum, in dem der
Mensch seiner Funktionalität in den Teilrationalitäten des Marktes,
der Arbeit und der sozialen Systeme entkommen und zu einer Identität ...
finden kann - wenn er es will. .... Gelebte Familie und kleine Lebenskreise sind
Gegenkräfte gegen die Entgrenzung. Sie sind Schutzräume ohne staatliche
oder gesellschaftliche Vormundschaft. Denn ihre Mitglieder unterstützen sich
gegenseitig bei ihren Bemühungen um Begrenzung. Sie wirken als eine Art,
mit deren stützender Rolle wir in vielen gesellschaftlichen Zusammenhängen
gute Erfahrungen sammeln. Sie sind, schon aus Gründen ihres privatrechtlichen
Charakters, gehalten, auf Dauer mit den Mitteln auszukommen, die ihnen zur Verfügung
stehen. Das bringt den Privathaushalt in Gegensatz zum Staatshaushalt
.... Ohne den Schutz der Familie und der kleinen Lebenskreise ist es für
den Einzelnen weit schwieriger, sich der Konsumverführungen und derjenigen
des vormundschaftlichen Staates zu erwehren. Er muß die unterstützende
Wirkung der Familie und der kleinen Lebenskreise gewissermaßen durch eigene
Anstrengungen ersetzen. Es ist deshalb nicht überraschend, daß die
Teilrationalitäten des Marktes, der Arbeit und der Sozialsysteme die Schwächen
der Familien nutzen, die Folge ihrer Funktionalisierung sind. .... Die Funktionalisierung
schwächt die Familie und mit ihr den Privathaushalt und die kleinen Lebenskreise.
Sie erschwert es ihnen, ihre Aufgabe als Ort der Identität des Menschen,
als Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zu erfüllen und Schutz vor den Gefahren
organiserter Anonymität und unmittelbarer staatlicher Macht zu gewähren.
Das wiederum ruft die Vormünder auf den Plan. Eilfertig bieten sie ihre Hilfe
an und bemächtigen sich auf diese Weise des noch verbliebenen Widerstands
gegen soziale Vormundschaft. Die Begrifflichkeit, mit der wir diese Sachverhalte
beschreiben, ist aufschlußreich. Die Arbeit der Hausfrau und Mutter ist
keine Arbeit im Sinne der Teilrationalität der Arbeitsverfassung. Denn sie
ist unentgeltlich. Ihren Wert kann man nicht messen. Die Mutter »unterbricht«
ihr Erwerbsarbeit für die Geburt ihres Kindes, um nach vorgeschriebener Zeit
ihre eigentliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Entscheiden sich Frau oder
Mann für die Führung der Hauswirtschaft, weichen sie vom üblichen
Ablauf der Dinge ab. Sie bilden, jedenfalls gemäß politischer Vorgaben
wie der Lissabon-Strategie (2000; HB), eine
Ausnahme. Für starke Persönlichkeiten ist dies kein Problem. Aber selbst
sie empfinden einen Begründungszwang für ihr Verhalten. In den kommenden
Jahren wird sich dies ändern. Der Mann oder die Frau, die die neue Art der
Familie, der Hauswirtschaft oder der kleinen Lebenskreise führen und gestalten,
werden keinen Brgründungszwang für ihr Verhalten mehr empfinden. Im
Gegenteil: Familie und Privathaushalt werden eine gesellschaftliche Aufgabe übernehmen,
die von immer mehr Menschen als unverzichtbar empfunden wird. Sie werden sie als
eine in ihrer Stärke und Bedeutung ständig zunehmende Alternative zur
bürokratischen Anonymität staatlicher oder staatlich organisierter und
sanktionierter Vormundschaft erleben. Wir werden lernen - der Not gehorchend,
wenn nicht der eigenen Einsicht -, daß wir die Entgrenzungskrise ohne die
Hilfe der begrenzenden Kraft der Familie und der kleinen Lebenskreise nicht überwinden
werden. (Kurt Biedenkopf, Prinzipien eines neuen Grundkonsenses,
in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr
zur Vernunft, 2006, S. 201-210). - Da der private Haushalt als Wirtschaftseinheit
betrachtet werden muß, müssen seine Entscheidungen auch als ökonomisch
rational angesehen werden, und dazu gehören auch die Entscheidungen über
Zahl, Abstand und Ausbildung der Kinder. Personen organisieren ihren Lebenslauf
mit anderen Personen gemeinsam im Rahmen gesellschaftlicher Vorgaben. - Da, wo
im folgenden Text vom Staatshaushalt die Rede ist, sollte auch Platz sein für
die Erinnerung an den hier beschriebenen Haushalt.-
Bruttoinlandsprodukt (BIP), Bruttosozialprodukt (BSP),
Bruttonationaleinkommen (BNE) - Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein
Wachstumsindikator für die volkswirtschaftliche Gesamtleistung eines Staates
und umfaßt die Summe aller von In- und Ausländern innerhalb einer Volkwirtschaft
für den Endverbrauch produzierten Güter und erbrachten Dienstleistungen
- nicht enthalten sind die Abzüge für die Wertminderung von Sachkapital
oder die Erschöpfung und Verminderung von Ressourcen. Das Bruttosozialprodukt
(BSP) bzw. das Bruttonationaleinkommen (BNE) ist die jährliche von den Bürgern
eines Staates erbrachte volkswirtschafliche Gesamtleistung und setzt sich zusammen
aus dem BIP sowie den von Inländern im Ausland aus Arbeit und Kapital erwirtschafteten
Einkommen, abzüglich der von Ausländern im Inland bezogenen Einkommen
- Leistungen und Güter, die in der Privathaushalten oder durch Schattenwirtschaft
oder Subsistenzwirtschaft erbracht werden, bleiben unberücksichtigt. Besonders
aussagekräftig dabei: Pro
Kopf: (BIP pro Kopf bzw. BSP pro Kopf bzw. BNE pro
Kopf).Bruttoinlandsprodukt
(BIP) an das Ausland gezahlte Einkommen + aus dem Ausland empfangene
Einkommen = Bruttonationaleinkommen (BNE) bzw. Bruttosozialprodukt (BSP) |
Die 10 größten Volkswirtschaften gemäß
BIP 2008 Rang
 | Staat | BIP
in Mio. US-$ | in % | Einwohner in Mio. | in % | BNE pro
Kopf in US-$ | Mitgliedschaften | Welt | 54 620 000 | 100,0 |
6 700 | 100,0 |
8 152 | G7 | EU | G20 |
EU | 16 830 100 |
31,0 | 500 | 7,4 | 33 660 |
1 | USA | 13 840 000 |
25,3 | 300 |
4,5 | 46 133 | ja | nein | ja |
2 | Japan |
4 384 000 | 8,0 | 127
| 1,9 | 34 520 | ja | nein | ja |
3 | Deutschland |
3 667 000 | 6,7 | 83 |
1,2 | 44 180 | ja | ja | ja |
4 | China |
3 251 000 | 6,0 |
1 330 | 19,9 |
2 444 | nein | nein | ja |
5 | Großbritannien |
2 474 000 | 5,1 | 61 |
0,9 | 40 557 | ja | ja | ja |
6 | Frankreich |
2 360 000 | 4,7 | 62 |
0,9 | 38 290 | ja | ja | ja |
7 | Italien |
2 105 000 | 3,9 | 59 |
0,9 | 35 678 | ja | ja | ja |
8 | Spanien | 1 611 000 |
2,9 | 45 |
0,7 | 35 800 | nein | ja | nein |
9 | Kanada | 1 432 000 |
2,6 | 33 |
0,5 | 43 394 | ja | nein | ja | 10 | Brasilien |
1 314 000 | 2,4 | 196
| 2,9 |
6 704 | nein | nein | ja |
Zum Vergleich: Die
Citigroup kontrollierte 2008 ein Vermögen von 2 200 000 Mio. US-$
- das ist mehr als das italienische BIP (vgl. Rang 7)! ** | 2008 | Anteil
an globalem BIP | Anteil an globaler Bevölkerung |
| USA | 25,3% | 4,5% | Japan
(J) | 8,0% | 1,9% | Deutschland
(D) | 6,7% | 1,2% | Großbritannien
(GB) | 5,1% | 0,9% | Frankreich
(F) | 4,7% | 0,9% | Italien
(I) | 3,9% | 0,9% | Kanada
(K) | 2,6% | 0,5% |
|
G7 | 55,8% | 10,9% |
| D,
GB, F, I | 20,4% | 3,9% | Restliche
EU | 10,6% | 3,5% |
|
EU | 31,0% | 7,4% |
|
China (CHN) | 6,0% | 19,9% | Indien
(IN) | 2,2% | 17,0% | Brasilien
(BR) | 2,4% | 2,9% | Rußland
(RU) | 2,1% | 1,9% | Restliche
Staaten | 20,4% | 44,0% |
|   |
Globale
Verteilung der Einkommen (Stand: 2008). | | | Bevölkerung |
in % | Einkommen (BNE) in $ | in
% | BNE/Kopf in $ | Fazit-Bemerkung | | | 1)
Hohes Einkommen | 1 055 797 000 | 15,8 | 42 777 727 000 000 | 79,6 | 40 517 | 15,8%
haben 79,6% | | 2)
Mittleres Einkommen | 3 160 708 000 | 47,3 | 9 424 900 000 000 | 17,5 |
2 982 | 47,3% haben 17,5% | 2a)
obere Kategorie | 828 600 000 | 12,4 | 4 789 700 000 000 | 8,9 |
5 780 | | 2b)
untere Kategorie | 2 332 108 000 | 34,9 | 4 635 200 000 000 | 8,6 | 1 987 | | | 3)
Niedriges Einkommen | 2 465 753 000 | 36,9 | 1 562 300 000 000 | 2,9 | 634 | 36,9%
haben 2,9% | | | WELT | 6 682 258 000 | 100 | 53 764 927 000 000 | 100 | 7 439 | |
Wieviel
% des Bruttosozialprodukts landet als Einkommen nach Steuern und Sozialtransfers
bei wem? (Stand: 2008). | | Finnland | Deutschland
| USA | Brasilien | | WELT* | Reichste
20% * | ca. 35% vom BSP | ca.
40% vom BSP | ca. 47% vom BSP | ca.
65% vom BSP | | ca. 85% vom
BSP | Rest (80%) | ca.
65% vom BSP | ca. 60% vom BSP | ca.
53% vom BSP | ca. 35% vom BSP | | ca.
15% vom BSP | * Die reichsten 20%
der WELT-Bevölkerung sind fast ausnahmslos westliche Menschen. * |
35%
BSP (Finnland) | 65% BSP (Finnland) |
40%
BSP (Deutschland) | 60% BSP
(Deutschland) |
47%
BSP (USA) | 53% BSP (USA) |
65%
BSP (Brasilien) | 35% BSP (Brasilien) |
85%
BSP (WELT) | 15% BSP (WELT) | Die
Entwicklungsländer (offiziell Transformationsländer und Entwicklungsländer
genannt) wiesen auch 2007, wie schon in den Jahren zuvor, ein - relativ (!)
- stärkeres wirtschaftliches Wachstum auf als die Industrieländer -
das heißt, wie gesagt: nur relativ (in %)! Die Unterschiede zwischen den
einzelnen Entwicklungsländern selbst waren jedoch auch 2007 wieder sehr ausgeprägt.
Einerseits stagnierte in vielen der ärmsten Staaten die wirtschaftliche Entwicklung,
oder es verschlechterte sich die Lage teilweise noch weiter, besonders natürlich
dort, wo Kriege, Bürgerkriege, innere Unruhen, instabile und korrupte politische
Verhältnisse oder eine inkompetente Wirtschaftspolitik keine gedeihliche
Entwicklung ermöglichen. Andererseits gab es in allen Kontinenten Staaten,
die durch Reformen, stabile Rahmenbedingungen oder engere Einbindung in die Weltwirtschaft
eine beachtliche wirtschaftliche Entwicklung erlebten un den Abstand zu den Industrieländern
verringern konnten. So betrug 2007 das BIP-Wachstum in China 11,4%, in Indien
9,2%, in Vietnam 8,5% , in Angola 21,1%, in Äquatorialguinea 12,4%, in Äthiopien
11,4%, im Sudan 10,5%, in Liberia 9,4%. Die Konsequenz, die sich aus der Verringerung
des Abstandes zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern ergibt,
nennt z.B. Franz Josef Radermacher die Brasilianisierung
der Welt!Umsatz
einiger ausgesuchter Unternehmen und BIP einiger ausgesuchter Länder
(Stand: 2009). | Unternehmen | Umsatz
in Mrd. US-$ | | Staat | BIP
in Mrd US-$ | | | | Schweiz | 494,622 | Shell | 458,361 | | | | EXXON | 442,851 | | | | | | | Polen | 420,284 | Wal-Mart | 405,607 | | | | BP | 307,053 | | | | | | | Portugal | 230,600 | VW | 166,515 | | | | Allianz | 142,395 | | | | Daimler | 140,328 | | | | | | | Pakistan | 136,315 | E.ON | 127,278 | | | | Siemens | 123,595 | | | | | | | Ägypten | 121,930 |
-
Korruption
(Stand: 2007) nach dem sogenannten Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)
-
Rang |
Staat (**)
|
CPI-Wert |
1 |
Dänemark |
9,1 |
2 |
Finnland |
9,0 |
3 |
Schweden |
8,9 |
4 |
Neuseeland |
8,8 |
5 |
Niederlande |
8,7 |
|
Norwegen |
8,7 |
7 |
Schweiz |
8,6 |
8 |
Singapur |
8,5 |
9 |
Kanada |
8,3 |
10 |
Deutschland |
8,1 |
|
Luxemburg |
8,1 |
|
Großbritannien |
8,4 |
13 |
Australien |
7,9 |
|
Island |
7,9 |
15 |
Belgien |
7,7 |
|
Hongkong |
7,5 |
|
Irland |
7,5 |
|
Japan |
7,5 |
|
Österreich |
7,5 |
|
USA |
7,5 |
... |
... |
... |
23 |
Frankreich |
7,0 |
... |
... |
... |
32 |
Israel |
6,1 |
... |
... |
... |
61 |
Italien |
4,4 |
... |
... |
... |
76 |
Brasilien |
3,8 |
|
Indien |
3,8 |
... |
... |
... |
83 |
China |
3,7 |
... |
... |
... |
103 |
Kosovo |
3,3 |
... |
... |
... |
154 |
Turkmenistan |
1,8 |
... |
... |
... |
158 |
Haiti |
1,7 |
... |
... |
... |
167 |
Nordkorea |
0,8 |
|
Somalia |
0,8 |
* CPI-Wert
10 = Keine wahrgenommene Korruption. |
| |
Der sogenannte Korruptionswahrnehmungsindex
(Corruption Perceptions Index; CPI) basiert auf
14 unabhängigen Befragungen und Untersuchungen über
das von Geschäftsleuten und Länderanalysten wahrgenommene
Ausmaß der Korruption. Die Bestechungsaktivitäten
von Firmen im Ausland sind dabei nicht berücksichtigt.
Laut Definition der Nichtregierungsorganisation (NGO) Transparency
International ist Korruption der heimliche Mißbrauch
von öffentlicher oder privatwirtschaftlich eingeräumter
Stellung oder Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil
unter Mißachtung von Gesetzen und auf Kosten der Allgemeinheit.
Die Rangliste der 2007 untersuchten 180 (2006: 163; 2005:
159; 2004: 146) Länder wird von den reichen Industriestaaten
angeführt, die als am wenigsten korrupt gelten. Wie schon
in den Vorjahren dominieren die kleinen und skandinavischen
Länder. In einigen Ländern hat sich die Korruption
in den vergangenen Jahren signifikant verringert. Dazu gehören
auch z.B. diejenigen osteuropäischen Staaten wie Kroatien,
Mazedonien, Rumänien, Tschechien u.ä., in denen
durch den Beitritt zur Europäischen Union oder die Aussicht
darauf der Kampf gegen die Korruption intensiviert wurde.
Außerdem zählen dazu Entwicklungs- und Schwellenländer.
Die Rangliste 2007 bestätigt das Muster, daß die
ärmsten Entwicklungsländer und Krisenregionen am
stärksten von Korruption betroffen sind.
Schlüsselfaktoren zur Bekämpfung der Korruption
sind laut Transparency International ein unabhängiges
und professionelles Justizsystem und eine gute Kooperation
mit der Zivilgesellschaft. Für beide Faktoren
sind die Staaten in erster Linie selbst verantwortlich. Allerdings
könnte in dem Fall, falls es wirklich fruchten sollte,
auch die internationale Staatengemeinschaft ihre Entwicklungshilfe
dazu einsetzen, um öffentliche Institutionen und vor
allem die Unabhängigkeit der Justiz in den jeweiligen
Staaten zu stärken. Dann müßten aber ebenso
Maßnahmen gegen Geldwäsche und die OECD- Konvention
gegen Korruption konsequenter umgesetzt werden - auch von
sogenannten multinationalen Unternehmen.
Der Korruptionsindex hat vielfach Eingang in die akademische
Forschung gefunden. Die negativen Auswirkungen der Korruption
versucht sie in etwa so zu belegen: Ausländische Direktinvestitionen
sinken, Qualität des Bildungs- und Gesundheitssystems
sinkt, Produktivität sinkt, Umweltverschmutzung steigt,
Militärausgaben steigen, Schattenwirtschaft und Inflation
steigen, Einkommen und Vermögen werden zunehmend ungleicher
verteilt, subjektives Glücksempfinden von Privatpersonen
sinkt.
Als Ursachen der Korruption können laut akademischer
Forschung gelten: hohe Rohstoffvorkommen, Wettbewerbsbeschränkungen,
willkürliche und widersprüchliche staatliche Eingriffe
in das Wirtschaftsgeschehen, fehlende Pressefreiheit, geringe
Beteiligung von Frauen, Akzeptanz von Hierarchien und Neigung
zu Reziprozität, obwohl letztete eine Bedingung des Menschseins
selbst ist.
In der Tabelle (siehe links) sind die 168 erfaßten Länder
nicht alle im einzelnen aufgeführt. Die afrikanischen
(insbesondere schwarzafrikanischen) Länder befinden sich
auf den letzten Rängen, Somalia auf dem letzten Rang
- zusammen mit dem ostasiatischen Nordkorea. (Siehe auch:
Weltkarte
der Korruption).
|
-
Humaner Entwicklungsindex: HDI (Human Development Index) -
HDI wurde 1990 erstmals vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP)
als Indikator für den Entwicklungsstand eines Staates (bzw. Staatenbundes
u.ä.) benutzt und ist ein Konstrukt aus 3 Größen: (1) Lebenserwartung
bei Geburt, (2) Alphabetisierungsgrad unter Erwachsenen, (3) Kaufkraft pro Kopf
(real). Anders als das BNE
berücksichtigt der HDI auch soziale Komponenten bei der Beurteilung der Lebensqualität
in einem Land (Staat, Staatenbund u.ä.). Für den Bevölkerungswissenschaftler
Herwig Birg ist der Zusammenhang von HDI und Geburtenrate bedeutend, denn je höher
der HDI (also: die Lebenserwartung, die Alphabetisierung, die Kaufkraft pro Kopf),
desto niedriger die Geburtenrate:  | Vergleicht
man die Entwicklung der 30 größten Länder mit dem Ziel, Zusammenhänge
zwischen den ökonomischen und den demographischen Veränderungen zu erkennen,
so stößt man auf einen grundlegenden Tatbestand, den ich als das »Demo-ökonomische
Paradoxon« bezeichnet habe: Es scheint auf den ersten Blick paradox,
daß die Pro-Kopf-Geburtenzahl in jenen Ländern besonders niedrig ist,
in denen das Pro-Kopf-Einkommen ein überdurchschnittlich hohes Niveau erreicht
hat. Dabei fungiert das Pro-Kopf-Einkommen als Maßstab für den Entwicklungsstand
eines Landes. Ein anderer Maßstab ist die Lebenserwartung. Bei Verwendung
der Lebenserwartung ergibt sich der gleiche gegenläufige Zusammenhang: Je
höher die Lebenserwartung war bzw. je stärker sie zunahm, desto niedriger
war bzw. ist die Kinderzahl pro Frau. Einem Zuwachs der Lebenserwartung z.B. in
Asien und Lateinamerika in den letzten drei Jahrzehnten um rd. 10 Jahre entsprach
im Mittel eine Abnahme um rd. 2,5 Geburten je Frau. Mißt man den Entwicklungsstand
eines Landes nicht nur an der Lebenswerwartung und am Pro-Kopf-Einkommen, sondern
auch am Alphabetisierungsgrad der Bevölkerung, indem man die drei Größen
zu einem Index zusammenfaßt (= Human Development Index [HDI]), bestätigt
sich der Grundzusammenhang: Jedes Land hat auf der Skala des Human Development
Index einen Wert zwischen 0 und 1; je höher diese Meßzahl ist,
desto niedriger ist tendenziell die Zahl der Lebendgeborenen pro Frau. (Herwig
Birg, Die demographische Zeitenwende, 2001, S. 24). Tendenziell - das ist
zu betonen! In der HDI-Rangliste von z.B. 2004 belegte Norwegen den 1. Rang, Schweden
den 2., trotzdem belegen sie bezüglich der Geburtenrate nicht den letzten
und vorletzten Platz. Aber tendenziell ist das, was der Demograph Birg behauptet,
schon richtig. Die früh (und deswegen am weitesten bzw. höchsten) industrialisierten
Länder rangieren bezüglich HDI oben, bezüglich Geburtenrate unten;
aber die Entwicklungsländer rangieren bezüglich Geburtenrate
oben, bezüglich HDI unten.-
Korrelation
von Intelligenz, Wohlstand, Fruchtbarkeit - Wissenschaftler behaupten
eine Korrelation zwischen dem durchschnittlichen Intelligenzquotient (IQ) einer
Bevölkerung (z.B. eines Landes), ihrem Wohlstand (BSP
als Indikator für Wirtschaftswachstum) und ihrer zusammengefaßten Fertilitätsrate
(TFR).
Sie errechnteten z.B. auf Basis von Daten aus 81 Ländern eine Korrelation
von 0,82 zwischen dem Pro-Kopf-Einkommen des Landes und dem durchschnittlichen
IQ der Bevölkerung und eine Korrelation von 0,64 zwischen dem Wirtschaftswachstum
und dem IQ. Sie äußern die Vermutung, der durchschnittliche IQ der
Bevölkerung beruhe sowohl auf genetischen als auch Umweltfaktoren. So könne
einerseits ein niedriger durchschnittlicher IQ ein niedriges Bruttoszialprodukt
bewirken, als auch umgekehrt ein niedriges Bruttoszialprodukt einen niedrigen
durchschnittlichen IQ. .... | Das
demographisch-ökonomische
Paradoxon behauptet einen weltweiten negativen Zusammenhang zwischen der ökonomischen
Leistungsfähigkeit eines Landes (seines Pro-Kopf-Einkommens) und der Fertilitätsrate. | | Gleichfalls
ist in vielen Ländern ein negativer Zusammenhang zwischen Bildungsniveau
und Kinderzahl zu beobachten. Das Bildungsniveau einer Person dürfte eng
mit ihrem IQ korrelieren. | Aufgrund dieser beiden Relationen
läßt sich ein Zusammenhang zwischen dem durchschnittliche IQ der Bevölkerung
und dem Pro-Kopf-Einkommen des Landes vermuten. Die folgende Tabelle
zeigt ausgewählte Länder mit ihren durchschnittlichen IQs und Fertilitätsraten.
Offenkundig besteht auch ein negativer Zusammenhang zwischen IQ und Fertilitätsrate,
was ebenfalls nicht überraschend ist. (Peter Mersch, Die Emanzipation
- ein Irrtum!Warum die Angleichung der Geschlechter unsere Gesellschaft restlos
ruinieren wird, 2007, S. 64-65). Jedenfalls sollten die vorgetragenen
Ergebnisse ernst genommen werden, denn sie legen nahe, daß eine dauerhaft
ausgeführte negative Selektion zu einem Abfall des durchschnittlichen IQs
der Bevölkerung führen kann und damit natürlich auch zu erheblichen
Wohlstandsverlusten. Es ist nicht auszuschließen, daß dabei langfristig
ein Gleichgewichtszustand auf niedrigerem Niveau erreicht wird. Denn mit dem Absinken
des IQs und den Qualifikationen der Bevölkerung dürfte deren Fertilitätsrate
gemäß demographisch-ökonomischem
Paradoxon sukzessive wieder ansteigen. (Ebd., S. 65).Korrelation
von Intelligenz und Fertilität (am Beispiel ausgewählter Länder;
Stand: 2007) |
Stand: 2007 | Intelligenz- Quotient
(IQ) | Zusammengefaßte
Fruchtbarkeitsrate (TFR) | Südkorea | 106 | 1,27 | Japan | 105 | 1,40 | Deutschland | 103
(108) | 1,39 | Italien | 102 | 1,28 | Niederlande | 102 | 1,66 | Schweden | 101 | 1,66 | China | 100 | 1,73 | Großbritannien | 100 | 1,66 | Spanien |
99 | 1,28 | Australien |
98 | 1,76 | Frankreich |
98 | 1,84 | USA |
98 | 2,09 | Argentinien |
96 | 2,16 | Rußland |
96 | 1,28 | Israel |
94 | 2,41 | Irland |
93 | 1,86 |
| |
Stand:
2007 | Intelligenz- Quotient
(IQ) | Zusammengefaßte
Fruchtbarkeitsrate (TFR) | | Thailand |
91 | 1,64 | Türkei |
90 | 1,92 | Indonesien |
89 | 2,40 | Brasilien |
87 | 1,91 | Irak |
87 | 4,18 | Mexiko |
87 | 2,42 | Philippinen |
86 | 3,11 | Afghanistan |
83 | 6,69 | Ägypten |
83 | 2,83 | Bangladesh |
81 | 3,11 | Indien |
81 | 2,73 | Pakistan |
81 | 4,00 | Sudan |
72 | 4,72 | Ghana |
71 | 3,99 | Nigeria |
67 | 5,49 | DR
Kongo | 65 | 6,54 | |
Quelle:
Peter Mersch, Die Emanzipation - ein Irrtum! Warum die Angleichung der Geschlechter
unsere Gesellschaft restlos ruinieren wird, 2007, S. 66 |
|
-
Globaler Innovationssindex: GII (Global Innovation Index)
- Der GII wurde erstmals 2008 erstellt. Er analysiert und vergleicht
das Innovationsverhalten der Staaten. Ziel des GII ist zum einen, im internationalen
Vergleich die relative Position eines Lamdes bezüglich seiner Innovationsstärken
aufzudecken, und zum anderen, dem jeweiligen Land seine relativen Stärken
und Schwächen aufzuzeigen. Der Status quo eines Staates bemißt sich
dabei aus acht Themenfeldern, die sich wiederum in fünf Input- und drei Outputgrößen
unterscheiden. Das Ranking führen die USA, Deutschland und Schweden an. Unter
den 20 innovativsten Ländern befinden sich auch die vier asiatischen Tiger-Staaten
Singapur, Korea (Süd), Hongkong und Taiwan.Globaler
Innovationsindex (Stand: 2008/2009) |
Rang | Land | Index |
1 | USA | 5,28 | 2 | Deutschland | 4,99 | 3 | Schweden | 4,84 | 4 | Großbritannien | 4,82 | 5 | Singapur | 4,81 | 6 | Korea
(Süd) | 4,73 | 7 | Schweiz | 4,73 | 8 | Dänemark | 4,69 | 9 | Japan | 4,65 |
10 | Niederlande | 4,64 |
| |
Rang | Land | Index |
| 11 | Kanada | 4,63 | 12 | Hongkong | 4,59 |
13 | Finnland | 4,57 | 14 | Norwegen | 4,47 | 15 | Österreich | 4,41 | 16 | Taiwan | 4,41 | 17 | Luxemburg | 4,37 | 18 | Belgien | 4,35 | 19 | Frankreich | 4,35 | 20 | Island | 4,34 | |
Quelle:
INSEAD, 2009; Fischer Weltlamanach 2010, S. 704 |
 -
Wirtschaftswissenschaft - |
Die Wirtschaftswissenschaft
als Forschung und Lehre, die sich mit Wesen, Ordnung, Aufbau, Ablauf und Ziel
der Wirtschaft beschäftigt, hat traditionell und je nach Untersuchungsgegenstand
zwei Hauptgebiete: Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre einschließlich
Finanzwissenschaft. Bedeutung haben für die Wirtschaftswissenschaft neben
der Mathematik z.B. Rechtswissenschaft, Soziologie, Politologie sowie die Bereiche
der Statistik, Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftsgeographie und Arbeitswissenschaft.
Die Ökonomen behaupten, die besseren Psychologen zu sein,
weil sie die Psychologie total integrieren. Die Psychologen behaupten, 50%
aller Ökonomie sei Psychologie, weil diese Sichtweise modern
ist. Dies ist ein typisch moderner Wissenschaftskampf um Macht und Besitzstände
Bürgerlich-Moderner. 75% aller Psycholgie ist Ökonomie. Auch Macht
und Besitzstände geben der Psychlogie kein Objekt. Seele? -
Die Psychologie kann keine wissenschaftlichen Aussagen machen, weil ihr ein Objekt
fehlt.Der Seele
Wissen kannst Du nicht ausfinden, auch wenn du jeglichen Weg abschrittest, so
tief ist ihr Wesen. (Heraklit).
Ein »exaktes Wissen« von der ewig geheimnisvollen Seele
erhalten zu wollen, ist sinnlos. (Oswald Spengler).
|
Besonders interessant ist der Wert der Wirtschaft in
Zusammenhang mit der Kultur ganz allgemein und auch im Vergleich zu den je verschiedenen
Kulturen. Die Wirtschaftsphilosophie beschäftigt sich mit diesen Gedanken,
wozu auch die Beziehungen zwischen den allgemeinen weltanschaulichen (also auch
religiösen und philosophischen) Grundgedanken einer Zeit und ihren jeweiligen
Wirtschaftstheorien gehören. Die Grundfragen der Wirtschaft werden seit der
(abendländischen) Moderne unter (neuen) Gesichtspunkten als philosophische
Probleme der politischen Ökonomie, Soziologie und Politologie behandelt.
Wichtig dabei ist die philosophische Anthropologie, die bei allen vermeintlichen
Regeln im Wirtschaftsgeschehen stets auf den nie zu Ende erforschbaren Menschen,
auf seine Unberechenbarkeit im sozialen und im politischen Leben verweist.Klassische
Schule oder einfach nur Klassiker ist diejenige Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern,
die im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die Grundlage für die moderne
Wirtschaftswissenschaft gelegt haben. Ein Hauptmerkmal ihrer Lehre besteht in
der Auffassung, daß durch die autonome Wahrnehmung privater Interessen gleichzeitig
auch der Wohlstand der gesamten Volkswirtschaft genährt werde. Im Gegensatz
zu der am Dirigismus orientierten Lehre des Merkantilismus ( )
sind die Klassiker Vertreter des Liberalismus. Hiernach hat der Staat lediglich
die Aufgabe, Ordnungs- und Schutzfunktionen auszuüben (vgl. Nachtwächterstaat).
Vom freien Wettbewerb erwarten die Klassiker ein »natürliches«
Gleichgewicht von Preisen, Beschäftigung, Einkommen und damit auch
der Verteilung der Einkommen, ermöglich durch freien Konsum, Investitionen
und Sparen. Die Klassiker betonen die Freiheit ( )
des handelnden Individuums ( ),
des Eigentums (wobei sie die Schlußfolgerungen aus dem Unterscheid zwischen
Eigentum und Besitz offenbar immer noch nicht verstanden haben) und dessen freie
Verwendbarkeit sowie das Recht freier Vertragsgestaltung.Ein
alternatives Modell hat den Klassikern erst der Keynesianismus ( )
gegenüberzustellen vermocht, obwohl auch er keine befriedigende Wirtschaftstheorie
anbieten konnte. So bleibt zunächst einmal festzustellen, daß die
Grundelemente des Wirtschaftens bis heute nicht verstanden sind. (Gunnar
Heinsohn / Otto Steiger, Eigentum, Zins und Geld, 1996, S. 15 ).
Obwohl auch Keynes gegenüber dem Eigentum begriffslos und deshalb eine
neue Wirtschaftstheorie, die diesen Namen verdient, schuldig geblieben ist, hat
er doch mit der Ahnung des Genies eine entscheidende Größe des Wirtschaftens
ins Zentrum seiner Forschung gestellt. Auf die Frage eines Reporters der BBC im
Jahre 1934, als seine erst zwei Jahre später erscheinende Allgemeine Theorie
der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes von Eingeweihten schon heftig
umraunt wurde, worin die bisherigen Gedanken über Wirtschaft denn ihren entscheidenden
Fehler hätten, antwortete Keynes: »Ich bin überzeugt, daß
es im ... orthodoxen Denken ... einen fatalen Fehler gibt; dieser Fehler ist vor
allem auf das Scheitern der klassischen Schule (das heißt Klassik und
Neoklassik) zurückzuführen, eine befriedigende Zinstheorie zu entwickeln.«
(John M. Keyenes, a.a.O). (Ebd., S. 16 ).
Zwar wurde in der Klassik ausführlich über das »Privateigentum«
gesprochen und geschrieben. Allerdings hat man sich dabei im wesentlichen für
die Herrschaftsposition des Privateigentümers als Besitzer interessiert und
damit ebenfalls die essentielle Rolle des Eigentums für das Wirtschaften
verfehlt. Die Klassik verbleibt im Kern ihrer Theorie eine Tauschtheorie,
eine Analyse des Tausches von Gütermengen, bei der sie sich vor allem für
die »objektiven« Arbeitswerte als Tauschwerte interessiert. In der
Diskussion dieser Tauschwerte macht sie am ehesten noch zur freien Verkaufbarkeit
- zumindest indirekte - Aussagen, während die aus der Eigentumsblockierung
resultierende Kreditierbarkeit unthematisiert bleibt. Ihre entscheidenden Kategorien
der Belastbar- und Verpfändbarkeit als nichtphysische Erträge des Eigentums
können deshalb nicht einmal benannt werden. In der in den siebziger Jahren
des 19. Jahrhunderts begründeten und bis heute die Wirtschaftstheorie dominierenden
Neoklassik erscheint Eigentum lediglich als ein zwar wichtiges, aber nachrangiges
Ordnungselement. Im Kern der neoklassischen Theorie steht ebenfalls die Betrachtung
von Besitzern, die Gütermengen tauschen. Dabei interessiert sich die Theorie
nicht für objektive Arbeitswerte, sondern für die »subjektive«
Bedürfnisbefriedigung (»Nutzen«) durch die physische Nutzung,
die einem Optimierungskalkül unterworfen ist. In ihrer atemporalen Fassung
impliziert die Gütertauschtheorie indirekt die Verkaufbarkeit und in ihrer
intertemporalen die Verleihbarkeit, die jedoch nichts mit Kreditierbarkeit von
Geld zu tun hat. Die Verpfändbarkeit schließlich wird überhaupt
erst seit Mitte der achtziger Jahre thematisiert, ohne daß dabei zur konstitutiven
Rolle der Eigentumsverpfändung für die Kreditierung vorgestoßen
würde. Die Eigentumsprämie hat in der neoklassischen Theorie keinen
Ort. (Ebd., S. 21-22 ).
| Das
Wirtschaften ist nicht richtig verstanden. Als die Naturwissenschaften und deren
Sprache - die Mathematik, die ja eine Kulturwissenschaft der
Naturwissenschaften sein soll - ihre größten Erfolge feierten,
wurde kurzerhand auch die Wirtschaftswissenschaft, die eine Naturwissenschaft
der Kulturwissenschaften sein soll, eben vernaturwissenschaftlicht
und vermathematisiert. Um das Wirtschaften wirklich besser zu verstehen,
muß man beide Seiten bemühen: Für Güter im Bereich des Tausches
mag ja unter gewissen Umständen zunächst eine naturwissenschaftliche
Sicht weiterhelfen, doch schon sehr bald wird sich herausstellen, daß die
nicht ausreicht; für Eigentum, Zins und Geld ist eine rein naturwissenschaftliche
Sicht in den Auswirkungen noch sehr viel problematischer, weil Eigentum ein rechtliches
Abstraktum, ein Rechtstitel, ist und die Rechtswissenschaft eine kulturwissenschaftliche
(sozial-/geisteswissenschaftliche) Diziplin ist und Zins und Geld am ergiebigsten
nur im Zusammenhang mit Eigentum zu verstehen sind - laut Heinsohn und Steiger
sind Zins und Geld die beiden erstgeborenen Abkömmlinge des Eigentums
(
).
Wenn also Geld und Zins aus dem Eigentum hervorgehen, das Eigentum aus einem Rechtstitel,
dieser Rechtstitel aus einem historischen Wandel - z.B. einer sozialen »Revolution«,
wie Heinsohn und Steiger sagen - hervorgeht und dieser Rechtstitel auch nur dadurch
wieder rückgängig gemacht werden kann - wie es ja auch in den »realsozialistischen«
Ländern, wie Heinsohn und Steiger sie nennen, geschehen ist -, dann ist die
logische Schlußfolgerung die, daß man das Wirtschaften von der Kulturwissenschaft
her verstehen muß. Das ist die eine Seite. Doch die andere Seite ist die,
daß wir nicht wissen, ob das Eigentum - und mit ihm auch seine »erstgeborenen
Abkömmlinge« - wirklich allein vom »revolutionär«
erkämpften Rechtstitel her erklärbar ist, oder ob wir sogar hierbei
nicht doch vielleicht naturwissenschaftliche Erklärungen einbeziehen müssen.
Hierüber geben Heinsohn und Steiger leider keine Auskunft. Wir brauchen somit
unbedingt genaueste Untersuchungen der historischen Quellen und noch mehr archäologische
Untersuchungen.  |
Wirtschaftliche Ziele
Wirtschaftliche Ziele können kurz-,
mittel- und langfristiger Natur sein; die traditionellen Ziele einer kurzfristigen
Wirtschaftspolitik sind Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung
und außenwirtschaftliches Gleichgewicht (vgl. Tafel:
Magisches Dreieck), wobei die Verfolgung dieser Ziele sich historisch
nicht selten als sehr schwierig oder gar widersprüchlich erwies. Wenn zu
den drei traditionellen oder klassischen wirtschaftspolitischen Zielen ein weiteres
Ziel, nämlich stetiges Wachstum, postuliert wird, können zusätzliche
Zielkonflikte entstehen und aus vormals nur 3 sind 6 Spannungsfelder geworden
(vgl. Tafel:
Magisches Viereck). Seit einigen Jahrzehnten treten zu den Zielen
des magischen Vierecks zwei weitere Hauptziele hinzu, nämlich die Wünsche
nach gerechter Einkommensverteilung und nach Erhaltung einer lebenswerten
Umwelt, so daß aus den 6 Spannungsfeldern im Viereck 15 Spannungfelder
im Sechseck geworden sind (vgl. Tafel:
Magisches Sechseck).Betrachtet
man den gesamten Kreislauf eines ökonomischen Systems, so fällt auf,
daß er eine Mehrzahl von einzelnen Kreisläufen umfaßt. Vereinfacht
stellt sich der Wirtschaftskreislauf wie folgt dar:
Die Haushalte stellen
den Unternehmen Arbeitskräfte zur Verfügung, empfangen dafür von
den Unternehmen Geldeinkommen in Form von Löhnen und Gehältern und
kaufen Güter und Dienstleistungen bei den Unternehmen. Dafür erzielen
die Unternehmen Umsatzerlöse, sei es in Form von Bargeld oder Forderungen.
In der modernen Wirtschaft spielen die Banken natürlich eine große
Rolle, und, wie wir wissen, geben die Haushalte häufig nicht ihr gesamtes
Einkommen für Konsumzwecke aus, weshalb den Banken ein Teil der Einkommen
als Ersparnis zufließt. Die Banken sammeln die vielen kleinen und größeren
Sparbeträge der Haushalte und geben sie als Kredite an andere Wirtschaftssubjekte,
vor allem an die Unternehmen, weiter. | |

In
den Kreislauf der Gesamtwirtschaft gehen alle Transaktionen ein, die von
den einzelnen Wirtschaftssubjekten innerhalb einer Periode getätigt
werden. |  |
Ein Gewinnmaximum liegt
dort, wo der Abstand zwischen Umsatz und Kosten am größten ist
- dort wo die Parallele (T) zu der Umsatzkurve (U) die Kurve
der Gesamtkosten (Kg) tangiert. | Ein
Teil der Einkommen wird jedoch vom Staat in Form von (wie wir wissen: oft viel
zu hohen) Steuern und anderen gesetzlichen Abgaben einbehalten. Hinzu treten die
Steuereinnahmen, die die Unternehmen zu entrichten haben. Die Staatseinnahmen
werden wieder ausgegeben. Sie fließen zum Teil den Haushalten in Form von
Gehältern und Löhnen für die Staatsbediensteten zu, ein weiterer
Teil wird für die Vergabe von Staatsaufträgen an die Unternehmen verwendet,
die dadurch wiederum Umsatzerlöse erzielen; und für besonders förderungswürdige
Zwecke erhalten die Unternehmen (oder auch Private) Geldbeträge, die
sie nicht mehr zurückzahlen müssen (Subventionen). Die Unternehmen verkaufen
Güter und Dienstleistungen an das Ausland und erhalten hierfür Geldeinnahmen
oder Forderungen. Ihre Umsatzerlöse nehmen zu und damit ihre Gewinne.
Güter und Dienstleistungen werden von den Unternehmen importiert - manchmal
auch von den priavten Haushalten oder vom Staat. Für die Unternehmen stellt
der Import einen Aufwand dar, sofern es sich nicht um Investitionsgüter handelt,
für die priaven Haushalte Konsumausgaben. Das bedeutet für die ausländischen
Exporteure, daß sie Geldeinnahmen erhalten bzw. daß Forderungen an
die inländischen Importeure entstehen. (Vgl. Tafel).
Moderne Wirtschaft und ihre Zukunft
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts,
als die Industrielle
Revolution und die Bürgerliche
Revolution - in bestimmten Kreisen auch Weltrevolution
genannt - im Abendland losbrachen, sprechen wir von unserer Moderne,
der 2. Halbzeit unserer Neuzeit. ( ).
Die Industrielle Revolution ist die Explizitmachung der Produktherstellung
mittels maschineller Substitute für menschliche Bewegungen. Der Schlüssel
zum Übergang von der Menschenarbeit zur Maschinenarbeit (und zu neuen Mensch-Maschine-Kooperationen)
liegt bei der Koppelung von Kraftsystemen mit Ausführungssystemen. Solche
Koppelungen waren im Zeitalter der körperlichen Arbeit eher in der Latenz
geblieben, sofern der Arbeiter selbst, als biologischer Energiekonverter, die
Einheit von Kraft- und Ausführungssystem bildete. Nachdem aber bei den mechanischen
Kraftsystemen ein folgenschwerer Innovationssprung stattgefunden hatte, konnten
sie ins Stadium expliziter Ausarbeitung übergehen. Damit begann das Epos
der Motoren: .... (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005,
S. 351). Mit der Konstruktion der Motoren betreten ja neue heroische Agenten
die Bühne der abendländischen Kultur, die ab jetzt Bühne der abendländischen
Zivilisation heißt, denn das Erscheinen dieser modernen Maschinen hat ja
tatsächlich die Spielregeln der abendländischen Kultur radikal verändert
- und nicht zufällig hat dazu auch noch die Bürgerliche Revolution
einen ergänzenden Beitrag zu diesen Veränderungen gebracht. Obwohl
wir das Wort auch weiterhin verwenden werden, sollte nicht unerwähnt bleiben,
daß der wahre und wirkliche Grundbegriff der Moderne nicht Revolution,
sondern Explikation
lauten muß, denn nicht die Revolution als Umwälzung oder Platztausch
(z.B. oben und unten, Kopf und Füße u.s.w.), ist entscheidend, sondern
die Explikation: das Hervorbringen von Hintergrundhaftem in den Vordergrund, der
Prozeß aus dem Verborgenen oder Latenten ins Offene oder Manifeste.  Seit
die Motoren unter uns sind, nehmen selbst physikalische und philosophische Begriffe
wie Kraft, Energie, Ausdruck, Handeln und Freiheit radikal neue Bedeutungen an.
.... Ein Motor ist gewissermaßen ein Energiesubjekt ohne Kopf, das aus Interesse
an der Nutzung seiner Kraft ins Dasein gesetzt wurde. Vom Täter besitzt er
jedoch nur die Eigenschaften, die an den Antrieben haften, ohne mit Ausführungen
oder Reflexionen belastet zu sein. Als geköpftes Subjekt geht der Motor nicht
von der Theorie zur Praxis über, sondern vom Stillstand zum Betrieb. Was
bei menschlichen Subjekten, die zur Tat schreiten sollen, die Enthemmung zu leisten
hat, wird bei Motoren von der Startvorrichtung bewirkt. Motoren sind perfekte
Sklaven, bei denen sich keine menschenrechtlichen Bedenken einmischen, wenn man
sie Tag und Nacht beansprucht. Sie hören nicht auf abolitionistische Prediger,
die einen Traum haben - den Traum von einem nicht mehr fernen Tag, an dem die
Motoren und ihre Besitzer gleiche Rechte genießen und die Kinder der Menschen
und Maschinen miteinander spielen. Um die Motoren als Kulturagenten systematisch
zu integrieren, sind Treibstoffe von ganz anderer Natur vonnöten als die
Nahrungsmittel, mit denen die menschlichen und tierischen Träger der muskulären
Arbeit in der agro-imperialen Welt am Leben erhalten wurden. Daher gehören
in dem Epos der Motoren die dramatischsten Abschnitte den Gesängen von der
Energie. Man darf soweit gehen, die Frage aufzuwerfen, ob nicht die Formulierung
des abstrakten, homogenen Energiebegriffs ... durch die moderne Physik nur der
szientifische Reflex des Prinzips Motorisierung sei, mit dem die unspezifische
Koppelung zwischen Nahrung und Organismus ersetzt wurde durch die präzise
Relation zwischen Treibstoff und Kraftmaschine. (Peter Sloterdijk, Im
Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 352-353).Die
Liberalen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wie die Marxisten seit dem 19. Jahrhundert
haben vielerlei folgenschwere Versuche unternommen, das Phänomen Industriegesellschaft
zu interpretieren: das Ereignis Fossilenergetik wurde weder in dem einen
noch in dem anderen System wahrgenommen, geschweige denn begrifflich durchdrungen.
Die dominierenden Ideologien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts blieben,
indem sie den doktrinär überhöhten Arbeitswert an die Spitze aller
Erklärungen des Reichtums stellten, chronisch unfähig, zu begreifen,
daß die industriell geförderte und genutzte Kohle kein »Rohstoff«
wie jeder andere ist, sondern der erste große Entlastungsagent (so wie schon
Spengler ihn deutlich gemacht hat
!). Dank dieses universalen »Naturarbeiters« (den die Alchemisten
über Jahrhunderte vergeblich gesucht hatten) hielt das Prinzip Überfluß
seinen Einzug in das Treibhaus
der Zivilisation. Eigentlich hätte also schon seit Ende des 18.
Jahrhunderts im Abendland die Einsicht dominant werden müssen, die
fossilen Energieträger und die drei Motoren-Generationen, die ihre Sprößlinge
sind, die der Dampfmaschinen, der Verbrennungsmotoren und der Elektromotoren,
als die primären Entlastungsagenten der Moderne zu begreifen, ja selbst wenn
man so weit gehen will, in ihnen den genius benignus einer Zivilisation
jenseits des Mangels und der muskulären Sklaverei zu begrüßen
.... (Peter Sloterdijk, Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 359-360).
Dazu kommt auch noch, daß die agrochemisch ermöglichte explosive Vermehrung
der Futtermittelerzeugung zu einer ebenso explosiv sich ausbreitenden Massentierhaltung
geführt hat. Die Überschwemmung der Märkte mit dem Fleisch der
animalischen Biokonverter steht nicht zufällig im Zusammenhang mit den Kohlebergen
und Ölfluten.Letztlich ernähren
wir uns von Kohle und Erdöl - nachdem diese in der industriellen Landwirtschaft
zu eßbaren Produkten verwandelt worden sind. (Rolf Peter Sieferle,
Gesellschaft im Übergang, in: Dirk Baecker, Archäologie der
Arbeit, 2002, S. 125).
Deshalb
läßt sich auch für die kommenden Jahrhunderte eine wachsende Beunruhigung
durch eine schon heute weitgehend ausgeformte und internationalisierte Tierrechtsbewegung
vorhersehen. Sie könnte eine Entwicklung hervorrufen, die den nicht-städtischen
Lebensweisen wieder eine neue Bedeutung zuspricht. Die ländliche Lebensweise
wird m.E. spätestens in zwei bis drei Jahrhunderten wieder die vorherrschende
Lebensweise sein. (Auch das hat Spengler schon prophezeit
!). Bis dahin aber wird auch weiterhin in unserer Komfortzivilisation, die auch
Komfort-und-Konsum-Treibhaus
genannt werden darf, fast alles, was zur Umwertung aller Werte zählt, und
noch viel mehr alles, was zur Umwertung der Umwertung aller Werte zählt,
mit immer größer werdender Beschleunigung um die moderne Achse kreisen:
das Prinzip Überfluß:Ohne Zweifel wird aktueller
Überfluß, der stets im Horizont von Steigerungen und Entgrenzungen
erlebt werden will, das prägende Merkmal der künftigen Verhältnisse
bleiben, selbst wenn in einhundert Jahren oder etwas später der fossilenergetische
Zyklus an sein Ende gelangt. Welche Energieträger eine postfossile Ära
ermöglichen werden, ist heute schon im Umriß erkennbar - es wird vor
allem ein Spektrum von Solartechnologien und von regenerativen Treibstoffen sein.
Jedoch ist am Beginn des 21. Jahrhunderts über deren Ausgestaltung im einzelnen
noch nicht entschieden. Sicher ist nur, daß das neue System - manche nennen
es lapidar die kommende »solare Weltwirtschaft« - über die Zwänge
und Pathologien der aktuellen fossilen Ressourcenpolitik hinausführen muß.
Mit dem Solarsystem ist unvermeidlich eine Umwertung der Umwertung aller Werte
gesetzt - und da die Zuwendung zur aktuellen Sonnenenergie dem Rausch des Konsums
vergangener Sonnenenergie ein Ende bereitet, könnte man von einer bedingten
Rückkehr zu den »alten Werten« sprechen - denn alle alten Werte
waren Derivate des Imperativs, mit der im Jahreszyklus erneuerbaren Energie zu
wirtschaften. Daher deren tiefer Bezug zu den Kategorien der Stabilität,
der Notwendigkeit und des Mangels. In der Dämmerung der zweiten Umwertung
zeichnet sich eine zivilisatorische Weltwetterlage ab, von der sich mit einiger
Wahrscheinlichkeit vorhersagen läßt, daß sie postliberale Züge
aufweist - sie wird eine hybride Synthese aus technischem Avantgardismus und ökoKonservativer
Mäßigung an die Macht bringen. (In politischer Farbsymbolik gesprochen:
Schwarz-Grün). Dem überschäumenden Verschwendungsexpressionismus
der gegenwärtigen Massenkultur werden die Voraussetzungen mehr und mehr entzogen.
Sofern in der postfossilen Ära die Ansprüche in Kraft bleiben, die das
Prinzip Überfluß im Industriezeitalter geweckt hat, wird sich die technische
Forschung vorrangig um die Quellen einer alternativen Verschwendung zu kümmern
haben. Bei den Überflußerfahrungen der Zukunft wird sich eine Akzentverschiebung
zu immateriellen Strömen unvermeidlich geltend machen, weil ökosystemische
Gründe ein stetiges »Wachstum« im materiellen Bereich verbieten.
Vermutlich wird es zu einer dramatischen Verringerung der stofflichen Flüsse
kommen - und damit zu einer Revitalisierung der Regionalwirtschaften. Unter diesen
Bedingungen dürfte für die heute noch voreiligen Reden von der »globalen
Informations- oder Wissensgesellschaft« die Zeit der Bewährung anbrechen.
Die entscheidenden Überflüsse werden dann vor allem im Bereich der beinahe
immateriellen Daten-Ströme wahrgenommen werden. Nur ihnen wird das Merkmal
Globalität
authentisch zukommen. Auf welche Weise die Postfossilität die aktuellen Begriffe
von Unternehmertum und Ausdrucksfreiheit umprägen wird, läßt sich
zur Stunde nur vage vorhersehen. Wahrscheinlich ist, daß man die Romantik
der Explosion, allgemeiner gesprochen: die psychischen, ästhetischen und
politischen Derivate der plötzlichen Energiefreisetzung, von den künftigen
»sanften« Solartechnologien her im Rückblick als Ausdruckswelt
eines massenkulturell globalisierten energetischen Faschismus beurteilen wird.
Dieser ist ein Reflex des hilflosen Vitalismus, der aus der Perspektivenarmut
des fossilenergetisch basierten Weltsystems entspringt. Man versteht vor diesem
Hintergrund, warum der Kulturbetrieb im Kristallpalast
eine tiefe Desorientierung verrät - über die aufgezeigte Konvergenz
von Langeweile und Unterhaltung hinaus. ( ).
Der fröhliche ... Nihilismus der Endverbraucherszene ist genauso rat- und
zukunftslos wie der ... Nihilismus der wohlhabenden Privatleute, die Kunstsammlungen
aufbauen, um sich persönliche Bedeutung zu verschaffen. (Peter Sloterdijk,
Im Weltinnenraum des Kapitals, 2005, S. 361-363). Bleibt abzuwarten, wie
die am Ende des 20. Jahrhunderts begonnene Umwertung der Umwertung aller Werte
in einigen Jahrhunderten vollendet sein wird. Sicher ist heute schon, daß
man dann noch genauer sagen können wird, daß dieses Ziel, diese Vollendung
sehr viele falsch und sehr wenige richtig vorhergesagt haben.Auch, ja
gerade die Wirtschaft lehrt uns, daß man von Zyklizität (es gibt kleine,
mittlere und große Zyklen; vgl. auch: Konjunktur)
auszugehen hat und nicht von in den Himmel wachsenden Raten, die auch
noch fälschlicherweise als selbstverständlich bzw. natürlich
angesehen werden. Solche Wachstumsraten gibt es nicht. Auch Wirtschaftswachstum
ist befristet - z.B. kurz-, mittel-, langfristig. Wenn
sämtliche Instanzen an der Überzeugung festhalten, exponentielles Wirtschaftswachstum
sei ungeachtet aller Erfahrungen und logischen Einwände möglich und
notwendig, dann muß es tiefer liegende Gründe für diese entschlossene
Haltung geben. Es gibt sie tatsächlich. Sie haben ihren Ursprung in der Veränderung
des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft, genauer: in der wachsenden
Verstaatlichung unserer Gesellschaft und der gesellschaftlichen Verteilungsentscheidung
beziehungsweise - sieht man es aus der Perspektive des Staates - in der wachsenden
Vergesellschaftung des Staates und seiner Organe auf dem Wege der faktischen Besetzung
staatlicher Zuständigkeiten durch gesellschaftliche Gruppen. In beiden Fällen
geht es um die zunehmende Aufhebung der Trennung von staatlicher Macht, das heißt
auch innerer Souveränität des Staates, und organisierten gesellschaftlichen
Interessen. Was in allen westlichen Industrienationen als Wachstumszwang empfunden
wird, sind in Wirklichkeit die zunehmenden Schwierigkeiten, mit den Entscheidungslasten
fertig zu werden, die sich der Staat mit der Verstaatlichung gesellschaftlicher
Verteilungsprozesse ... aufgebürdet hat. Die exponentielle Vermehrung staatlicher
Zuständigkeiten führt zum Ruf nach exponentiellem Wirtschaftswachstum.
Schon Mitte der 1970er Jahre glaubte Carl Friedrich von Weizsäcker deshalb,
unsere Gesellschaftsordnung sei zum Wachstum verdammt. Als Gründe nannte
er Stabilität, wirtschaftliche Verflechtung und den Arbeitsmarkt. Von diesen
dreien hielt Weizsäcker die Stabilität für den eigentlichen Grund
»der Nötigung zum Wachstum«. Das Wirtschaftssystem, dem die Industriegesellschaft
entstamme, sei jetzt seit wenigstens zweihundert Jahren gewachsen. Alle seine
Einrichtungen und Mechanismen, alle eingeschliffenen Reaktionen der Menschen (dieser
Industriegesellschaften; HB) seien auf weiteres Wachstum eingestellt.
Wachstumsstillstand bedeutet in diesem System faktisch soziale Instablilität.
(Kurt Biedenkopf, Der »Zwang« zum Wachstum, in: Ders., Die
Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft,
2006, S. 103-104). Wie gesagt: Exponentielles Wirtschaftswachstum gibt es nicht.
Es ist ein Trick der Herrschenden zur rechtfertigung ihrer Schuldenpolitik
(!), denn: Exponentielles Schuldenwachstum gibt es! **Einmal
gewachsene Strukturen wollen ihre »Kunden« auch dann weiterversorgen,
wenn es sinnvollerweise nichts mehr zu versorgen gibt. Zugleich verfestigen sie
sie sich, bilden untereinander Interessenkartelle, wo dies rechtlich zulässig
ist oder jedenfalls geduldet wird, und gewinnen so Macht. - Die Versorgungskrisen
von einst sind längst überwunden. Die Proletarier, die existenzielle
Not litten und ohne Zukunftsperspektive lebten, sind verschwunden. Ihre Nachfahren
genießen einen höheren Lebensstandard und verfügen über weit
mehr Optionen als die bürgerlichen Haushalte während der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts. Sie arbeiten mit anspruchsvollen Technologien, erkunden
als Touristen die Welt, bauen Häuser, bilden Vermögen, hantieren mit
Hypotheken und Versicherungen und beweisen vielfältige Sachkenntnisse. Die
würden sie ohne weiteres befähigen, auch am Management ihrer Lebensrisiken
aktiv mitzuwirken - wenn man sie nur ließe. Dort, wo der Sozialstaat regiert,
bleiben sie die kleinen Leute von einst. Ihr Vormund ist nicht daran interessiert,
ihren Sachverstand und ihre Kreativität zu nutzen. Er könnte sich damit
selbst überflüssig machen. Die Entwicklung ließe sich als Erfüllung
dessen feiern, was die großen Arbeiterführer des späten 19. Jahrhunderts
als Visionen entworfen hatten, wäre nicht in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts eine neue Krise, die Begrenzungskrise, entstanden. .... Dem Ruf,
den Ludwig Erhard 1959 vernahm ( ),
konnte keine politische Partei widerstehen. So setzte schon bald eine Ausweitung
der öffentlichen Ausgaben ein, die den Keim der Rezession von 1967 in sich
trug. Als dann in den 1960er Jahren das Wirtschaftswachstum zurückging, wurde
das Ungleichgewicht zwischen staatlichen Ausgaben und Einnahmen in einer wachsenden
Finanzierungslücke sichtbar. - Die große Koalition, als »Notkoalition«
politisch begründet, wäre wahrhaft historisch gerechtfertigt gewesen,
hätte sie nur eine andere Antwort auf dieses strukturelle Ungleichgewicht
gegeben. Heute können wir erkennen: Es wäre richtig gewesen, das Ungleichgewicht
durch eine Begrenzung der Bereitschaft des Staates zu beheben, den Forderungen
nach zusätzlichen Leistungen zu entsprechen. Aber das Bündnis der beiden
Volksparteien hatte nicht die politische Kraft zu einer solchen ordnungspolitischen
Entscheidung. Es gelang ihm nicht, die staatlichen und gesellschaftlichen Mächte
auf eine Gesamtordnung zu verpflichten, die der Freiheit der Bürger gedient
hätte. Die machtpolitischen Ausrichtungen der wesentlichen gesellschaftlichen
Gruppen waren zu stark, die zentrifugalen Kräfte konkurrierender Sonderinteressen
zu groß, der Wunsch nach staatlichen Interventionen zugunsten dieser Interessen
zu mächtig, als daß es der Koalition (1966-1969)
hätte gelingen können, diese Kräfte durch ordnungspolitische Entscheidungen
zu domestizieren. .... Damit setzte sich der Wettlauf fort zwischen der Expansion
staatlicher Eingriffe in das wirtschaftliche Geschehen, der Eingriffsbürokratien
und der gesellschaftlichen Organisationen einerseits und der Expansion der Wirtschaft
und ihrer Wertschöpfung andererseits. Nicht nur das Angebot an Gütern
und Dienstleistungen nahm weiter zu, nach Menge wie nach Qualität der Versorgung
von Bevölkerung und Weltmarkt. Was vor allem exponentiell wuchs und bis heute
weiter wächst, ist der Umfang staatlicher und kollektiver Interventionen.
Mit ihnen nimmt das Ausmaß der Widersprüche und Ungereimtheiten zu,
die sie erzeugen. Die »Halbwertszeit« von Gesetzen und Verordnungen
schrumpft. Immer häufiger verändern sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Die Konstanz der Daten geht verloren. Die Organisationsdichte unserer Gesellschaft
nimmt zu. Mit ihr vermehrt sich der Umfang der konkurrierenden Zuständigkeiten
und damit die Zahl derer, die an Entscheidungen beteiligt werden müssen.
Eine solche Entwicklung verringert die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft
in den gegebenen Strukturen. Zugleich schwindet die Möglichkeit, die Verantwortlichen
für Entscheidungen oder Nichtentscheidungen dingfest zu machen. So konsumiert
exponentielles Wachstum, das im Bereich der gesellschaftlichen Organisationen
und staatlichen Bürokratien stattfindet, immer mehr Führungs- und Koordinationsenergie,
ohne die Qualität der Gesellschaft zu verbessern. Mit diesem Wachstum des
öffentlichen und gesellschaftlichen Sektors - und der von ihnen bedienten
und zugleich ständig neu erzeugten Bedürfnise - konnte das Wachstum
der Wirtschaft nicht Schritt halten. .... So wächst die Widersprüchlichkeit
der durch Eingriffe, Teilordnungen und Gruppeninteressen zerklüfteten Wirtschaftsordnungen.
Die bestehenden Strukturen fahren fort, die Menschen zu versorgen und Mangel zu
beheben, wo es längst keinen mehr gibt. Der Gegensatz zwischen einer gesellschaftlichen
Struktur, die auf Expansion angelegt ist, und einer gesellschaftlichen Wirklichkeit,
die nach Begrenzung und stabilen Verhältnissen zu ihrer Umwelt verlangt,
nimmt zu. - Die überholten Strukturen reagieren auf diesen Gegensatz mit
weiterer Verfestigung. Sie versuchen, die Wirkungen der veränderten Realitäten
abzuwehren oder ihnen mit den Möglichkeiten zu entsprechen, die ihnen als
Strukturen zur Verfügung stehen. Die Folge ist eine weitere Verhärtung
der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Gefahren, die für die Gesellschaft
damit verbunden sind, waren schon zu Zeiten der großen Koalition (von
Dezember 1966 bis September 1969) zu erkennen. (Kurt Biedenkopf,
Der »Zwang« zum Wachstum, in: Ders., Die Ausbeutung der
Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 106-110).
Daß die
Staatsverschuldung verfassungswidrig ist, braucht eigentlich nicht extra erwähnt
zu werden!
Auf
Kosten der Zukunft verjubeltes, verbrauchtes und als Kredit mißbrauchtes
Geld in Deutschland von 1970 bis 2010 ** | Kosten
der fehlenden Kinder  | + | Kosten
der Rente 
| + | Staatsschulden
2010 (geschätzt)  | = | Summe
(Gesamtschaden) | rund
3 500 000 000 000 € | + | rund
200 000 000 000 € | + | rund
1 980 000 000 000 € | = | rund
5 680 000 000 000 € |
|
 |
Wie groß die Widersprüche
inzwischen sind, zeigt uns die Entwicklung der Schuldenquote. Sie verbindet Wachstum
und Verschuldung des Staates. Steigt die Schuldenquote, so bedeutet dies, daß
die Verschuldung schneller wächst als die Wirtschaftsleistung des Landes.
Im Jahr 1970 betrug die Schuldenquote 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
1980 war sie auf 31 Prozent gestiegen, 1990 auf 42 Prozent, 2000 auf
60 Prozent. Heute (2006) beträgt sie 68 Prozent.
In diesen Zahlen wird die Vergeblichkeit des Versuchs deutlich, durch Staatsverschuldung
Wachstum zu fördern. Sie spiegeln den wachsenden Verzehr an Gegenwarts- und
Zukunftsressourcen wider, mit dem die überholten gesellschaftlichen Strukturen
immer mühsamer am Leben erhalten werden. Die Entwicklung der Staatsverschuldung
ist die »Fieberkurve« der erkrankten gesellschaftlichen Strukturen.
Ihre Krankheit droht zunehmend die ganze Gesellschaft in Mitleidenschaft zu ziehen
und die Übel auszulösen, die mit stetigem und angemessenenem Wachstum
eigentlich verhindert werden sollen: Abbau der Sozialsysteme durch Abgabenverweigerung,
Entsolidarisierung durch Schattenwirtschaft, Verletzung der Solidarität mit
den kommenden Generationen durch Staatsverschuldung, Aushöhlung der personalen
Solidarität durch staatliche bzw. kollektive Fürsorge, kurz: den Abbau
des Menschlichen (Konrad Lorenz). (Kurt Biedenkopf, Der »Zwang«
zum Wachstum, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für
die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 111).Der Zwang zum Wachstum
ist eines der vielen politischen Ergebnisse, die der Wille zur Macht hervorbringt.
Der Staat, insbesondere der sogenannte Sozialstaat wird immer mehr
zum Vormundschaftsstaat, also zur Diktatur, und dieser Prozeß wird zusätzlich
beschleunigt, wenn dieser Staat auch noch ein Parteienstaat ist, was
die meisten der heutigen Sozialstaaten ja eindeutig sind. Nicht
nur die Ansprüche des Sozialstaats und die Erwartungen mächtiger Besitzstände
haben den »Zwang« zum exponentiellen Wachstum der Wirtschaft begründet.
Eine weitere wichtige Ursache begegnet uns in dem, was der Staatsrechtler Hans
F. Zacher bereits vor Jahren als das »sozialpolitische Umlaufverfahren«
beschreiben hat. .... Inhaltlich befaßt sich Sozialpolitik mit wirtschaftlichen
Nöten (die es aber bei uns in Deutschland schon lange
nicht mehr gibt - doch wenn unsere Politiker so weiter machen: bald wieder geben
wird! HB) und wirtschaftlichen Ungleichheiten (die
es aber in jeder gut funktionierenden Wirtschaft auch geben muß - doch wenn
unserer Politiker so weiter machen: immer größer werden! HB).
.... Mit diesem Ziel spricht sie bestimmte Gruppierungen in der Bevölkerung
an, deren Zustimmung sie gewinnen oder behalten will. Ihnen kann sie die Erfüllung
bestimmter Erwartungen und eine Verbesserung ihrer relativen Position in der Gesellschaft
in Aussicht stellen. Da der Erwartungshaushalt der Gesellschaft eine unendliche
Fülle von Erwartungen umfaßt, die sich zudem weitgehend widersprechen,
und niemals alle von ihr erfüllbar sind, ist die Politik auf eine »Technik
der teilweisen Erfüllung von Teilerwartungen« angewiesen. .... Eine
besondere Dynamik entfaltet das System dort, wo es sich zur Aufgabe gesetzt hat,
wirtschaftliche oder wirtschaftlich bedingte Ungleichheiten zu beseitigen. Was
gleich oder ungleich ist, läßt sich in einer dynamischen Gesellschaft
nie eindeutig beantworten. Was im Verhältnis z.B. zweier Gruppen zueinander
als ungleich empfunden wird, kann im Verhältnis zu anderen Interessen als
gleich oder im umgekehrten Sinne als Ungleichheit erscheinen. Deshalb erzeugt
im Grunde jeder sozialpolitische Ausgleich einer bestehenden Ungleichheit neue
Ungleichheiten. Wer je versucht hat, z.B. das Gehaltsgefüge des öffentlichen
Dienstes zugunsten bestimmter Gruppen zu verändern, weiß um diese Zusammenhänge.
Die Forderung nach Beseitigung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ungleichheiten
läßt sich deshalb ebensowenig befriedigen wie die Forderung nach sozialer
Ausgewogenheit. Durch die ständige Veränderung der gesellschaftlichen
Bedingungen wird sie ständig neu erzeugt. Wo sie sozialpolitisch wirksam
wird, wird sie deshalb zu einer zusätzlichen Triebkraft der sozialen Entwicklung.
Dieses sich selbst vorantreibende, nie zur Ruhe kommende sozilapolitische Umlaufverfahren
muß nun im Zusammenhang gesehen werden mit der Konkurrenz der politischen
Parteien um Mehrheiten. Ist es dem Staat gestattet, gesellschaftliche Gruppen
»Leistungen« zuzusagen, und hat er dies bereits getan, so wird die
politische Unterstützung der Parteien von den Leistungsversprechen beeinflußt,
die sie geben. Werden Erwartungen enttäuscht, kann die politische Unterstützung
entzogen werden, ebenso, wenn Entscheidungen getroffen werden, die zu »sozial
unausgewogen« oder »unzumutbaren« Beeinträchtigungen bestehender
Leistungsbesitzstände führen. Die Folgen wurden z.B. im Jahr 2005 gleich
zweimal, in Nordrhein-Westfalen und auf Bundesebene, demonstriert. .... Die Wirkung
ist desintegrierend. Die Enttäuschten wenden sich ab, protestieren oder verweigern
sich. Sie betrachten den Staat nicht mehr als »ihren« Staat. ....
Der Einfluß der Grenzwähler wächst. .... Im Wettbewerb zwischen
der Vernunft und der Aussicht auf die Macht ist die Vernunft selten überlegen,
vor allem dann, wenn die Macht mit dem Versprechen angestrebt wird, man werde
wieder vernünftig handeln, sobald man sie hat. Diesem Dilemma können
die politischen Parteien ... im Grunde nur ausweichen, wenn es ihnen gelingt,
beides zu tun: bereits gewährte Leistungen als Besitzstände dort zu
repektieren, wo es politisch am »notwendigsten« ist, und gleichzeitig
neue Erwartungen zu erfüllen. Voraussetzung dafür sind wachsende öffentliche
Einnahmen und damit wirtschaftliches Wachstum. .... Daraus folgt: Der Wachstumszwang
hat seine Ursache in dem Umstand, daß der Staat in großem Umfang für
Leistungen an gesellschaftliche Sonderinteressen in Anspruch genommen werden darf,
daß diese Leistungen deshalb auch gefordert werden und daß
die Unterstützung der politischen Parteien im Wettbewerb um die Mehrheit
davon abhängig gemacht wird, ob sie solchen Forderungen entsprechen. ....
Übernimmt der Staat ... die geforderte Umverteilung, so übernimmt er
auch die »Verantwortung« für das Ergebnis. Die gesellschaftlichen
Organisationen, die die Umverteilung gefordert haben, tragen dagegen keine Verantwortung
für die relative Verschlechterung der Lage anderer Interessen. .... Die Verstaatlichung
der Verteilungskonflikte beseitigt ... die Begrenzungen, die gesellschaftliche
Gruppen bei der direkten Lösung von Verteilungsproblemen untereinander beobachten
und die sich aus den Bedingungen des nichtstaatlichen Verfahrens der Konfliktentscheidung
ergeben. Verantwortung und Rücksichtnahme auf die öffentliche Meinung
und die Beurteilung des eigenen Verhaltens durch andere gesellschaftliche Gruppen
begründen diese Begrenzung ebenso wie das wohlverstandene eigene Interesse.
... Mit der Beseitigung dieser gesellschaftlichen Begrenzung enthemmt die Verstaatlichung
die Verteilungskonflikte, die Umteilungserwartungen und damit die Forderungen
an die Gemeinschaft. Die Verantwortung für die Folgen wird auf den Staat
abgewälzt. Die Kosten der Umverteilung werden sozialisiert. Der Nutzen bleibt
bei den Mitgliedern oder Begünstigten der organisierten Interessen. Er bleibt
privatisiert. Alle organisierten Interessen haben den Wunsch nach staatlicher
Unterstützung ihrer Ansprüche bei der Verteilung sozialer Chancen. Sie
begrüßen die Möglichkeit, den Staat für die Folgen der jeweiligen
Umverteilungsentscheidungen zugunsten anderer und zu Lasten des eigenen Interesses
verantwortlich zu machen. In solchen Nachteilen sehen sie zugleich die Grundlage
für neue Forderungen und damit eine Bekräftigung ihrer Legitimation.
Diese hält die Mitglieder bei der Stange und die Funktionäre in Amt
und Würden. .... Das Parlament als Vertreter der souveränen Volkes verliert
so die Fähigkeit, das Wohl des Ganzen gegen die Forderungen organiserter
Interessen durchzusetzen. Es ist letztlich der drohende Verlust der inneren Souveränität,
der den Wachstumszwang erzeugt. (Kurt Biedenkopf, Die Verstaatlichung
der Verteilungskonflikte, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer
für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 113-124).Nicht
nur die deutsche Politik, auch die der Europäischen Union ist auf exponentielles
Wachstum als dauerhafte Grundlage der europäischen Entwicklung eingeschworen.
Das wird jeden Versuch wesentlich erschweren, auf nationaler Ebene zu einer Änderung
eingefahrener Denkstrukturen zu gelangen. Bedeutsamer noch ist jedoch der Umstand,
daß alle Bemühungen scheitern müssen, der Begrenzungskrisen Herr
zu werden, wenn ihre Ursachen durch die europäische Politik ständig
aufs neue in unsere Wirtschafts- und Sozialverfassung getragen werden. .... -
Die EU
hat sich in einer kaum überschaubaren Fülle von Verlautbarungen, politischen
Erklärungen und formellem Äußerungen der Kommission zu Fragen
des Wirtschaftswachstums verbreitet. Unter ihnen sind mir bisher keine Ausarbeitungen
begegnet, die sich kritisch mit der Frage befassen, ob angemessenes - das heißt
aber exponentielles - Wirtschaftswachstum langfristig überhaupt möglich
ist, ohne Wirkungen auszulösen, die unter keinen denkbaren Gesichtspunkten
erwünscht sein können. Weiter fehlen nach meiner Kenntnis fundierte
Antworten auf die Frage, ob eine langfristige Wachstumsstrategie für eine
Region politisch sinnvoll sein kann, die zu den wohlhabendsten und privilegiertesten
der Welt gehört. Wahrscheinlich läßt sich der Mangel dadurch erklären,
daß man auch auf europäischer Ebene ktitiklos dem bloßen Vergleich
relativer Wachstumsraten vertraut, ohne sich um den einzig aussagefähigen
Vergleich der absoluten Zuwächse des BIP pro Kopf zu bemühen. Die neue Sicht der Dinge
wird sich nur durchsetzen und politisch relevant werden können, wenn es gelingt,
nicht nur die deutschen, sondern auch die europäischen Denkbesitzstände
aufzubrechen. (Kurt Biedenkopf, Die Lissabon-Strategie: eine europäische
Wachstumsvision, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer
für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 124-125).Die
wohl augenfälligste Veränderung der letzten Jahre ist die Globalisierung
der Märkte. Auch bei ihr handelt es sich um Entgrenzungen: des Kapitals,
der Arbeit und des Wettbewerbs durch die globalen Märkte. Die Nationalstaaten
werden in ihren Sog gezogen. Ihre sozialen Systeme sind gefährdet. .... Zwar
sind die Strukturen unserer Sozialsysteme bereits so unbeweglich geworden, daß
wir glauben, sie nur durch weitere Ausdehnung stabilisieren zu können. Mit
den Anforderungen eines weltweiten Wettbewerbs ist dies jedoch unvereinbar. ....
Inzwischen ist das Kapital selbst zur Ware geworden. Es dient nicht mehr der Wirtschaft,
sondern bestimmt zunehmend deren Verhaltensweisen. Die Unternehmen werden immer
häufiger eindimensional als Kaufgegenstände und Vermögensmasse
gesehen. Man erwirbt sie, teilt sie auf, schafft neue Einheiten, ohne damit einen
Anspruch auf Nachhaltigkeit ihrer Existenz zu begründen. Eine Heerschar von
Analysten steuert den Prozeß, ohne daß wir sicher sein können,
objektiv informiert zu werden. Versuche, mögliche Interessenkollisionen zu
verhindern, sind lobenswert. Aber sie bleiben dann weitgehend aussichtslos, wenn
sich die verschiedenen Akteure unabhängig organisieren und auf eine Weise
vernetzen, die Kontrollen kaum noch zuläßt. Die Entgrenzung der Verantwortung
und der Selbstbindung wird immer zu Störungen und letztendlich zum Zerfall
der Institutionen führen, die davon befallen werden. Die Möglichkeiten
der Staaten und der Europäischen Union, auf diese Entgrenzungen einzuwirken,
sind weit größer, als es den Anschein hat. Auch die Dominanz der USA
in den Finanzmärkten folgt keinem unabänderlichen Gesetz. Sie sind schon
lange nicht mehr der Fels in der Brandung des Finanzmeeres. Ihr Fundament ist
durch eine exzessive Verschuldung gegenüber praktisch allen wichtigen Industrienationen
und den Aufbau neuer spekulativer Vermögensillusionen im Immobilienmarkt
gefährdet. Die finanzielle Solidität eines Großteils der (us-)amerikanischen
Haushalte ist fraglich geworden. Die einzige verbliebene Weltmacht ist im Begriff,
selbst Opfer einer Entgrenzung ihres Anspruchs zu werden. Ihren Partnern bietet
dies die Chance, dem Verbündeten bei einem erneuten Versuch der Begrenzung
behilflich zu sein. Generell stellt uns die (Wirtschafts-)Globalisierung
die Aufgabe, die Gesetze einer marktwirtschaftlichen Ordnung zum Maßstab
einer Weltordnungspolitik zu machen. Sie ist für die freiheitliche Gestaltung
der Märkte und die soziale Bindung des Kapitals unverzichtbar. Soziale Bindung
des Eigentums durch seine Verpflichtung auf das Allgemeinwohl ist kein Widerspruch
zu offenen Märkten. Wer in diesen eine Möglichkeit sieht, derartigen
Bindungen zu entgehen, mag einen kurzfristigen Nutzen realisieren können.
Längerfristig schadet er sich durch die Untergrabung der ordnungspolitischen
Grundlagen seines unternemerischen Wirkens selbst. (Kurt Biedenkopf, Die
Entgrenzung der Märkte, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer
für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 137, 141-143).Entgrenzung,
überall Entgrenzung (vgl. das Motto: Ausdehnung ist alles ),
Entgrenzung des Politischen, des Sozialen, des Wirtschaftswachstums, der Märkte
u.s.w. - dies alles geht nicht nur einher mit einer weiteren Umweltzerstörung
durch die Ausbeutung des Globus, sondern auch mit einem Wandel der Arbeit, unserer
Gesellschaft, einer Ausbeutung unserer Enkel, Urenkel und wohl auch aller weiteren
Nachkommen.WeltEnergieverbrauch
nach Kontinenten und Regionen Primärenergieverbaruch
in Mio. t Öleinheiten | | 2000 | 2008 | Veränderung
gegenüber 2007 in % | Weltanteil in % | Nordamerika USA | 2737,3 2311,9 | 2799,1 2299,0 | 1,8 2,6 | 24,8 20,4 | Mittel
und Südamerika | 456,2 |
579,6 | +2,9 |
5,1 | Europa, Rußland und GUS EU
der 25 Rußland | 2829,2 1654,9
636,0 | 2964,6 1728,2 684,6 | +0,3 0,2 +0,7 | 26,2 15,3
6,1 | Naher Osten |
402,9 | 513,5 | +6,2 |
5,4 | Afrika |
275,8 | 356,0 | +4,4 |
3,2 | Asien und Ozeanien VR China Japan | 2607,0
966,7 514,8 | 3981,9 2002,5
514,8 | +3,5 +7,5 1,6 | 35,3 17,7
4,5 | WELT | 9308,7 | 11294,9 | +1,7 | 100,0 |
Quelle:
BP, 2009, in: Fischer Weltalmanach, 2010, S. 694. |
Welt-Vorräte
an Energieträgern (2004) - in Mio. t | | gesichert | geschätzt | Steinkohle | 2337749
| 2603454 | Braunkohle | 565943 | 3323109 | Torf | 110526 | 533017 | Erdöl | 148300 | - | Ölschiefer
und -sande (Ölgehalt) | 14455 | - | Erdgas | 144338 | - | Uran | 2,85 | 1,34 |
Quelle:
Energy Statistics Yearbook, UN, in: Fischer Weltalmanach, 2009, S. 680 | Brennstoff:
Gefördert in der Vergangenheit (seit Beginn der Industriellen
Revolution), als Reserve in der Gegenwart verfügbar, als Rest in
der Zukunft vermutlich noch förderbar. * 1
EJ steckt in ca. 34,1 Mio. t Kohle. Brennstoff |
Steinkohle
| Braunkohle
| Erdöl |
Erdgas
| Energiegehalt
in EJ* | Gefördert | Reserve | Rest | Gefördert | Reserve | Rest | Gefördert | Reserve | Rest | Gefördert | Reserve | Rest |
Europa Nordamerika Lateinamerika Rußland/GUS Asien/Australien Naher
Osten Afrika Erde | 1105
880 29 545 1290
1 155 4005 |
336 6077 362 4596 6214
10 1205
18800 |
1574 11106 867 45398 34096 72
2997
96110 |
293 27 -
72 47 -
-
439 |
409 357 51 188
971 - -
1976 | 1406 3855
199 1917 1519 22
3
8921 |
326 1553 539 888
448 1572 498
5824 |
115 293 586 634
253 4187 613
6681 |
152 561 300 882
268 858 413
3434 |
301 1067 74 682
163 119 70
2476 |
194 234 225 1792
411 2297 447
5600 |
226 867 323 3050
720 1033 335
6554 | Quelle:
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe | Energie
insgesamt wird keineswegs knapp, da im Jahre 2000 von den bekannten Erdölvorräten
noch 80 Prozent und vom viel wichtigeren Erdgas noch 95 Prozent in der Erde stecken
(CIA-NFIB, Global Trends 2015: A Dialogue About the Future With Nongovernment
Experts, 2000, S. 18; www.odci.gov/
... / 2015.htm). (Gunnar Heinsohn, Söhne und Weltmacht,
2003, S. 107). Auch wenn Gunnar Heinsohn in mancher Hinsicht zu Übertreibungen
neigt, so kann man sich an den von ihm genannten Prozentzahlen immerhin grob
orientieren. Es gibt aber auch andere Berichte: Nicht wenige Experten
gehen davon aus, daß uns zukünftig eine weltweite Energiekrise in vorindustrielle
Zustände zurückzwingen werde und daß z.B. das Maximum der globalen
Erdölförderung bald eintreten werde oder sogar schon eingetreten sei
(vgl. Kenneth Deffeyes, Colin J. Campbell u.a.). Das wirtschaftliche Problem bestünde
darin, daß bei Erreichen dieses weltweiten Fördermaximums Erdöl
immer knapper und teurer würde. Und nicht viel besser als beim Erdöl
sehe es beim Erdgas aus.   Möglich
ist auch, daß Erdöl und Erdgas sich regenieren, weil sie vom Erdinneren
allein, also rein anorganisch produziert werden!   
Wie
aus der Abbildung ersichtlich, hat die Arbeitszeit seit dem Ende des 18. Jahrhunderts
abgenommen, und zwar zunächst bis 1932, dann wegen der Konsequenzen aus der
Weltwirtschaftskrise bis zum Ende des 2. Weltkrieges zugenommen, danach wieder
abgenommen (für die Zeit seit den 1990er Jahren gelten die in der Abbildung
angegebenen Arbeitszeiten nur für bestimmte Bereiche, also ist die Entwicklung
insgesamt für die Zeit seit den 1990er Jahren noch gar nicht eindeutig interpretierbar).
Im Laufe der 1950er Jahre wurde wieder fast Vollbeschäftigung (kaum Arbeitslose)
erreicht und begann auch wieder das Luxusleben. Die effektive individuelle
Arbeitszeit wurde auf Drängen der Bevölkerung um weit über ein
Viertel von knapp 2500 auf 1800 Jahresarbeitsstunden pro Erwerbstätigen vermindert.
Die Arbeitsentgelte erhöhten sich im Gleichklang mit der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung. Im Durchschnitt aller Beschäftigten verdreifachten sich die
Realnettoentgelte. Die Bruttoentgelte erhöhten sich sogar auf das 3,6fache.
(Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: Ders., Die Ausbeutung
der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S.
145).Die sogenannte soziale Frage des 19. Jahrhunderts wurde
im 20. Jahrhundert gelöst, in Deutschland schon sehr früh, nämlich
beginnend sogar noch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (vgl. Bismarck),
vollständig gelöst zuerst in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts,
besonders seit 1933 vom Nationalsozialismus (vgl. Hitler)
und nach dem 2. Weltkrieg (vgl. Erhard).
Mit diesen enormen Erfolgen haben die klassischen Strukturen des Arbeitsmarktes
... die eigentliche Ursache ihrer Entstehung, die soziale Frage des 19. Jahrhunderts,
im Grunde beseitigt. Aus dem Proletarier, der mit seiner Familie am Existenzminimum
lebte, zwölf Stunden am Tag arbeiten mußte und keine Hoffnung hatte,
seine Lage zu verändern, ist der Bürger geworden, dessen Wohlstandsniveau
ihn über die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung weit
hinaushebt. Er arbeitet nicht mehr durchschnittlich 3000 Stunden im Jahr, sondern
rund 1435 Stunden. Seine Kinder können fortführende Schulen und Universitäten
besuchen. Seine Familie besitzt ein oder mehrere Autos. Er kann im Urlaub, der
im Schnitt sechs Wochen dauert, in fremde Länder reisen. Der kleine Mann
ist groß geworden. (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit,
in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr
zur Vernunft, 2006, S. 153). Was den Arbeitsmarkt angeht, so läßt
sich sagen, daß spätestens jedoch in den 1960er Jahren zu erkennen
war, wo z.B. die Grenzen unserer Arbeitsmarkt-Strukturen liegen.Die
heutigen Strukturen des Arbeitsmarktes stoßen zunehmend an Grenzen. Für
eine wachsende Zahl von Menschen sind die Strukturen des Arbeitsmarktes kontraproduktiv.
... Den inzwischen eingetretenen, radikal neuen Verhältnissen der Wissensgesellschaft
werden die heutigen Strukturen nicht länger gerecht. .... Eine Neubestimmung
des Begriffes »Arbeit« ist unerläßlich. Dabei geht es zum
einen um die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Erwerbsarbeit, der Arbeit im
Beruf und der Arbeit in der Familie als eine wichtige Voraussetzung für die
Gleichberechtigung von Mann und Frau. Auch die Hausfrau arbeitet, obwohl sie nicht
bezahlt wird. Ehrenamtliche Tätigkeit ist Arbeit. Es arbeitet der, der durch
Eigenarbeit den Wert seines Hauses steigert oder seinen Garten bestellt oder dem
Nachbarn hilft. Pflegeleistungen im Haushalt sind ebenso Arbeit wie die eigene
Fortbildung oder die Beschäftigung mit kulturellen oder musischen Themen.
Dies anzuerkennen heißt, die begriffliche Verbindung von Arbeit und Einkommen
zu lösen. .... Kreativität kann man weder befehlen noch zum Inhalt vertraglicher
Verpflichtungen machen. Man kann die Bedingungen fördern, unter denen sie
wirksam werden kann. In der Wissensgesellschaft und ihrer neuen Arbeits- und Produktionswelt
wird immer mehr Kreativität gebraucht. Sie ist die Quelle qualitativen Wachstums
und damit des Überlebens in unserem heutigen kulturellen Lebensraum. Kreativität
muß sich auf allen Stufen menschlicher Tätigkeit entfalten können.
Überall müssen sich deshalb die Bedingungen der Arbeit entsprechend
verändern. Darin liegt wahrscheinlich die singulär wichtigste Aufgabe
der Reform des Arbeitsmarktes und der Arbeitsorganisationen, also der Arbeitsverfassungen:
Kreativität zu ermöglichen und zu ermutigen, ohne die qualitatives Wachstum
nicht im ausreichenden Umfang stattfindet. Das heißt jedoch: Die Wende vom
quantitativen zum qualitativen Wachstum, die ich als unsere zentrale Aufgabe bezeichnet
habe, muß sich zu einem entscheidenden Teil im Arbeitsmarkt vollziehen.
Die Strukturen von morgen werden nicht Massenstrukturen sein, sondern das Ergebnis
der Wiederentdeckung von Vielfalt. (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der
Arbeit, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die
Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 154-156).In Zukunft wird
der Arbeitsplatz deshalb sinnvollerweise nicht durch die Vorgabe einer festen
Tages- oder Wochenarbeitszeit definiert, sondern als die Möglichkeit, durch
Mitarbeit im Rahmen einer organisierten Arbeitsteilung Einkommen zu erzielen.
Weder die Dauer der Mitarbeit noch die Höhe des erzielten Einkommens sind
dagegen essentielle Merkmale des Begriffes Arbeitsplatz. Sie betreffen vielmehr
Fragen des Wertes der geleisteten Arbeit und der Einkommensverteilung. Ob eine
Maßnahme zusätzliche Arbeitsplätze schafft und wie viele, können
wir nur angeben, wenn wir den Arbeitsplatz durch die Dauer der Arbeit definieren.
Tun wir dies, schreiben wir jedoch unbewußt eine genau bestimmte, standardisierte
Organisation der Arbeit fest. Damit unterlaufen wir nicht nur das Ziel einer beweglicheren
Arbeitsorganisation, wir schaffen auch Zugangssperren zum Arbeitsmarkt. Dies gilt
vor allem für jene Menschen, die mitarbeiten wollen, ohne 38 oder 35 oder
30 Stunden in der Woche gebunden zu sein. Vor allem also für Frauen, die
Kinder haben und sich um sie kümmern möchten. Wie viele Probleme, Spannungen,
Konflikte und Opfer hätten wir uns in den vergangenen Jahren im Bereich von
Familien mit Kindern ersparen können, wenn wir uns den Weg zu einer neuen
Organisation der Arbeit nicht durch falsche Begriffe von Arbeit und Arbeitsplatz
verbaut hätten. Hätte man, mit anderen Worten, nicht den Versuch unternommen,
neue Bedürfnisse in alte Strukturen zu zwingen, sondern statt dessen die
Strukturen zu verändern, wäre es möglich gewesen, ein breiteres
Angebot an zeitlich und einkommensmäßig höchst unterschiedlich
ausgestalteten Möglichkeiten der Mitarbeit zur Verfügung zu stellen;
solche zum Beispiel, die es der Frau erlauben, wieder durch Arbeit Einkommen zu
erzielen und gleichzeitig für ihr Kind Zeit zu haben. Gerade dieses Beispiel
zeigt uns, welche Folgen es hat, wenn man die Symptome gesellschaftlicher Veränderungen
innerhalb der überholten Ordnung zu korrigieren versucht, statt die Ordnung
selbst zu ändern. Daß Frauen Kinder haben und dann wieder mitarbeiten
wollen, auch wenn sie es nicht müssen, ist kein soziales Problem der alten
Ordnung. Es ist Ausdruck eines neuen Bedürfnisses. Es handelt sich nicht
um ein soziales Problem im bisher verstandenen Sinne, wenn die Frau und Mutter
das Bedürfnis hat, neben der Sorge für ihr Kind zu arbeiten, um ihren
bisherigen Lebensstandard zu sichern oder doch im wesentlichen zu erhalten. Gleichwohl
wird es als solches definiert, um es mit hergebrachten Mitteln lösen zu können.
Damit wird nicht nur die Struktur bestätigt, die eigentlich überwunden
werden müßte. Zugleich wird die Zuständigkeit des Sozialstaates
ein weiteres Mal in Bereiche ausgedehnt, die nach dem Subsidiaritätsprinzip
der Familie als der unmittelbaren Lebenseinheit vorbehalten bleiben müssen.
(Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: Ders., Die Ausbeutung
der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S.
157-159). Wer
die Forderung nach mehr Wirtschaftswachstum zur Überwindung der Arbeitslosigkeit
wie bisher auf die undifferenzierte Gesamtzahl der Arbeitslosen bezieht, will
eine politische Druckkulisse mit dem Ziel erzeugen, den Staat zu größerer
finanzieller Förderung des angeblich notwendigen zusätzlichen Wachstums
zu veranlassen. Dem Ziel der Überwindung der Arbeitslosigkeit soll damit
Priorität vor dem Ziel der Begrenzung der Staatsverschuldung gesichert werden.
Diese in der Vergangenheit immer wieder praktizierte politische Argumentation
hat zu einer steigenden und zunehmend verantwortungslosen Staatsverschuldung geführt.
Sie darf schon deshalb nicht fortgeführt werden. Wir sollten sie durch eine
realistische und transparente Darstellung der unterschiedlichen Formen der Arbeitslosigkeit
und der jeweils geeigneten Maßnahmen zu ihrer Überwindung ablösen.
Darüber hinaus sollten wir akzeptieren, daß der Versuch, die Arbeitslosigkeit
mit Hilfe eines durch den Staat angekurbelten Wirtschaftswachstums zu überwinden,
unter heutigen Bedingungen keine Aussicht auf Erfolg mehr bietet. Nur so läßt
sich der Teufelskreis zwischen der arbeitsmarktpolitisch begründeten Forderung
nach staatlich subventioniertem Wirtschaftswachstum und wachsender Staatsverschuldung
durchbrechen. Tatsächlich diente diese Begründung in den vergangenen
Jahrzehnten wesentlich zur Rechtfertigung einer wachsenden Staatsverschuldung,
von der sich die politisch Verantwortlichen und die organisierten Besitzstandswahrer
zusätzliche Verteilungsspielräume erhofften. Die Folgen dieser Politik
für die jetzigen und die kommenden Generationen sind nicht absehbar. Sicher
ist jedoch, daß sie durch die Folgen der demographischen Entwicklung potenziert
werden. Sie werden deshalb weit unsozialer sein als alle sonstigen Maßnahmen
zur Überwindung oder Linderung der Arbeitslosigkeit, die derzeit erwogen
werden und in der Regel als unsozial auf Ablehnung stoßen. Tatsächlich
zielt die Forderung nach weiterer staatlicher Unterstützung des Wirtschaftswachstums
weniger auf die Überwindung der Arbeitslosigkeit; ihr Zweck ist es vielmehr,
die Gegenwartskosten, die mit einer grundlegenden Reform des Arbeitsmarktes und
des Sozialstaates verbunden sein werden, in Gestalt höherer Staatsverschuldung
auf die nachwachsende Generation zu verlagern. Die Belastungen und »Opfer«
sollen gering gehalten werden, die sich aus der Trennung der Arbeits- und Sozialkosten,
den steigenden Anforderungen des Sozialstaates, den niedrigeren Einkommen im Markt
für einfache Tätigkeiten, allgemein: den Beeinträchtigungen von
Anwartschaften, Erwartungen und Besitzständen ergeben. Was sich in der Gegenwart
als soziale Gerechtigkeit und Schutz vor angeblichem sozialem Kahlschlag
präsentiert, läuft damit letztlich auf die Ausbeutung der kommenden
Generation hinaus. Eine Politik, die derartige Folgen in Kauf nimmt, verliert
neben ihrer politischen auch ihre soziale und moralische Legitimation. Sie kann
sich nicht auf unüberwindliche Sachzwänge, Naturereignisse oder höhere
Gewalt berufen. Denn die gegenwärtige Arbeitslosigkeit hat ihre Ursachen
ausschließlich in den Versäumnissen und unterbliebenen Strukturanpassungen
der letzten Jahrzehnte (mindestens 4 Jahrzehnte! HB)
und bis heute. Sie ist damit selbstverschuldet. Wenn die Werte Freiheit der
eigenen Lebensgestaltung, Solidarität und soziale Gerechtigkeit
auch zwischen den Generationen ihre Geltung und die Fähigkeit behalten sollen,
staatliches und gesellschaftliches Handeln zu binden, zu verpflichten und zu legitimieren,
dann dürfen wir die gegenwärtige Arbeitslosigkeit nicht mit Maßnahmen
bekämpfen, die zu Lasten unserer Kinder und Enkel gehen. Wir müssen
die Folgekosten vergangener Versäumnisse in erster Linie selbst tragen. Verpflichtungen
zu Lasten kommender Generationen, die nicht aus Investitionen in diese Generationen
oder zu ihren Gunsten erwachsen, können diese nicht binden. Sie werden deren
Anerkennung verweigern - und sie haben dabei das Recht und unsere Wertordnung
auf ihrer Seite. (Kurt Biedenkopf, Die Verfassung der Arbeit, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr
zur Vernunft, 2006, S. 172-174).Die
Entgrenzung des Sozialen und der Glaube an die unerschöpfliche Kraft exponentiellen
Wirtschaftswachstums haben im Staatshaushalt Deutschlands tiefe Spuren hinterlassen.
Ein Schuldenberg wurd aufgetürmt von einer Höhe, wie sie sonst eigentlich
nur als Folge eines Krieges denkbar war. Die Folgen sind in zweifacher Hinsicht
deprimierend. Die Sozialpolitik sollte die Gerechtigkeit fördern und Armut
beseitigen. Das Ergebnis ihrer finanziellen Unersättlichkeit gefährdet
nun beides: die soziale Gerechtigkeit und ausreichende Hilfe für die
Ärmeren. Das Wirtschaftswachstum sollte Arbeitsplätze sicher
machen, die Arbeitslosigkeit überwinden helfen und den sozialen Frieden sichern.
Doch die Arbeitsplätze sind unsicherer geworden, die Arbeitslosigkeit ist
gewachsen und die Verteilungskämpfe werden härter werden. .... Der Staatshaushalt
ist zu einer schweren Belastung für die Zukunft geworden. (Kurt Biedenkopf,
Spuren der Entgrenzung, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer
für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 174-176).Der
Entgrenzung der staatlichen Tätigkeiten wurde nicht Einhalt geboten. Die
Zukunft ist inzwischen zugunsten der Gegenwart verpfändet. Der Generationenvertrag,
im Bereich der Alterssicherung eine beliebte Vorstellung, ist längst zerbrochen.
Rentenanwartschaften und Pensionsverpflichtungen haben ihre langfristigen Grundlagen
verloren. Der Haushalt des Bundes ist zu einem Haushalt der Vergangenheitsbewältigung
verkommen. Allein die Ausgaben für soziale Zwecke nehmen rund 50% des Haushaltes
in Anspruch, die Ausgaben für die Verzinsung der Staatsschuld weitere knapp
15%. .... Die Strukturen der Ausgaben des Gesamtstaates einschließlich der
Sozialversicherungen bieten ein vergleichbares Bild. Die monetären Sozialleistungen
nehmen 40% der Gesamtsumme von 1037 Milliarden in Anspruch, soziale Sachleistungen
16%, Leistungen nach dem Sozialbudget 2% und übrige Transfers im Sozialbereich
ebenfalls 2%, zusammen also 60%. (Kurt Biedenkopf, Spuren der Entgrenzung,
in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr
zur Vernunft, 2006, S. 178-179).Daß unsere heutigen Herrschenden
in Politik (Abgeordnete in Parlamenten) und Gesellschaft (Lobby-, Besitzstände-Gruppen)
keine Demokraten sind, beweist u.a. auch die Tatsache, daß sie die Mehrheit
des Volkes ignorieren, verleugnen, verleumden oder gar diskriminieren, denn sie
wissen aus allen Umfragen, daß z.B. eine große Mehrheit (nämlich
80 Prozent!) des Volkes will, daß der Staat spart und demzufolge also auch
seine Sozialleistungen kürzt. Insgesamt gibt es offensichtlich eine
Bereitschaft, mitzuwirken oder die notwendigen Entscheidungen wenigstens mitzutragen.
Dabei genießt die große Koalition ein erhebliches Venrauen. Der Aufforderung,
sie solle mehr sparen, also Einschnitte in die staatlichen Leistungen durchsetzen,
dafür aber Steuern und Abgaben konstant halten, stimmten im November 2005
bei einer Umfrage von tns-emnid 80 Prozent der Befragten zu. 50 Prozent waren
der Meinung, Sozialleistungen sollten angesichts der Kassenlage reduziert werden.
53 Prozent begrüßten die Absicht, dem Einzelnen für seine Alterssicherung
mehr Verantwortung zu übertragen. .... 56 Prozent sind der Ansicht, die Schulden
solle die Generatiom bezahlen, die sie gemacht hat. .... Die demographische Entwicklung
ist das Ergebnis eines millionenfachen Plebiszits und damit ein selbst gesetztes
Faktum, vielleicht auch Ausdruck eines übertriebenen Vertrauens in die staatlichen
Sicherheitsversprechen. An sie glaubt heute nur noch eine kleine Minderheit. Die
Mehrheit hat längst erkannt, daß die sozialpolitischen Zusagen auf
den Sand sich schnell wandelnder Verhältnisse gebaut sind. (Kurt Biedenkopf,
Spuren der Entgrenzung, in: Ders., Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer
für die Rückkehr zur Vernunft, 2006, S. 180-182). Doch unsere Herrschenden
in Politik und Gesellschaft ignorieren die Mehrheit des Volkes, denn sie sind
keine Demokraten. Sie wollen zwar wissen, was die Mehrheit will, aber sie wollen
nicht tun, was die Mehrheit will. Die von ihnen betriebene Politik ist eine völlig
andere als die, die sie predigen. Ihre Versprechungen sind Lügen und hinter
ihnen sehen sie nur ihre Chance zur Realisierung ihrer Macht.Für
den Weg zurück zur Vernunft bringen wir aus den bisherigen Betrachtungen
die folgenden Einsichten und Schlußfolgerungen mit:1.
Das Konzept einer umfassenden Sozialpolitik hat sich nicht bewährt. Es ist
nicht gleichgewichtsfähig und nicht enkeltauglich. 2.
Wachstum im bisher verstandenen Sinne kann die Probleme der Entgrenzung nicht
lösen. Es ist Teil des Problems. 3. Qualitatives
Wachstum kann weder die Stabilität noch das innere Gleichgewicht, noch den
freiheitlichen Gehalt der Ordnung gefährden. Die Regierung kann es durch
eine Veränderung der Prioritäten zugunsten der Ausbildung und Bildung,
der Hochschulen und der Forschung, aber auch der kulturellen Äußerungen
der Gesellschaft fördern. Sie schafft damit die Voraussetzungen für
eine Steigerung der Innovationskraft und der Kreativität der Menschen sowie
für die Übernahme personaler Verantwortung durch die große Mehrheit
der Bevölkerung. Das wiederum führt dazu, daß sich bestehende
Besitzstände neu rechtfertigen müssen oder abgebaut werden. Ein solches
Ergebnis - eine wachsende Intelligenz des Gemeinwesens - ist erwünscht. Es
kann auch zu einem weiteren Wachstum des materiellen Wohlstands führen. 4.
Die öffentlichen Haushalte sind ... zu Zeugnissen des Versagens geworden.
Sie sind rückwärtsgewandt und müssen einen wachsenden Teil ihrer
Mittel für die Vergagngenheitsbewältigung aufwenden. Grund sind vor
allem die politisch begründeten Zwänge, die sich aus einer falschen
Ordnung ergeben. Die mit dieser Ordnung verbundenen Machtbesitzstände haben
es bisher verhindert, sie grundlegend zu reformieren und so zu einem neuen Grundkonsens
zu gelangen. An die Stelle einer wertgebundenen Ordnungspolitik ist ein selbst
für die direkt Betroffenen undurchschaubares Dickicht staatlicher Interventionen
getreten. Diese erzeugen durch ihre unbeabsichtigten Nebenwirkungen einen nie
versiegenden Strom korrigierender Interventionen. Die Entgrenzung der Zuständigkeiten
des Staates führt dazu, daß seine Organe sich zunehmend nur noch mit
sich selbst beschäftigen. Seine Außenwirkung ist umgekehrt proportional
zur Ausweitung seiner Zuständigkeiten. Eine Änderung ist nur zu erwarten,
wenn es gelingt, den Übergang vom quantitativen zum qualitativen Wachstum
mit der Entstaatlichung eines wesentlichen Teils der verstaatlichten Verteilungskonflikte
zu verbinden. Dies entspräche dem Subsidiaritätsprinzip. Es würde
auch die kleineren Einheiten im öffentlichen Bereich wie die Zivilgesellschaft
stärken, in denen in Zukunft die Konflikte divergierender Interessen unter
den Beteiligten ausgetragen würden, also nicht auf dem Weg über das
staatliche Gewaltmonopol. 5. Die derzeitige Arbeitsverfassung
ist nicht geeignet, allen Menschen Zugang zu Beschäftigung zu eröffnen,
die diesen suchen, aber nicht über hinreichende Qualifikationen verfügen.
Die Gleichheit der Beschäftigungschancen ist nicht gewährleistet. Wirtschaftswachstum
kann, sofern es überhaupt stattfindet, die Defizite der Arbeitsmarktverfassung
nicht ausgleichen. .... Hier wird im Blick auf die Bedürfnisse der Wissensgesellschaft
eine Öffnung zugunsten unmittelbarer Gestaltungsmöglichkeiten notwendig
sein. Wesentliche Veränderungen werden sich aus der Notwendigkeit ergeben,
das Sozial- vom Arbeitsverhältnis zu trennen. .... Mit der Ausbreitung der
Wissensgesellschaft wird sich auch die Stellung der Arbeitnehmer verändern.
Qualitatives Wachstum ist nicht nur auf ein anspruchsvolleres Können, sondern
auch auf ein hohes Maß an Kreativität angewiesen. Diese entfaltet sich
nicht im Kollektiv oder durch Vormundschaft. 6.
Die Auswirkungen der umfassenden staatlichen Vormundschaft auf das Vertrauen der
Bürger in die Freiheit und auf ihre Kreativität schaden dem Land. Aus
freien Bürgern sind im Laufe der letzten Jahrzehnte ängstliche Leistungsempfänger
geworden. Zudem werden sie durch den interventionistischen Staat in zunehmendem
Umfang zur Rechtsvermeidung verführt. Die Schattenökonomie und eine
damit verbundene massenhafte Steuer- und Beitragsvermeidung sind die Folge. Wir
nähern uns dem Punkt, an dem nicht die Rechtsvermeidung unmoralisch ist,
sondern die Errichtung von Rahmenbedingugngen, die dazu führen, daß
die Bürger wesentliche Bereiche ihrer selbstbestimmten Lebensgestaltung nur
noch unter Vermeidung unverständlicher oder schlicht unsinniger staatlicher
Interventionen und Rechtsnormen sichern können. Bürger, die auf diese
Weise ihre Freiheitsrechte gegen den Staat wahrnehmen müssen, sind selten
die Träger einer aktiven und freien Zivilgesellschaft. 7.
Schließlich ist in vielen Zusammenhängen deutlich geworden: Die Verantwortung
für einen neuen Grundkonsens, für eine neue Sicht der Dinge tragen vor
allem die geburtenstarken Jahrgänge (profitiert haben
bisher nur die Kinderlosen!
HB) .... In vielerlei Hinsicht sind sie auf sich selbst gestellt.
... | Die Solidarität zwischen den Generationen wird
sich bei alledem an neuen, nicht erlebten Aufgaben bewähren müssen.
(Kurt Biedenkopf, Einsichten und Schlußfolgerungen, in: Ders., Die
Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft,
2006, S. 185-191).
Ein Volk, das die Stimmen seiner Ahnen nicht hört und
die Interessen seiner Nachkommen nicht achtet, hat keine Zukunft.
(Kurt Biedenkopf, Generationen-Gerechtigkeit, in: Ders.,
Die Ausbeutung der Enkel - Plädoyer für die Rückkehr
zur Vernunft, 2006, S. 224).
Auf dem Spiel steht nicht nur unser jetziger Wohlstand, sondern
die Zukunft der nächsten Generationen. Bereits seit mehreren
Jahrzehnten (lange vor dem Fall des Eiserenen Vorhangs) sinken in
Deutschland die inflationsbereinigten Reallöhne - obwohl technologischer
Fortschritt und produktives Wachstum längst eine Verdoppelung
der Realeinkommen hätte erzwingen müssen - wie das früher
stes üblich war. Wer dieses wundersame Paradoxon verschweigt
oder vertuscht, macht sich mitschuldig am schleichenden Niedergang
Europas!
Seit mehreren Jahrzehnten also sind die inflationsbereinigten
Nettolöhne und Renten in Deutschland um etwa 15% gesunken -
und das, obwohl die Produktivität in derselben Zeit um 100%
gestiegen ist. Anstelle eines üblichen Wohlstandszuwachses
von ca. 100 % hat sich also seit vielen mehreren Jahrzehnten eine
deutliches Minus ergeben.
In konkreten Zahlen ausgedrückt heißt das: Wer heute
1500 Euro netto verdient, müßte eigentlich längst
3400 Euro netto bekommen!
Der europäische und globale Lohndumpingwettbewerb (ausgelöst
durch den Zollabbau) hat leider die normale Lohnentwicklung verhindert!
Der Hintergrund dafür ist das kapitalistische Ermächtigungsgesetz.
Die Konzerne wurden immer mächtiger, Millionen Aktionäre
wurden sagenhaft reich - aber dem Durchschnittsbürger in den
Hochlohnländern geht es heute wesentlich schlechter als in
den 1970er Jahren - und das trotz der historischen Tatsache, daß
sich die Produktivität seitdem mehr als verdoppelt hat und
die Leistungsverdichtungen am Arbeitsplatz stark zugenommen haben.
Wirtschaftlich geht es uns heute also deutlich schlechter als
in den 1970er Jahren!
Die Faustregel des produktiven Fortschritts besagt: Wohlstands-Verdoppelung
alle 25 Jahre!
Bei uns aber wird seit Jahrezehnten das Umgekehrte praktitziert:
Wohlstands-Halbierung alle 25 Jahre!
Wir können das alles ändern, wir müssen es nur
wollen!
Raus aus der EU!
| |  Staatsverschuldung | 1991 |
600 000 000 000 € | 1992 |
688 000 000 000 € | 1993 |
778 000 000 000 € | 1994 |
849 000 000 000 € | 1995 | 1
019 000 000 000 € | 1996 | 1
087 000 000 000 € | 1997 | 1
133 000 000 000 € | 1998 | 1
166 000 000 000 € | 1999 | 1
200 000 000 000 € | 2000 | 1
216 000 000 000 € | ... | | 2007 | 1
560 000 000 000 € | ... | | 2010 | 1 980
000 000 000 € |
Struktur
der Staatsverschuldung 2004 | Bund | 812
086 000 000 € | Bundes- länder | 448
687 000 000 € | Gemein- den
| 112
070 000 000 € | Einheits- fonds |
39 035 000 000 € | ERP-Sonder- vermögen |
18 200 000 000 € | | Summe | 1
430 078 000 000 € |
Staatliche
Sozialleistungen 2004 | Rentenversicherung | 35% | Krankenversicherung
| 21% | Pflegeversicherung | 2% | Unfallversicherung |
2% | Arbeitslosenversicherung | 10%
| Sozialhilfe
| 4% | Jugendhilfe | 3% | Erziehungs-
& Kindergeld | 1% |
Wohngeld | 1% | Familienleistungsausgleich | 5% | Öffentlicher
Dienst | 8% | Restliche
Leistungen
| 8% |
| Summe | 100% |
 
Steuer | -
Anteile in Prozent (%): |
 1)
6,1% zahlen 70% der Steuern; 2)
24,4% zahlen 30% der Steuern; 3) 19,5%
sind von Steuern befreit; 4) 50% sind zu
100% Sozialfälle.1,
2) 30,5%
Steueraktive; 3,
4) 69,5%
Steuerneutrale, -passive. |
 1)
70% der Steuern von 6,1% bezahlt; 2)
30% der Steuern von 24,4% bezahlt.1,
2) 100% der Steuern
von 30,5% bezahlt. |
Vgl.
Peter Sloterdijk, Die nehmende Hand und die gebende Seite, 2010,
S. 36 (**),
117 (**),
137-138 (**),
S. 143 (**),
151-152 (**)
et passim. |
|